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KAPITEL 3: Die Herrscher
ОглавлениеNun schritten sie die Treppe hinab und bestaunten die ganze Umgebung. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Obwohl die Welt aus unzähligen Räumen bestand, wirkten diese wesentlich größer, als sie waren. Immer wieder bekamen sie zahllose Pflanzen aller Arten zu sehen. Auch viele Menschen und Pflanzenwesen hielten sich in allen Räumen auf.
"Woher kommt eigentlich das ganze Licht?" fragte Benny.
"Es ist nichts weiter als eine algenartige Formation, die ihre eigene Leuchtkraft besitzt." erklärte Kolak. "Es entwickelt keine Wärme und die Leuchtkraft ist unendlich."
"Wie kommt es eigentlich, dass ihr unsere Sprache versteht?" wollte der Promoter wissen.
"Es kamen früher immer mehr von den Menschen zu uns." sagte Kolak. "Viele blieben für immer hier und lehrten uns Ihre Sprache."
Nach einem Fußmarsch von einer halben Stunde hatten sie die Festung der Herrscher erreicht. Es befand sich offenbar im Mittelpunkt der ganzen unterirdischen Welt. Eigentlich wäre es besser gewesen, ein Shuttle zu benutzen, doch Benny und Niki wollten noch viel von der Welt sehen.
Eine große goldbeschlagene Tür öffnete sich, indem sie zur Seite hin links aufging. Die Besucher traten ein und schon standen sie vor einem großen Podest. Ein riesiges thronähnliches Gebilde stand in der Mitte, auf dem zwei eindrucksvolle Gestalten saßen. Mann und Frau, gekleidet wie ein Königspaar um die vorletzte Jahrtausendwende. Allerdings fehlten die Kronen. Der Mann stand auf und näherte sich Benny und seinem Sohn.
„Willkommen.“ sagte er mit ruhiger Stimme. „Man hat uns bereits informiert. Ich bin Mikel, Herr dieser Welt.“ Er deutete auf die Frau neben ihm.
„Meine Gemahlin Jelina.“
„Ich heiße Benny.“ stellte sich der Unternehmer vor und nahm sein Kind in die Arme.
„Mein Sohn Dominik.“ ergänzte er.
„Der Hohe Rat wird in einer Stunde speisen.“ sagte Kolak. „Vielleicht wollt ihr dabei sein. Es wird auch über euch beraten.“
„Warum denn das?“ wollte Niki wissen.
„Ihr seid aus einer anderen Welt.“ erklärte Kolak. „Wie es jetzt mit euch weitergeht, soll noch entschieden werden. Bis dahin schaut euch noch ein bisschen um.“
„Ihr sollt an diesem Mahl teilnehmen.“ bestimmte Mikel. „Schließlich wollen wir euch den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich machen.“
Benny wurde hellhörig. Das konnte nur bedeuten, dass man sie hier gefangen nehmen wollte, aber er sagte nichts.
„Ich nehme an, das Heilige Kind möchte euch auch kennen lernen.“ meinte Kolak.
„Das Heilige Kind?“ fragte Benny verwundert.
„Es wird deshalb so genannt, weil es vor einem Jahr eine große Katastrophe verhindert hatte.“ erklärte Kolak. „Es ist ein Menschenkind namens Janina. Sie ist in unserer Welt sehr beliebt und hat viele Freunde. Es gibt wohl niemanden, dessen Herz sie nicht erobern könnte. Ich glaube fast, dass sie so ist, wie Ihr Sohn. Ich habe es doch an meinen Kindern gesehen.“
Benny lächelte.
„Seitdem wird sie von jedem Bewohner verehrt.“ fuhr Kolak fort. „Und der Hohe Rat hatte beschlossen, dass sie seitdem „Das Heilige Kind“ genannt wird.“
„Und wer ist das Heilige Kind?“ fragte Niki.
„Ich.“ ertönte eine Mädchenstimme hinter ihnen. Sofort drehten sich alle um. Benny und Niki starrten ein kleines, bildschönes Mädchen an, das etwa in Niki´s Alter sein mochte. Ihre Verwunderung war verständlich, denn abgesehen von den dunklen Haaren sah sie Mellie zum Verwechseln ähnlich, was Niki auch bestätigte.
„Mellie.“ entfuhr es ihm.
„Das ist nicht Mellie.“ belehrte ihn sein Vater.
Das Heilige Kind näherte sich Benny und seinem Sohn.
„Willkommen in unserer Welt.“ sagte die Kleine, wobei sie Niki beäugte. Dieser zeigte eine Reaktion, die selbst sein Vater nicht kannte. Er betrachtete das Heilige Kind und wagte nicht die geringste Bewegung.
Janina näherte sich den neuen Besuchern und sprach:
„Ich möchte euch unsere Welt zeigen. Darf ich?“
Benny ahnte, was bevorstand, doch Niki war anderer Meinung.
„Klar darfst du es.“ lachte der Junge.
Benny griff seinen Sohn am Ärmel und flüsterte ihm zu:
„Niki, sie wollen uns hier festhalten. Ich weiß noch nicht, wie, aber weshalb solltest du
sonst diese Welt anschauen dürfen.“
„Aber Papa...“ begann sein Sohn.
„Niki.“ fuhr Benny fort. „Was glaubst du eigentlich, warum ich diese Bedenken habe? Weshalb weiß kein Mensch oben von dieser Stadt? Aus welchem Grund sind wir hier?“
„Du hast Recht.“ ertönte die Stimme der kleinen Pflanze Karina. „Wir müssen unsere Welt schützen. Und das können wir nur, wenn die obere Welt nichts von uns erfährt. Aber es ist sinnlos, darüber zu sprechen. Wir werden jetzt essen und dann finden wir eine Lösung. Außerdem möchte ich, dass Niki bei uns bleibt.“ Dabei nahm sie dessen Hand in ihr Handblatt.
Auch Jolish näherte sich langsam.
„Ich will nicht, dass Niki geht.“ sagte er leise.
Benny stutzte. Dasselbe hatte er schon einmal gehört. Damals, als Niki und das Hitmon Rauruk Abschied nehmen mussten. Auch Niki schien mit der Wendung der Dinge einverstanden. Er nahm die kleinen Pflanzenkinder in seine Arme, wandte sich an seinen Vater und sprach:
„Ich möchte bei Jolish und Karina sein, Papa. Ich glaube nämlich, dass sie keine Freunde haben.“
„Wie kommst du denn darauf?“ fragte Benny.
„Ich habe die beiden und auch die anderen genau angeschaut.“ erklärte Niki. „Dabei habe ich gesehen, dass die anderen immer weggegangen sind, wenn sie aufgetaucht sind. Es sind doch ganz liebe Pflanzenkinder.“
„Davon soll ich überzeugt sein?“ grinste Benny, doch er wurde sofort wieder ernst. „Aber dennoch dürfen wir uns nicht von ihnen beeinflussen lassen. Auch wenn du hier Freunde gefunden hast, vielleicht hat man es nur versucht, uns damit festzunageln. Vielleicht wollen sie gar nicht deine Freunde sein. Hast du darüber nachgedacht?“
Niki senkte seinen Blick. Dann sagte er leise:
„Ich möchte bei ihnen sein.“
„Ich glaube, wir sollten erst einmal essen.“ sagte Kolak. „Danach können wir uns ja beraten, wie es weitergehen soll.“
Etwa eine Stunde später saßen alle an einem riesigen Tisch in O-Form, so dass man außen und innen sitzen konnte. Er mochte Platz für 40 Personen haben.
Was aufgetischt wurde, war zum Teil recht seltsam. Verschiedene Pflanzen und Fleischgerichte voller unbekannter Formen brachten sieben Pflanzendiener auf den Tisch. Während Benny neben Kolak saß, wurde Niki von den Pflanzenkindern Jolish und Karina umgarnt. Auch das heilige Kind saß neben ihm.
Obwohl Niki beim Essen sonst gute Benimmregeln besaß, hier ließ er sie fallen. Ehe es sich jemand versah, hatte er seinen Teller bereits mit verschiedenen Essenwaren vollgestopft. Mit einem riesigen Haps verschlang er etwas, das wie ein Fisch aussah. Jolish und Karina amüsierten sich, als sie das sahen. Auch das Heilige Kind schien dies mit guter Laune zu verfolgen.
Der Hohe Rat bestand aus 12 Mitgliedern. Es waren sechs Menschen und sechs Pflanzen als die höchsten Vertreter beider Völker. Unter ihnen war auch Kolak.
„Das weitere Schicksal der beiden Neuankömmlinge muss heute entschieden werden.“ begann Herrscher Mikel. „Wichtig ist für alle Seiten, dass unsere Welt geheim bleibt. Also müssen wir dafür sorgen, dass die Neuankömmlinge hier ein angenehmes Leben haben. Nur so können wir unsere Welt schützen.“
„Mit anderen Worten, Sie wollen uns hier bis an unser Lebensende gefangen halten.“ fiel ihm Benny ins Wort.
„Das klingt nicht sehr gut.“ widersprach Kolak. „Wenn der Herrscher es wünscht, werden wir euch noch einen letzten Blick auf euere Welt geben.“
„Also ein Abschied für immer!“ ergänzte der Unternehmen barsch. Er stand auf und fuhr fort:
„Ich kann eure Situation verstehen. Und ich bin auch nicht daran interessiert, eure Welt in Gefahr zu bringen. Trotzdem habt ihr kein Recht, über unsere Zukunft zu bestimmen. Ich bin selbständiger Unternehmer und für weiß Gott wie viele Kunden verantwortlich. Ich kann es mir nicht leisten, mein Unternehmen so mir nichts dir nichts abzusetzen.“
„Darf ich diese Entscheidung leichter machen?“ fragte plötzlich das Heilige Kind.
Alle Augen waren auf sie gerichtet.
„Wir nehmen ein Boot und die Beiden sollen die Welt oben sehen.“ fuhr sie fort. „Wenn ich darf.“
„Ich weiß zwar nicht, was du vorhast, Janina,“ sagte Kolak. „aber ich glaube, dass du das Richtige tust.“ Er wandte sich zu den anderen und fragte:
„Ist der Hohe Rat damit einverstanden?“
Er bekam Zustimmung von allen Seiten.
„Was hast Du mit uns vor, Heiliges Kind?“ erkundigte sich Niki.
„Nichts Schlimmes.“ kam die Antwort. „Sobald die Tafel aufgehoben ist, werden wir fahren.“
Benny schien keinen Appetit zu haben, dennoch trank er etwas aus dem Becher, das vielleicht ein Extrakt von Wasserpflanzen sein mochte. Auch alle anderen tranken.
„Hast du ihnen das Serum gegeben?“ flüsterte Mikel der großen Pflanze Kolak zu.
„Sicher.“ antwortete dieser. „Obwohl es mir nicht angenehm ist. Aber sie werden ihre Welt oben vergessen.“
Später war es soweit. Kolak besetzte das Boot, mit dem Benny und Niki aufgenommen worden waren. Die Piloten Fuchi und Terr waren auch wieder da. Später ging es ab nach oben, doch das Meer bewegte sich nicht.
„Was ist denn los?“ fragte Benny.
„Wir bewegen uns außerhalb der Zeit.“ erklärte Kolak. „So können wir es euch etwas einfacher machen.“
„Was einfacher machen?“ wollte Benny wissen.
„Ihr werdet es gleich sehen.“ sagte Kolak.
Gleich darauf waren sie oben an der Meeresoberfläche angekommen. Benny sah einige Boote, doch diese und auch die Menschen darin waren völlig unbeweglich. Benny nahm seinen Sohn in die Arme und sprach:
„Sieh `mal, Niki, das Mädchen in dem Boot da vorne sieht doch so aus, wie das Heilige Kind. Sie hat nur blonde Haare.“
Es war Mellie, die mit einem total verweinten Gesicht auf das Meer starrte. Neben ihr der Pilot Richie. Doch Benny und Niki schienen die beiden nicht wiederzuerkennen.
„Du hast recht, Papa.“ bestätigte der Junge. „Aber was machen die in Booten auf dem Meer?“
„Ihr Schiff ist gesunken.“ erklärte Kolak. „Doch sie werden von einem Passagierschiff aufgelesen. Da drüben ist es schon.“
Ein riesiger Kreuzer war am Horizont zu sehen. Ein Dampfschiff, das sich den Menschen in den Booten näherte.
„Dann werden sie doch bald in Sicherheit sein?“ fragte Niki.
„Aber sicher.“ beruhigte ihn Kolak. „Bald werden sie von diesem Schiff aufgenommen.“
„Beruhigend zu wissen.“ sprach Benny.
Kolak war zufrieden. Benny und Niki hatten dank des Serums, das er ihnen verpasst hatte, tatsächlich die Welt und auch Richie und Mellie vergessen.
Das Boot machte sich wieder auf den Rückweg. Alle stiegen aus. Kolak meldete sich sofort beim Herrscher.
„Es ist vollbracht.“ sagte er. „Ihre Erinnerung ist verschwunden.“
Benny näherte sich den beiden und fragte:
„Sind eigentlich noch andere Schiffe hier gesunken?“
„Ja.“ hörte er Janinas Stimme von hinten. „Sie sind alle in einer Bucht, die wir angelegt haben. Aber sie haben Ladung an Bord, die wir zum Teil nicht kennen.“
„Ich würde mir diese Schiffe gerne anschauen.“ sagte Benny und nahm seinen Sohn an die Hand.
„Kommt mit.“ forderte Karina die beiden auf.
Nur wenige Minuten später waren sie in der Bucht angelang. Dort lagen sieben Schiffe, die aus früheren Zeiten schon gesunken waren. Auch die „PRINCE VAILANT“ war darunter, doch Benny und Niki erkannten sie nicht mehr.
Ein riesiger Frachter mit wasserdicht-verpackter Ware lag vorne.
„Mann, das Schiff kenne ich.“ rief Benny. „Das ist die „CARL SEGEBERG“. Einer der weltgrößten Frachter aus Schweden. Sie ist vor vier Monaten spurlos verschwunden und hatte damals Anweisung, Audio- und Videogeräte sowie Ton- und Datenträger in großer Menge von Europa nach Übersee zu transportieren. Wirklich ein tolles Schiff, das im vergangenen Jahr den großen Sturm bei Europa überstand. Sie galt als fast unsinkbar.“
„Das hat man von der „TITANIC“ auch behauptet.“ lachte Niki. „Und trotzdem ist sie untergegangen.“
„Vermutlich ist die „CARL SEGEBERG“, wie auch all die anderen Schiffe, in diesen Strudel geraten, der diese Welt mit Sauerstoff versorgt.“ glaubte Benny. „Der ist sehr kräftig. Schauen wir uns an, was darin ist.“
Benny näherte sich dem Schiff und Niki folgte ihm. Die Pflanzenkinder Jolish und Karina begleiteten sie. Das Mädchen kuschelte sich an Niki und wollte sich nicht abwenden.
Benny öffnete eine große Kiste. Als er den Inhalt erblickte, rief er:
„Mann, das sind ja CD-Musikboxen. Und alle noch bestens erhalten. Was für ein Glück, dass die damals das Zeug wasserdicht verpackt haben. Komm, Niki, hilf mir. Wir müssen die Geräte aufstellen. Wer weiß, was darin ist.“
Aus einem kleinen Paket zog Niki ein kleines Gerät heraus, das wie ein großer Radio-Walkman aussah.
„Was ist denn das, Papa?“ fragte er.
Benny sah sich das Gerät an.
„Ich werd´ verrückt, die Archos Jukebox.“ stieß er hervor, während er das kleine Gerät schwenke und es von allen Seiten betrachtete. „`300 Stunden Musik in der Hosentasche´ hat man dieses Gerät genannt. Kann auch am Computer bearbeitet werden. Das war damals die kleinste MP3-Musikbox der Welt. Die sollten wir gleich ausprobieren.“
„Ich helfe euch.“ ertönte plötzlich eine weibliche Stimme. Der Ton dieser Stimme klang ruhig, melodisch und sanft. Eine menschliche Hand griff nach Benny. Dieser wandte sich sofort um.
Eine dunkelhaarige Frau von etwa Anfang dreißig schaute ihn an. Bennys Augen weiteten sich, denn er schien die Frau schon einmal gesehen zu haben.
Sie war wunderschön, hatte samtige Haut, dunkle Augen und sehr schön gewelltes Haar, das etwa die Farbe von Bennys Haar haben konnte.
Der Unternehmer starrte sie an. Wo hatte er sie schon einmal gesehen? Doch er konnte sich nicht erinnern. Die fremde Frau hielt seine Hand und wiederholte leise:
„Ich helfe euch.“
Wieder erklang der Ton, fast schmeichelnd, doch das konnte Benny´s erschreckten Zustand nicht mildern. Die unbekannte Frau brach mit einer Eisenstange die von Benny bereits geöffnete Kiste auf und hob die CD-Musikbox heraus. Dann schaute sie Benny an.
„Kennst du dich damit aus?“ fragte sie ihn.
„Gewiss.“ antwortete er, dann wandte er sich um.
„Niki!“ rief er. „Komm, da sind viele CD´s!“
Sofort war sein Sohn zur Stelle, und schaute die fremde Frau an.
„Du Papa.“ sagte er flüsternd. „Die kenn ich doch woher.“
„Mir kommt sie auch bekannt vor.“ bekannte Benny. „Aber ich weiß nicht, woher.“
Er wandte sich an die Frau und wollte gerade etwas sagen, doch sie kam ihm zuvor, indem sie ihn fragte:
„Wie heißt du?“
„Benny Fischer.“ stellte er sich vor, nahm sein Kind an die Hand und fuhr fort:
„Und das ist mein Sohn Dominik.“ Er schaute sie an und fragte:
„Wie heißt Du?“
„Sylvia.“ sagte sie mit ihrer schönen Stimme.
„Du, Papa!“ rief Niki, nachdem er sich von seinem Vater losgerissen hatte. „Da sind ja tolle CD´s.“ Er kramte unter den Tonträgern und krähte:
„Da, kuck `mal!“
Benny betrachtete sich die Musik-CD´s und strahlte über das ganze Gesicht.
„Mann, das sind ja Oldies von der feinsten Sorte.“
Unterdessen hatte Niki eine andere Kiste geöffnet. Schon schrie er:
„Mensch, Papa! So was hast du doch auch!“
Schon war Benny zur Stelle. Es handelte sich um den berühmtesten aller Phono-Player. Der legendäre 1210er der Firma Technics. Das Lieblingsstück eines jeden DJ´s.
„Wooww!“ platzte es aus Benny heraus. In seiner Jugendzeit war er auch DJ gewesen, als es diese Geräte längst gab. Inzwischen waren sie mehr als 30 Jahre alt, doch an ihrer Popularität hatten sie nichts eingebüßt.
„Gibt es noch ein paar Schallplatten in den Kisten?“ fragte er seinen Sohn.
„Da drin sind viele.“ kam es zurück. Schon kramte Niki einige der konventionellen Schallplatten heraus und brachte sie seinem Vater. Der nahm sie grinsend entgegen.
In einer anderen Kiste fand Niki einige Cd-Player und rief:
„Jetzt machen wir Disco!“
Benny lachte und suchte einige Cd´s aus.
„Aber zuerst brauchen wir eine Audio-Anlage und Boxen, damit das läuft.“ erklärte er. „Kabel sind schon dabei, wie ich sehe. Vermutlich sind die Geräte ganz neu.“
„Wir haben solche Geräte.“ sagte Sylvia leise.
„Aber klar!“ rief Karina. „Kommt mit.“
Karina und Jolish fassten Niki an der Hand. Benny folgte ihnen, auch Sylvia war dabei.
Wenig später waren alle in einem Raum angekommen, der wie ein Partyraum eingerichtet war. Allerdings nicht in Zimmergröße, sondern mit einer Fläche von etwa 5000 Quadratmetern. Viele Dekorationen, die offensichtlich handgemacht waren, schmückten den riesigen Raum. An einigen Stellen konnte man Schlitze erkennen, hinter denen vielleicht Sauerstoffzufuhr sein konnte. Es war auch möglich, dass sich dahinter Lautsprecherboxen verbargen. Benny schaute sich genau um.
„Hier sind die Geräte, die ihr vielleicht braucht.“ ertönte plötzlich eine Stimme. Es war Kolak, der durch einen Knopfdruck eine Wand öffnete. Ein felsenartiges Gebilde schob sich nach unten und gab den Blick zu verschiedenen technischen Geräte frei. Staunend gab sich Niki dem Anblick hin.
„Mann, Papa.“ sagte er. „Kennst du das alles?“
„Wie ich sehe, schon.“ antwortete Benny. „Das hier links ist eine Lichtwerferanlage. Hier unten sind drei Endstufen und das hier vorne ist ein DJ-Mischpult. Daraus muss sich doch etwas machen lassen. Sind diese Geräte angeschlossen?“
„Die meisten von ihnen.“ sagte Kolak. „Aber ich weiß nicht, ob alles richtig ist. Können Sie das?“
„Ich will es versuchen.“ grinste Benny und schaute sich die Geräte genauer an. Niki wandte sich an ihn.
„Was sind denn das für Dinger?“ fragte er und zeigte auf die vielen Geräte im Regal.
„„Das ist eine Audio-gesteuerte Lichtanlage.“ erklärte sein Vater. „Die Input-Leitung muss an die lineare Output-Leitung eines Mischpultes angeschlossen werden. Wenn dann die Musik läuft, reagiert auch das Licht danach.“
„Okay, Papa.“ lachte Niki. „Wir werden die Sachen anschließen. Ich weiß doch, wie´s geht. Schließlich bringst Du mir ja Selbständigkeit bei.“
„Und ich helfe euch.“ sagte Sylvia. „Ich kenne mich zwar nicht so gut aus, aber vielleicht lerne ich dabei.“
Benny schaute sich die Anlage genau an. Dann stellte er fest:
„Ton- und Lichtanlage sind bereits richtig angeschlossen. Es fehlen nur noch die Audio-Geräte. Dazu werden wir die beiden 1210er und zwei CD-Spieler anhängen. Auch diese Jukebox kommt dran, nicht zu vergessen. Dann kann´s losgehen.“
Sylvia half ihm, wobei Niki etwas auffiel.
„Wie mein Papa!“ sagte er leise. Doch was er meinte, sollte erst wesentlich später klar werden.
Nach kaum einer halben Stunde war es soweit. Benny schaltete die Geräte an und ließ schon einmal den ersten Song laufen. Für einen Oldie-Fan wie ihn war es wohl klar, dass er einen dieser Evergreens laufen ließ. Die Cover-Version von „Pretty Woman“, im Original von Roy Orbison, zog alles auf die Tanzfläche.
Niki jubelte vor Freude und auch seine Pflanzenfreunde tanzten mit ihm zusammen, selbst das Heilige Kind machte mit, während Sylvia bei Benny blieb und ihn bei der Musik assistierte.
„Willst du denn nicht mitmachen?“ fragte Benny sie. „Ich schaff das schon allein.“
Sylvia hob ihre Augen. „Nein ich...ich möchte lieber bei dir sein.“
Benny horchte auf. Zeigte diese Frau etwa Interesse an ihm? Das war er gar nicht gewöhnt, denn der schlaksige und eher melancholische Mann war sicher nicht der Typ, von dem Frauen schwärmten. Deshalb vermutete der aus Erfahrungen mißtrauische Unternehmer sofort eine Falle, denn viele Frauen hatte ihn schon zu bezirzen versucht, solange Maria noch gelebt hatte. Doch nach ihrem Tod hatte es schlagartig aufgehört.
Oder war Sylvia bereits auf solche umschwärmten Männer hereingefallen und hatte dennoch ihre Hoffnung nicht aufgegeben, einen Mann an ihrer Seite zu haben. Doch was konnte es sein? Benny wollte es herausfinden.
Doch das Seltsamste an ihr war die Tatsache, dass sie Benny an jemanden erinnerte, doch er konnte nicht sagen, an wen.
Die Feier lief im vollen Gange. Alle Kinder waren glücklich und auch die Erwachsenen machten mit. Als ehemaliger DJ wusste Benny genau, welchen Song er auflegen musste. Außerdem gab es noch brandneue CD-s, die von der „CARL SEGEBERG“ nach Übersee transportiert werden sollten. Allerdings war das Techno nicht sonderlich beliebt, so dass Benny bald wieder auf die guten alten Songs zurückgriff.
Etwa eine Stunde später kam Niki zu ihm. An seine Händen führte er die Pflanzenkinder Karina und Jolish. Benny wandte sich zu ihnen und fragte sie:
„Na, amüsiert ihr euch gut?“
„Klasse, Papa!“ strahlte sein Sohn. „Soll ich dich ablösen? Ich glaube, dass du auch zu den anderen gehen solltest.“
„Bleib auf dem Teppich, mein Junge.“ lachte Benny. „Für die Musik bin ich zuständig. Außerdem fehlt dir noch die Erfahrung.“
Etwa noch vier Stunden wurde durchgefeiert, bis Niki darauf bestand, die Disco zu übernehmen.
„Okay, du hast mich überredet.“ lachte Benny.