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Vorwort
ОглавлениеManfred Ebner
Zum ersten Mal hörte ich von Ing. Norbert Wackernell in den 1960er-Jahren im Rahmen der Diskussion über die Brennerautobahn. In Meran löste der Vorschlag, die Autobahntrasse über das Stadtgebiet zu führen, viele kontroverse Diskussionen aus. Der Gemeinderat war damals geschlossen für diese Lösung, zu der es aus Meraner Sicht aber glücklicherweise nicht gekommen ist. Nach meinem Ingenieursstudium in Graz arbeitete ich sieben Jahre als Mitarbeiter bei Wackernells Konkurrenten Ing. Georg Plattner an Projekten in Südtirol. Man hörte damals von vielen Studenten der Bozner Geometerschule, wie unerbittlich streng Wackernell dort als Lehrer war.
Mich haben immer wieder Wackernells oft utopische Studien beeindruckt, die in der Presse vorgestellt wurden, wie zum Beispiel die Planung des Flughafens am Salten. Wackernell hat in besonderer Weise gezeigt, dass der Ingenieur nicht ein alles berechnender Techniker ist, sondern dass die Kreativität das Wesentliche an der Ingenieurskunst ist. Er ließ sich nicht von den Worten „das ist zu teuer“ oder „das ist ein verrückter Vorschlag“ abschrecken und ließ seiner Kreativität stets freien Lauf. Wackernell war bekannt dafür, innovativen, mitunter aber auch weltfremden Ideen nachzuhängen. Er vertrat schon früh Lösungen, die sehr aufwendig und teuer waren, wie etwa Umfahrungsstraßen in Tunnel zu versetzen. Er strebte stets die optimale Lösung für die Umgebung an. Allerdings entwickelte sich der Zeitgeist in Wackernells Sinne und er kam beispielsweise mit seinem Umfahrungsprojekt für Naturns-Staben – für Kenner der Szene eigentlich überraschend – zum Zug.
Trends setzte Wackernell auch in der Öffentlichkeitsarbeit: Nachdem er einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hatte, setzte er die Medien gezielt ein, um seine Ideen weiterzubringen. Er spielte diesen seine Studien zu, um zu vermeiden, sich in kleinlicher Überzeugungsarbeit gegenüber den zuständigen Beamten aufzureiben.
Ich lernte Wackernell 1989 kennen, als er, Ing. Aribo Gretzer und ich von der Südtiroler Landesverwaltung den Auftrag zur Planung der Nordwestumfahrung von Meran erhielten. Er war es, der den Mut hatte, eine vollständig unterirdische Unterquerung der Stadt vorzuschlagen. Es war eine sehr harmonische Zusammenarbeit. Die Planungszeit war begleitet von massiven Protesten von Gegnern dieser Umfahrung. Diese erhielten viel Zulauf, auch begünstigt von einer gezielten Falschmeldung in einer Zeitung, dass eine Ausfahrt mitten in der Stadt vorgesehen sei. Nach Genehmigung des Vorprojektes zog er sich zu seinem 80. Geburtstag von der Planung zurück. Immer wieder war aber von neuen Ideen in der Presse zu lesen. Er tüftelte ständig an Verbesserungen herum, gab sich nie mit etwas zufrieden. Nach Ausarbeitung und Genehmigung unseres gemeinsamen Vorprojektes (Ebner-Gretzer-Wackernell – Anm. d. Verf.) zur Meraner Nordwestumfahrung überraschte er uns zum Beispiel mit seiner „Passerdammvariante“, die Ing. Gretzer und ich beim gegebenen Stand der Dinge natürlich ablehnten.
Von Wackernell erfuhr ich in persönlichen Gesprächen, dass er in Sichtweite von meinem Geburtshaus auf der anderen Passerseite aufgewachsen war, mit meinem 22 Jahre älteren Bruder Sport getrieben und mit ihm die gleichen Schulen besucht hatte. Zusammen mit den beiden anderen Planern der Nordwestumfahrung blieben wir auch, nachdem er nicht mehr Mitglied der Planungsgruppe war, in Kontakt und waren unter anderem mit ihm und seiner Frau in Wolkenstein zum Skifahren eingeladen. Ein besonderes Erlebnis war die Vorstellung seines Buches auf der Zenoburg 2019, zu der er Ing. Aribo Gretzer und mich eingeladen hatte. Hier konnten wir erleben, wie kreativ er trotz fortgeschrittenen Alters geblieben war.
Das letzte Mal gesehen habe ich ihn 2020 beim Baubeginn des zweiten Bauloses der Nordwestumfahrung mit dem Küchelbergtunnel. Ich hatte ihn vorher angerufen und gebeten, unbedingt dabei zu sein. Obwohl er bereits sehr gebrechlich war, ist er gekommen und hat eine ganze Mappe von Zeitungsausschnitten über dieses Projekt mitgebracht und mir gezeigt.