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Eine wichtige Erkenntnis für mich war die Tatsache, dass Emotionen auch aus Gedanken entstehen können, weil Situationen in Gedanken durchlebt und gefühlt werden. Und dass die Bewertung einer Situation eng damit verknüpft ist, woran ich eigentlich gerade gedacht habe. Je nachdem ist das viel zitierte Glas halb voll oder halb leer.

Auch wenn Emotionen selbst häufig auf unbewussten Bewertungsprozessen beruhen, haben sie Einfluss auf alle kognitiven Bereiche: Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Entscheidungen, Urteile und das Problemlösen.

Denn zunächst ist natürlich entscheidend, was mich überhaupt reizt, was meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es sind immer emotional relevante Situationen und Inhalte, die hier gewinnen. Und an solche Ereignisse, vor allem, wenn sie außergewöhnlich oder intensiv emotional verknüpft sind, erinnere ich mich auch viel besser.

Noch spannender ist aber die sogenannte Stimmungskongruenz. Wenn nämlich die Emotion aus der Erinnerung mit meiner aktuellen übereinstimmt, kann ich sie schneller abrufen (s. Abschnitt Leichter lernen, ab S. 106).

Diese Wechselwirkung gibt es auch zwischen der ersten, doppelt so schnellen emotionalen Bewertung und der mit Verzögerung erfolgten rationellen Bewertung. Denn in die zweite Bewertung fließen mehr Informationen ein. Wie habe ich in der Vergangenheit gehandelt, welche Konsequenzen gab es, was weiß ich darüber? Beim Hornissenbeispiel ist das auch geschehen. Erst die unmittelbare, unbewusste Reaktion auf eine potenzielle Gefahr, dann das genaue Bewerten und Erkennen, es handelt sich um ein Insekt, von dem ich schon weiß, dass es eben harmlos ist. Ich habe die Situation neu interpretiert und die negative Emotion ist verschwunden.

Offenbar stehe ich in einem positiven emotionalen Zustand meiner Umwelt wohlgesonnen gegenüber. Ich urteile positiver über mich und andere und halte es für wahrscheinlicher, dass etwas Positives passiert. Bei negativen Emotionen ist es leider genauso, nur andersherum.

Das kann natürlich auch dazu führen, dass ich mich mit meinen Emotionen ein wenig selbst austrickse. In positivem Zustand verknüpfen Menschen nämlich manchmal etwas ebenfalls mit positiven Emotionen, obwohl sich die Freude oder der Genuss auf etwas ganz anderes bezieht. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass in positivem Zustand schlechte Entscheidungen gefällt werden. Auch hier gilt ja grundsätzlich, dass ein möglichst positiver Zustand erreicht werden soll. Entscheidungen fallen lediglich schneller.

Und beim Problemlösen sind Menschen in positivem Zustand kreativer. Sie beziehen die außergewöhnlichsten Perspektiven und Möglichkeiten in ihre Vorstellung ein, haben mehr ungewöhnliche Ideen (s. Kapitel Wünsche, Werte und Visionen, ab S. 82). Denn sie halten sich nicht mit Details auf – im Gegensatz zu Menschen in einem negativen emotionalen Zustand, die den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen und darum das große Ganze nicht erfassen können. Für sie ist jedes nicht gleich ins Bild passende Detail ein Grund zum Aufgeben. Sie können sich nicht öffnen und nur schwer über den Tellerrand schauen.

Das Verhältnis von sechs mehr oder weniger immer unangenehmen Emotionen auf der einen und der einen klar angenehmen auf der anderen Seite erscheint nur auf den ersten Blick unfair. Denn alle haben ihren Sinn, geben mir Orientierung, helfen mir durchs Leben, bewahren mich vor Gefahren, lassen mich kreativ werden und sozial handeln.

Und wenn ich sie mir vorstelle, die Freude … manchmal überstrahlt sie einfach alles. Sie ist mächtig, versetzt Berge, stellt alles andere in den Schatten.


Müssig nährt sich das Eichhörnchen

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