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WELLE I 1

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Jacko stand zwischen Touristen und Geschäftsleuten, die mit anscheinend klarem Ziel in verschiedene Richtungen verschwanden oder auf ihr Gepäck warteten.

Sein Flug war vor wenigen Minuten in Südafrika gelandet und er hatte noch beim Anflug versucht, nicht zu erwarten, dass er Amy am Flughafen wiedersehen würde. Obwohl er ihr seine Ankunftsdaten geschickt hatte, kam sie in der Planung dieses mehrmonatigen Afrika-Abenteuers höchstens in seinen Träumen vor und seine Projekte würden auch ohne Amy funktionieren.

Trotzdem war er von der gegenwärtigen Situation überfordert.

Eigentlich gab es für Jacko genug andere Gründe, nach Afrika zu fliegen. Aber Amy war einer der Leitsterne gewesen und er hatte damit gerechnet, sie Heute wiederzusehen. Das wurde ihm soeben schmerzhaft bewusst, weil dieser Stern gerade verglühte und noch dazu drohte, alle anderen Sterne mitzureissen.

Plötzlich verschwanden Geräusche und Stimmen im Hintergrund und wurden von einem Rauschen in seinem Kopf übertönt, das ihn schwindlig machte.

*

Seit sie sich vor einem halben Jahr kennen gelernt hatten, war kein Tag vergangen, ohne dass er an sie dachte. Das war absurd, denn Amy hatte auf keinen seiner Briefe geantwortet. Wieso auch? Schliesslich hatten sie noch Gestern mehr als zwölftausend Kilometer voneinander getrennt und es war unwahrscheinlich, dass sie sich jemals wiedersehen würden. Das war eigentlich schon in Spanien klar gewesen, als sie am Ende einer 2200 Kilometer langen Wanderung zusammen auf einer Klippe standen und beobachteten, wie sich weit unten zwei grosse Meeresströmungen in einer Schaumkrone vereinten, die bis zum Horizont reichte.

Amy und Jacko waren damals am Ende einer dreimonatigen Wanderung angelangt und sie standen auf einer Klippe in Galizien, die einmal das ‚Ende der Welt‘ gewesen war.

Ohne sich unterwegs zu begegnen, hatte jeder auf seinen eigenen Wegen viele Wochen und Monate auf diesen Moment gewartet und auf oft einsamen Kilometern hart gekämpft, um dieses endgültige Ziel zu erreichen. Erst auf den letzten Kilometern der Wanderung waren sie zum ersten Mal aufeinander getroffen, aber sie sahen gemeinsam, wie die Wellen des Atlantiks in der rotglühende Sonne brachen, die in diesem Moment hinter den Ausläufern des Caps versank.

Es gab damals für beide mehr als genug Gründe zum Feiern und sie feierten zusammen. Ein halbes Jahr später war Jacko in Südafrika und an einem anderen ‚Ende der Welt‘. Obwohl er erneut eine lange Reise hinter sich hatte, gab es diesmal aber wenig Gründe zum Feiern.

‚Ich sollte sie besser vergessen‚‘ sagte er sich, nicht zum ersten Mal, aber diesmal ernsthaft.

*

Jacko hatte früh in seinem Leben begonnen, alle möglichen Grenzen auszutesten. Oft genug hatte er diese auch überschritten. In negativen, wie auch in positiven Bereichen und er fragte sich gerade, ob das hier und jetzt auch wieder eine solche Grenzerfahrung war.

Er hatte schon immer versucht, herauszufinden, ob es etwas Namenloses gab, das hinter allen ihm bekannten Grenzen lag und er war davon überzeugt, dass sich jeder seiner Träume erfüllen konnte, wenn er an ihn glaubte und wenn er bereit war, dafür zu kämpfen. Spätestens seit jener Riesenwanderung war ihm kein Ziel mehr zu weit und kein Traum zu fantastisch.

Afrika war einer dieser Träume. Bereits vor vielen Jahren zum ersten Mal geträumte, hatte er diesmal ohne zu Zögern seine sichere Anstellung gekündigt und alle seine Kräfte auf das Ziel Südafrika konzentriert.

Auf das ‚Kap der Guten Hoffnung‘, am Ende eines vermeintlich paradiesischen Landes und am Ende eines riesigen Kontinents. Auf Südafrika, das Land von so vielen überragenden Persönlichkeiten und nicht zuletzt natürlich : Amys Land.

*

Jacko setzte sich auf eine Bank vor dem Flughafengebäude von Kapstadt und rauchte die erste Zigarette seit Istanbul. Erst danach versuchte er, sich der momentan nicht sehr erfreulichen, aber deshalb nicht weniger spannenden Realität zu stellen.

Das Rauschen in seinem Kopf blieb und er stellte sich vor, dass es die nächste Welle war, die ihn aus der nicht gerade erfreulichen Lage heraustragen würde. Die Welle war unterwegs. Er hörte sie ja bereits und sie würde auch kommen.

In ein paar Minuten oder Stunden. Vielleicht auch erst in Tagen oder Wochen. Aber irgendwann ganz sicher. Davon war Jacko nach wie vor überzeugt.

Mit oder ohne Amy.

Die Welle würde kommen.

Welle 1 - 8

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