Читать книгу Rinderfurt - Larry Lash - Страница 6
1.
ОглавлениеMeada Thorne nahm seine mit Silbersporen versehenen Stiefel von der Wand des Pferdecorrals, stampfte den Boden und grinste Rone Daaword an.
„Ich sage dir, Rone, seitdem der Alte Lud Forbe zum Vormann gemacht hat, schaut Vince Delivan besonders aufmerksam zu unserer Ranch herüber.“
Er kratzte sich bei diesen Worten an seiner Schläfe, schob den grauen Stetson weit in den Nacken hinein, seine Augen richteten sich auf Rone Daaword, der an einem Grashalm kauend auf der obersten Stange saß und jugendfrisch mit den langen Beinen hin und her schlenkerte. By Gosh, yeah, Rone war kaum neunzehn Jahre alt, sah noch alles in einem rosigen Licht, lächelte immerzu. Er verrichtete alle Arbeit ohne zu murren, war immer guter Laune. Für sein Alter besaß er unwahrscheinlich breite Schultern, einen Stiernacken und einen wie aus Basalt gemeißelten Kopf. Rote Haare quollen unter seinem Stetson hervor, flatterten im Wind. Seine grünen Augen funkelten, ein verstecktes Lächeln saß darin, ein Lächeln, das man sich nicht so ohne Weiteres erklären konnte.
Sie schauten über die Koppel hinweg in die Ferne, dorthin, wo sich die steinernen Giganten der Rykybelt Mountains im Dunst in den Himmel reckten.
Allmächtiger, yeah, in seinen Augen war die Sehnsucht nach der Ferne stets lebendig, doch im Frühjahr und Herbst, wenn die Wildgänse und die Büffel zogen, wurden sie so dunkel wie die Nacht, so, als verdüsterten sie sich, weil er nicht mit ihnen ziehen konnte, sondern seine ungestillte Sehnsucht stets mit sich herum tragen musste.
„Sonny, du träumst mal wieder“, fauchte Meada grimmig, „yeah, du träumst bei Tag und Nacht!“
„Ah, ich habe genau gehört, was du sagtest. Du siehst es gerne, dass der Boss einen Vormann gewählt hat, dessen Anblick allein schon Vince Delivan Sorgen macht, nicht wahr?“
„Zum Teufel, yeah, früher haben wir uns Sorgen machen müssen“, explodierte der Alte, wobei er seinen Stetson vom Kopf riss und heftig gegen die Schenkel klatschte, so dass der Staub herausquoll. „Es wurde verdammt Zeit, dass der Boss seinen Rücken stärkte.“
„Es könnte einen Weidekrieg geben“, fiel ihm Rone ins Wort.
„Da magst du recht haben, vielleicht läuft es tatsächlich darauf hinaus“, fauchte der Alte mit blitzenden Augen.
„Dann vergiss nicht, dass unser Vormann bis heute noch keinen Gurt umgelegt hat.“
„O Gott, Sonny …“
„Unterbrich mich nicht. Lud Forbe ist ein Panther, das stimmt, aber wer weiß, ob er überhaupt ein Eisen abdrücken und eine Kugel an den richtigen Fleck bugsieren kann. Wir wissen nicht, woher er kam, was er vorher war. Wir wissen nichts von ihm, außer, dass er die Geschmeidigkeit eines Pumas, die Kraft eines Bären und die Gewandtheit einer Schlange besitzt.“
„Und dass er verteufelt gut schweigen kann“, unterbrach ihn der Alte. „Und letztere Eigenschaft genügt mir, mein Junge. Der Boss hat ein verteufelt gutes Auge für besondere Männer!“
„Yeah, aber ich erinnere dich daran, dass Lud Forbe ganz und gar nicht damit einverstanden war, zum Vormann gemacht zu werden. Er schlug dich vor.“
„Well, und die Mannschaft dich“, rasselte der Oldtimer.
Er atmete tief ein, legte sanft die Rechte auf Rones Schulter, fragte: „Du liebst Lud Forbe nicht gerade, wie?“
„Ich habe nichts derartiges gesagt.“
„Oh, das brauchst du auch nicht, Sonny. Zwei harte Männer in einer Crew.“
„By Gosh, sie brauchen sich noch lange nicht feindlich gegenüberzustehen!“
Der Alte hob überraschend den Kopf, so dass sein faltiges, braunes Gesicht dem Jungen offen zugewandt war. Seine hellen Augen forschten, glitten über das unbewegte Antlitz des Jüngeren.
„Du bist das schnellste Eisen, das ich jemals sah, und das soll immerhin schon was heißen“, krächzte er. „Vielleicht trägt Lud deshalb keine Waffe.“
„Ah, er kam schon ohne Eisen hierher“, hetzte Rone durch die Zähne. „Du brauchst mir aber nicht zu schmeicheln. Ich habe mich oft gefragt, warum er wohl keine Waffen tragen mag, doch ich habe noch keine Antwort gefunden. By Gosh, ohne Waffe ist ein Mann in diesem Lande nackt. Und ohne Grund tut er es bestimmt nicht, und Angst ist es nicht. Ah, der Himmel mag wissen, was er für Gründe hat!“
„Well, Sonny, wir wollen uns unser Hirn nicht darüber zerbrechen. Er wird schon wissen, was er tut. Doch du solltest es beherzigen, dass er jetzt Vormann ist!“
„Nun, das tu ich doch.“
„Und?“
„Ich finde, es ist alles in Ordnung.“
„Sonny, du besitzt einen klaren Verstand“, rasselte der Alte erfreut. „Ich sagte bereits, in einer Crew wie der unsrigen, darf es keine Feinde geben. Die Punkt-Kreuz hat genug mitgemacht, und sollte es für mich unerträglich werden, so …“
Er schluckte schwer und starrte in die Weite.
„Ich verstehe. Die Welt ist groß. Aber denke auch daran, dass gerade die Punkt-Kreuz in diesem Moment keinen Reiter entbehren kann, Sonny!“
„Yeah, Ich schätze, es wird auch keine Änderung eintreten“, klang es dunkel. Mit einem einzigen Schwung sprang Rone vom Zaun, lächelte den Oldtimer an und verschwand dann eilig zwischen den Schuppen der Ranch.
Der Alte zog die Stirne kraus, murmelte vor sich hin: „Ein guter Boy, nur ein wenig explosiv. Yeah, eine wandelnde Dynamitladung. Man muss auf ihn Acht geben. Der Herbst ist ins Land gezogen, und seine Augen sind wieder dunkel geworden, es hat ihn wieder einmal gepackt.“
Yeah, Meada Thorne kannte das Gefühl. Auch er war einmal jung und voller Fernweh gewesen, damals fand er nirgendwo Ruhe, befand sich stets auf dem Trail, wollte alles ergründen, was hinter dem nächsten Hügel, den hohen Bergen lag. Wurde von einer inneren Hast und Neugierde getrieben, die Unruhe seines Blutes trieb ihn.
„Doch einmal muss ein Mann zur Ruhe kommen“, flüsterte er leise. „Und wahrhaftig, es dünkt mich, hier den richtigen Platz gefunden zu haben. Doch im Moment ist es hier heißer als sonst irgendwo unter der Sonne.“