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Kapitel 6
Оглавление„Ich gehe mit Vater in den Park, heute scheint das Wetter einmal zu halten“, meint Kendra und lächelt wie immer. Sie sieht heute fürchterlich blass aus.
„Ja. Ich muss dann auch los. Du bist so durchsichtig heute, fühlst du dich nicht wohl?“, frage ich sie während ich meine Unterlagen zusammensuche.
„Nein…Es geht mir gut, alles bestens. Ich war nur die letzten Tage wenig an der frischen Luft, das wird es sein.“
Ich nicke nicht ganz zustimmend. Sie sollte einmal etwas ordentliches Essen. Immer dieser vegane Kram. Salat, Sprossen und irgendwelche Ersatzprodukte, das kann doch nicht gesund sein und vom Geschmack will ich gar nicht reden. Doch ich behalte das besser für mich, meine Meinung zu dem Thema hat schon mehrfach für Streit gesorgt, darum lasse ich es. Ich halte nichts von diesem neumodernen Ernährungskram, zumal es nichts zu bringen scheint. Sie ist viel zu mager und meistens blass. Sie geht mit Vater nach draußen, ich suche noch meine Autoschlüssel und folge den beiden ein paar Augenblicke später. Gedankenversunken sehe ich auf, als ich Holly über den Platz schlendern sehe. Heute sieht sie nicht aus wie ein Pferdemörder. Den dunklen Regenmantel hat sie gegen eine lange Strickjacke getauscht. Die dunklen langen Haare trägt sie offen. Irgendwie erinnere ich mich so gar nicht an sie. Es kann doch nicht sein, dass ich kein Bild mehr zu ihr habe, wo sie doch früher meist einmal im Jahr hier war. Ich sollte mich noch einmal ordentlich entschuldigen. Im Castle gehen mir bis auf Eliza sowieso schon alle Damen aus dem Weg, ich möchte James nicht verärgern. Ich bin auf ihn angewiesen, darum soll nicht gerade der Anschlag auf seine Nichte zwischen uns stehen.
„Holly!“, rufe ich ihr nach, weil sie ohne einen Blick auf ihre Umgebung schnurstracks Richtung Koppeln läuft. Sie hält an und dreht sich zu mir um. Ich gehe ihr entgegen, auch sie ist blass, obwohl, das kann ich noch verstehen nach meiner Attacke von gestern.
„Guten Morgen“, sagt sie leise und lächelt dabei verhalten.
„Guten Morgen. Entschuldigung, ich möchte nicht unhöflich sein und Sie beim Vornamen ansprechen, Mrs.?
Sie sieht mich verlegen an. „Ach das passt schon. Einfach Holly.“
Ich nicke und überlege, ob sie jetzt einen blauen Fleck am Oberarm hat, weil ich sie so angepackt habe. Hoffentlich nicht.
„Bitte verzeihen Sie mir, ich wollte sie nicht erschrecken.“
„Nein, nein, kein Problem“, stammelt sie und sieht durch mich hindurch, als Vater und Kendra plötzlich hinter mir stehen.
„Tavis, wer ist die junge Dame?“, fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Vater. Das ist Holly. Holly Skelton. Du weißt doch noch, die Nichte von James Skelton.“
„Barnes“, sagt sie und blickt dabei schüchtern zu meinem Vater.
Natürlich. Sie wird verheiratet sein. Sie ist in Peters Alter, oder etwas jünger, Anfang dreißig schätze ich. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Das nächste Fettnäpfchen. Ich entschuldige mich höflich, doch sie ignoriert mich und begrüßt stattdessen Vater. Keine Ahnung, aber ich habe das Gefühl sie hat immer noch Angst vor mir, sie weicht schüchtern zurück und sieht mich nicht richtig an. Kein Wunder. Ich habe ihr ein Gewehr vor die Nase gehalten und so wie ich aussehe, wird sie denken ich bin ein komplett Irrer. Ich bin ein Irrer. Sie blickt zu Kendra, darum stelle ich sie vor.
„Sie sind so blass Mrs. Barnes, geht es Ihnen nicht gut?“, meint Kendra musternd.
Ja, sie ist entsetzlich blass. Vermutlich auch eine Veganerin, obwohl sie auf den ersten Blick nicht so aussieht.
„Nein…Alles in Ordnung“, stammelt sie.
Mir wird das jetzt zu viel Smalltalk, darum verabschiede ich mich. Ich bin auch schon spät dran. Weil ich die letzten Tage nicht in der Brennerei war, ist dort einiges liegen geblieben, ich befürchte es wird ein langer Tag.