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Kapitel 4
ОглавлениеPattaya
Am nächsten Morgen hatte er es eilig, sie wieder loszuwerden. Er wollte, dass sie aus dem Haus war, wenn Max zu der Besprechung eintraf. Das kleine Abenteuer war ihm nicht etwa peinlich, waum auch, doch es war auch nicht notwendig, die Dinge zu komplizieren.
"Was machst du so lange da drinnen, herrgott noch mal!" fluchte er und rüttelte an dem Türknopf.
"Schon fertig", piepste sie, als sie mit feuchtem Haar aber bereits vollständig angekleidet aus dem Bad schlurfte. Sie hängte sich ihren Rucksack um, verstaute das Geld in einem rosafarbenen Kinderportemonnaie und legte die Hände zum Dank und Abschiedsgruß zusammen.
"Thank you. Bye bye."
"Okay, see you later."
Er schloss die Haustür hinter ihr und stieß die Luft mit einem Seufzer der Erleichterung aus. Die ganze Nacht war eine einzige Pleite gewesen, eine mühselige Aktion, die er sich hätte sparen können. "Schade um das schöne Geld", dachte er, doch er war zu müde, um sich zu ärgern.
"Eigene Schuld, alter Lustmolch", sinnierte er und musste bei allem Elend noch grinsen. Am Abend zuvor wäre er jede Wette eingegangen, dass die kleine Tanzmaus ihm beim Rumhopsen auf der Glasscheibe schon jeden Quadratzentimeter ihrer seidigen Haut vorgeführt hatte. Na ja, so konnte man sich irren. Nachdem er sie im Halbdunkel seines Schlafraums aus dem feuchten Badetuch gewickelt hatte, war seine Hand nach einem artigen Erkundungskrabbeln an ihrem Bauch kleben geblieben. Und da wurde ihm bewusst, dass sie diesen schwabbelnden, von einem Kaiserschnitt verdorbenen Bauch während des ganzen Abends geschickt unter ihrem karierten Röckchen verborgen hatte. Kluges Kind. Und wie er es hasste, dieses wabernde Gewebe. Erinnerte ihn immer an die warme Haut auf fetter Milch. Er ekelte sich vor der Haut auf der Milch und ihm verging die Lust am Sex, wenn er mit dieser Milchsuppenhaut am Bauch einer Frau in Berührung kam. Er war wirklich kurz davor gewesen, sich auf die Seite zu rollen und seine Niederlage einzugestehen. Doch Pim hatte nicht nachgelassen, seine empfindlichen Stellen zu kraulen und zu massieren, und so hatte er sich noch einmal aufgerafft, hatte ihre kleine Brust, den festen Po abgetastet und die Sache stöhnend hinter sich gebracht.
Er saß in seinem Sessel, wartete auf Max und versuchte die Bilder der Nacht aus seinem Kopf zu löschen. Die Kleine hatte während der ganzen schweißtreibenden Aktion keinen Ton von sich gegeben. Er sah sie immer noch unter sich - stumm wie ein Fisch, mit geschlossenen Augen und gebleckten Zähnen lag sie wie eine Puppe da und ließ es geschehen. Offensichtlich war sie sehr unerfahren und hatte noch keine Übung darin, Gefühle und Erregung vorzutäuschen, wenn es darauf ankam. Ihre Teilnahmslosigkeit hatte ihn geärgert, doch zugleich war er ob ihrer Ehrlichkeit gerührt. Er wusste ja, dass er ihr nichts vorzuwerfen hatte, denn es war seine falsche Wahl gewesen und die ganze Schuld lag bei ihm.
Er blickte zum Fenster hinaus, sah den blühenden Frangipanibaum, hörte sein Hausmädchen in der Küche rumoren. Er spürte die Qual der Nacht noch in den Knochen, wollte nicht weiter darüber nachdenken, doch es gelang ihm nicht. "Verdammte Nutten", murmelte er. Er hatte noch kein thailändisches ‚Barmädchen' getroffen, das eine Ahnung davon hatte, wie man einen vernünftigen Drink mixte. Und die Go-Go-Girls konnten nicht einmal tanzen. ‚Wackeln nur mit dem Hintern' dachte er. Womöglich lachten sie ja selbst über ihre Berufsbezeichnungen. Und doch - es gelang ihm nicht, dem Mädchen richtig böse zu sein. Sie machte das bestimmt für ihre Kinder. Und außerdem: Was würde er ohne diese Barmädchen anfangen? Er brauchte sie, und manchmal, wenn er Glück hatte, gabelte er eine auf, die ihm für eine kurze Zeit die Illusion schenkte, er sei nicht allein, nicht wirklich.
Als er die Türklingel hörte, war er erleichtert und stemmte sich ächzend aus seinem Sessel hoch.
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"War doch ein netter Abend gestern, oder?" fragte der Käptn. Ich nickte und schmunzelte etwas verlegen wie ein ertappter Schuljunge.
"Kulturell findet hier ja nichts statt", stellte er fest. Es hörte sich fast so an, als wollte er zu einer Entschuldigung für unseren verlotterten Abend ansetzen. "Aber irgendwie muss man ja die Zeit totschlagen", fuhr er fort. "Der ganze Barbetrieb ödet einen zwar früher oder später an, aber was will man machen? Und ich finde, in Jean-Pierres Schuppen gibt es gute Musik und ein paar wirklich unverdorbene Mädchen." Er seufzte und nahm einen Schluck aus seiner Tasse.
Der Anblick seiner kleinen Villa hatte mir die erste Überraschung des Tages beschert. Entweder der Kerl hatte Geschmack oder er hatte das Gebäude fix und fertig gestylt von seinem Vorbesitzer übernommen. Den aus Ziegelsteinen gemauerten, weiß getünchten Kamin, der aus dem üppig wuchernden Garten hervorstach und die meterhohen Kakteen vor der gelborange gestrichenen Rückwand verliehen dieser kleinen Oase das Flair einer mexikanischen Hazienda. Und hier auf der Terrasse dominierten eindeutig chinesische Einflüsse. Über uns, an der Decke einer Säulenhalle aus braun lackiertem Tropenholz, waren rot-goldene Lampions befestigt. Darunter, auf den schweren Korbsesseln, saßen wir und rührten im Milchschaum unserer Cappuccinos.
"Aber lassen wir das", murmelte er nun und sein Gesicht wurde ernst. "Sie haben ja gesehen, dass ich kein Kind von Traurigkeit bin. Doch beim Thema Kinderpornographie hört der Spaß für mich auf. Wenn ich Ihnen und Blumfeld irgendwie helfen kann, dann werde ich das nach Kräften tun."
Ich erläuterte ihm, was ich bisher herausgefunden hatte und unterbrach meine Ausführung nur, als eine ältere Thai hereinschlurfte und einen Teller mit Kokosplätzchen vor uns abstellte.
"Also los, dann zeigen Sie mal die Fotos her", forderte der Käptn mich auf, nachdem die Alte verschwunden war. "So ganz genau hab ich immer noch nicht verstanden, wie Sie ausgerechnet auf Burma kommen."
Ich schob ihm die beiden Fotos rüber. Von den Blättern einer Kokospalme zerschnitten, flackerte das dickflüssige Morgenlicht unruhig über die Tischplatte und die beiden Fotografien.
"Links ist das Original, rechts eine extreme AusschnittsVergrößerung des Hintergrunds."
Er rückte seine Lesebrille zurecht, studierte die Bilder.
"Mein Gott, so ein hübsches Kind", murmelte er. "Dreckskerle, die so was machen."
Mit ernster Miene blickte er über die Ränder seiner Brillengläser zu mir herüber und deutete auf die vergrößerte Aufnahme. "Sie haben völlig recht. Das sind burmesische Buchstaben. Aber, hmm...", er rieb sich das Kinn, "die könnten das Plakat ja auch absichtlich dort platziert haben, oder?"
Ich schob die Tasse von mir weg, verscheuchte eine Fliege, die auf meinem Unterarm gelandet war.
"Nein, ich tippe eher auf Nachlässigkeit. Diese Typen fühlen sich ziemlich sicher, und der Nachweis, dass ein Foto in Burma oder Thailand oder Mexiko aufgenommen wurde, ist ja noch lange keine heiße Spur. Leider."
"Ja, richtig. Auf die Idee, dass jemand ihre Fotos nicht nur als Wichsvorlage benutzt, kommen die wahrscheinlich gar nicht. Aber wie soll es nun weitergehen?"
"Ich habe gestern noch mit Blumfeld telefoniert. Er ist damit einverstanden, dass wir zusammen nach Yangon fliegen."
Olli schüttelte den Kopf. Der Gedanke schien ihm nicht zu behagen. "Einfach so ins Blaue?"
"Blumfeld hat anscheinend überall seine Kontakte. Wir sollen dort auf jemanden warten."
"Na gut", erwiderte Olli trocken. "Wann geht unser Flug?"
"Morgen früh, um 8.40 Uhr mit der THAI."