Читать книгу Pflegerisches Entlassungsmanagement im Krankenhaus - Klaus Wingenfeld - Страница 8

1 Was ist pflegerisches Entlassungsmanagement? 1.1 Der Kern des pflegerischen Entlassungsmanagements

Оглавление

Entlassungsmanagement ist mehr als dieses Wort sagt – mehr als ein Management der Patientenentlassung. Es gibt leider keinen ganz passenden Begriff für das Aufgabenfeld, das gemeint ist. Dieses Problem findet man auch in anderen Ländern. Im englischsprachigen Raum wird meist der Ausdruck Discharge Planning verwendet, was wörtlich übersetzt Entlassungsplanung bedeutet und noch weniger den Kern der Sache trifft als der Ausdruck Entlassungsmanagement. Das moderne Verständnis von Entlassungsmanagement lässt sich folgendermaßen formulieren2:

Pflegerisches Entlassungsmanagement ist ein Prozess zur Unterstützung des Patienten bei der Bewältigung des Übergangs vom Krankenhaus in ein anderes Versorgungssetting.

In dieser Definition gibt es mehrere wichtige Teilaspekte (vgl. Wingenfeld 2005):

1. Entlassungsmanagement ist ein Prozess, also keine vereinzelte Maßnahme, sondern eine Abfolge mehrerer Handlungsschritte, die mit der Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus beginnt. Zu diesem Prozess gehören auch eine systematische Einschätzung des Bedarfs und eine Überprüfung nach der Entlassung. Das Ausfüllen eines Überleitungsbogens, die Vorbereitung einer anschließenden Rehabilitationsmaßnahme oder die Unterstützung bei der Beantragung von Leistungen der Pflegeversicherung sind jeweils für sich genommen noch kein pflegerisches Entlassungsmanagement.

2. Entlassungsmanagement dient der Unterstützung des Patienten bei der Bewältigung des Übergangs. Die Patienten (und häufig auch ihre Angehörigen) erhalten Unterstützung zur Bewältigung der Anforderungen und Probleme, die beim Wechsel der Versorgungsumgebung auf sie zukommen. Die Unterstützung wird in Form von Information, Beratung und Anleitung geleistet, aber auch durch die Übernahme von Aufgaben, die Patienten und Angehörige selbst erledigen würden, wenn sie dazu in der Lage wären (Beantragung von Leistungen, Bestellung von Hilfsmitteln, Suche nach geeigneten Diensten/Einrichtungen, Informationsübermittlung an weiterversorgende Einrichtungen etc.). Entlassungsmanagement umfasst also die komplexe Aufgabe der Sicherstellung der Weiterversorgung und der Vorbereitung von Patienten und Angehörigen auf die Probleme und Anforderungen nach der Entlassung.

3. Entlassungsmanagement greift den Bedarf beim Übergang vom Krankenhaus in ein anderes Versorgungssetting auf. Es spielt keine Rolle, in welche Versorgungsumgebung der Patient wechselt – ob in eine stationäre Rehabilitationseinrichtung, ein Altenheim, eine betreute Wohngemeinschaft oder in das eigene Zuhause. Es ist auch unerheblich, ob eine Weiterversorgung durch Einrichtungen, durch Angehörige oder auch in Form der Selbstpflege des Patienten erfolgt. In all diesen Konstellationen erfolgt eine Veränderung der Versorgungsvoraussetzungen. Nicht die Umgebung oder die Lebenssituation des Patienten ist ausschlaggebend, sondern der Umstand, dass weiterhin Krankheit und Krankheitsfolgen bewältigt werden müssen.

Pflegerisches Entlassungsmanagement richtet sich an Patienten, die ein erhöhtes Risiko für poststationäre Probleme3 aufweisen. Dies sind Patienten, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Entlassung gesundheitliche Komplikationen, vermehrte Pflegebedürftigkeit oder Versorgungsprobleme auftreten, höher ist als bei anderen ( Kap. 2.1; Abb. 1.1). Konsequenterweise findet man in der englischsprachigen Literatur häufig den Begriff Risikopatienten. Doch nicht alle diese Patienten benötigen Unterstützung bei der Überleitung. Ein Teil von ihnen hat bereits genügend Unterstützung, die Versorgung ist sichergestellt, was allerdings in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen ist. Mit Hilfe des Assessments im pflegerischen Entlassungsmanagement werden diejenigen Patienten herausgefiltert, bei denen ein ungelöstes Problem bzw. ein ungedeckter Bedarf besteht und somit eine komplexe Entlassungsplanung stattfinden soll.

Der Ausdruck Risiko für poststationäre Probleme bezieht sich auf alle Ereignisse und Entwicklungen, die sich negativ auf die Gesundheit des Patienten auswirken oder sein Leben in einer problematischen Weise verändern. Damit angesprochen sind vor allem neue gesundheitliche Probleme, eine Wiedereinweisung in das Krankenhaus, der Übergang in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung, lange Zeiten der Rekonvaleszenz, die Überforderung der häuslichen Pflegeumgebung, hohe psychische und körperliche Belastungen sowie die Chronifizierung gesundheitlicher Beeinträchtigungen.

Abb. 1.1: Risiko und Bedarf an Überleitung

Das Entlassungsmanagement soll einen Beitrag dazu leisten, diese unerwünschten Entwicklungen soweit wie möglich zu vermeiden. Das Mittel dazu ist die zielgerichtete Unterstützung des Patienten und ggf. seiner Angehörigen bei der Vorbereitung auf die Anforderungen und Probleme, die nach der Krankenhausentlassung anstehen. Ein Patient, der ein erhöhtes Risiko für poststationäre Probleme aufweist, sollte bei der Entlassung alle Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen, die er zur Bewältigung der Situation nach der Entlassung benötigt. Ist er selbst damit überfordert, unterstützt ihn das Entlassungsmanagement darin, Hilfe zu mobilisieren und alle Vorbereitungen zu treffen, um eine bedarfs- und bedürfnisgerechte Lebens- und Versorgungssituation nach der Entlassung sicherzustellen.

Pflegerisches Entlassungsmanagement im Krankenhaus

Подняться наверх