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2: Neustart

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Bevor er doch noch für ein paar Stunden schlafen konnte, gelang es Peter immerhin, sich einen Plan für den nächsten Tag zurechtzulegen. Es war nicht das erste Mal, dass er über Nacht vor dem Nichts stand. Diese Situation war ihm von diversen Therapie- oder Entzugsabbrüchen bekannt und er schwebte in einer Gefühlswolke, die aus Freiheitseuphorie und gleichzeitiger Zukunftsangst bestand. Die Wolke würde ihn aber erfahrungsgemäss nur wenige Tage tragen und diese kurze Zeit musste er dringend nutzen, um möglichst viele Kontakte zu knüpfen. Er wollte unbedingt ein neues Kapitel in seinem Leben aufschlagen und wusste nur, dass es erneut in dieser Stadt sein würde.

Alles hinschmeissen und auf die Gasse zurückkehren, um sich als Kleindealer über Wasser zu halten, kam nicht mehr in Frage. Peter machte sich aber keine Illusionen und es war absehbar, dass er hier schon bald wieder mit massiven Drogenproblemen rechnen musste. Um dann so schnell wie möglich professionelle Hilfe zu erhalten, wollte er sich sofort beim DTA, einer Anlaufstelle für Drogenprobleme, melden. Als Erstes musste er aber seinen Lebensunterhalt organisieren und der Gang zum Sozialamt würde Peter nicht erspart bleiben.

Nach dem Morgenessen machte er sich sofort auf den Weg zu diesen Hilfseinrichtungen und Ämtern und irgendwie gelang es ihm, die zuständigen Leute zu überzeugen. Noch in derselben Woche bezog er ein möbliertes Zimmer und nach einem Monat arbeitete er bereits in einem neuen Beschäftigungsprogramm des Sozialamtes.

Weil Peter, nach den vielen gescheiterten Versuchen der letzten Jahre, nicht mehr ernsthaft gegen sein Drogenproblem kämpfte, erhielt er nach kurzer Abklärungszeit täglich Methadon über das DTA, denn nur so war es möglich, seinen Arbeitsplatz im Beschäftigungsprogramm zu halten.

Als Notlösung wohnte er am Anfang im Männerheim, dass seinem Namen alle Ehre machte. Zum Glück fand er aber bald eine kleine Wohnung. Das Sozialamt half ihm, diese einzurichten und garantierte die Mietzinszahlungen.

Wer jetzt glaubt, dass ihm die Hilfe ja fast nachgeworfen wurde, täuscht sich. Nur dank seinem anfänglich tadellosen Einsatz im Beschäftigungsprogramm, der Bereitschaft sehr bescheiden zu leben und dem sichtbaren Willen eine neue Existenz aufzubauen, erhielt er die nötige Hilfe für seinen Neustart.

Obwohl Peter in kurzer Zeit viel erreichte, war die Mutter seines Sohnes nicht davon begeistert, dass er wieder zurück war. Weil sie bei seinen früheren Rückkehrversuchen schon manche Endtäuschung verkraften mussten, einigten sie sich vorläufig auf einen kurzen Besuch pro Monat. Das war bitter und bedeutete, dass Peter somit weit weniger Kontakt mit seinem Sohn haben würde, als zu seiner drogenfreien Zeit im Tessin, obwohl er jetzt nur wenige Wohnblocks von ihm entfernt wohnte.

Immerhin lief es vier Monate lang ganz gut an seiner neuen Arbeitsstelle im Beschäftigungsprogramm. Peter konnte dort Büroarbeiten erledigen und verschickte fleissig Bewerbungen für kaufmännische Anstellungen, obwohl er in den letzten zehn Jahren als Gärtner gearbeitet hatte. Die erste Euphorie wich schon bald der Ernüchterung, die immer grösser wurde, nachdem er eine Absage nach der Anderen erhielt und zu keinem einzigen Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Die Illusion, dass sein Schicksal als Sozialfall in einem Beschäftigungsprogramm nur vorübergehend sein würde, platzte somit wie eine Seifenblase.

Das war ein harter Rückschlag und Peter ärgerte sich über die Leitung des Beschäftigungsprogramms, die nach seiner Meinung unrealistische Hoffnungen in ihm geweckt hatte.

Diese Endtäuschungen, aber vor allem der Fehler, die Schuld für Rückschläge bei anderen zu suchen, führte zu immer grösseren Drogenproblemen. Sein Heroinkonsum wurde trotz Methadonprogramm immer grösser und Peter beschaffte sich die illegale Droge wieder regelmässig auf der Gasse, wo er auch immer öfter herumhing. Noch schlimmer war der zusätzliche Kokainkonsum, der ihn vor allem finanziell ruinierte. Fast regelmässig hatte er kurz nach dem Zahltage schon kein Geld mehr und musste sich für den Rest des Monats mit ausgeliehenem oder gar keinem Geld durchschlagen. Peter einigte sich deshalb mit dem Sozialamt auf wöchentliche und nicht wie üblich monatliche Auszahlungen, was ihm am Anfang half. Der Totalabsturz war aber bereits nicht mehr zu stoppen und das Drogenkarussell drehte sich immer schneller. Dazu kamen immer heftigere Streitereien mit seinem Chef und die Situation war schliesslich soweit ausser Kontrolle geraten, dass Peter seinen Hausarzt um die Anmeldung zum Entzug in der psychiatrischen Klinik bat. Dort wollte er den Nebenkonsum von Heroin und Kokain abbauen, um wieder arbeitsfähig zu werden und sein Leben einmal mehr auf die Reihe zu kriegen.

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