Читать книгу Bali kaputt - Lara Stern - Страница 5

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Das Mädchen lag seit Stunden in der Brandung, die seit dem Einsetzen der Flut den menschenleeren Strand mehr und mehr überspülte. Eine junge Balinesin, schlank, kaum mittelgroß. Auffallend schön. Ihr Haar, beinahe hüftlang und nachtschwarz, bewegte sich im Spiel der Wellen wie nasse Schlingpflanzen hin und her. An ihrem linken Armgelenk trug sie einen schweren Silberreifen mit zwei ziselierten Feuersalamandern. Auf Flores, einer der Nachbarinseln, gehörten solche Schmuckstücke zu jeder Aussteuer. Um ihre kindlich schmale rechte Fessel wand sich ein geschlungenes Silbergeflecht, das die Einstiche nur notdürftig verdeckte.

Ihr linkes Auge war zugeschwollen, ihre Wange von Schlägen gezeichnet. Der Arm war aus der Kugel gedreht. Spuren von Hieben und Quetschungen am ganzen Körper. Frische Brandmale auf ihren kleinen Brüsten.

Sie war nackt, bis auf den ausgebleichten Sarong, der um ihre Hüften geknotet war. Es war ein Doppel-Ikat aus dem Dorf Tenganan, eines der wertvollen Schutztücher mit dunkelblauen Kreuzsternen und aus Swastikas gebildeten Mäandern auf hellem Grund, die man vorzugsweise jungen Mädchen für die Aussteuer mitgab. Überall auf Bali schrieb man diesen Stoffen die nach uralten Vorlagen gewebt wurden, magische Eigenschaften zu, die ihre Träger vor Krankheit, Verfall und Befleckung schützten.

Vor bösen irdischen Feinden hatte es das Mädchen nicht bewahren können.

Man hatte sie vor kurzem hart rangenommen. Ihr Körper war noch immer angespannt, ihr Mund zum Schrei verzerrt. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt, die Nägel tief ins weiche Fleisch der Ballen gegraben. Sie hatte sich lange gewehrt, um sich geschlagen, gekratzt, getreten und geschrien, bis ihr die Stimme versagt hatte.

Jetzt aber spürte sie keine Schmerzen mehr und keine Angst.

Das Mädchen war tot.

Bali kaputt

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