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Kaputter Käfer

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3 Wochen später fuhr Wilkens van Dongen mit seinem alten, blauen VW Käfer durch Ealing als der Motor stotterte und schließlich ausging. Wilks kannte das aber schon. Er drehte innerlich absolut tiefenentspannt den Zündschlüssel zurück und versuchte den Motor wieder neu zu starten.

Nichts passierte und so zückte er sein Handy und rief Morris Peabody an, einen Kumpel aus Kindertagen. Zum Glück ging der sofort ans Telefon.

„Mein Auto ist tot“, sagte Wilks tonlos.

Morris lachte belustigt auf. „Wo soll ich Dich abholen?“

„Ruislip Road am Hundefrisörladen.“

„Ich bin gleich da.“

Wilks drückte auf die Rote-Hörer-Taste, legte sein Telefon auf den Beifahrersitz und ließ sich erleichtert ins Polster sinken. Ein dreifaches Hoch auf Morris, der schon mehr als einmal Wilks‘ Abschleppdienst gewesen war. Jetzt hieß es warten bis der Onkel Auto-Doktor kam.


Nach etwa 20 Minuten näherte sich ein Abschleppwagen. Aber es stieg nicht der schmale, blonde Morris aus der Fahrerkabine aus, sondern eine umwerfend hübsche Frau mit einem schwarzen, lockigen Pferdeschwanz.

Sie grinste Wilks an als er aus dem Auto stieg. „Morris schickt mich. Er ist verhindert.“

„Ich bin Wilks“, stellte sich Wilks beeindruckt vor und gab ihr die Hand.

Die junge Frau reichte ihm ihre und sagte. „Ich bin Rosie und schlepp Dich jetzt ab.“

Wilks lachte. „Na, das ist ja mal eine Vorstellung. Ich bin Wilks, der Abgeschleppte.“

„Dann zieht mal die Handbremse an und leg einen Gang ein, Wilks, wenn das geht.“

„Er ist nur mal wieder ausgegangen und geht nicht mehr an.“ Wilks kletterte wieder auf den Fahrersitz und tat was Rosie ihm aufgetragen hatte.

Schließlich stand er wieder neben Rosie, die das Auto professionell auf ihre Laderampe zog. „Warum konnte Morris nicht?“, fragte Wilks währenddessen.

„Just als Ihr aufgelegt hattet kam ein Kunde rein, mit dem wir sehr viel Geld verdienen und dann gab Morris mir die Anweisung Dich abzuschleppen.“

„Ich muss gestehen, dass ich auch lieber von Dir abgeschleppt werde als von Morris. Aber sag ihm das nicht.“

Rosie lachte. „Keine Sorge.“


Das Auto stand auf der Laderampe und Wilks und Rosie setzten sich in die Fahrerkabine. Rosie fuhr los.

„Ich habe Dich nie in der Werkstatt gesehen“, bemerkte Wilks.

„Ich war in einer anderen Filiale in Chiswick. Bin erst seit 2 Monaten bei Morris.“

„Und Du bist ehrlich Automachanikerin?“, fragte Wilks verblüfft.

Rosie nickte. „Ja, an Autos basteln ist mein Hobby und mein Beruf.“

„Ich kenne mich mit Autos nicht aus“, gab Wilks freimütig zu. „Ich wüsste nicht mal wo ich Wischwasser nachfüllen müsste.“

Rosie lächelte. „Da bist Du nicht der einzige Mann. Mein Mitbewohner ist auch total unwissend und unfähig, wenn es um Autos geht. Ein Mal musste ich ihn von der M25 holen, weil der Wagen nicht einen Tropfen Öl mehr hatte.“

Wilks lachte. „Tja, das klingt nach mir.“ Währenddessen kramte er in seiner Umhängetasche nach dem Fahrzeugschein. Rosie blickte ihm beim Fahren nebenbei dabei zu. Sie lachte. „Was ist das denn?“ Und nickte zu einem bunten Etwas hin, das Wilks mit aus der Tasche befördert hatte.

Wilks schmunzelte. „Das sind bloß Filzstifte. Meine Mitbewohnerin hat sich den Arm gebrochen. Ich kann recht gut zeichnen und soll ihren Gips verschönern.“

„Uh, den Arm gebrochen? Hoffentlich nicht schlimm.“

„Nein“, erwiderte Wilks, „sie wäre mit dem Fahrrad fast mit einem LKW zusammengerauscht und ist über den Lenker abgestiegen. Ich war glücklicherweise mit ihr unterwegs. Sie ist danach sofort aufgestanden und war stocksauer.“ Wilks lachte liebevoll beim Gedanken an Abi.

Rosie erkannte seinen Gesichtsausdruck und war enttäuscht. „Du liebst sie sehr, hm?“

„Ja. Wie die tollste Schwester der Welt. Sie ist eine grandiose Frau.“

Rosie strahlte wieder.


Während sie weiterfuhren dachte Rosie an Mick. Mick war im Gegenzug der grandioseste Mann, den sie kannte. In ihren Augen absolut asexuell aber für die restliche Frauenwelt ein Leckerli.

Hm, ja, ok. Er sieht wirklich gut aus. Aber …ihh… Mick als Kerl? Neeeee. Bloß nicht. Rosie lachte innerlich. Mick war ihr zu… was war er ihr eigentlich?

Er sang außergewöhnlich schlecht beim Duschen, er ließ alle Tuben offen, klappte die Klobrille nie wieder runter und ließ ständig seine benutzten Socken eingeknüllt in den Sesselritzen stecken.

Dafür war es ein schöner Anblick ihm beim Duschen zuzusehen, denn Micks Eltern hatten echt ein beeindruckendes Meisterwerk der Baukunst erschaffen! Eine elegante Vereinigung aus roher Männlichkeit und Nestbautriebbefriediger. Mit seinen 1 Meter 85 war Mick nicht nur schön groß, sondern er war sehr sehnig und schlank. Ein bißchen zu käsig für Rosie. Typisch irisch eben.

Sie hatte so geschmunzelt als sie „Forbidden“ geguckt hatte, mit ein paar Freundinnen im Kino, und heimlich, weil sie Mick versprochen hatte sich den Film lieber nicht anzusehen. Sie hatte es doch getan und Mick bei einer sehr deftigen Sexszene zu sehen, war nicht nur total lustig gewesen sondern auch echt irritierend. Asexuell eben. Und echt käsig wie gesagt.

„Bist Du die einzige Frau in der Werkstatt?“, wurde sie von Wilks aus den Gedanken gerissen.

Sie nickte. „In der Werkstatt ja, aber am Empfang sitzt noch Jenny.“

„Die kenn ich auch.“

Wilks starrte amüsiert auf Rosies linke Seite. Ihr Handrücken war total dreckig, aber ihre Fingernägel kurz und sauber. Sie hatte schöne Hände. Wilks achtete bei Frauen darauf. Rosie bemerkte, dass Wilks ihr auf die Hand sah. „Was ist da?“

„Ich habe mir Deine KFZ-Mechanikerinnen-Hände angesehen.“

Rosie schnaubte. „Mach das nicht. Die sind superdreckig.“

„Du brauchst Dich nicht entschuldigen. Wer arbeitet darf auch dreckig sein.“



Sie waren bei der Werkstatt angekommen und Wilks sah schon Morris auf sich zukommen. Wilks stieg aus und ließ sich von Morris herzlich drücken.

„Hat sie Dich ordentlich abgeschleppt?“, fragte Morris belustigt.

„Hat sie.“

Morris winkte mit seinen Händen den Käfer vom Abschleppwagen. „Rosie, hol doch bitte den Käfer von der Pritsche. Ich bringe Wilks grad nach Hause.“

Das Auto stand schließlich auf dem Werkshof und Morris drückte Rosie den Fahrzeugschein von Wilks in die Hand. „Kannst ja schon mal unter die Haube gucken. Meist ist es der Anlasser. Ich komme gleich wieder.“ Dann fuhr Morris Wilks nach Hause.

Dort fand Wilks die einhändige Abi vor dem Computer wieder. Sie zeichnete eine Graphik für die Arbeit.

„Geht das einhändig?“

Sie fuhr erschrocken herum. „Man!! Lass das! Schleich Dich nicht immer so an!“

Er lächelte, ging zu ihr und küsste sie auf den Kopf. „Hab die Stifte gekauft.“

„Super. Jetzt sofort?“

„Von mir aus.“


Wilks zeichnete aus freier Hand einen großen Matrosen auf Abis Gipsarm, dazu noch ein Schiff und eine Meerjungfrau, Fische, Möwen, einen Seehund und einen Anker. Schließlich war der ganze Gips kunterbunt bemalt und Abi küsste Wilks überwältigt kichernd ab. „Ganz toll, ehrlich, ganz toll. Du bist der beste Zeichner der Welt.“

Wilks sah Abi tadelnd an. „Ich bin nicht der Beste.“

„Doch.“

Wilks lachte. „Ok.“

Abi besah sich ihren Gipsarm. „Ich war damals froh, dass Du das Zeichnen nicht aufgegeben hast, Wil. Und du verdienst doch wirklich gut damit!“

Das stimmte, denn Wilks hatte drei Berufe gleichzeitig: Er unterrichtete am Institute of Art der Uni London Interessierte im Zeichnen und Malen, war nebenbei Graphikdesigner, obwohl er bemängelte, dass das heute alles nur noch mit Computer ging, und zusätzlich zeichnete er Portraits für Geld.

Abi stand auf und ging zum Küchenschrank. Sie entnahm ihm eine große Plastiktüte und ein Gummi für ein Einmachglas und begann die Tüte über den Gips zu ziehen. „Ich geh jetzt duschen.“


Während er ihr half das Gummiband zu befestigten meinte Wilks: „Das Auto ist kaputt.“

Abi sah ihn entgeistert an. „Was ist es denn jetzt schon wieder?“

„Keine Ahnung. Morris hat ihn.“

„Hat er Dich wieder einfangen müssen?“

„Ja.“ Wilks grinste. „Das heißt nein. Eine Rosie hat mich mit dem Abschleppwagen abgeholt.“

Abi grinste. „Rosie, hm?“

„Ja. Sie heißt Rosie und ist neu bei Morris in der Truppe.“

„Sie ist KFZ-Mechanikerin?“

„Ja. Und wirklich sehr hübsch.“

Nun wusste Abi, wie Rosie aussehen musste, da Wilks einen ganz besonderen Geschmack hatte was Frauen anging: Schlank, Knutschmündchen und dunkle, lange Haare. Wahrscheinlich Locken.

„Wann ist der Wagen fertig?“, fragte Abi.

„Rosie sieht ihn sich grad an. Und Morris klingelt dann durch.“

„Wir müssen nämlich bald einkaufen. Ich kann das schlecht mit dem Fahrrad machen.“

„Dann fahr ich mit dem Fahrrad los. Was brauchen wir?“

„Hab ich Dir schon per SMS geschrieben.“

Wilks ließ das Küchengummi an den Gips knallen. „Okidoki.“


2 Stunden später rief Morris an als Wilks einkaufen war.

„Hi Abi!“, grüßte der nette Werkstattchef am Telefon. „Wo ist Wilks denn?“

„Einkaufen. Was macht das Auto?“

„Eine Zündspule ist kaputt.“

„Also wird es nicht zu teuer und geht schnell?“

„Genau. Ihr könnt den Wagen in einer Stunde wieder haben.“

„Super.“


Da die Werkstatt in der Nähe eines Einkaufszentrums lag fuhren Wilks und Abi mit dem Bus zum Einkaufszentrum und bummelten noch eine halbe Stunde durch die Läden. Abi ergatterte einen wunderschönen cremefarbenen Haarreif mit einer Feder und Glitzerschmuck als Dekoration darauf. Sie steckte ihn sich sofort in die Haare. Wilks lächelte. „Der steht Dir gut.“

„Ich weiß!“

Dafür wurde sie genasestupst.

„Holen wir jetzt das Auto ab?“

„Das machen wir.“

Abi und Wilks schlenderten gemeinsam zur Werkstatt. Der Käfer stand bereits auf dem Hof, aber von Morris sah man nichts. Die beiden betraten den Vorraum und suchten ihn, aber Jenny kam ihnen mit einer vollen Tasse Kaffee entgegen, begrüßte sie herzlich und verwies sie auf die Werkstatt.

Morris stand mit einem Klemmbrett und einer Menge Zetteln in den Händen vor einem alten Alfa Romeo und schrieb sich etwas auf. Er blickte hoch.

„Absi“, grüßte er und nahm Abi in den Arm.

„Na, Morris, hat Wilks mal wieder die Karre kaputt gekriegt!“

Wilks war empört, aber Morris lachte. „Ich glaube nicht, dass Wilks diesmal Schuld war.“

Abi sah Wilks belustigt von der Seite an. „Na, dann bist Du ja diesmal fein raus.“


Die Tür ging auf und Rosie kam herein.

„Wilks“, sagte sie erfreut. „Du holst den Käfer ab!“

Wilks nickte. Er sah Abi an und dann Rosie. „Darf ich vorstellen, meine Mitbewohnerin Abs. Abs, das ist Rosie. Meine Abschlepperin.“

Morris reichte Wilks eine Rechnung. „Wieder mit Kreditkarte?“

Wilks nickte. Dann gingen die beiden Männer weg.


Abi grinste Rosie an. „Ich finds cool, dass Du Autos reparierst.“

„Meine große Leidenschaft.“

„Ich bewundere Frauen, wenn sie einen typischen Männerberuf haben.“

„Und was machst Du?“, erkundigte sich Rosie neugierig.

„Ich bin Creative Director bei Helmet&Lynch.“

„Das macht doch bestimmt auch viel Spaß.“ Rosie blickte auf Abis bunten Gips. „War das Wilks?“

Abi nickte. „Ja. Er ist der tollste Künstler, den ich kenne.“

Rosie lachte laut. „Und zu mir sagt er, er könne nur „ein wenig“ zeichnen.“

„Er untertreibt maßlos.“ Abi drehte ihren Gips. „Hier. Guck mal. Ist die Möwe nicht toll geworden? Wie dreist sie guckt!“

Die beiden Frauen schauten sich noch den Gips an, als Wilks schon wieder kam.

„Das ist aber nicht nur „ein bißchen zeichen können“, Wilks!“, tadelte Rosie den Mann vor sich, der promt begann verlegen zu grinsen und vom Thema ablenkte. „Sollen wir uns mal auf einen Kaffee treffen?“

Die blickte ihn baff an. „Ehm. Na klar, gerne.“

Abi ließ die beiden taktvoll alleine und sah sich einen Nackte-Frauen-Kalender an der Wand an.

Hinter sich hörte sie Wilks sagen: „Morgen nachmittag um 4 im Bella Botega?“

Rosie schien genickt zu haben, denn Wilks sagte: „Dann freu ich mich darauf.“

Rosie musste weiterarbeiten und Wilks trat zu Abi. Er war aufgeregt und Abi bemerkte es belustigt. „Na, Mister? Haben wir ein Date?“

„Ich habe ein Date. Ja. Oh Mann und ich habe keine Ahnung was ich anziehen soll!“


Später am Abend arbeiteten Abi und Wilks dann ein Klamottenkonzept für das morgige Date von Wilks aus. Das war gegen 19 Uhr.

Zu gleichen Zeit kam Rosie nach Hause. Sie zog sich noch im Flur aus und ging direkt ins Bad. Sie hörte zwar, dass Mick auch zu Hause war, aber da es sie überhaupt nicht störte, wenn er sie nackt sah, ließ sie die Badezimmerztür offen.

Als sie zwischendurch das Wasser abstellte, hörte sie Mick das Badezimmer betreten. „Na, hattest Du einen schönen Tag?“, fragte seine Stimme.

„Oh ja. Und ich habe morgen ein Date.“

„Ein Date? Mit wem?“

„Er heißt Wilkens van Dongen, ist 36 und wohnt in Hammersmith mit seiner besten Freundin zusammen, die Abs heißt und derzeit einen Gips trägt, den Wilkens, Wilks, bemalt hat.“

„Wilkens van Dongen?“, lachte Mick. „Woher kommt er?“

„Er ist Belgier“, antwortete Rosie hoheitsvoll.

„Aha. Aber er spricht Englisch!“

„Natürlich! Perfekt Englisch. Man hört es nur ein bißchen raus. Leicht französisch.“

„Also gefällt er Dir!“, stellte Mick fest.

„Er ist echt süß.“

Rosie hörte ein entsetztes Schnauben und erwiderte: „Doch er ist süß! Er ist keinen ganzen Kopf größer als ich, hat total strubbelige, braune Haare und irgendwie sieht er treuherzig aus.“

„Das ist Dein Beuteschema?“, fragte Mick ungläubig.

„Ja, schon.“ Rosie stellte das Wasser ab, quetschte Wasser aus ihren Haaren und öffnete die Duschtür. „Gib mir mal das Handtuch von der Heizung.“

Mick angelte nach dem Handtuch und reichte es ihr. „Wie kommst Du an den?“

„Ich musste ihn mit dem Abschleppwagen von der Straße auflesen. Er ist ein Freund von Morris.“

Während Mick trocken „Aha“ sagte, blickte er seine beste Freundin stolz an. Sie war eine tolle Frau, hübsch, sehr sexy ohne tussihaft zu sein und Rosie ging mit ihm seit vielen Jahren durch dick und dünn. Sie hatte eine wirklich schöne Figur für eine Frau, sehr schlank und grazil, aber Mick konnte nicht anders als sich nicht für sie als Frau zu interessieren. Es ging einfach nicht. Er sah ihre Brüste, er sah ihren Hintern, aber da war nichts außer dem Gefühl einen Kumpel zu sehen.


Am nächsten Tag um halb drei stand Rosie vor ihrem Kleiderschrank und wusste nicht weiter. Mick betrat ihr Zimmer und legte sich ungefragt auf Rosies Bett. „Ratlos?“

Rosie seufzte tief auf. „Oh ja. Was meinst Du, Mick? Sexy oder sportlich?“

„Sieht dieser Wilks nach sportlich aus?“

Rosie begann zu lachen. „Definitiv nein!“

„Dann sexy.“


Der Funken Liebe

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