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Wenigstens war Jacko jetzt wieder entspannter, was sich aber erneut änderte, nachdem er mit drei Afrikanern ins Gespräch gekommen war. „Sei vorsichtig hier oben, Jacko,“ warnten sie ihn. „Manchmal steigen Leute in ein Taxi, das sie dann an den Stadtrand transportiert, wo man sie ausraubt und kurzerhand umbringt.“

Zu diesen Worten spritzte der Wortführer der drei Männer die ersten Tropfen der Mineralwasserflasche, die er soeben geöffnet hatte, auf den Asphalt.

Es sah wie eine Opfergabe aus.

Das war nun wirklich beunruhigend und Jacko nahm sich einmal mehr vor, wachsam zu bleiben. Nur gelang ihm das Heute schlecht und er liess den Dingen ihren Lauf. Nach sieben Stunden wurde es ihm dann doch zu viel und er versuchte endlich, sich eine andere Fahrgelegenheit zu organisieren. Leider ohne Erfolg und als er auf das Bahnhofsdach zurückkehrte, fragte ihn der Megafonmann beunruhigt, wo er gewesen sei.

„Wo ist der Bus?“ fragte Jacko zurück und merkte, dass er langsam wütend wurde.

„No, no, no problem, der Bus kommt um vier Uhr,“ antwortete der Schwarze und ruderte dazu mit den Armen.

Jacko war inzwischen schon froh, wenigstens eine Zeitangabe zu haben und nahm sich vor, auf keinen Fall alleine in einen Bus zu steigen. Um vier Uhr war noch kein Taxi da und auf dem Dach befanden sich immer weniger Menschen.

„Was machst denn du immer noch hier?“ Das war die Sicherheitsbeamtin, die er schon am Morgen im Schatten angetroffen hatte. Sie trat zu ihm und warnte ausdrücklich: „Steig auf keinen Fall nach fünf Uhr in irgendein Fahrzeug. Das ist zu gefährlich. Besser, du schläfst auf der Polizeistation.“

Darauf hatte Jacko nun wirklich keine Lust, obwohl es gleich fünf Uhr sein musste.

Er wollte weiter. Erst recht, nachdem er so lange gewartet hatte.

„Der Bus müsse jeden Moment kommen,“ vertröstete ihn der Megafonmann erneut und winkte ab, denn er führte gerade ein anscheinend wichtiges Telefongespräch. Das taten allerdings alle hier. Jedenfalls diejenigen, die ein Telefon hatten und das waren fast alle. Die Augen des Schwarzen waren inzwischen blutunterlaufen und leuchteten rot in der soeben untergehenden Sonne. Dass die Sonne unterging, war wegen der Hitze eigentlich angenehm, aber Jacko fühlte, dass es jetzt langsam wirklich gefährlich wurde.

*

Endlich traf der Bus ein. Es war allerdings eines der ältesten Modelle, die Jacko heute gesehen hatte und die zwei Fahrer mussten als Erstes einen platten Reifen am Anhänger wechseln. Die Zwei sahen müde und nicht sehr fröhlich aus. Unterdessen verging viel Zeit und es sah nicht so aus, wie wenn es gleich weitergehen würde, denn die Fahrer waren inzwischen verschwunden, um irgendwelche dringenden Dinge zu erledigen. Wenigstens war Jacko nicht mehr ihr einziger Kunde und konnte sich mit einer indischen Familie unterhalten, die mit ihm reisen würde. Trotzdem verlor er langsam die Nerven und als es um acht Uhr endlich losgehen sollte, stieg er als Erster in den Kleinbus.

Nur ging es nicht los.

Die indische Familie hing noch an ihren Telefonen, und es war nicht klar, ob und wie es jetzt weitergehen würde.

„Okay, wir kommen nicht mit dir,“ meinte der Vater der Familie plötzlich.

„Was? Warum nicht?“ wollte Jacko wissen. „Wir mussten unsere Pläne ändern, aber keine Angst, die Fahrer sind unsere Freunde. Bleib sitzen und entspann dich.“

Der Megafonmann meinte auch, er solle ruhig bleiben:

„Don’t worry, my Friend. Wir passen auf dich auf.“

Davon war Jacko überzeugt, aber nicht weil hier alle Freunde waren. Es war jetzt sowieso zu spät, denn einige Sekunden später ging es tatsächlich los und er sass alleine mit den Fahrern im Bus.

Das war genau die Situation, die er versucht hatte zu vermeiden und Jacko war schlagartig hellwach.

Die Stimmung im Bus war angespannt und als es auch noch in das riesige Township von Kapstadt hineinging, packte Jacko endgültig eine Angst, wie er sie seit Jahren nicht mehr gefühlte hatte. Zu oft hatte man ihn gewarnt, dass man sich als Weisser nicht alleine in Townships aufhalten sollte. Schon gar nicht nach Einbruch der Dunkelheit und er erinnerte sich an die Warnungen der drei Afrikaner von heute Nachmittag.

Einer der Fahrer informierte ihn, dass unterwegs weitere Fahrgäste zusteigen würden. „Hier in den Townships?“ wollte Jacko wissen.

„Wo denn sonst,“ die Blicke der Fahrer straften ihn mit einem Ausdruck, der bedeutete, dass er anscheinend keine Ahnung von Afrika hatte.

Dafür hatte er Angst. Nachdem ihn ein Stossgebet auch nicht beruhigte, versuchte Jacko die Situation möglichst klar einzuschätzen: Mit den Fahrern würde er fertig werden, falls die ein krummes Ding planten. Das waren alte Männer und sie machten zudem einen leicht betrunkenen oder zumindest sehr müden Eindruck.

Aber wo würden sie ihn hinbringen und wer, oder was würde ihn dort erwarten?

„Don't worry, be happy,“ grinste der einer von ihnen erneut nach hinten und schüttete dazu ein undefinierbares Pulver aus einem Briefumschlag in seine Trinkflasche.

Die Minuten wurden unendlich lange für Jacko, der längst keine Ahnung mehr hatte, in welchem Teil von Kapstadt sie sich befanden. Nach einer halben Stunde fuhren sie an eine Tankstelle, wo man von ihm das Fahrgeld verlangte, um Benzin tanken zu können.

‚Besser er stieg hier aus,‘ zuckte es wie ein Blitz durch seinen Kopf.

‚Nachts im Township? - Auf keinen Fall.‘

Soviel wusste inzwischen auch Jacko von Südafrika.

Als sie schon fast fertig getankt hatten, trat ein Mann mit einer jungen Frau, die wohl seine Tochter war, zum Bus und verhandelte mit einem der Fahrer. Als sich die beiden einig waren, stieg das Mädchen ein. Sie setzte sich neben Jacko und alles schien ganz normal zu sein. Jacko fiel ein Stein vom Herzen, denn jetzt war er wenigstens nicht mehr der einzige Fahrgast. Danach fuhren sie so schnell, wie es der klapprige Bus zuliess, durch die afrikanische Nacht. Er wusste nicht, wann sie ankommen würden und von den Fahrern erhielt er keine eindeutige Antwort, weil sie es womöglich selber nicht wussten. Die waren beide sehr müde und weil sie seine Unruhe natürlich bemerkt hatten, womöglich auch noch beleidigt.

„Mach dir keine Sorgen. Wir kümmern uns um dich und werden dir helfen, in ‚Ladismith‘ ein Hotel zu finden,“ waren die letzten Worte gewesen, die er mit ihnen wechselte.

Inzwischen war es elf Uhr und stockdunkle Nacht. Eine Zeit, in der man in Südafrika auch als Schwarzer besser nicht mehr alleine unterwegs war.

Jacko kämpfte gegen die Müdigkeit.

Obwohl es ein langer und aufreibender Tag gewesen war, wollte er auf keinen Fall einschlafen, bevor er in einem sicheren Bett lag. Nach weiteren drei Stunden holperten sie endlich an einer Ortstafel vorbei: ‚Swellendam‘ und nicht ‚Ladismith‘, stand auf dem Schild, aber hier müsse er aussteigen, meinte der eine der Fahrer. Kurz danach hielten sie vor einem Hotel, das allerdings teuer aussah. Auf seine Frage, ob es hier kein BnB gebe, erhielt er keine Antwort. Das wäre natürlich billiger gewesen. Trotzdem wunderte er sich selber über seine Frage und war froh, dass der Fahrer wenigstens wartete, bis er abgeklärt hatte, ob hier ein Zimmer frei war. Danach ratterte der Bus ohne grosse Abschiedsworte weiter.

‚Danke und gute Nacht,‘ wünschte Jacko zum Sternenhimmel hinauf und war davon überzeugt, dass er gerade einen verrückten Tag überlebt hatte.

Bald darauf schlief er in seinem teuren, aber sicheren Hotelbett ein.

Welle 1 - 8

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