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Leonard Langheinrich-Anthos

Der Student von Prag

Novelle nach dem Film von Hanns Heinz Ewers

Als der Abend fiel, als die ersten Schatten der Dämmerung hervorkrochen, bin ich noch einmal hinausgepilgert zu den tausendjährigen Bäumen des alten Friedhofs, der auf dem leicht ansteigenden Hügel hingelagert ist, bin emporgestiegen zu jener höchsten Stätte, wo die alten Gräber mit verwitterten Inschriften liegen.

Geheimnisvoll, fast schmerzhaft lockt und reizt es, sie zu entziffern. Uralter Runen heimliches Raunen umweht den Sinn – Ewigkeitshauch.

An einem der Grabsteine, hinter dem zwei im Abendwind flüsternde Trauerweiden die Totenwacht halten, buchstabierte ich die vom Regen verwaschene Schrift:

HIER RUHT

BALDUIN,

DER

STUDENT,

DER BESTE FECHTER

VON

PRAG

* A. D. 1798

† A. D. 1820

Mit dem Bösen hat er gespielt,

Hat verloren sein Spiel.

„Bete für sein Seelenheil, Wanderer!“

* * *

Prag!

Stadt der Geheimnisse und verirrten Sehnsüchte, die aus dunkelsten Tiefen der Seele aufstöhnen, labyrinthisch dehnst du dich unter mir – zum Greifen nahe! Prag mit dem Hungerturm und der Alchimistengasse, mit der edelsteingleißenden Wenzelkapelle und dem mächtigen gotischen Veitsdom! Dunstschleier rieseln vom Hradschin hernieder auf deine gewundenen, fremdartigen Bauten mit Skulpturen wie aus schwarzem, getrocknetem Blut, deren Eindruck bis in die Herzkammern tastet, wallen die endlosen Treppen hinunter, lagern sich auf holprigen Pflastersteinen. Mein Blick schweift über die stillen, krummen Gassen der Kleinseite, über seltsam entartetes Gemäuer, über die steinerne Karlsbrücke mit dem Steinbild des heiligen Johann von Pomuk. Über die uralten Haustore in ihrer verbissenen Ruhe und pomphaft majestätischen Würde ragen die hohen Torbogen der barocken verwitterten Paläste.

* * *

Der Abendwind hat Regen gebracht. Es tropft von den dunklen Lebensbäumen. Zertretene Rosenblätter leuchten im nassen Erdreich, Fledermäuse flattern um die nahe Kapelle. Dunkelheit ist um mich und das leise eintönige Rieseln des Regens, den manchmal der Wind gegen den zeitzernagten Grabstein peitscht.

Wer warst du, Balduin, Student?

Balduin! Wilder, toller Vagant, mitgerissen vom brausenden Strudel des Lebens, bankrotter Spieler, hochmütiger Narr! Stumm ist längst dein junger liederreicher Mund, der so manche Lippe küsste. Du warst kein guter braver Durchschnittsbürger, so wenig wie du ein rechter Schelm warst! Übermächtiger Lebensdrang, nicht Gier nach Gold, ließ dich den Bund schließen mit den Mächten der Finsternis.

Wozu Natur und ein gütiger Gott dir den Geist gegeben – du setztest dich darüber hinweg, vermessen genug. Nach ewigen Gesetzen entwickelt sich im Erdenmenschen der Gedanke, damit er fromm und zielbewusst des Tages Pflichten erfülle in der Enge seines kleinen Lebenskreises. Du hast den Kreis durchbrochen, hast Gott versucht. Du trachtetest, den Schleier zu lüften, der das Leben von den ewigen Geheimnissen trennt, suchtest hinauszustürmen in den uferlosen Raum, den für uns die Natur mit Finsternis und Grauen erfüllt hat. Da verfluchte dich die Ewigkeit, da ward deine Erkenntnis geblendet: in der Tiefe, die zu erschauen uns nicht gegeben ist, zerschellte dein armer trotziger Geist.

Balduin, bester Fechter von Prag, Student –

* * *

Der Student von Prag

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