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Die Werke Gregors I. Eine neue Art von Schrifttum?
ОглавлениеBibelkommentare und Predigten haben den Ruf Gregors I. als Kirchenlehrer begründet. Einige Predigten soll Gregor vor Mönchen in Konstantinopel (595) gehalten haben, so die bekannten libri morales; weitere Homilien (Predigten) wurden wohl in der Lateranbasilika vorgetragen (593) und später aufgezeichnet (601). Mit diesen Schriften erwarb Gregor sein Renommee als Theologe, insbesondere weil er das im Mittelalter wichtige augustinische Denken weiterentwickelte, dabei aber vielfach schwierige theologische Sachverhalte elementarisierte.
Einen Ruf anderer Art gewann Gregor I. durch die Dialogi, deren Autor er trotz geäußerter (Francis Clark), aber nicht allgemein akzeptierter Zweifel wahrscheinlich in Teilen sein dürfte.22 Sie wurden in den mittelalterlichen Klöstern als geistliche Lesungen verwendet; insbesondere handelt das zweite Buch vom „Mönchsvater“ Benedikt von Nursia, dessen Lebensgeschichte fast ausschließlich durch diese Texte bekannt ist und dessen Existenz deshalb sogar angezweifelt wurde.23 Die verschiedenen Erzählungen sollten das Wirken Gottes in der Welt auch durch Wunder dokumentieren, deshalb prägten die Dialogi auch die Entwicklung des christlichen Mirakels.24
Als letzte wichtige Schrift Gregors gilt die Regula pastoralis, die in vier Teilen Fragen der Vorbereitungen und Aufgaben eines (Seelen-)Hirten beschreibt. Man hat sogar gemeint, Gregor habe hier auf einfache Weise eine Mönchsregel für Nichtmönche niedergelegt. Zwar bietet das Werk viele Gemeinplätze, die vom heutigen Standpunkt aus platt oder überholt erscheinen mögen, aber offensichtlich traf Gregor gerade mit diesem Werk die seit dem ausgehenden 6. Jahrhundert zunehmenden asketischen Strömungen, die den Ideen des Mönchtums auf verschiedenen Ebenen entsprachen. Den Erfolg zeigt die Verbreitung der Schrift. So kannten beispielsweise Columban oder König Alfred der Große (871–901) die Regula pastoralis.
Insgesamt lag damit eine „Populärliteratur“ christlicher Prägung zur Erbauung vor, die manche augustinischen Vorstellungen erst „volkstümlich“ machte und das lateinische Schrifttum pädagogisierte. Im Vergleich zur antiken Bildung bedeuteten die Schriften sicher einen gewissen stilistischen „Niedergang“, und so wurden Gregor wiederholt „Gedankenarmut“, Plattheit und „Albernheiten“25 vorgeworfen. Auf der anderen Seite griff Gregor aber offensichtlich neue Bedürfnisse auf, die sich entwickelt hatten, nachdem durch die Gotenkriege an vielen Orten Roms und Italiens die Verbindung zur Gedankenwelt der Antike weitgehend abgerissen war.