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Ein Blick zurück

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Die vielen verschiedenen Bilder und oberflächlich dargebotenen Details in diesem Kapitel erstrecken sich über einen ganzen Kontinent, auf dem Schmerzen und Furcht herrschten. Die Menschen litten unter den Kriegen ebenso wie unter den immer größeren, hungrigeren Armeen. Im Kern der Ereignisse lagen die Zahlungen für den Krieg, die Belagerungen und die endlosen Märsche riesiger Armeen mit ihren langen Reihen von Pferden, Lasttieren, Karren, Fuhrwerken, Artilleriezügen, Gefolge und umherziehenden Banden von Reitern auf der Suche nach Futter für ihre Tiere.

Dies war das Monster, das dafür sorgte, dass die Steuern unaufhörlich stiegen, das die Möglichkeiten von Fürsten und Oligarchien auf den Prüfstand stellte und die Produktionsabläufe von Landwirten ebenso wie die von städtischen Handwerkern geradezu zerstörte. Dagegen blühte in den öffentlichen Finanzen die Korruption und suchte sich immer neue Wege.

Doch Preise, Ernteerträge und die wirtschaftliche Entwicklung kann man genau berechnen und in Diagramme eintragen – mit dem Leid der Menschen ist das nicht möglich. Man kann ihm kein Thermometer in den Mund stecken, nicht seinen Herzschlag abhören, und es gibt keine Zahlen, die man irgendwo verzeichnen könnte, außer der Zahl der Toten, wobei selbst diese oft nur geschätzt werden können. Und die vielen Menschen, die im frühneuzeitlichen Europa in Kriegszeiten zum Krüppel gemacht wurden, hat nie jemand gezählt.

Abgesehen davon, dass sie uns Beschreibungen liefern, die manchen Romanschriftsteller übertreffen, wissen viele Frühneuzeithistoriker kaum, wie sie mit dem Leid der Menschen im Angesicht des Kriegs umgehen sollen. Ihre Darstellungen bieten kaum mehr als abstrakten und prosaische Wendungen; so begegnet einem das „unsägliche Leid“ in Städten, die „auf schrecklichste Weise geplündert“ wurden. Die Historiker bevorzugen die technischen Einzelheiten von Kampfgeschehen, Waffen, Logistik, Preisen, und Märkten sowie die genaue Analyse von Allianzen, Verträgen, Persönlichkeiten und Außenpolitik. Doch ein Krieg ist mehr als nur die Abfolge bestimmter Strategien kluger Staatsmänner oder ein Ereignis in der Wirtschaft und in der internationalen Politik (Stichwort „bewaffneter Konflikt“). Seine Auswirkungen durchdringen die Moral und die Psyche einer Gesellschaft; sie prägen, wie wir menschliches Handeln wahrnehmen, vergleichen und beurteilen. Wenn ein Historiker einen Krieg untersucht, dann sollte er sich so positionierten, dass auch die Frage von Recht oder Unrecht in sein Blickfeld rückt.

Blutiges Zeitalter

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