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Geleitwort von Kirsten Fehrs

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Im Angesicht des Todes die richtigen Worte finden, das passende Schweigen, die hilfreichen Gesten – seit Beginn aller Kultur bemühen sich Menschen darum. Sind doch der Tod des Anderen und das eigene Sterben die unmittelbarsten und tiefsten Leid- und Ohnmachtserfahrungen, die das Leben bereithält. Die ältesten kulturellen Zeugnisse der Menschheitsgeschichte erzählen davon, wie Menschen Abschieds- und Sterberituale und eine ganze Bestattungskultur entwickelt haben, damit sie der Ohnmacht und der grundsätzlichen Infragestellung durch den Tod begegnen können. Er braucht eine Antwort; Tod und Sterben erzwingen Kommunikation. Nicht zuletzt deswegen gibt es Religionen und spirituelle Praxis.

Aber welche Art von Kommunikation ist hilfreich? Damit beschäftigt sich dieses Buch. Klaus-Dieter Neander geht der Frage nach, welchen Beitrag das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation für die letzte Phase des Lebens leisten kann. Sie führt ja auf besondere Weise an Grenzen. Die Selbstwirksamkeit des pflegebedürftigen, schwerkranken oder sterbenden Menschen ist auf existentielle Weise in Frage gestellt. Und umgekehrt werden die Herausforderungen für pflegende, begleitende und mitempfindende Menschen nicht selten zu schwer. Solche Grenzsituationen mit ihren emotionalen Überforderungen können zum Einfallstor für Gewalt werden. Dieses Buch macht darauf aufmerksam und bietet wichtige Hilfestellungen.

Pflege geschieht in ungleichen Beziehungen, Palliativpflege ganz besonders. Ob ambulant oder stationär, ob im familiären oder im beruflichen Kontext: Immer gibt es den einen Menschen, der so stark eingeschränkt ist, dass er auf Unterstützung angewiesen ist. Und es gibt den anderen Menschen, hinreichend leistungsfähig, der diese Unterstützung gibt. So entsteht ein Machtgefälle, das schlicht unauflösbar ist. Umso wichtiger ist es, mit diesem Ungleichgewicht aufmerksam und verantwortlich umzugehen. Gerade das selbstbestimmte Sterben, das immer mehr Menschen sich für ihre letzte Lebensphase wünschen, ist auf sensible, achtsame, respektvolle Begleitung angewiesen. Es braucht eine Kommunikation, die jede Form von Übermacht oder Gewalt vermeidet. Dazu kann das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg eine wichtige Hilfe sein.

Aber auch Schwächere üben Macht aus, und gerade pflegende Angehörige wissen von hoch belastenden Erfahrungen zu berichten. Manche Pflegebedürftige oder Sterbende, körperlich geschwächt und in besonderer Schutzposition, nutzen die Gelegenheit, auf subtile oder weniger subtile Weise zu verletzen, unter Druck zu setzen und die Pflege und Begleitung zur Qual zu machen. Im schlimmsten Fall entstehen Gewaltspiralen, aus denen erst der Tod erlöst. Auch hierfür bietet dieses Buch nützliche Analyseinstrumente und gute Hinweise, wie bewusst reflektierte und eingeübte Kommunikation aus dem Dilemma hilft und der letzten Lebensphase ihre Würde lässt.

Die letzte Lebensphase hat ihre Herausforderungen, sie ist aber für viele Menschen zugleich eine Zeit besonderer Intensität. Rückblick und Lebensbilanz mit all den er-innerten, also neu aktualisierten Lebenserfahrungen prägen diese Zeit ebenso wie die ganz besondere und oftmals so rührende Dankbarkeit für die kleinen Dinge, für Begegnung und Beziehung, für das Leben an sich. Gewaltfreie Kommunikation schafft Raum für diese Tiefe – und sie hilft, den besonderen Schatz dieses Lebensabschnittes miteinander zu teilen. Dank an Klaus-Dieter Neander, dass er darauf so fachkundig aufmerksam macht.

Kirsten Fehrs

Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck (Nordkirche)

Empathische Kommunikation in der Palliativbetreuung

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