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2 Streitschrift, für den ohne Grund verworfenen Bart

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Unter diesem Titel kam ab 1714 ein Buch mit diesen Titel in Frankfurt und Leipzig

auf den Markt. Im Vorspann steht: Dem günstigen Leser wünscht Balthasar Permoser, Königlich Polnisch und Sächsischer Hofbildhauer, beständiges Wohlergehen. Damit beginnt auch schon der Historikerstreit: Wer denn nun diesen Essay wirklich geschrieben habe? An der Autorschaft des Steineklopfers zweifelten viele. Sie vermuteten den sicherlich viel gebildeteren Hofpoeten Ulrich König dahinter. Doch hier dürfte der Wunsch der Vater des Gedankens gewesen sein. Auch dieses Bartbuch ist ein Mosaikstein der bürgerlichen Erscheinung und Mode. Seit Ludwig XIV. rasierten sich die Höflinge alle glatt, um sich dem Vorbild ihres Königs anzupassen. Bart paßte nicht zu der mächtigen Perücke. Nur den königlichen Elitesoldaten blieb der Schnurrbart als Privileg. Permosers Streitschrift zielt also bewußt auf eine neue, bürgerliche Kultur. Bereits 1848 war der Vollbart ein Zeichen politischer Überzeugung.

B. Permoser ( M. Bodenehr )

Balthasar Permoser wird als ein leidenschaftlicher und lebenslustiger Sonderling beschrieben, der sich am Hofe der Mode zum Trotz mit langem Bart, Lederkoller, Degen und weitem roten Mantel bewegte. Auf dem Bodenehrschen Stich sieht man weder ein Justaucorps genanntes Sakko, noch die obligaten Strumpfhosen oder Culottes, auch kein Halstuch als Vorläufer unserer Krawatte. Statt einer Perücke ziert ihn ziemlich langes lockiges Haupthaar und ein sehr dichter gewellter aber noch nicht sehr langer Bart. Statt einer Perücke ziert ihn ziemlich langes lockiges Haupthaar und ein sehr dichter gewellter aber noch nicht sehr langer Bart.

Balthasar Permoser wird als ein leidenschaftlicher und lebenslustiger Sonderling beschrieben, der sich am Hofe der Mode zum Trotz mit langem Bart, Lederkoller, Degen und weitem roten Mantel bewegte. Auf dem Bodenehrschen Stich sieht man weder ein Justaucorps genanntes Sakko, noch die obligaten Strumpfhosen oder Culottes, auch kein Halstuch als Vorläufer unserer Krawatte. Statt einer Perücke ziert ihn ziemlich langes lockiges Haupthaar und ein sehr dichter gewellter aber noch nicht sehr langer Bart Statt einer Perücke ziert ihn ziemlich langes lockiges Haupthaar und ein sehr dichter gewellter aber noch nicht sehr langer Bart. Permoser verdiente bei den Medici 1000 Gulden jährlich. Prinz Friedrich August I. bot ihm völlige Autonomie am sächsischen Hofe, den Hofbeamtenstatus,

200 Gulden, Heizung und Licht bis an sein Lebensende. Daneben durfte Permoser seine Skulpturen dorthin verkaufen, wohin er wollte. An diesem persönlichen Verhältnis zu seinem Bildhauer hat sich nie etwas geändert. Nur Permoser konnte sich so eine Marotte an dem peinlich genau rasierten Hofe leisten ( Bärte paßten nicht zu den Perücken). Permoser wußte um seinen Rang als sächsischer Phidias in Europa und trat auch dem entsprechend auf, auch wenn er stets einfach, bieder und derb blieb.

Völlig anders Hofpoet König, der neben den Größen Permoser Pöppelmann, Dinglinger ein künstlerischer Kümmerling der ersten Sorte war. Der kleine zierlich Mann kleidete sich, wie es am Hofe üblich war. So sah auch seine Dichtung aus. Wortreich und zierlich waren die Geburten seines Geistes, gereimt nach der Manier: reim dich oder ich freß’ dich. Königs Spezialstrecke waren die von sehr weit hergeholten Vergleiche und höfischen Artigkeiten ohne besondere Funktion im Text, besonders umständliche und nur schwer entschlüsselbare Verse. – keine Prosa. Die Literaturwissenschaft spricht bei ihm von „hohlen Ausgeburten des besoldeten Byzantinismus“. Für König gab es zudem keinerlei Anlaß, ein Buch ausgerechnet über den Bart zu schreiben, den er nicht hatte, anders allerdings bei Permoser. Für den Bildhauer als Autor spricht sich vor allem Hans Beschorner aus, der Dresdner Staatsarchivar, was wohl Argument genug sein dürfte.

Das Original dieses Büchleins befindet sich in der Bibliothek des Domkapitel von Sankt Peter zu Bautzen und trägt dort die Signatur Cur 5. Dieses Exemplar scheint kurz nach dem Druck erworben worden zu sein. Permoser schuf 1713 für die Kirche das große Holzkruzifix. Ursprünglich war sein literarisches Opus in die Abteilung

„ profane Geschichtsschreiber“ eingeordnet. Bischof Lock hat es 1801 bei den Curiosa aufgestellt mit der ausdrücklichen Bemerkung, daß Permoser der Autor sei.

Der Stoff des Bartbüchleins

Permoser geht davon aus, daß Gottes Gesetze dem Menschen nutzen wollten, deshalb solle man sich den Bart nicht rasieren und sein männliches Aussehen nicht mit Füßen treten. Um dies zu beweisen, will ich mich, Balthasar Permoser, selbst zum Exempel darstellen. Solange ich mich rasierte, habe ich unter Gicht, Krämpfen, Kopfstechen gleich einem Blitz, Schwermut und Ohrenklingen gelitten dazu kam eine Schwäche des Gedächtnisses. Deshalb mußte ich mich entschließen, mein Leben ehelos zuzubringen. Das stellte er fest, nachdem er die 60 überschritten hatte. Geheiratet hat er trotzdem nicht. Ich habe ein gar belastetes Leben gehabt. Als ich in dieser beschwerlichen Zeit mich entschloß, den Bart stehen zu lassen, sind mir nach und nach die Tugenden desselben bekannt geworden. Ich schätze den Bart jetzt höher als Gold und Silber. Er hat mir die Krankheiten und Beschwerlichkeiten des Kopfes vertrieben.

Seine heilpraktischen Beobachtungen und Kenntnisse hat Permoser sicher aus seiner Heimat, dem Chiemgau, mitgebracht. Vieles darin klingt nach Überlieferungen der bayrischen Bauern und Hirten. Die gesundheitsfördernde Wirkung des Bartes erklärt er beispielsweise folgendermaßen: Nachdem ich beschlossen hatte, daß rasieren gemein ist, habe ich bemerkt, wie meine Krankheiten mächtigen Abschied genommen haben Meine ganze Konstitution hat sich so verbessert, daß ich immer frischer ,freudiger und hurtiger geworden bin. Ich habe jetzt in weniger Zeit viel mehr Arbeiten angefertigt als sonst. Dazu soll angemerkt werden, daß der Meister die Wahnsinnsaufgabe übernommen hatte, den ganzen Festspielplatz Zwinger mit seinen Figuren zu schmücken.

Daß er als Folge des gewachsenen Bartes jähzornig geworden ist, nahm er sehr gerne in Kauf ,da die Vorteile überwogen. Dazu kommt, daß ich auch von fern nicht für einen Kastraten gehalten werden kann. Wer also kein Narr ist, der läßt mich und meinen Bart ungeschoren.

B.Permoser und D.Pöppelmann

Komposition und Lektorat

Es ist durchaus denkbar, daß Hofpoet König, als der verantwortliche Beamte für Veröffentlichungen der Höflinge, seinen Teil bei der Gestaltung des doch einfallsreichen Aufbaues des Buches beigetragen hat.

Es beginnt mit der lateinischen Vorrede in entsprechender deutscher Übersetzung. „An den geneigten Leser“: Der Bart ist die wahrhafte Zierde eines Mannes und eines von den ansehnlichsten Leibesgütern. Dresden 1713.

Das erste Kapitel ist eine barthistorische Abhandlung mit der Überschrift: Gott und Natur wirken und schaffen nicht vergebens.

Im sich anschließenden 2. Kapitel setzt er sich in einem Streitgespräch mit den Argumenten für und gegen den Bart auseinander, überschrieben mit: Balthasars höflicher gezauster und wider Permosers Anfall beschützter Bart.

Dabei disputieren als Bartgegner Permoser und der Befürworter Balthasar. Es geht etwas barocker und nicht ganz so ernsthaft weiter. Tiefsinn und Spaß stehen oft nebeneinander. Da die Männer viel vortrefflicher als die Weiber sind, hat die Natur sie mit besonderen männlichen Ornamenten und Zierden versehen und ihnen dabei nicht nur eine größere, ansehnlichere Gestalt sondern auch Bärte beschert, wie man es auch bei Hähnen, Stieren, Böcken sieht.

Im folgenden Kapitel hat er Scherz – und Schimpfreden zum Bart aus allen Zeiten zusammengestellt, was ein intensives Studium in der königlichen Bibliothek voraussetzt. So führt er beispielsweise an, daß Bartscheren früher eine böse Strafe war, daß die Juden als Zeichen von Freiheit und Frömmigkeit Bärte trugen und tragen, daß das Rasieren erst seit Nebukadnezar nachweisbar ist., daß sich Päpste und Humanisten nicht rasierten, weil Jesus und seine Jünger bärtig gewesen seien usw.

Ein bärtiger Mann haut seine Feinde recht tapfer in die Pfanne, ein feiger Ohnebart kriecht in die Winkel nein.

Den Schluß bildet ein knappes Literaturverzeichnis. Das erste Buch über den Bart nach Permoser erschien übrigens erst 1797, weil unsere Vorfahren mit ihren Bärten Weiser scheinen als wir ohne Haare am Kinn.

Kosten und Vertrieb

Dieses Buch, wie das Titelblatt ausweist, wurde auf Kosten guter Freunde zum Druck gebracht, schreibt Balthasar Permoser vorab.

Dahinter kann man sich mühelos August den Starken persönlich vorstellen, von dem Beschorner zu berichten weiß, daß der König persönlich für den Verkauf dieses kuriosen Buches geworben hat. Mit einer Tabakspfeife und einem Krug Tokayer lehnte er aus dem Fenster eines Leipziger Markthauses und animierte die Messebesucher, Permosers Schrift zu kaufen.

Der Tigeraffe

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