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Möglichkeiten und Grenzen der Steinschlossmuskete

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Die französische Infanterie kämpfte im Feldzug von 1815 hauptsächlich mit der Muskete 1777, die noch während der Monarchie eingeführt worden war und 1801 nur leichte Verbesserungen erfahren hatte. Sie wog 4,6 Kilogramm und hatte ohne Bajonett eine Länge von 1,53 Meter. Der Durchmesser des Laufes war mit 1,77 cm etwas geringer als bei der britischen Long Land Muskete, der sogenannten Brown Bess, die mit ihrem Kaliber von 1,93 cm schon seit fast einem Jahrhundert nahezu unverändert im Einsatz war. Die britischen Kugeln wogen mit 32 Gramm deutlich mehr als die französischen Geschosse, die nur ein Gewicht von 21 Gramm aufwiesen.39

Preußen verfügte seit der Reformzeit über das verbesserte M1809. Die Waffe wurde auch als Neupreußisches Gewehr bezeichnet und verkürzte dank ihres konisch geformten Zündkanals den Ladevorgang um immerhin einen ganzen Schritt. So schüttete der Schütze jetzt das gesamte Pulver seiner Patrone direkt in den Lauf und presste es durch das Nachstoßen mit dem Ladestock gleich von innen in den Zündkanal. Ein gesondertes Auffüllen der Pfanne entfiel somit und die Feuergeschwindigkeit erhöhte sich unter günstigen Bedingungen auf bis zu fünf Schuss je Minute.

Allerdings mussten die meisten preußischen Regimenter in den Feldzügen von 1813/14 und auch noch in den Schlachten von Ligny, Waterloo und Wawre mit Beutewaffen, die auf sämtlichen Schlachtfeldern aufgelesen und instand gesetzt worden waren, in den Kampf ziehen. Die preußischen Produktionskapazitäten erlaubten es längst nicht, das M1809 an alle Truppenteile der Armee auszuliefern. Viele Landwehrregimenter kämpften 1815 sogar mit der britischen Brown Bess, die seit 1812 in hoher Stückzahl nach Preußen gelangt war.40

Allein in den Jahren 1809/10 produzierte die in Birmingham konzentrierte englische Waffenindustrie fast eine halbe Mio. Exemplare dieses Gewehrs, die größtenteils an die antifranzösischen Koalitionäre auf den Kontinent gingen.41

Die Infanteristen führten gewöhnlich etwa 50 bis 60 Patronen mit sich, was für jeden eine zusätzliche Last von bis zu zwei Kilogramm bedeutete. Die wirksame Reichweite ihrer Musketen ging kaum über 100 Meter hinaus. Mit einer Geschwindigkeit von etwa 320 Metern pro Sekunde aus der Waffe geschleudert, verursachte die Kugel, sofern sie ihr Ziel traf, grässliche Verwundungen. Aufgrund ihrer Größe zerstörte sie dabei erhebliche Gewebeteile oder Knochen und blieb meist im Körper stecken. Ein Soldat musste allerdings schon ausgesprochenes Pech haben, wenn er noch auf eine Distanz von 150 Meter getroffen wurde. Jenseits dieser Marke, so ein zeitgenössischer Offizier, hätte man genauso gut auf den Mond zielen können.

Kürass aus der Schlacht von Waterloo mit deutlicher Zerstörungsspur. Er gehörte François Antoine Fouveau vom 2. Karabinierie-Regiment.

Schussversuche in Preußen hatten 1810 ergeben, dass eine 90 Meter breite und 1,80 Meter hohe Scheibe – dies entsprach etwa der Zielfläche einer gegnerischen Angriffskolonne – auf 70 Meter Distanz von 60 Prozent der Projektile getroffen wurde, bei Verdoppelung der Entfernung sank die Quote auf nur noch 40 Prozent, während auf 210 Meter nur jeder fünfte Schuss im Ziel lag.42

Die bescheidene ballistische Wirkung der Muskete wurde noch von zahllosen anderen Faktoren wie etwa der Witterung oder der mangelnden Erfahrung des Schützen weiter eingegrenzt. Der Feuerstein versagte im Mittel nach 25 bis 30 Schuss und musste dann ausgetauscht werden. Auch unter günstigen Bedingungen waren noch bis zu einem Fünftel aller abgefeuerten Schüsse Versager. Zudem war es auf Dauer ein Kraftakt, die fünf Kilogramm schwere Waffe nach jedem Ladevorgang wieder vollkommen neu auf ein Ziel anzurichten. Viele Kommandeure schworen daher auf das etwa 40 cm lange Bajonett, mit dem die Musketen seit dem Spanischen Erbfolgekrieg ausgestattet waren. Die drei- oder vierkantige Klinge war durch einen kurzen Seitenarm mit der sogenannten Dille verbunden, die ihrerseits über die Rohrmündung geschoben wurde. Das Bajonett galt immer noch als die weitaus zuverlässigere Waffe. Im richtigen Moment angesetzt, schlug ein entschlossen vorgetragener Angriff mit dem Seitengewehr die Verteidiger gewöhnlich in Flucht, noch ehe es zum Nahkampf kam.43

Die Schlacht

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