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Kapitel 4: The Prisoner’s Sister

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Eliu

Ich bin heute Morgen mit schlechter Laune aufgewacht. Am liebsten hätte ich gleich nach dem ersten Lidaufschlag meinen Arm amputiert. Sogar ein stumpfes Buttermesser hätte ich dafür genommen, nur um diese Qual zu beenden. Ein Bruch wäre wahrscheinlich angenehmer gewesen als diese Quetschungen. Zum Glück habe ich in meinem Kühlschrank ein Steak von gestern vorgefunden, sodass ich mir zwei Toastscheiben schnappen, das Fleisch dazwischenlegen und das Ganze essen konnte, um den Schmerzmitteln eine gute Grundlage zu bieten. Langsam schlich ich durch meine Küche, aß das Steak-Sandwich und brachte meine übersäuerten Muskeln Schritt für Schritt ins Leben zurück. Dabei fiel mir auf, dass mich mein Arm bisher von einer weiteren Baustelle abgelenkt hatte. Offensichtlich hat auch mein Oberschenkel etwas abbekommen, denn es stellte sich ein neues Humpeln ein.

Matt kam irgendwann herein und beobachtete mich eine Weile stumm. Dann sagte er trocken: „Sie sollten heute mal ein Basenbad nehmen.“

Für solche Kommentare liebe ich Matt einfach. Er ist der härteste Knochen auf dieser Ranch, aber seine Tipps sind alles andere als eindimensional. „Gute Idee. Was steht heute an?“

„Die Impfdosen für die Kälber aus der Gruppe B sind vorhin geliefert worden. Die sollten wir ihnen direkt verabreichen. Ansonsten sind zwei Wiesen mähbereit, da setze ich Aljosch und Hanson drauf an.“

Ich nickte. „Gibt es schon einen Plan für die Bergung von Tiger?“

Matt wiegte den Kopf hin und her. „Es wird sehr schwierig, so viel steht fest. Wir werden mit Pferden den Schluchtenpfad nehmen müssen. Ein Mann kann sich dann abseilen und Tiger vertäuen. Dann müssen die Pferde ihn raufziehen.“

„Wen willst du dafür einsetzen?“

„Ich werde die Leitung übernehmen. Vermutlich nehme ich Garret mit, um ihn runterzulassen. Er ist zwar groß, aber leicht. Und mindestens einen weiteren guten Reiter, vielleicht Rodrigo oder Caleb.“

„Ich würde Caleb nehmen. Er greift durch und trifft im Notfall schnelle Entscheidungen.“

„Das ist wahr.“

„Und was macht Ty?“

Matt schüttelte den Kopf. „Fragen Sie lieber nicht.“

Die Antwort gefiel mir dann tatsächlich nicht, sodass ich mir eine Cap schnappte und aus dem Haus humpelte, um Ty höchstpersönlich Feuer unter dem Hintern zu machen. Doch sehr weit kam ich nicht. Wie angewurzelt blieb ich stehen, als ich eine junge Frau auf meinem Hof entdeckte – die wie ein Hurrikan auf mich zukam.

Hier stehe ich nun und schaue dem Sturm entgegen, und obwohl sie grüne Augen hat und nicht blaue, wie ihr Bruder, ist mir sofort klar, dass ich eine Archer vor mir habe. Sie hat lange blonde Locken, die sie in einem hohen Pferdeschwanz gebändigt trägt, und ist, wie ihr Bruder, eine Naturschönheit. Da Winston wie ein braver Schoßhund an ihrer Seite entlangtollt, weiß ich auch, dass sie eine dominante Ader in sich hat. Der Hofhund gerät nämlich nur bei Alphatieren in solche Verzückung. Miss Archer hat also Pfeffer im Hintern und wenn es mir nicht so dreckig ginge, würde ich mich fast auf eine Unterhaltung mit ihr freuen.

Der kleine Tornado kommt bei mir an und macht gleich Nägel mit Köpfen: „Ich bin hier, um meinen Bruder Ty nach Hause zu holen. Ich will ihn sofort sprechen.“

Langsam nicke ich und beobachte ihre grünen Augen, die mich wütend anblitzen. „Schön“, sage ich, „trifft sich gut. Ich wollte gerade nach ihm sehen.“

Ein wenig verdattert über meine Kooperationsbereitschaft stößt sie hervor: „Gut! Äh … gut. Ja. Wo ist er denn?“

„Ich weiß nur, dass er heute Nacht in Blue Hill wieder Ärger in einer Bar gemacht hat. Einer meiner Männer hat ihn vorhin beim Sheriff abgeholt und jetzt ist er irgendwo im Schlafsaal.“

Der Sturm hat dunkelbraune Augenbrauen, die recht markant sind und ihrer Mimik viel Ausdruck verleihen, was mir gut gefällt. Jetzt zeigt sich allerdings Sorge in ihren Zügen. Und Verwirrung. Es scheint, als wüsste sie nicht, ob ich Freund oder Feind bin.

„Ich bin Eliu“, sage ich.

„Ich weiß“, sagt sie und reicht mir die Hand. „Avanna Archer.“

Ich nehme ihre Hand in meine und drücke sie. Die Berührung schießt mir durch die Brust, mein Herz stolpert. „Okay, Avanna, dann schauen wir mal nach dem Mini-Stier.“

„Mini-Stier?“, fragt sie und schaut auf unsere Hände, die einander immer noch halten.

Ich lasse sie los und gehe voran. „Wenn Ty mich nicht an ein kleines Kälbchen erinnern würde, hätte ich ihn vielleicht schon den Cops übergeben. Er ist ein verdammter Säufer. Wie alt ist er noch mal?“

Avanna gibt einen erstickten Laut von sich. Erschrocken sehe ich mich nach ihr um.

„Schon gut“, sagt sie und läuft an mir vorbei. „Es stimmt ja. Er hat ein Alkoholproblem. Das … muss ich in den Griff bekommen.“

Ich runzle die Stirn. „Das muss Ty in den Griff bekommen.“

„Das ist dasselbe“, höre ich sie murmeln.

Verwundert hebe ich die Augenbrauen, beschließe aber, vorerst nicht weiter nachzuhaken.

Wir finden Ty in einem Feldbett im Gemeinschaftsraum der Cowboys – abgefüllt vom Scheitel bis zur Sohle.

„Teufel noch mal!“, stößt Avanna hervor und dreht ratlos eine Runde um das Bett ihres Bruders.

Ich muss mir eingestehen, dass ich sie dabei mit nicht ganz unschuldigen Gedanken betrachte. Ihr Hintern gefällt mir in den kurzen Shorts und auch ihre schlanken, braun gebrannten Beine faszinieren mich. Ebenso schön finde ich ihre kräftigen Arme und der schlanke Hals lädt zum Küssen ein … Dieses Cowgirl löst Wünsche in mir aus, die ich unbedingt ignorieren sollte. Während der Tour habe ich normalerweise nur einen Fokus und das ist Bull Riding. Eine Ablenkung kann ich mir da nicht erlauben.

Aber ehrlich gesagt, bin ich plötzlich extrem neugierig auf Avanna. Es wäre sicherlich ein Genuss, sie an mich zu ziehen und zu küssen … Mein Blick fällt dann jedoch wieder auf Ty und meine Visionen von ihr und mir lösen sich in Wohlgefallen auf. Für einen Moment glaube ich, Avanna will davonstürmen, aber dann sinkt sie neben ihrem Bruder auf die Knie und streicht ihm sanft die Locken aus der verschwitzten Stirn. „Ich habe mir solche Sorgen um ihn gemacht!“

Das Licht im Raum ist schummrig, aber ich sehe, dass Avanna blass geworden ist. „Er kommt wieder auf die Beine“, sage ich und merke, dass ich damit auch ihr das Versprechen geben will, zu helfen. Was haben die Archers nur für eine seltsame Wirkung auf mich?

„Sein bester Freund ist gestorben“, sagt sie mit erstickter Stimme und krallt sich an Tys Hemd fest.

Am liebsten würde ich ihr noch einmal meine Hand reichen, um ihr Halt zu geben, weil ihr der Schmerz so deutlich ins Gesicht geschrieben steht, aber dafür kenne ich sie zu wenig. „Ich weiß, ich habe von Simons Sturz gehört.“

Sie blickt mich überrascht an. „Ja …“ Sie sucht nach Worten. „Es war furchtbar und Ty … Er hat alles mitansehen müssen. Am Freitag ist Simons Beerdigung. Wenn er die verpassen würde …“

„Ty kann meine Ranch erst einmal nicht verlassen.“

Avanna blinzelt, dann springt sie auf. Mit zwei langen Schritten ist sie bei mir, und obwohl sie einen Kopf kleiner ist als ich, wirkt sie meiner ebenbürtig. Der Sturm in ihr ist zurück und will sich offensichtlich mit meiner Standhaftigkeit anlegen. „Ich werde Ty mitnehmen, komme, was wolle.“

Ich weiche nicht zurück, sodass wir viel näher beieinanderstehen, als es für ein Gespräch zwischen zwei praktisch Fremden normal ist. „Es gibt noch eine Alternative.“ Sie richtet sich zu ihrer vollen Größe auf und sagt: „Ich arbeite für dich, um Ty auszulösen.“

Eine leise Stimme in mir sagt Ja. Ja, damit ich ein bisschen mehr von Avanna Archer in meinem Leben haben kann. Außerdem hat sie den nötigen Hintergrund, um sich in Bezug auf Rancharbeit einschätzen zu können, und ihr Körper strotzt nur so vor Vitalität. Vielleicht ist sie wirklich dazu in der Lage, die Schulden ihres Bruders zu begleichen.

Avanna wartet meine Antwort nicht ab und fügt schnell hinzu: „Setz mich heute für die schwerste Arbeit auf der Ranch ein. Wenn ich sie hinbekomme – was ich werde –, dann haben wir einen Deal.“

Ich bin gespannt, was sie zur schwersten Arbeit sagen wird, die mir gerade einfällt. Aber sie will diese Herausforderung ja ganz offensichtlich. „Die schwerste Arbeit? Ein paar Männer bergen den toten Bullen aus der Schlucht. Traust du dir das zu, Avanna?“

Natürlich traut sie sich das zu. Jetzt ist sie gerade in den Paddock mit den Pferden geklettert und sucht sich ein passendes Tier für die Schlucht-Mission aus. Das war ihr Wunsch und ich habe ihn ihr gewährt. Avanna streift durch die Gruppe der Pferde, die friedlich am Heu knabbern. Kurz bleibt sie bei meinem Mustang Ikarus stehen. Aber nachdem sie ihn eine Zeit lang bewundert und gestreichelt hat, geht sie weiter. Mir läuft ein Schauer über den Rücken, den ich nicht ganz einordnen kann. Eines ist jedoch sicher: Ich mag es, wenn Avanna berührt, was mir gehört.

Dann kommt Unruhe in die Pferde, denn der Eindringling nähert sich der Leitstute, die den klangvollen Namen Jack Daniel’s Wife trägt. Die Rappstute steht etwas abseits und hebt nun den Kopf, um den Menschen beobachten zu können, der sich von der Seite anschleicht. Das Alphatier schnaubt laut und Avanna lacht. Ich sehe Freude in ihrem Blick aufblitzen. Sie ordnet das Lasso in ihren Händen.

Dann geht alles sehr schnell, denn die stürmische Archer hat sich ganz offensichtlich entschieden, welches meiner Pferde heute ihres sein soll. Sie wirft das Lasso, trifft Jacks Kopf und zieht das Pferd ruckartig zu sich, als es davonlaufen will. Vorsichtig geht sie zu dem Tier, klopft Jacks Hals und nickt dann Matt zu, der ihr das Gatter öffnet. Als das schwarze Pferd vertrauensvoll neben ihr herläuft, sehe ich, dass sie schon eine Einheit geworden sind. Gute Voraussetzungen, denn der Pfad durch die Schlucht ist heikel. Ich bin gespannt, wie Avanna sich dort schlagen wird.

Bullheart: Wenn die Arena dich ruft

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