Читать книгу Murder2share – Mord zum Teilen - Kris Wordsmith - Страница 5
Das Missgeschick
ОглавлениеDer Wecker riss sie aus dem Schlaf. Sie war alleine. Hastig griff sie nach ihrem Smartphone und überprüfte alle neuen Nachrichten. Doch ihre Blase drückte sie. Mit dem Smartphone in der Hand rannte sie zur Toilette. Doch Isa saß auf dem WC.
„Bitte, lass mich schnell, ich muss ganz dringend pinkeln.“ sagte Tina.
„Geht nicht, ich muss gerade etwas Größeres machen, ich kann jetzt leider nicht weg.“ erwiderte Isa.
„Oh nein.“
„Geh doch unter die Dusche.“
„Meinst du das ernst?“
„Ja, wenn es nicht anders geht.“
Sie stellte sich in die Dusche. Das war ungewohnt, weil sie sich auf nichts stützen konnte. Sie musste sich hinknien. Sie konnte es nicht mehr halten. Ein breiter Strahl strömte aus ihr. Tina öffnete wieder ihr Smartphone und schaute nach den Klickzahlen ihres Videos. Es waren fast eine halbe Million. Sie jubelte innerlich. Ihr Smartphone zeigte direkt auf Isa.
„Sag mal, filmst du mich etwa?“ fragte Isa.
„Wie bitte? Natürlich nicht.“
„Das sah gerade so aus. Du hast das Objektiv direkt auf mich gezeigt.“
„Nein.“
Tina war wie berauscht von den Klickzahlen. Sie vergaß alles um sich herum. Plötzlich spürte sie eine warme Flüssigkeit über ihre Waden fließen. Sie schaute nach unten. Sie pinkelte sich an. Plötzlich verlor sie das Gleichgewicht und rutschte aus. Sie fiel um. Die warme Flüssigkeit lief jetzt über ihre Brust und ihren Kopf.
„Haha, im Knien pinkeln will gelernt sein.“ sprach Isa.
Tina setzte sich wieder auf. Endlich war sie fertig.
„Lach doch nicht. Du bist schuld, weil du das WC belegst.“
„Nein, du bist schuld, weil du immer an deinem Smartphone herumspielen musst. Sogar auf der Toilette? Das muss nicht sein.“
„Toll, jetzt kann ich gleich duschen. Ich bin ganz nass.“
Isa grinste. Sie presste stark. Ihr Gesicht wurde rot. Es sah aus, als würde sie ein Kind gebären wollen.
„Was machst du denn da?“ fragte Tina.
„Endlich kommt es raus.“
„Igitt, das möchte ich gar nicht wissen.“
„Warum denn? Sieht es bei dir besser aus?“
„Nein, aber ich mache das nicht vor anderen.“
„Du bist doch hier eingefallen. Ich war vorhin alleine.“
„Stimmt auch wieder.“
„Übrigens, heute wird es etwas später, weil die neuen Hanteln und Geräte kommen.“
„Alles klar.“
„Was machst du heute?“
„Ich treffe Tom, wir besprechen ein neues Video.“
Isas Gesicht verfinsterte sich: „Ach so, na dann viel Spaß mit deinem Partner.“
„Hör auf, bist du etwa immer noch eifersüchtig? Das Thema hatten wir schon.“
„Na und? Es ändert sich aber nichts. Ich werde immer noch von dir verheimlicht.“
„Das stimmt doch so nicht. Du möchtest doch auch nicht in der Öffentlichkeit stehen. Das mit Tom war schon vor unserer Beziehung. Das hat sich so ergeben. Wie soll man das noch rückgängig machen? Ich kann doch nicht meinen Followern nach all den Jahren sagen: Hey, das mit Tom war ein Fake, ich stehe in Wirklichkeit auf Frauen, hier, das ist meine Freundin Isa.“
„Das wäre zumindest aufrichtig.“
Isa schaute nach unten in die Toilettenschüssel und begutachtete den Inhalt.
„Das ist voll ugly. Warum musst du das noch so genau anschauen? Spül einfach.“ sagte Tina.
„Ich glaube, meine Periode kommt früher. Haben wir noch Tampons?“
„Ja klar, im Schränkchen neben dir.“
„Das sind keine guten, haben wir nicht die normalen?“
„Wieso nicht gut? Die sind super. Die habe ich geschenkt bekommen. Die sind sehr teuer. Die haben einen integrierten Mikro-Chip mit Sensor. Der erkennt genau, wann es…“
„Ich halte das nicht mehr aus mit diesen Gimmicks.“ fiel ihr Isa ins Wort. „Ich brauche keine smarten Tampons. Ich brauche keine smarte Zahnbürste. Ich brauche diese komische Matratze nicht. Es fehlt nur noch, dass das Klopapier smart ist.“
Isa betätigte die Spülung. Dann nahm sie auf dem Bidet neben der Toilette Platz und wusch sich.
„Mir ist das unangenehm. Die ganze Zeit zielt dein Smartphone auf mich. Muss das sein?“
„Na und? Ich würde dich doch nie filmen.“
„Aber trotzdem ist es unheimlich. Warum duschst du dich nicht endlich?“
„Ich muss noch die Beiträge checken. Ich muss jede freie Zeit nutzen.“
Isa trocknete sich ab und stand auf: „Am Klo? Du hast nachher, wenn ich weg bin, genügend Zeit. Mir reicht es schön langsam. Nie hast du Zeit für mich. Immer ist das Andere wichtiger. Deine Follower sind viel wichtiger als ich. Sogar Tom ist wichtiger als ich.“
„Das ist überhaupt nicht wahr. Meine Arbeit erfordert viel Zeit. Das ist kein Achtstundenjob wie deiner. Wenn du Feierabend machst, kannst du abschalten. Ich habe nie Feierabend.“
„Was soll das jetzt heißen? Dass meine Arbeit nichts wert ist?“
„Das habe ich nicht gesagt.“
„Das hört sich aber so an. Es ist doch deine Entscheidung, dass du unbedingt Influencerin sein musst. Ich habe dich nie darum gebeten.“
„Ach ja? Wer bezahlt denn alles? Von wem kommen die vielen Produkte, die unser Leben erleichtern? Wer zahlt die Miete für diese riesige Wohnung? Von deinem Fitness-Gehalt könnten wir uns diesen Lebensstil nicht leisten.“
„Meinst du das ernst? Ich habe dich nie darum gebeten. Ich brauche diese vielen Gimmicks nicht. Ich brauche kein Bett mit Sensoren, auch wenn es zehntausend Euro gekostet hat.“
„Ich dusche jetzt.“
„Whatever.“
Isa lief aus dem Bad und knallte die Tür hinter sich zu.