Читать книгу Luisa - Zwischen Puppen und Bomben - Käthi Schneider - Страница 13

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Erste Schritte

Wir wurden eingeschult, meine Freundin war sieben, ich sechs Jahre alt. Wir freuten uns, dass wir Jahre zusammenblieben, gingen in die gleiche Klasse. Nachmittags machten wir unsere Schularbeiten zusammen, wir waren ein unzertrennliches Duo.

Unsere Schule war ein großes stattliches Gebäude mit einem breiten Treppenaufgang. Von der Straße aus betraten wir den Schulhof, mussten ihn überqueren, das Schulgebäude lag weiter zurück, umgeben von Bäumen. Wie mein erster Schulranzen aussah, weiß ich noch genau. Aus einer riesengroßen braunen Papiertüte zog meine Mutter ihn heraus. Ich nahm ihn fest in meine Arme, konnte ihn kaum umfassen. Aus beigem Bast, innen aus Karton, die Vorderseite mit einem Rosenmuster und grünen Blätterranken. Einen Tag, bevor die Schule begann, legte Mama ihn auf den Küchentisch.

Mein Herz klopfte schnell, als sie ihn öffnete. Ich hatte noch nie so viele schöne Dinge gesehen.

„Das ist alles für mich?“, fragte ich außer Atem. Eine Schiefertafel, der Schiefer schwarz, der Rahmen aus hellem Holz. An der einen Seite, durch ein Loch gezogen, hing eine weiße Schnur, daran ein weißer, gehäkelter Lappen, um die Tafel zu trocknen. Dazu gab es ein Schwammdöschen mit einem roten Schwamm, den ich jeden Tag auswaschen konnte.

Ein Griffelkasten aus hellem Holz mit weißen Edelweißblüten. Darin lagen zwei Griffel, mit regenbogenbuntem Papier umwickelt, die Mama jeden Tag anspitzte. Mein Herz klopfte laut, in diesem Augenblick wusste ich, da war etwas, das jetzt begann.

Am nächsten Morgen gingen wir zur Schule. Oma hatte meine kleine Schwester Sieglinde an der Hand und Mama meinen Bruder Hans Robert auf dem Arm. Wir betraten den großen Schulhof.

„Geh mal dort unter den großen Baum!“, sagte Mutter. Sie kam auf mich zu, öffnete die braune Papiertasche und zog, ich konnte es nicht glauben, eine große, dicke, braun gebackene Brezel heraus und drückte sie mir lachend in die Arme.

Nun stand ich dort, die Brezel war so groß, sie reichte mir vom Kinn bis unten auf die Füße. Mama fotografierte mich. Eine Glocke läutete, ich gab Mama die Brezel zurück und stieg mit meiner Freundin und vielen anderen Kindern eine hohe Treppe ins Schulgebäude hinauf. Wir waren so viele Kinder, mussten in drei oder vier Klassen verteilt werden. Ich war aufgeregt und konnte es kaum erwarten, all die wunderbaren Dinge aus dem Ranzen auszupacken.

Genau in diesem Augenblick begann für mich die spannende, nie endende Bekanntschaft mit den sechsundzwanzig Buchstaben des Alphabets. Eine schillernde Welt begann zu leben. Ich war neugierig, eifrig, schnell, viel zu lernen. Jeden Tag übte ich, wischte immer wieder meine Tafel blank und schrieb, bald konnte ich mein Lesebuch, das ich abends mit ins Bett nahm, von Anfang bis zum Ende lesen. Die Schule war für mich etwas ganz Besonderes.

Luisa - Zwischen Puppen und Bomben

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