Читать книгу Ehe, Partnerschaft, Sexualität - Konrad Hilpert - Страница 6
Einleitung
ОглавлениеInnerhalb der katholischen Kirche gibt es seit geraumer Zeit eine intensive Debatte über die Sexualmoral. In Gang gekommen ist sie seit dem Jahr 2010 durch das öffentliche Bekanntwerden der Fälle von sexuellem Missbrauch von Anvertrauten durch Priester und Ordensleute.
Sexueller Missbrauch blieb aber nicht ihr einziges Thema. Vielmehr wurden von der Heftigkeit der Debatte sehr rasch auch andere Themen der Sexualmoral erfasst. Darunter sind einige, die schon seit Jahrzehnten als Problempunkte empfunden werden. Manche davon wie die Frage der sogenannten künstlichen Empfängnisverhütung (journalistisch verkürzt als „Pillen-“ bzw. „;Kondom-Problem“) konnten angesichts der ständigen Wiederholungen und Einschärfungen durch das kirchliche Amt einerseits und infolge von Missbilligungen und Maßregelungen von Moraltheologen andererseits seit Jahrzehnten kaum offen diskutiert werden. Andere wie etwa die Frage des angemessenen Umgangs mit den wiederverheiratet Geschiedenen wurden zwar anhaltend diskutiert. Aber trotz weitgehender Einigkeit in den theologischen Reflexionen ist man in der offiziellen Handhabung nicht wirklich weitergekommen.
In der laufenden Debatte ist das alles gleichzeitig auf die Agenda geraten. Weitere Themen gruppieren sich darum herum, die ebenfalls immer wieder heftig diskutiert wurden, deren Diskussion sich aber regelmäßig nach einiger Zeit wieder beruhigt hat. Homosexualität und die Verpflichtung der Priester zum Zölibat sind solche Themen.
Doch in der gegenwärtigen Debatte geht es nicht mehr nur um Einzelthemen. Gefragt wird darin längst auch nach einer neuen bzw. erneuerten Moral von Sexualität und Partnerschaft.
Papst Franziskus hat seit Beginn seines Pontifikats im Jahr 2013 die Kirche programmatisch dazu aufgerufen, neue Antworten zu suchen und neue Wege zu beschreiten im Umgang mit den alten Problemen.1 Nicht um des Anscheins der Modernität der Kirche willen, sondern der Menschen wegen. Das war ganz umfassend gemeint, aber er hat es ausdrücklich auch auf das „normale“ Zusammenleben in der persönlichen Lebensumwelt bezogen. Das scheint ihm aus zwei Gründen besonders wichtig zu sein2: Zum einen geht es beim Zusammenleben und bei der Sexualität um ein zentrales Feld des täglichen Erlebens und Gestaltens der Menschen, ein Feld, auf dem sie ihr Glück suchen, häufig aber auch Enttäuschungen erfahren. Zum anderen steht hier die Glaubwürdigkeit der Kirche selbst zur Disposition, insofern als gerade beim Sprechen über Liebe, Sexualität, Ehe und Familie die Transparenz für die Frohe Botschaft unmittelbar betroffen ist.
Die beiden Bischofssynoden, die Papst Franziskus für 2014 und 2015 einberufen hat und zwischen denen sich die katholische Kirche zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet, sollen dazu dienen, diese Transparenz zwischen dem kirchlichen Sprechen und der Frohbotschaft wieder stärker herzustellen.
Das vorliegende Buch setzt sich zum Ziel, die Suchbewegungen und die Diskurse, die sich darüber in der kirchlichen Öffentlichkeit und im Feld der Theologie, insbesondere der Moraltheologie, entwickelt haben, nachzuzeichnen und Erklärungen zu geben, was hinter den Debatten steckt und warum sie gerade so verlaufen, wie sie es tun. Darüber hinaus versucht der Autor, der jahrzehntelang in der Ausbildung von Studierenden und im Gespräch mit Praktikern mit den entsprechenden Fragen und Problemen befasst war, die Richtung zu markieren, in die sich der Ansatz für eine fruchtbare neue Orientierung verschieben sollte.
Technisch haben ihn dabei Frau stud. theol. Magdalena Kiess und Herr Dipl.-Theol. Maximilian Gigl unterstützt. Beiden gilt ein herzlicher Dank, ebenso wie Herrn Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister, der das gesamte Manuskript durchgelesen und Ratschläge zur Verbesserung gegeben hat. Dank gilt schließlich auch Herrn Dr. Thomas Brockmann von der WBG Darmstadt, der das vorliegende Projekt angeregt und mit Interesse und sanftem Nachdruck den Autor „bei Laune gehalten“ hat.
Widmen möchte ich dieses Buch meinen (längst erwachsenen) Kindern und Schwiegerkindern. Sie waren mir über viele Jahre des Forschens und Lehrens zu diesem Themenkreis kritische und zugleich wohlwollende Gesprächspartner und zugleich erste Instanz für die Glaubwürdigkeit der von mir gesuchten Positionen. Ich verdanke ihnen manchen Lernprozess.
München, im Juli 2015 | Konrad Hilpert |