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Vorwort zur zweiten Auflage
ОглавлениеDer Text der ersten Auflage wurde neu durchgesehen. Druckfehler und Versehen bei der Nennung von Eigennamen sind beseitigt worden. Kritische Einwände, die in den größtenteils auf einen positiven Tenor gestimmten Rezensionen geäußert wurden, habe ich ernsthaft in Erwägung gezogen, doch bestand nach meiner Überzeugung kein Grund zu sachlichen Korrekturen oder Änderungen. Bereits kurz nach Erscheinen der ersten Auflage habe ich in einem Vortrag an der Universität Bielefeld, der die Funktion einer Metakritik hatte, das Konzept meiner Biographie des Augustus erläutert und verteidigt. Dieser Vortrag liegt inzwischen in erweiterter Form unter dem Titel „Kaiser Augustus. Grenzen und Möglichkeiten einer Biographie“ in der Zeitschrift Gymnasium gedruckt vor.
Im Folgenden nehme ich zu einigen Einwänden und kritischen Anmerkungen zu meiner Biographie des Augustus Stellung. Dabei beziehe ich mich sowohl auf private Mitteilungen als auch auf gedruckte und im Internet veröffentlichte Rezensionen. Es sind dies
– A. Klingenberg: Rezension zu: Bringmann, Klaus. – Augustus. Darmstadt 2007, in: H-Soz-u-Kult, 16.04.2007, <http://hsozkult.geschichte.huberlin.de/rezensionen/2007-2-032>
– H. Schlange-Schöningen, in: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 12, 2009, 1105–1109
– E. Stein-Hölkeskamp, in: Süddeutsche Zeitung vom 3.7.2007, 16
– N. Wiater, in: Frankfurter elektronische Rundschau zur Altertumskunde 5, 2007, 13–15
– U. Walter, in: Historische Zeitschrift 285, 2007, 695–698.
In der Süddeutschen Zeitung wird unter der Zwischenüberschrift „Große Männer im leeren Raum?“ suggeriert, dass ich in meiner Biographie einen „Großen Mann“ im leeren Raum hätte agieren lassen. Das schlichte Gegenteil ist richtig. Es ist darauf geachtet worden, die allgemeinen und speziellen Voraussetzungen, die von Augustus gar nicht geschaffen werden konnten, sowie die Zeitverhältnisse zu berücksichtigen, auf die er gestaltend einwirkte. Allenfalls ist zuzugeben, dass die Gruppierung des historischen Umfelds um die Persönlichkeit, die im Mittelpunkt einer Biographie steht, zu einer gewissen perspektivischen Verkürzung führen kann, ja, führen muss. Ein volles Zeitpanorama der augusteischen Epoche in der vorgegebenen Gattung Biographie und in der vorgegebenen Umfangbegrenzung zu malen, wäre nicht nur unmöglich, sondern geradezu sinnwidrig gewesen. Wer von den Kritikern auch sonst dieses und jenes vermisst, neben der Berücksichtigung von Politikfeldern und Kulturgeschichtlichem auch ausführliche Problemerörterungen, sei darauf hingewiesen, dass eine erzählende Biographie weder Gesamtdarstellung einer Epoche noch ein Forschungsbericht sein kann und auch nicht sein darf. Für das legitime Bedürfnis nach entsprechender Orientierung sind andere von mir genannte Werke zuständig, nicht zuletzt das monumentale Werk von Dietmar Kienast, das jetzt in einer Sonderausgabe der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft neu aufgelegt ist.
Irritationen scheint auch mein im Ganzen positives Urteil über die politische Leistung des Augustus nach 27 v. Chr. ausgelöst zu haben. In der Süddeutschen Zeitung wird dieser Kritikpunkt schon im Untertitel der Rezension formuliert: „Seinem [d.h. Augustus’] kalten Blut zum Trotz: Klaus Bringmann lobt Augustus als Friedenskaiser“. Die positive Würdigung gilt weniger dem Friedenskaiser als der tragfähigen Gestaltung der politischen Problemfelder, auf denen die Republik versagt hatte, ja infolge der Regierungsunfähigkeit ihrer kollektiven Regierung versagen musste. Dass nach der siegreichen Beendigung des Krieges gegen den Rivalen Antonius Frieden im Inneren herrschte, machte zwar auf die Mitlebenden großen Eindruck, ergab sich jedoch schlicht und einfach aus dem definitiven Sieg in einem verheerenden Krieg um die Macht. Anders steht es mit dem, was danach kam: Hier wurde um die Lösung der Probleme gerungen, mit denen die Republik nicht fertiggeworden war. Damals wurden die Grundlagen für die lange Dauer des Römischen Reiches gelegt.
Der Unterschied zwischen Jochen Bleicken und mir in der Beurteilung des Augustus ist mehrfach hervorgehoben worden. Was den Menschen Augustus anbelangt, fällt mein Urteil in der Sache nicht viel anders als das Bleickens aus. Augustus war alles andere als sympathisch. Ein „netter Mensch“ war er schon gar nicht, seine Rivalen freilich auch nicht. Er war in seinen Anfängen ein skrupelloser Terrorist, aber er ist dies in der sogenannten Prinzipatszeit nicht gewesen. Ein Unterschied zwischen Bleicken und mir besteht nur darin, dass ich die negativen Charakterzüge, ohne sie im Geringsten zu leugnen, gegenüber der im Ganzen positiven politischen Schlussbilanz nicht so stark in den Vordergrund der Urteilsbildung schiebe. Möglicherweise beruht die Differenz zwischen Bleicken und mir auch darauf, dass mein Bild der späten Republik, der Folie, vor der Augustus’ Prinzipat gesehen werden muss, düsterer ausfällt, als Bleicken voraussetzt. Dass ich mich für den Gesichtspunkt der historischen „Leistung“ auf ein Zitat des protestantischen Kirchenhistorikers Adolf von Harnack berufen habe, hat mit konfessioneller Prägung, wie Uwe Walter anzudeuten scheint, nichts zu tun. Schließlich beruft sich auch Augustus in seinem Tatenbericht, dem Wertekodex der römischen Aristokratie entsprechend, auf seine Leistungen, und einem späteren Historiker ist es nun einmal aufgegeben, die Leistungsbilanz eines wirkungsmächtigen Politikers aus der Perspektive des zeitlichen Abstands neu aufzumachen. Am Schluss seiner lebendig geschriebenen Augustusbiographie, der gegenwärtig jüngsten, hat Werner Dahlheim das Unsympathische der Persönlichkeit scharf akzentuiert und dagegen die bleibende Leistung des Prinzeps Augustus herausgestellt. In der Sache habe ich gegen dieses Bild nichts einzuwenden.
Im übrigen verweise ich auf meinen oben genannten Aufsatz, in dem ich über „meinen“ Augustus und die Grenzen und Möglichkeiten der ihm gewidmeten Biographie Rechenschaft ablege.
Frankfurt am Main, im Oktober 2011 | Klaus Bringmann |