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4: Beschäftigungsprogramme
ОглавлениеNach dem Aufenthalt in der Entzugsstation, der Anmeldung für das Heroinprogramm und dem Gesuch um eine IV-Rente, nahm Peter sein Leben wieder in Angriff. Er erschien deshalb pünktlich zum vereinbarten Termin auf dem Sozialamt, wo ihn seine Sozialarbeiterin empfing. Sie begleitete ihn in ihr Büro und Peter wunderte sich, dass dort niemand vom Beschäftigungsprogramm wartete. Nach der Begrüssung erkundigte er sich nach seinem letzten Arbeitgeber:
„Ich habe hier mit Herr Müller abgemacht, kommt er später?“ fragte er verwundert.
„Wieso sollte Herr Müller hier sein, sie haben die Stelle bei diesem Programm ja aufgegeben,“ war die Antwort der Sozialarbeiterin.
Für einen Moment war Peter sprachlos und wie aus einer anderen Welt hörte er ihre weiteren Fragen:
„Wie geht es ihnen? Haben sie schon Pläne für ihre Zukunft gemacht?“
Die Fragerei holte ihn in die Realität zurück und er stotterte:
„Äh…, ja aber, eigentlich rechnete ich damit, dass meine Arbeitssituation geklärt ist.“ Weil das anscheinend nicht so war, hoffte Peter, dass eine Einsatzmöglichkeit in einem anderen Beschäftigungsprogramm des Sozialamtes möglich war und er erkundigte sich danach.
„Na ja, sie haben ja nicht gerade geglänzt, beim letzten Mal und im Moment kann ich sie nirgendwo sonst einsetzen,“ war die knappe Antwort, die er erhielt.
Peter war immer noch schockiert und informierte die Sozialarbeiterin über seine Anmeldung für das Heroinprogramm und das Gesuch um eine IV-Rente.
„Bei der Invalidenversicherung haben Sie sich angemeldet? Da kann ich ihnen gleich sagen, dass sie sich besser keine Hoffnung machen. Dass sie sich für das Heroinprogramm angemeldet haben, wird wohl das Beste für sie sein und im Moment sind sie ja noch im Methadonprogramm.“
Sie sah keine Möglichkeiten ihm weiterzuhelfen und Peter wollte nur noch weg. Zuerst musste er aber noch um die Berechnung seiner finanziellen Unterstützung bitten. Als das erledigt war, konnte er den Restbetrag für den angebrochenen Monat bar an der Kasse beziehen. Wenigstens verliess er das Sozialamt mit etwas Geld, aber Zuhause fiel Peter frustriert in seinen Fernsehsessel.
Klar, am Schluss hatte er sich unmöglich aufgeführt, bei seinen inzwischen ehemaligen Arbeitgebern. Aber dass er so versetzt wurde, war trotzdem nicht fair. Ohne die telefonische Arbeitszusicherung wäre Peter in der Klinik geblieben und hätte versucht einen anderen Weg zu finden. Jetzt war er aber wieder Draussen und musste irgendwie zurechtkommen.
Er erhielt nie eine offizielle Erklärung vom Beschäftigungsprogramm. Die unfaire Behandlung war aber erneut ein willkommener Absturzgrund und ohne Arbeit war dieser sowieso vorprogrammiert. Das Methadonprogramm half ihm wie üblich wenig und diente lediglich zur Absicherung für Notfallsituationen, die nicht lange auf sich warten liessen.
Es folgten die üblichen Drogenbeschaffungsprobleme und diesmal begann er mit der Klein-Dealerei. Das hatte Peter bisher nicht gewagt. Die unbeschwerte Jugendzeit lag schon lange hinter ihm und der Verkauf von Drogen verletzte seine moralischen Prinzipien inzwischen zutiefst. Dazu kam die Angst vor der Polizei und die noch grössere vor der Drogenszene. Nachdem er in der Vergangenheit schon mehrmals überfallen wurde, wusste Peter längst, zu was Drogensüchtige fähig sind.
Für einen vernünftigen Weg fehlten ihm aber Kraft und Motivation und einen Dealer hatte er schnell aufgetrieben. Die erneute Talfahrt konnte somit losgehen. Innert wenigen Tagen verfügte er über genug Drogen, um seine Bedenken und Ängste zu betäuben und nach wenigen Wochen war er wieder mittendrin, im Drogenelend. Einmal mehr waren damit Aufwand und Leiden in der Entzugsklinik nutzlos gewesen.
Jedenfalls was den Entzug betraf.
Die dort verfasste Anmeldung für das Heroinprogramm und das Gesuch um eine Invalidenrente blieben ihm als einzige Hoffnungsschimmer. Die nächsten vier oder fünf Monate schlug er sich als Kleindealer durch, bis endlich die Einladung für eine erste Sitzung im Drop-in eintraf.