Читать книгу Ein Häufchen Glück - Lenja Uhrich - Страница 4

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ulia hatte Glück. Auf dem Tisch lagen warme, leckere, kleine Hefezöpfe. Genau das, was sie brauchte. Mit einer Hand kramte sie im Kühlschrank nach der Butter und mit der anderen nahm sie sich ein Stück vom Backblech. Dann setzte sie sich an den Küchentisch, verzichtete auf Teller und Messer, tauchte den Hefezopf direkt in die Butter, und biss ein großes Stück ab. Das Stück wurde in hohem Bogen wieder ausgespuckt.

„Moooooom??!! Moooom??!“ Oben wurde der Staubsauger ausgemacht. Julia besaß ein derart lautes und durchdringendes Organ, dass kein Sauger der Welt es mit ihr aufnehmen konnte. Die Mutter kam angerannt.

„Ist was passiert? Was ist los?“ Ihr Kopf war rot und verschwitzt.

„Mom, was ist denn das für ein Mist?!“ Julia zeigte auf den angebissenen Hefezopf, den sie angewidert auf den Tisch geworfen hatte.

„Julia, drück dich anständig aus. Das ist Salzteig. Nach dem Auskühlen werden sie noch bemalt. Ist für den Trödelmarkt nächste Woche. Die kann man nicht essen.“

„Das habe ich gemerkt! Haben wir irgendetwas im Haus, was genießbar und nicht giftig ist?“

„Ja, haben wir. Brot, Marmelade und Wurst. Dafür müsstest du allerdings aufstehen, die Schränke aufmachen und die Brote selber schmieren. Falls es dich nicht umbringt.“

„Das wäre dir ja schon beinahe gelungen. Mit diesen Drecksdingern.“

„Julia! Pass auf, was du sagst! Also, du weißt, wo alles steht. Und wenn du fertig bist, räum bitte alles weg. Und nimm bitte einen Teller!“ Zwei Minuten später wurde der Staubsauger wieder angeschmissen.

Julia versuchte, den salzigen Geschmack mit einem Honigbrot herunterzuwürgen. Klappte nicht. Es folgten ein Leberwurst- und Nutellabrot und drei Tassen Kaffee. Dann war das Salzige zwar beseitigt, aber allein bei der Erinnerung an diesen ersten Bissen musste sie immer noch würgen. Sie hinterließ den Tisch mitsamt dem Chaos und Gekrümel und ging in ihr sauber geputztes, gesaugtes Kinderzimmer.

Salzgebäck. Das hatte wirklich noch gefehlt. Und das war nicht nur so dahingedacht. Julia überlegte lange, welchen VHS-Kurs ihre Mutter in den letzten fünf Jahren noch nicht ausprobiert und besucht hatte. Tatsächlich, Salzgebäck war neu.

Von den hundert unterschiedlichen und manchmal auch skurillen Hobbies waren Töpfern, Nordic Walking, Trockensträuße binden, Mandarin lernen, Fotografieren, Wahrsagen oder Kochen wie die Römer noch die harmlosesten.

Nach einer Pilzwanderung hätte sie die anderen Kurteilnehmer beinahe vergiftet, das Yogaexperiment endete mit einem Archillessehnenriss und beim Seife sieden hätte sie um ein Haar das Haus in die Luft gesprengt. Ja, da war Salzgebäck backen und bemalen noch ganz akzeptabel.

Ein Häufchen Glück

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