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Kapitel 1 Die letzte Schlacht
ОглавлениеSchwarze, übel riechende Rauchschwaden zogen dicht über den Boden, seltsam dumpf leuchteten die vielen Flammen der zahlreichen Brände durch den stinkenden Rauch. Die Sonne verließ diesen schlimmen Tag, als könne sie das ganze Elend nicht mehr ertragen. Ein erschreckendes Stöhnen, Jammern und Klagen schwebte über das Schlachtfeld, das langsam von der hereinbrechenden Dunkelheit zugedeckt wurde.
Geisterhaft schimmerten die Waffen der gefallenen Kämpfe im Schein der Brände, die Schwerter blinkten stumpf wie alte Öllampen im Widerschein der Flammen. Schemenhafte Schatten bewegten sich träge über die toten Krieger, hier und da hörte man die schrecklichen Kaugeräusch der Unholde der wilden Horde, die die gefallenen Krieger der weiten Ebene auffraßen.
Selbst schon halbtot, rissen sie den Verwundeten und den Toten die Gliedmaßen ab und fraßen sie, so lange, bis eines der Waldwesen mit einem wütenden und heftigen Schlag seines Zauberschwertes die Köpfe der Ungeheuer vom Rumpf trennten.
Aber auch die Waldwesen waren schwer von der wilden Horde geschlagen worden. Obwohl sie schon mehrmals mit den Menschen zusammen gegen die wilde Horde kämpften, hatten sie alles verloren, das letzte der Waldwesen sah sich zum letzten Mal erschöpft auf dem Schlachtfeld um und löste sich dann in einem lichten Nebel in Nichts auf.
Schwer stützte sich eine riesenhafte, eine gewaltige Statur auf das in den Boden gerammte Zweihandschwert, langsam bewegte sich der Kopf von Darkahr von links nach rechts und zurück, ungläubig, als könne er die entsetzliche Niederlage seines Volkes gegen die wilde Horde noch nicht realisieren.
Fast verzweifelt suchte er mit seinen scharfen Augen das Schlachtfeld nach Überlebenden ab, er entdeckte nur wenige Krieger, die sich mühsam auf ihn zu bewegten.
Ein entsetzlicher, wilder Kampf entbrannte zwischen den Kriegern der drei Ebenen und den beinahe tierischen Kriegern der wilden Horde, es war unmenschlich, wie sich diese Wilden in seine Krieger verbissen, ganze Stücke Fleisch aus ihnen herausrissen.
Das hatte mit einem Krieg nichts mehr zu tun.
Schreiend brachen seine Krieger zusammen, mit abgerissenen Armen und Beinen, mit schweren Bisswunden in den Hälsen.
Die Krieger der wilden Horde quollen wie große, schwarze Ameisen massenweise aus dem Gebirge hervor, die Massen dieser Bestien waren erschreckend und niederschmetternd, es nahm überhaupt kein Ende. In sechs, sieben breiten Strömen kamen sie aus dem Gebirge und überschwemmten ihr Land.
Die ersten zwei Dörfer brannten lichterloh, die ersten Flammen loderten in weiteren Dörfern. Schreiend rannten verzweifelte Menschen zwischen den brennenden Häuser herum, vor lauter Panik rannten sie sich gegenseitig um, brennende Menschen schrien aus den Fenstern der brennenden Häuser verzweifelt um Hilfe, aber in der Panik konnte keiner den anderen helfen, krachend fielen die ausgeglühten Mauern auf die Menschen.
Ganze Häuser krachten mit Donnergetöse in sich zusammen und begruben alles unter sich in einem grausig schönen Funkenregen. Furchtbare Szenen müssen sich in dem Muldendorf abgespielt haben, die wilde Horde hatte das ganze Dorf umzingelt und machte sich einen grausigen Spaß daraus, die fliehenden Bewohner mit Waffengewalt zurück in das brennende Dorf zu jagen.
Viele Menschen ließen sich von den Bestien der wilden Horde massakrieren, als in dem Dorf zu verbrennen.
Die Bestien drangen in die Häuser ein und brachten die Menschen darin mit sadistischer Grausamkeit um, drei, vier der Ungeheuer brachen mit ihren ungeschlachten Waffen eine verriegelte Haustür auf und stürmten mit irrem Gebrüll in das Haus und fanden eine Mutter mit ihren zwei Kindern, die starr vor Entsetzen in der Ecke des Zimmers kauerten.
Mit vor Gier sabbernden Lefzen gingen sie in wilder Vorfreude auf das Gemetzel langsam auf die Menschen zu und die Frau warf sich verzweifelt und voller Hilflosigkeit den Bestien entgegen, um damit vielleicht ihre Kinder zu schützen.
Eine der Bestien senkte seine plumpe Waffe und rammte sie der heranstürmenden Frau in den Leib, mit einem lautlosen Schrei auf den Lippen blieb die Frau wie festgerannt stehen, mit einem grausamen, brüllenden Lachen hob das Ungeheuer die Frau mit seiner Waffe hoch und endlich löste sich der verzweifelte Schrei der Frau, die beiden Bestien packten sich je einen Arm der Frau und rissen sie auseinander, röchelnd starb die Frau einen grausamen Tod in der Gewissheit, dass sie ihre Kinder nicht mehr retten konnte.
Die Bestie griff sich den kleinen Jungen und stopfte sich das schreiende Kind in seinen triefenden Schlund, zuckend hingen die Beine des Jungen aus dem Maul.
Das Mädchen starrte mit leeren Augen auf die näher kommenden Ungeheuer, wieder griffen die Bestien nach den Armen und mit einem heftigen Ruck rissen sie das Mädchen aus einander. Lautlos starb das junge Mädchen, ohne zu wissen warum.
Die wilde Horde vernichtete das Muldendorf vollständig, als sie in Richtung zweites Dorf abzogen, stand von dem schönen Muldendorf kein Haus, keine Werkstatt, kein Marktstand und keine Schule mehr. Das Dorfzentrum zerstört, der Rest davon stand in lodernden Flammen, überall lagen tote Menschen, die wilde Horde hatte alles getötet, ob Kind, Frau, alte Menschen, Tiere.
Der Gestank der verletzten und getöteten Ungeheuer war erstickend, das schwarze, klebrige Blut haftete an seinen Kriegern und verursachte schlimme Verätzungen.
Seine Krieger waren alle mit der Rüstung ausgestattet, die ihnen von den Waldwesen schon vor langer Zeit nach einem heftigen Kampf gegen die wilde Horde in der Herstellung gezeigt worden war, trotzdem waren sie fast chancenlos in diesem Kampf. Auch in diesem Kampf standen die Waldwesen Seite an Seite mit dem Menschen und verhinderten in einer wilden Schlacht das Eindringen der wilden Horde in die weite Ebene.
Nach diesem Sieg hatten die Bewohner der weiten Ebene viele Mondzyklen Ruhe vor Angriffen und Überfällen, sie bauten das Land auf und befestigten es gut. Von rechts trat Sirgith, die hoch gewachsene Bogenschützin an seine Seite, mit einem fast verzweifelten, bittenden Blick schaute Darkahr die Frau an, in der Hoffnung, etwas Positives von ihr zu erfahren.
Aber auch Sirgith schüttelte erschöpft und traurig ihren Kopf. Trotzdem forderte Darkahr Sirgith auf, mit ihrem schrillen, tremolierenden Pfiff überlebende Krieger auf zu fordern, zum Sammelpunkt zu kommen.
Darkahr machte sich ob der Niederlage heftige Vorwürfe, dass er sich gegen die vier Weisen seines Volkes nicht durchsetzen konnte und damit diese letzte, vernichtende Schlacht zu verhindern, ihm war klar, dass eine Niederlage sein Volk an den Rand der restlosen Vernichtung bringen würde.
Etwas Erleichterung brachte ihm dann die Zustimmung zu seinem Plan der Fluchtvorbereitung. Hoch im Norden der weiten Ebene, die seit vielen Generationen ihre Heimat war, hatte er Frauen, Kinder, Alte, Bauern, Handwerker, Jäger und Gelehrte mit vielen Vorräten in ein Basislager untergebracht.
Fluchtfertig, die vielen Tragetiere und Fuhrwerke bereit. Er hatte viele Fuhrwerke bauen und alle vorhandenen Fuhrwerke zum Basislager bringen lassen.
Die Schlacht begann gut für sein Volk, seine Taktik, mit drei starken Keilen in die Front der wilden Horde zu stoßen, das brachte schnellen Erfolg und verwirrte die Krieger der wilden Horde lange Zeit.
Die Katapulte schleuderten die Gefäße mit dem brennenden Öl in die Horden von Kriegern, tierisch kreischend wälzten sich die Getroffenen in dem brennenden Öl, der Gestank nach verbranntem Fleisch war bestialisch, die Bogenschützen schossen Bündel von Pfeilen in die anstürmenden Unholde, die schreiend und wild fluchend vor blinder Wut in dem Pfeilhagel zusammenbrachen.
Die Kriegerinnen schossen in atemberaubender Schnelligkeit ihre Pfeile auf die Krieger der wilden Horde und rissen damit große Lücken in die Front der Angreifer. Berge von Leichen war die Folge dieser gezielten Attacke, die wilde Horde rannte lange wie kopflos auf dem Schlachtfeld herum und wurde von den Kriegern der weiten Ebene erbarmungslos niedergemacht.
In diese Lücken stießen die Krieger der östlichen, der mittleren und westlichen Provinz mit vehementer Gewalt, die Reiterei stieß zusätzlich in die Flanken der wilden Horde. Der Lärm der heftigen Kämpfe betäubte die Ohren, aber die Schreie der Verletzten übertönten allen Schlachtenlärm.
Die Krieger der wilden Horde kämpften zum Teil mit ungeschlachteten Waffen, grob zusammengehauen und gebaut, mit großen Keulen oder mit wuchtigen Eisenstangen, mit denen sie wie irrsinnig um sich schlugen und damit furchtbare Wunden rissen.
Das Blut floss in Strömen, das Blut der Bestien matschte den Boden und verbreitete einen widerlichen Gestank, es war dickflüssig wie Sirup und beinahe schwarz, auch dunkelgrün.
Die Fratzen der Gegner waren selbst für erfahrene Krieger ein abstoßender Anblick. Die Krieger der weiten Ebene wurden von dem Blut ihrer Gegner so durchnässt, dass sie Mühe hatten, ihre Waffen im festen Griff zu halten. Schon nach kurzer Zeit trug jeder Krieger größere oder kleinere Verletzungen davon.
Dank der weitaus besseren Kampftechnik konnten sich die Krieger der drei Ebenen dennoch lange und erfolgreich gegen die wie besessen kämpfenden Horden behaupten.
Kreischend schnitten sich die Schwerter durch die primitiven Rüstungen, doch kaum hatte ein Krieger seinen grauenhaften Gegner getötet, sprangen sofort zwei, drei neue auf ihn zu.
Es war ein töten ohne Ende, die Massen der wilden Horde waren nicht zu besiegen und selbst den besten und härtesten Krieger der östlichen Provinz verließen dann die Kräfte.
Das zweite Dorf wurde durch die dicken Rauchsäulen, die durch die vielen Brände im Muldendorf entstanden, früh gewarnt und in aller Hast machten sich die Einwohner des zweiten Dorfes auf den Weg ins Basislager, so wurden nur wenige Opfer der heranstürmenden wilden Horde, auch hier wüteten die Bestien wie irre, es sah aus, als würden diese Ungeheuer einen irrationalen Hass auf alles Schöne haben, mit nicht zu fassender Wut zerschlugen sie alles, was sich ihnen in den Weg stellte und wieder brannte ein Dorf lichterloh und reihte sich mit dem Feuer in die vielen anderen brennenden Dörfer ein.
Die fliehenden Bewohner des zweiten Dorfes wurden kurz hinter ihrem Dorf von Bogenschützen, Schwertkämpfern und Reitersoldaten abgeschirmt, die Soldaten wehrten nur die einzeln vorpreschenden Bestien der wilden Horde ab und zogen sich mit den fliehenden Einwohnern Richtung Norden zum Basislager zurück.
Die flüchtenden Menschen waren in der Mitte zwischen dem zweiten und dritten Dorf angekommen, als weitere Flüchtlinge zu ihnen stießen. Die Menge der Fliehenden wurde dadurch noch größer und zu langsam, durch das hinzu drängen der vielen Menschen stockte der Fluss der Fliehenden, verzweifelt versuchten die Soldaten, Ordnung in das Chaos zu bringen, es war vergeblich und dann gellten entsetzte Schreie auf, die wilde Horde hatte die fliehenden Menschen erreicht und ein schreckliches, ein entsetzliches Abschlachten begann.
Die Menschen und Soldaten wurden von den Massen der Angreifer einfach überrollt.
Vor wilder Freude über den leichten Sieg tierisch grölend, zog die Horde weiter zum nächsten Dorf. Die Eroberungen der jetzt fast ohne jeden Schutz dastehenden Dörfer waren für die Bestien der wilden Horde ein leichtes Spiel, schnell brannte ein Dorf nach dem anderen.
Lange sah es trotz seiner Sorgen nach einem Sieg seines Volkes aus, aber dann musste er erkennen, dass sie gegen die Massen der wilden Horde auf Dauer keine Chancen hatten, es war eine Übermacht von vier, fünf oder gar mehr auf einen seiner Krieger.
Obwohl fast alle Krieger von den Grenzen abgezogen wurden, obwohl die Kasernen auch alle jungen Krieger in den Kampf schickten, reichte es nicht, um gegen die wilde Horde zu bestehen.
Das Ausdünnen der Grenzsoldaten hatte fatale Folgen für die weite Ebene. Als wenn die wilde Horde nur darauf gewartet hätte, dass die Krieger der weiten Ebene von den Grenzen abgezogen wurden, um in den Kampf im Norden einzugreifen, kamen die Bestien in einer breiten Front über den südlichen Fluss, zerschlugen jetzt mit Leichtigkeit die Grenzbefestigungen, töteten mit wilder Wut die wenigen Krieger, die an der Grenze verblieben waren und strömten wie die schwarze Pest in die weite Ebene, sie zerschlugen ein Dorf nach dem anderen, ohne großen Widerstand vorzufinden, weil eben alle Krieger in den Norden beordert waren. Die Bestien töteten alles, egal ob Frau, Kind, alte Leute oder Tiere, mit einer unfassbaren Grausamkeit wüteten sie unter den Bewohnern der Dörfer, denen die Flucht nicht mehr gelungen war.
Jedes Haus, jedes Gebäude wurde verwüstet und in Brand gesteckt, brennende Menschen rannten irre schreiend durch die Trümmer ihrer Dörfer, selbst die festen, aus Stein gebauten Häuser wurden zerstört, es sah aus, als ob die wilde Horde nicht nur die Menschen vernichten wollten, sie wollten die weite Ebene vernichten.
Darkahr neigte seinen behelmten Kopf und dankte mit einem stillem Gebet ihrem Gott, dass es ihm gelungen war, den Beginn des Kampfes bis auf den frühen Nachmittag hinaus zu zögern, weil er wusste, dass die wilde Horde nicht gerne im Dunkeln kämpft.
Er hoffte, dass er damit vielen Kriegern das Leben retten konnte, denn die wilde Horde zog sich tatsächlich, wie von ihm erwartet, mit dem Einbruch der Dämmerung zurück, ungeachtet dessen, dass sie kurz vor einem kompletten und vernichtenden Sieg standen.
Leider waren sie nicht mehr in der Lage, die sich zurück ziehenden Horden zu verfolgen und so vielleicht doch noch die Niederlage zu mildern.
Sirgith stieß den von Darkahr geforderten Pfiff mit all ihrer verbliebenen Kraft aus und tatsächlich erhoben sich einige Gestalten und kamen schwankenden Schrittes auf Darkahr und Sirgith zu.
In der aufkommenden, bedrückenden Stille konnte Darkahr Sirgith nach ihrem Sohn fragen, der schon lange im Basislager in Sicherheit war. Darkahr seufzte erleichtert auf. Während sich einige Krieger langsam um Darkahr sammelten und Sirgith die Wunden der Krieger versorgte, wanderten Darkahrs Gedanken zurück zu dem Zeitpunkt, als sein Volk die ersten Kontakte mit den Kriegern der wilden Horde hatte. Vor vielen Sommern drangen die ersten Krieger in die weite Ebene ein, aber sie stellten keine echte Bedrohung dar, schnellwurden sie von den Kriegern der Provinzen besiegt.
Damals wurde dann von dem Dorfältesten angeordnet, das eine ständige Präsenz von Kriegern aus allen Provinzen an dem Ufer des südlichen Flusses, der die weite Ebene von Osten bis Westen abschloss und sie ideal vor Eindringlingen schützte, patrouillieren sollte, um so etwaige Eindringlinge sofort abfangen zu können. Auf der anderen Seite des südlichen Flusses war ein riesiges Waldgebiet, das ihre Vorfahren durchquert hatten, auf der Suche nach einer neuen Heimat, fast undurchdringlich, auch deswegen war es schier unmöglich, die weite Ebene zu erreichen.
Darkahr hob seinen Kopf und schaute hinüber zu den fernen Gebirgen, die die weite Ebene im Osten, Norden und im Westen mit gewaltigen Bergen in einem weiten Bogen einrahmte und ihre Heimat besser schützte als die beste Verteidigungsanlage.
Aber die einzelnen Angriffe der wilden Horde häuften sich und wurden zu einer ständigen Bedrohung für die Bewohner der weiten Ebene. Die Krieger suchten immer neue Wege, um in die weite Ebene einzudringen. Kamen sie anfangs nur vereinzelt über den Fluss, fanden sie jetzt einen Weg am Fuß des westlichen Gebirges am Ufer des Flusses entlang in die weite Ebene und verwüsteten fast die ganze westliche Provinz. Nur mit Mühe konnten die Krieger der mittleren Provinz ein weiteres eindringen der wilden Horde verhindern und die Menschen, die voller Panik aus ihrer Provinz flüchteten, vor weiteren Angriffen schützen.
Erleichtert konnte Darkahr feststellen, dass sich doch noch eine, wenn auch bescheidene Gruppe von Kriegern zusammen gefunden hatte. Alle mehr oder weniger schwer verwundet. Die Heilerinnen kümmerten sich intensiv um die Verwundeten und organisierten den Abtransport. Schon kamen die Männer, die auf Anweisung von Darkahr in dem Basislager ausharrten, zu Hilfe. Weitere Frauen aus dem Lager halfen jetzt den Heilerinnen und versorgten die Verwundeten.
Darkahr konnte im schwindenden Licht die Silberfläche der zwei Flüsse schimmern sehen, die die weite Ebene in die drei Provinzen teilt. Seine Ahnen, die vor vielen Generationen ihre Heimat weit unten im Süden verlassen mussten, weil die Dürre über Jahre hinweg alles Leben unmöglich machte, hatten die weite Ebene nach jahrelanger Suche nur durch die Beharrlichkeit des Stammesältesten, der sein Volk immer wieder antrieb und ihnen immer wieder versicherte: „Wir werden eine neue, eine gute Heimat finden, habt nur Geduld“, zu verdanken.
Sie zogen aus dem Süden, der unter der brutalen Gewalt der Sonne vertrocknete und zur Wüste wurde, Richtung Norden, weil der Stammesälteste von Händlern und Reisenden wusste, dass der Norden immer grün war, es genügend Regen gab, die Wälder voll von jagdbarem Wild, saftigem Boden war, und das entscheidende für den Stammesältesten war, dass der Norden fast menschenleer sein sollte. Jahrelang zogen sie durch Einöden, Wüsten und unfruchtbares Land, mussten sich oft gegen Räuber und wilde Krieger verteidigen, kämpften gegen Tiere, die sie nie zuvor gesehen hatten, verirrten sich in den endlosen Wüsten, verloren viele Menschen durch Durst und Hunger, durch die vielen Kämpfe, und viele verloren ihr Leben durch die Angriffe der wilden Tiere. Ihre Ahnen hatten damals im Süden ein gutes Land, so berichteten die alten Schriften, Schwerpunkt ihres Wohlstandes waren die Früchte ihrer vielen Felder, von denen sie selbst gut leben konnten und mit dem Überschuss trieben sie einen lebhaften Handel auf den umliegenden Märkten und so mehrten sie ihren Wohlstand, ihre Häuser in den Dörfern waren solide und gediegen gebaut, viele hatten einen kühlen Innenhof, der den Aufenthalt sehr angenehm machte.
Die Tierställe waren wohlgefüllt und die größeren Knaben trieben die vielköpfigen Schaf- und Ziegenherden auf die umliegenden Weiden vor den Dörfern. Die Handwerker in einem ihrer Dörfer hatten sich auf die Bearbeitung von Edelmetall spezialisiert, anfangs wurden nur Rüstungen, Harnische und Schwerter von ihnen hergestellt.
Aber dann kamen die ersten Wünsche nach Schmuck Gegenständen und auch diese Wünsche wurden von den Handwerkern erfüllt. Die Schmuckstücke wurden immer besser, filigraner. Die Handwerker fügten Schmucksteine hinzu und so kam es, dass selbst aus fernen Ländern Herrscher, reiche Kaufleute und Häuptlinge für sich und vor allem für ihre Frauen Schmuck von den weithin bekannten Schmuckschmieden kaufen wollten. Exotische Menschen kamen in ihre Dörfer, die Frauen mit nackten Brüsten und kaum bekleidet, für sie wurden Halsketten aus feinstem Gold gefertigt, die ihre Blöße verhüllen, aber nicht verdecken sollten.
Es entstanden Herbergen für die vielen Gäste, einige Familien boten Essen an, ein lebhaftes, unbeschwertes und buntes Treiben herrschte in ihren Dörfern. Die kleineren Kinder spielten mit lautem Geschrei vor den Häusern auf der Dorfstraße und die Frauen schwatzten am Dorfbrunnen.
Unmerklich erst begann die Veränderung, der Regen blieb aus, das war noch nicht wirklich besorgniserregend, das passierte hin und wieder, aber der nahe Fluss wurde zu einem Rinnsal und wenig später fielen die Brunnen trocken. Der Magier und die Weisen wurden zu dem Dorfältesten gerufen, auch die alte Heilerin, und alle versicherten: „Keine Sorge, der Regen kommt bald.“ Der Regen kam, viel weniger als gewohnt, der Fluss wurde zu einem Bach, der Brunnen wurde jetzt jeden Tag trocken geschöpft. Und es wurde noch schlimmer, der Regen kam überhaupt nicht mehr, der Fluss wurde so trocken wie ihre Felder, ihre Brunnen versandeten. Der Magier zeigte den Menschen neue Stellen, um einen Brunnen zu bauen, nur in einem lief etwas Wasser. Die anderen Grabungen blieben trocken wie der Sand, der langsam, unaufhaltsam ihre Felder zudeckte, die Dörfer zuwehte. Ihr Reichtum schmolz dahin und als nichts mehr ging, war die Mehrheit der Bewohner damit einverstanden, ihre Heimat zu verlassen und eine neue zu suchen. Nur wenige Familien wollten weiter in den Westen ziehen, um dort ihr Glück zu finden. In den alten Schriften seines Volkes hatte Darkahr oft gelesen, so wusste er viel von dem Leben in der alten Heimat, von den Sitten und Gebräuchen, von den Magiern und Heilerinnen, die viel zum Wohlergehen seiner Ahnen beigetragen hatten.
Darkahr sah den langen Zug seiner verwundeten Krieger, die mit Hilfe der Menschen aus dem Basislager und den Heilerinnen in Richtung Lager zogen, es ging erschreckend langsam voran, es war inzwischen Nacht geworden, fahl beleuchtete der schmale Mond die traurige Szene. Darkahr trieb die Menschen an: „Wir müssen vor Morgengrauen schon weit weg sein, die wilde Horde wird sich auf die Suche nach dem Rest von uns machen, wir müssen so viel wie irgend möglich an Entfernung schaffen und unsere Spuren dabei verwischen.“
Im Basislager angekommen, wurden die Verletzten schnell auf die vorbereiteten Fuhrwerke geschafft und wenig später rumpelte der erste Wagen über den felsigen Grund in die Berge.
Darkahr stellte sich hoch auf den Sitz seines Wagenlenkers und schaute auf die Kolonne vor und hinter sich, Schmerz
schnürte die Brust ein. Was hatte die wilde Horde aus dem Volk gemacht, die drei Provinzen hatten mehr als vierzig Dörfer – und jetzt war nur ein Rest von einer Handvoll Menschen übrig geblieben.
Endlich kam eine Heilerin an die Wagenseite und schwang sich leicht hinauf, um Darkahr zu versorgen, er empfand die Fürsorge als angenehm und schon halb schlafend spürte er dieSchmerzen kaum noch, als die Heilerin seine Wunden reinigte.
Die ersten Monde zogen seine Ahnen durch ein nicht enden wollendes Gebirge, sie folgten Tal um Tal tiefer in das riesige Gebirge, gut war nur, dass sie keinen Hunger oder Durst leiden mussten, es gab in den Bergen viel Wild zu jagen und überall war frisches Wasser zu trinken. Nach mehr als einem Sommer- und Winterwechsel, fast alle sahen zum ersten Mal Schnee und fühlten Kälte, kamen sie aus dem endlosen Gebirge und gerieten in eine trostlose, dürre Landschaft. Der Dorfälteste wies sie weiter Richtung Nordwesten und verpasste dadurch die fruchtbare Gegend um den Fluss, der in einem großen Delta in einem Binnenmeer mündete.
Der Dorfälteste trieb die erschöpften Menschen weiter und weiter, die Dürre nahm und nahm kein Ende, die Vorräte schrumpften bedenklich, Wasser wurde knapp, sehr knapp. Hier wurden die alten Schriften verschwommen, ungenau, diffus, auf der einen Seite wurde von einem Mirakel gesprochen, das mit einem leuchtenden blauen Licht die erschöpften Menschen zu einer Oase führte, andererseits wurde von einem seltsamen Volk erzählt, von denen sie Hilfe erhielten. Eine dritte Version berichtete, dass ein Untier besiegt werden musste, wenn sie lebend weiter ziehen wollten.
Im dritten Jahr ihrer Wanderung, ihrer Suche nach einer neuen Heimat, kamen sie endlich aus der Wüste in ein grünes Land, es gab wieder Tiere zu jagen, es gab Wasser für alle, die Menschen und Tiere erholten sich.
Ihre Karawane folgte den natürlichen Bodenwellen, der Zug wurde dadurch lang auseinander gezogen, weil kaum mehr als zwei, drei Reiter nebeneinander Platz in der engen Rinne hatten. Die Stimmung hatte sich nach dem Erreichen des Grünlandes merklich gebessert. Scherzworte flogen hin und her und da erfolgte der Angriff, er kam blitzschnell von der linken Seite her. In breiter Front griffen verwegene Reiter auf schnellen Reittieren an. Entsetzen packte seine Leute, Hals über Kopf wollten schon einige in wilder Panik davon reiten, als sie sahen, wie sich die Bogenschützen aufrichteten und in schneller Folge ihre Pfeile auf die Angreifer schossen. Der Spuk war so schnell vorbei, wie er gekommen war, die knapp zwanzig Angreifer hatten wohl nicht mit Gegenwehr gerechnet, sie hatten wohl die Karawane als leichtes Opfer angesehen. Die Jäger und Kundschafter hatten in der Zwischenzeit die Reittiere der Räuber eingefangen und brachten sie mit stolzem Geschrei als Beute zurück. Ein Mann löste sich aus der zusammengeballten Menschenmenge und ging neugierig zu den gefangenen Tieren und schaute sich die wild schnaubenden Geschöpfe sehr genau
an. Nach einer geraumen Weile ging er zum Dorfältesten und erklärte diesem, dass sie mit den Tieren fantastische Rennkamele bekommen hatten, diese Tiere wurden mit Vorliebe von Räubern benutzt, weil die Rennkamele ihnen immer eine sichere Flucht garantierten. „Wir sollten diese Tiere den Jägern und Kundschaftern geben, weil sie damit wesentlich schneller unterwegs sein werden.“ Der Dorfälteste nickte zustimmend. Aus den Packtaschen der eingefangenen Tiere holten sie noch wahre Schätze hervor: Goldmünzen, Geschmeide, Gewürze und Salz. Der Älteste schlug seinen Leuten vor, die Münzen und das Geschmeide in die Dorftruhe zu legen, die Gewürze und das Salz sollten die Köchinnen erhalten. Ein Reiter trat zu dem Dorfältesten und bat ihn um etwas Salz für die Tiere. Der Mann wurde etwas erstaunt und befremdlich angesehen, aber er erklärte ruhig und mit viel Sachverstand, warum Tiere Salz genauso dringend brauchten wie die Menschen. Der Alte erkannte die Qualitäten des Mannes sofort und erklärte ihn zumStallmeister, er sollte sich ab sofort intensiv um alle Tiere kümmern. Stolz dankte der Mann dem Dorfältesten und nahm nach einem fragenden Blick zu ihm einige Brocken von dem Salz und alle sahen, wie er von Tier zu Tier ging und ihnen von dem Salz gab. Keiner von ihnen sah die drei schemenhaften Gestalten, die aus einiger Entfernung den Überfall und das nachfolgende Geschehen sehr genau beobachtet hatten. Zufrieden sahen sie, wie der Mann den Tieren das Salz gab. Eine der drei Schattengestalten streckte ihren Arm Richtung Norden und während sie ihre weißen Pferde wendeten, lösten sie sich in Nebel auf.
Der Dorfälteste prüfte mit kummervollem Gesicht die verbliebenen Vorräte ihres Saatgutes. „Wir dürfen davon nichts mehr verbrauchen“, wies er die Menschen an. Die Menschen wurden weiter nach Norden geführt, langsam jetzt, damit sich wirklich alle erholen konnten, bei den Ziegen und Schafen stellte sich sogar Nachwuchs ein. Die Stimmung der Menschen wurde optimistischer, ihre Bäuche waren voll, es gab im Moment keine Not, die Frauen und Männer fanden wieder Interesse aneinander und schon bildeten sich die ersten Pärchen. Mit stiller Freude sah der Dorfälteste die ersten schwangeren Frauen. Das Klima war sehr angenehm, sie erreichten den Rand eines unendlichen Waldes, der sich nach links und rechts ausdehnte, so weit das Auge reichte. Abends saßen die Ältesten zusammen und einige wollten hier am Wald neu siedeln, aber da stand einer der wenigen Krieger empört auf und wies die Alten brüsk auf das offene Land hin, das keinerlei Deckung bot. Bei einem Angriff, gleich welcher Art oder ob Mensch oder Tier, hätten sie keine Möglichkeit der Verteidigung. So wurde beschlossen, dass sie das vor ihnen liegende Waldgebiet noch durchquerten und hinter dem Wald nach dem endgültigen Platz Ausschau hielten, an dem sie dann bleiben wollten. Die Kundschafter berichteten von seltsamen, vogelähnlichen Wesen, die sie weit im Westen haben fliegen sehen, sehr groß mit langen Schnäbeln und gewaltigen Flügeln, die seltsam nackt aussahen, als bestünden sie nur aus Haut. Von dem Bericht mächtig beunruhigt, guckten die Menschen ängstlich umher, einige griffen zu den Waffen, die Wachen wurden verstärkt.
Sie waren erst kurz in den dichten Wald eingedrungen, als sie von seltsamen Biestern angegriffen wurden, menschenähnliche Tiere, die mit einer großen Geschicklichkeit und Geschwindigkeit in den großen Bäumen umher sprangen und die Menschen am Boden mit abgebrochenen Ästen, mit unbekannten Früchten und auch Steinen, die diese Wesen vom Boden aufsammelten,zielsicher bewarfen. Die Jäger warfen ihre Speere nach diesen Tieren, ohne sie jedoch verjagen zu können. Erst als die einzige Jägerin mit einem Pfeil ein Tier tödlich getroffen hatte und dieses mit schrillem Schreien zu Boden stürzte, verschwand der Spuk blitzartig.
Das Vorwärtskommen durch den dichten Wald war sehr mühselig, Meter für Meter musste ein Weg frei geschlagen werden. Erschöpft machten seine Ahnen gegen Abend auf einer Lichtung halt, sie sicherten die Lichtung ringsum mit Gebüsch gegen Eindringlinge und entzündeten ein großes Feuer in der Mitte der Lichtung. Seltsame, fremde, unbekannte Laute tönten durch die Nacht und ließen viele nicht schlafen. Ständig raschelte es im Unterholz, man hörte Fauchen und Knurren von großen Tieren. Alle waren froh, als es am Morgen nach einem schnellen Frühstück weiterging. Die wenigen Krieger sicherten ihren Trupp ebenso wie die Bogenschützinnen, abwechselnd schlugen die Männer denWeg frei, die Tiere waren sehr unruhig, als ahnten sie die Gefahr. Der Wald war so dicht, dass das Sonnenlicht Mühe hatte,das dichte Blätterdach zu durchdringen, es herrschte den ganzen Tag ein Dämmerlicht und immer war ein Knacken von Ästen, Rascheln von Blättern zu hören, ein Fauchen und Knurren begleitete sie den ganzen Tag. Und nach der Mittagsrast passierte es, der Trupp war bereit zum Weitermarsch, als aus dem Unterholz riesige, katzenähnliche Tiere hervor brachen, ausgestattet mit riesigen Reißzähnen, lang wie der Unterarm eines Mannes. Die Raubtiere wüteten unter den Schafen und Ziegen, sie waren stark und blitzschnell und trotzdem schafften es zwei Bogenschützinnen, mit ihren Pfeilen zwei der Biester zu töten und zwei weitere schwer zu verletzen. Ängstlich und staunend standen die Menschen um die erlegten Raubtiere herum und schauderten noch immer vor den gewaltigen Reißzähnen der Tiere. Ein paar Frauen dachten eher praktisch und wiesen auf die schönen Felle der Tiere hin. Jetzt wurden alle darauf aufmerksam und der Dorfälteste wies die Jäger an, dieFelle zu bergen. Mit größter Vorsicht machten sich die Frauen und Männer an dem Tier zu schaffen und entfernten gekonnt die Felle. Durch diesen Angriff war der Nachmittag vergangen und sie übernachteten ein zweites Mal auf diesem Platz. DieKrieger stellten speerähnliche Stöcke her und spießten diese dicht an dicht in den Waldboden, so dass die Spitzen schräg in den Wald wiesen. Sie hörten die Geräusche der Nacht, aber es blieb ruhig, sie blieben auch beim Morgenmahl unbehelligt, der Aufbruch erfolgte störungsfrei.
Erstaunlich frisch wachte Darkahr auf, die Schmerzen seiner zahlreichen Wunden waren erträglich, neben seiner Schlafstatt auf dem Wagen lagen frische Kleidungsstücke. Er kleidete sich an und setzte sich neben den Wagenlenker, es war ein noch junger Mann, der sichtlich nervös wurde, als sich sein Fürst neben ihn setzte. Darkahr erkannte den jungen Mann und auch der Name fiel ihm ein.
„Du machst deine Sache gut, Juusker“, wandte er sich an den jungen Mann, der vor Freude über dieses Lob von seinem Fürsten einen hochroten Kopf bekam.
„Gab es in der Nacht besondere Vorkommnisse?“, fragte Darkahr weiter. „Nein, mein Fürst, Dank sei unserem Gott, es war eine ruhige Nacht.“ Darkahr bedankte sich freundlich bei Juusker, sprang vom Wagen und folgte dem Geruch von warmen Essen. Ehrerbietig wurde Darkahr von seinem Volk gegrüßt, freundlich grüßte er zurück und nannte die Menschen, die er kannte und erkannte, bei ihrem Namen. Er stellte sich in die Reihe hinter dem Küchenwagen und schritt hinter dem Wagen her, viele wollten Platz machen für ihren Fürsten, aberDarkahr wies dankend ab und zeigte an, dass er sich genau wie alle anderen anstellte, bis er an der Reihe war. Er wusste, dass er mit solchen Kleinigkeiten große Sympathien bei seinem Volk gewann. Mit der gefüllten Schüssel und dem heißen Becher ging Darkahr zu seinem Wagen zurück und setzte sich zum Frühstücken neben Juusker auf den Fahrerbock. Kaum saß Darkahr, hörte er sehr bekannte Geräusche, jemand versuchte auf den Wagen zu klettern. Darkahr drehte sich um und schaute in das strahlende Gesicht seines Sohnes. Gemeinsam aßen sie ihr Frühstück.
Stolz lenkte der junge Mann seinen Wagen, er freute sich unsäglich darüber, dass sein Fürst zu ihm zurückgekehrt war und weiterhin mit ihm fuhr.
Wothar genoss die kurze Zeit mit seinem Vater auf dem Wagen, er wusste, dass sein Vater als Fürst seines Volkes viele Aufgaben zu erledigen hatte, genau wie seine Mutter, deren Künste und Kenntnisse als Heilerin sehr gefragt waren. Wothar hielt sich jetzt sehr an seine Familie, die Großeltern und der Bruder seines Vaters kümmerte sich sehr um ihn. Darkahr beendete satt und zufrieden sein Frühstück, als eine junge und hübsche Frau neben dem Wagen auftauchte und Juusker fröhlich begrüßte, verlegen zappelte Juusker herum, um der Frau die Anwesenheit ihres Fürsten an zu zeigen. Als die Frau begriff, blieb sie erschrocken stehen und Darkahr musste trotz der ernsten Lage lachen.
„Jetzt ist dein Essen verloren“, rief sie dem Wagen nach. „Und du, lass es dir schmecken“, rief er lachend zurück. Wothar nahm das Geschirr von seinem Vater, verabschiedete sich und brachte es zum Küchenwagen zurück. Wothar winkte seiner Mutter zu, die bei einem Verletzten stand. Darkahr schwang sich vom Wagen und schritt zügig zur Spitze des Trecks und erkundigte sich nach dem Befinden der Verwundeten, Sirgith trat zu ihm, mit Ehrerbietung grüßte Darkahr seine Frau. „Ich bedanke mich bei dir und deinen Kämpferinnen für euren guten Kampf.“ Dankend neigte Sirgith den Kopf, eine der Heilerinnen kam dazu und die beiden Frauen informierten ihren Fürsten über den Zustand der vielen Verwundeten, Sorgen bereiteten den Frauen die schlimmen Entzündungen der Wunden, die sie sich noch nicht erklären konnten, all ihre Kenntnisse und Medizin halfen nicht. Die Heilerin sagte ihrem Fürsten, dass sie alle mit vereinten Kräften an einer neuen Medizin forschten und sie hoffen, bald ein Heilmittel gegen die Entzündungen gefunden zu haben. Sie vermuteten alle, dass die Waffen der wilden Horde vergiftet waren, denn die Verletzungen, die durch das widerliche, stinkende Blut der Bestien entstanden, konnten sie Dank der Hilfe der Waldwesen gut heilen. Darkahr dankte den Frauen und wandte sich dem nächsten Wagen zu und traf auf die Weisen Lehton und Thor-Tun. Lehton war für Nahrung und Thor- Tun für die Verteidigung zuständig. Lehton konnte seinemFürsten berichten, dass alles so gehandhabt worden war, wie er es angeordnet hatte, Nahrung sei genug vorhanden und die Jäger sorgten, wann immer es möglich war, für frisches Fleisch.
Thor-Tun berichtete seinem Fürsten mit ernstem Gesicht über den Zustand seiner Krieger. „Wir haben einhundertzwei Schwerstverletzte.“ Darkahr nickte. „Die Heilerin sagte es mir schon, knapp siebzig leicht Verletzte, die in ein paar Tagen wieder ihren Dienst aufnehmen können. Außerdem konnten sich dank Deiner weisen Voraussicht“, er neigte anerkennend sein Haupt, „über zweihundert Familien mit Kindern, weit über dreihundert Jungfrauen und mehrere Dutzend Jungmänner retten.“
Thor-Tun fuhr nach einem fragenden Blick zu seinem Fürsten fort: „Unsere Spuren wurden verwischt und der Weg mit Felsen unpassierbar gemacht, es wurden insgesamt vier Felsensperren errichtet und zwei falsche Spuren gelegt.“ Darkahr legte dankend seine Hand auf die Schultern des Weisen und seines Freundes, der fuhr vorsichtig fort: „In den frühen Morgenstunden haben wir viele Rauchsäulen, die von großen, sehr großen Feuern stammen müssen, entdeckt.“ Darkahr senkte traurig seinen Kopf, damit hatte er schon gerechnet, die wilde Horde vernichtete in ihrer wilden Wut über ihr Entkommen die ganze weite Ebene. Dann holte einer der Kundschafter ein längliches Paket von seinem Pferd und reichte es Darkahr, der schaute etwas verwundert, der Kundschafter berichtete: „Wir haben auch die weißen Pferde der Waldwesen gesehen, erschlagen wie alles und grässlich verstümmelt und unter einem Kadaver fanden wir dieses Schwert.“ Darkahr wog das Schwert nachdenklich in seinen Händen, es fühltesich seltsam leblos, kalt, ja tot an, er wusste aus Erfahrung, dass eine gute Waffe in den Händen seines Trägers zu einem eigenen Leben erwacht, aber dieses Schwert ist tot, leblos und dennoch strahlte es einen seltsamen Zauber aus.
„Wir werden dieses Schwert gut verwahren, vielleicht können wir es irgendwann dem Volk der Waldwesen zurück bringen. Wir haben einen Hinweis über den Verbleib des Schwertes an dem Sattelzeug eines der weißen Pferde angebracht“, endete der Kundschafter.
Darkahr bat Thor-Tun, eine genaue Karte über ihren Fluchtweganzulegen, damit sie, wann auch immer, die Möglichkeit hatten, anhand der Karte den Weg zurück zur weiten Ebene zu finden. Die Ochsengespanne zogen die schweren Fuhrwerke tiefer und tiefer in das Gebirge, dasselbe Gebirge, dessen gewaltige Felsmassen jahrelang bester Schutz für die weite Ebene war. Sie fuhren ständig aufwärts und die Ochsen brüllten vor Anstrengung, nur langsam kamen die schweren Wagen voran. Gegen Mittag kamen die Kundschafter zurück und berichteten den Weisen. Nach einer kurzen Beratung entschieden sie, den von dem Kundschafter Jeelohr vorgeschlagenen Weg in ein großes Tal zu nehmen. Die Auffahrt in dieses Tal war steil und eng, hoch und bedrohlich ragten links und rechts grobe Felswändein den grauen Himmel, die Achsen der Wagen schrappten an den Felsen und die Wagenlenker hatten allergrößte Mühe, die schweren Fuhrwerke heil durch diesen Engpass zu bringen. Es dämmerte schon, als der letzte Wagen den Aufstieg durch den Engpass geschafft hatte.
Darkahr gab, als er sah, wie erschöpft sein Volk war, bekannt, dass sie die Nacht hier rasten. Unmittelbare Bedrohung bestand nicht, die Kundschafter hatten berichtet, dass die wilde Horde der von ihnen angelegten, falschen Fährte folgte.
Ein Stück des Weges weiter öffnete sich das karge, nur mit hartem Gras bewachsene Tal zu einer großen Mulde, in der die Wagenlenker ihre Wagen fuhren, hier waren sie gut vor dem beißend kalten Wind geschützt, der heftig von den hohen Bergen herunter blies. Die Ochsen brüllten vor Erleichterung, als ihnen die schweren Joche abgenommen wurden, sie trabten sofort zu dem kleinen Bach und soffen vorsichtig das eiskalte, klare Wasser. Bis zum Bauch standen die Tiere in dem harten Gras und fraßen es gierig. Es brannten mittlerweile viele kleine, rauchlose Feuer und ein herrlicher Bratenduft zog durch das Lager, selbst Darkahr musste sich beherrschen, dass er nicht wie viele andere zum Feuer rannte, um ans Essen zu gelangen. Aber es dauerte nicht lange, da brachte eine junge Frau das Essen für ihren Fürsten, etwas verlegen und ängstlich stellte sie das Essen auf den Tisch und schaute dabei ihren Fürsten schüchtern an. Darkahr kannte die junge Frau nicht und fragte daher nach ihrem Namen. „Ich bin Liekar, dieTochter von Lehton und ich bin Schützin bei Sirgith“, sprudelte es aus ihrem Mund und ihre vollen Lippen zeigten ein vorsichtiges Lächeln. Darkahr lächelte die junge Frau an und freute sich darüber, dass sie anscheinend schon die furchtbare Angst vor der wilden Horde verdrängt hatte. Erleichtert sprang die junge Frau davon, glücklich, dass sie keinen Fehler bei ihrem Fürsten gemacht hatte. Darkahr hörte noch, wie Thor-Tun den Wachplan einteilte, die Kundschafter los schickte, dann versank er in schläfrige Erinnerungen.
Die Männer schlugen wieder den Weg durch den Wald frei und mühselig bahnte sich der Trupp durch das Gewirr vonÄsten, Sträuchern und Gestrüpp einen Weg. Die Kundschafter hatten dem Dorfältesten berichtet, dass es vielleicht noch zwei oder drei Tagesmärsche bis zum Rand des Waldes waren, dann hätten sie es geschafft. Der Unmut und die Resignation machten sich immer lauter bemerkbar, so dass der Älteste bei dem kargen Mittagsmahl die gute Nachricht bekannt gab, um die Leute aufzuheitern und das letzte heraus zu holen. Noch während des Mittagmahles wurden sie von einem riesigen Tier angegriffen, mit viel Glück konnten sie das Untier mit Hilfe der langen spitzen Stecken abwehren und die Jäger schossen ihre Pfeile in die ungeschützte Flanke des Tieres, brüllend vor Schmerzen verendete es. Einige Männer wurden dabei von den furchtbaren Klauen des Tieres schwer verletzt, mit denKrallen hatte es grässliche Wunden gerissen. Einer der Jäger erzählte, dass er von diesem Tier schon gehört hatte, andere Jäger hatten davon erzählt. Es sei sehr gefährlich und unheimlich stark, aber es habe auch sehr schmackhaftes Fleisch und das Fell ergebe einen prächtigen Pelz. Also machten sich alle daran, das Tier auszuweiden und sorgfältig das Fell zu entfernen.
Als es flach auf dem Boden lag, konnte man erst so richtig die riesige Größe des Tieres erfassen. Wieder blieben sie für den Rest des Tages an dem Rastplatz, abends schmausten alle das Fleisch des erlegten Tieres und die Frauen hatten große Stücke in leere Fässer mit Salz eingelegt, das Fell gründlich gereinigt und die Heilerin hatte es mit einer Flüssigkeit haltbar gemacht, gegerbt konnte es später werden.
In der Nacht hörten sie wieder die Schreie der Tiere, von denen sie direkt am ersten Tag im Wald angegriffen worden waren. Aber ein Angriff erfolgte diesmal nicht, auch den restlichen Weg durch den Wald schafften sie unbehelligt. Erleichtert traten sie aus dem Wald und standen im hellen Sonnenlicht dicht am Ufer eines breiten, behäbig dahin fließenden Flusses.
Jetzt konnten sie in aller Ruhe ein Lager errichten. Auf einer in den Fluss reichenden Landzunge entfernten sie das Gestrüpp und errichteten ihr Lager auf dem körnigen Sand. Mit langenStecken sicherten sie den schmalen Übergang Richtung Wald, schon bald standen die ersten Zelte. Die größeren Knaben versuchten ihr Glück beim Angeln. Schnell stellte sich der Erfolg ein, große Fische zappelten an der Angel und wurden mit freudig erregtem Geschrei kundgetan. Die Kinder fingen enorme Mengen an Fisch, so dass die Älteren sie bremsen mussten, die vielen Fische konnten gar nicht gegessen werden.
Der Dorfälteste ließ seine Leute gewähren, die Strapazen de rvergangenen Tage verblassten allmählich. Der Alltag kehrte wieder ein. Das frische Grün der Pflanzen, der Blätter und das saftige Gras sagte ihm, dass es noch früh im Jahr sein musste, sie hatten also noch Zeit für die Vorbereitungen für die letzten Schritte in Richtung neue Heimat. Mit den anderen Ältesten und mit einigen Handwerkern suchte er passende Bäume aus und ließ sie nach und nach fällen, die astlosen Stämme ließ er nebeneinander lagern. Von den Heilerinnen wollte er Material zur Herstellung von Seilen haben und als nach und nach das benötigte Material zusammen gekommen war, berief er eines Abends eine Versammlung ein. Erstaunt und etwas besorgt, ja unruhig kamen die Menschen zusammen und als sich Ruheeingestellt hatte, begann der Dorfälteste zu sprechen: „Die Kundschafter haben den Fluss überquert“, und dabei zeigte der Alte mit zittriger Hand flussaufwärts, „dort gibt es eine seichte Stelle. Auf der anderen Seite des Flusses ist eine riesige, weite Ebene, unbewohnt, viele jagdbare Tiere, guter Boden, und durch zwei Flüsse, die durch die Ebene fließen, werden wir uns kaum Sorgen um das Wasser machen müssen, zumal die Kundschafter von mehreren kleinen und größeren Teichen und Seen berichten konnten.
Mit den Baumstämmen und den Seilen werden wir den Übergang sichern, so wird jeder von euch unbeschadet das andere Ufer erreichen, ebenso unsere Tiere.“
In der späten Nacht spürte Darkahr, dass sich etwas in seinem Wagen bewegte, nichts Bedrohliches, eher das Gegenteil, flatternde Kleidungsstücke und dann legte sich ein warmer, fester Frauenkörper neben ihn und Darkahr löste sich von allen Sorgen.
Darkahr wachte prächtig ausgeruht auf und war hungrig auf das Frühstück, beim Ankleiden sah er sich neugierig im Wagen um, aber es war nichts zu entdecken, kein Anhaltspunkt, kein Hinweis.
Während des Frühstücks trafen die vier Weisen bei Darkahr ein und besprachen die letzten Tage ihrer Flucht vor der wilden Horde. Thor-Tun äußerte sich besorgt darüber, dass sie mit den schweren Wagen einfach zu langsam voran kamen, Kuur-Sen rief seinen obersten Wagenlenker dazu und befragte ihn zu dem von Thor-Tun angesprochenen Problem. Etwas verlegen und ungelenk stand der sehr große Mann in seiner derben Kleidung vor den Weisen seines Volkes und bestätigte die Aussage von Thor-Tun.
Darkahr wies darauf hin, dass sie auf nichts verzichten konnten, das bestätigten alle. Sirgith trat zu der Gruppe und bat um das Wort, höflich neigten die Weisen ihre Häupter vor der Frau.
„Darkahr, mein Fürst“, begann Sirgith, „viele der Leichtverletzten benötigen nicht mehr den Transport auf den
großen Wagen, selbst einige der Schwerverletzten sind schon so weit genesen, dass sie schon zeitweise neben den Wagen her laufen können, einige reiten sogar. Wir benötigen also nicht mehr alle Fuhrwerke“, schloss Sirgith und sah Darkahr lange an.
Der Lenker bewegte sich nervös, Darkahr spürte, dass der Mann etwas sagen wollte und munterte ihn freundlich und ruhig dazu auf. Die Runde schaute erwartungsvoll auf den Mann. „Mein Fürst, als wir von Euch den Auftrag erhielten,die Wagen zu bauen, überlegten wir, wie wir die Wagen konstruieren mussten, damit wir mit ihnen in allen Geländeformen zu Recht kommen.“ Darkahr verstand, mit einer Handbewegung zeigte er an, dass er weiter sprechen sollte.
„Die einachsigen Wagen stellen kein Problem dar, die Ochsengespanne ziehen sie leicht, die zweiachsigen Wagen hingegen sind einfach zu groß und zu schwer.“ Der Lenker, sein Name ist Duboor, wurde durch das ihm vertraute Thema sicherer vor seinem Fürsten, er hockte sich hin und glättete den Boden vor sich, mit einem dünnen Stock zeichnete er eine erstaunlich klare Ansicht eines der großen Fuhrwerke.
„Hier können wir die Wagen ohne Probleme verkürzen, das haben wir bei dem Bau so vorgesehen. Wir machen aus den großen, zweiachsigen Wagen einfach bewegliche und leichter zu ziehende einachsigeWagen.“ Duboor schaute sich erwartungsvoll in der Runde um und freute sich über die Zustimmung in den Gesichtern der Weisen. Darkahr stand auf und legte Duboor die rechte Hand auf die Schulter. „Ich spreche dir und deinen Leuten unsere Anerkennung und unsere Hochachtung aus, du hast sehr gute Arbeit geleistet.“ Duboor neigte stolz sein Haupt vor seinem Fürsten, dieser fragte ihn dann, wie lange die Umrüstung der Fuhrwerke dauern werde. Die Weisen erkannten sofort, dass sich Duboor auch darüber seine Gedanken gemacht hatte, seine Antwort kam schnell und präzise: „Pro Tag fünf Wagen.“
Darkahr wandte sich an Kuur-Sen: „Stelle bitte fest, welche Wagen wir umbauen können.“ Duboor zeigte auf drei in der Nähe stehende Wagen und Darkahr sah an jedem einen zackigen Blitz als Markierung. Die fünf Weisen und auch Sirgith waren von der Übersicht des Mannes tief beeindruckt, obwohl Duboor noch relativ jung an Jahren war. Willger trat zu Duboor: „Du und deine Leute haben uns mit deiner klugen Arbeit tief beeindruckt, wir werden dich wohlwollend im Auge behalten.“ Duboor verneigte sich dankend vor den Weisen seines Volkes und verließ die Runde, er stieß einen lauten Pfiff aus und viele Männer liefen zu ihm. Duboor schilderte ihnen das Gespräch mit den Weisen und die Männer schauten Duboor nach jedem seiner Sätze mit mehr Anerkennung an. Er teilte seine Leute ein, andere Männer und Frauen hatten schon begonnen, die Wagen auszuräumen. Unter den ersten leeren Wagen wurden so etwas wie schwere und sehr stabile Böcke gestellt, dicke Balken wurden daran befestigt und mit dem Herauf- und Herunterbewegen der Balken hob sich der Wagen wie von Zauberhand.
Darkahr sah mit Zufriedenheit, mit welcher Sicherheit die Männer von Duboor die Arbeit durchführten. Die Männer und Frauen kümmerten sich indessen um die Tiere, die Ochsen wurden mit dicken Grasbüscheln abgerieben, einige Ziegen und Schafe wurden geschoren, Frauen kamen mit Körben zurück, voll mit Wurzeln, die sie ausgegraben hatten, und mit Beeren, die sie gesammelt hatten.
Darkahr nahm dies alles mit Erleichterung zur Kenntnis, sein Volk schaute nach vorn in Richtung Zukunft. Die von Thor-Tun ausgesandten Kundschafter baten Darkahr um ein Gespräch, sie berichteten ihrem Fürsten, dass sie auftragsgemäß bis zum ehemaligen Basislager vorgedrungen waren, um sich davon zu überzeugen, dass keine Verfolgung durch die wilde Horde bevorstand. Sie konnten berichten, dass weit und breit nichts von ihnen zu sehen war, sie mussten aber auch berichten, dass die wilde Horde von ihrer Heimat in der weiten Ebene nichts übrig gelassen hatte, alles war wie in wilder Wut zerstört worden, kein Haus stand mehr, kein Brunnen und die Felder, die Brücken gab es nicht mehr. Traurig und verstört schlossen die Kundschafter, Darkahr bedankte sich für ihre Arbeit und ihren Bericht. Es war tatsächlich so gekommen, wie er es schon von Anfang an befürchtet hatte, die wilde Horde tötete nicht nur wahl- und sinnlos alles Leben, nein, sie vernichtete auch das Land, um jedes Leben unmöglich zu machen.
Es wurde Darkahr immer klarer, sie mussten weiter, so weit weg von der weiten Ebene, dass sie sicher vor der wilden Horde waren.
Die Männer hatten den ersten Wagen getrennt, Darkahr konnte erkennen, dass diese schon so gebaut worden waren, dass eine Verkürzung relativ einfach durchgeführt werden konnte. Die Männer trennten die Plane und verpackten sie sorgfältig, die hinteren Räder des Wagens wurden zur Seite gestellt, ebenso die Bretter und das übrige Material. Die beiden anderen Wagen wurden auch getrennt und wieder beladen, Duboor ging mit seinen Männern an den vierten Wagen, während andere Männer die Räder und Bretter auf einem der großen Wagen verstauten. Zum frühen Nachmittag wurde der fünfte Wagen fertig und Duboor meldete seinem Fürsten stolz den Vollzug der Arbeit.
Darkahr erkundigte sich bei Duboor, wie viele Fuhrwerke so umgerüstet werden konnten. „Noch zwölf Wagen und wenn die Genesung der Verwundeten so weiter geht, kommen noch mal fünf bis acht Wagen hinzu.“ Darkahr sprach Duboor und seinen Männern noch mal ein großes Lob aus.
Wegen der beruhigenden Auskunft der Kundschafter beschloss Darkahr, seinem Volk den Rest des Tages als Ruhezeit zu gönnen, sie konnten ihre Sachen aufräumen, die Wagen neu beladen oder einfach ruhen. Darkahr machte sich auf die Suche nach Sirgith und seinem Sohn Wothar, um vielleicht mit den beiden ein paar ruhige Stunden verbringen zu können. Wothar entdeckte seinen Vater zuerst, er machte sich mit Rufen bemerkbar und Darkahr lief auf seinen Sohn zu, Wothar ließ die Werkzeuge fallen und rannte seinem Vater entgegen. Herzlich begrüßten sich die beiden und machten sich gemeinsam auf die Suche nach Mutter und Frau. Wieder war es Wothar, der seine Mutter als erster entdeckte, sie versorgte gerade einen der Schwerverwundeten, sie hatte dem Krieger einen neuen Verband angelegt und den verletzten Arm in ein Tuch gelegt, das hinter dem Hals des Kriegers verknotet war. Der Mann machte trotz seiner schweren Verletzungen einen ganz munteren Eindruck, Sirgith konnte dem Krieger bestätigen, dass er auf dem Weg der Besserung sei, seine Wunden heilten gut.
Wothar rief seine Mutter an, nachdem sie mit der Versorgung des Kriegers fertig war. Ein warmes Lächeln zauberte das Wiedersehen mit ihren beiden Männern auf ihr schönes Gesicht, sie drückte Wothar an sich und schenkte Darkahr einen leichten Kuss auf die Wange.
Die drei hakten sich unter, was Wothar mittlerweile leicht fiel, da er in den letzten Mondzyklen kräftig gewachsen war. Genau das bestätigte jetzt auch seine Mutter. „Wenn du so weiter wächst, wirst du noch so ein Riesenkerl wie dein Vater.“
„Das hoffe ich doch sehr, schließlich bin ich der Sohn von Darkahr und Sirgith!“ Seine Eltern lachten herzlich und Wothar stimmte seltsam froh mit ein. Sie betraten ihre Unterkunft und schon erschien eine junge Frau und fragte bescheiden, ob sie ihnen etwas zu essen bringen dürfte. „Oh ja, bitte, ich habe einen Riesenhunger“, kam es sofort von Wothar, „komm, ich gehe mit und helfe dir.“ Die junge Frau wurde sichtlich nervös, Sirgith bemerkte es und holte ihren Sohn mit den Worten zurück: „Ich glaube, die junge Frau schafft das schon alleine.“
Darkahr schaute Sirgith an und Wothar schaltete schnell. „Prima, dann kann ich mich um das Feuer kümmern.“
Der nächste Morgen begann kalt, mit einer bleichen Sonne, die kaum über die Berge kam, fröstelnd wurden die Wagen beladen und die Zelte abgebrochen, ihre Spuren wurden so gut es ging von den Kundschaftern verwischt und langsam setzte sich die Wagenkolonne in Bewegung. Darkahr konnte feststellen, dass die Kolonne durch die Umrüstung der Fuhrwerke merklich schneller voran kam als vorher. Natürlich kam noch erfreulicherweise hinzu, dass die Genesung der Verwundeten sehr gute Fortschritte machte und viele schon wieder auf ihren Pferden saßen.
Die Kundschafter setzten sich an die Spitze des Trosses und langsam formierten sich die vielen Wagen, Reiter und zu Fuß gehenden Menschen zu einer langen Schlange, die sich behäbig in Bewegung setzte. Alle hofften, dass sie bald aus diesem Gebirge herauskamen und das sie endlich Ruhe vor der wilden Horde hatten.