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Die Chinesische Kräuterheilkunde in der Praxis

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Die Behandlung mit Pflanzen (Phytotherapie) wird individuell und je nach Beschwerdebild genau auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt. Sie kann rein äußerlich erfolgen, mit Salben, Waschlotionen, Bädern und Umschlägen, oder innerlich in Form von Teezubereitungen, sogenannten Dekokten, und Einnahmepräparaten.

Chinas jahrtausendealter Kräutergarten

Die Rezeptur setzt sich meist aus mehreren Zutaten zusammen, deren Wirkungen sich ergänzen und unterstützen. Dazu verfügt die Traditionelle Chinesische Medizin über einen ungeheuren Schatz an Heilmitteln: Neben den Blättern des Teestrauchs finden dabei auch vielerlei andere Pflanzen und Pflanzenteile Verwendung, etwa Rinde, Ästchen, Stängel, Wurzeln, Samen, Schalen, Früchte oder Blüten. Diese machen rund 90 Prozent der Rezeptur aus. Ergänzend kommen tierische Produkte und Mineralien hinzu.

Die Zutaten finden die chinesischen Heiler praktisch vor ihrer Haustüre: Das Land ist berühmt für seine Biodiversität, seine unermessliche biologische Vielfalt und seinen reichen Pflanzenschatz. In der Volksrepublik China gibt es allein 3.000 Pflanzenarten, die medizinische Verwertung finden. Zu den wichtigsten medizinisch genutzten Pflanzen zählen u. a. der Ginseng des Changbai-Gebirges zwischen China und Nordkorea, der Bocksdorn aus Ningxia und der Notoginseng aus den Provinzen Yunnan und Guizhou.

Yunnan, das Arkadien wild wachsender Heilkräuter, Pilze und Teesträucher

Von den rund 32.000 Arten höherer Pflanzen, die in der Volksrepublik China vorkommen, finden sich allein 17.000 in der Provinz Yunnan.

Die meisten Kräuter, Pilze und sonstigen Pflanzen, die von der TCM zur Heilung herangezogen werden, haben ihren Ursprung im Hochland von Yunnan. Die im Südwesten Chinas gelegene Provinz zeichnet sich durch einen atemberaubenden Gegensatz von schneebedeckten Gipfeln mit Hochgebirgsvegetation bis hin zu Tälern mit tropischer Vegetation aus – fast alle Klimazonen sind vertreten. Fern der Ballungszentren und weitgehend unberührt hat das Hochland eine schier unerschöpfliche Pflanzenvielfalt hervorgebracht. Auch wenn viele der chinesischen Heilkräuter inzwischen im Ausland kultiviert werden, gibt es noch immer einige, die nur hier, in ihrer angestammten natürlichen Umgebung wachsen und gedeihen.

Aus Yunnan stammen auch einige der berühmtesten Teepflanzen, darunter der Pu-Erh-Tee. In China gilt er als eines der bevorzugten Gesundheitsgetränke, da er einen erhöhten Cholesterinspiegel senken sowie entgiftend und entschlackend wirken soll. Außerdem wird ihm eine vorbeugende Wirkung gegen Infektionen zugeschrieben. Sein Name stammt von der Präfektur Pu Erh im südlichen Yunnan. In jüngster Zeit findet der Tee auch in Europa immer mehr Anwendung und Verbreitung.

Der Pu-Erh-Tee ist zudem Bestandteil des mystischen Acht-Schätze-Tees, dessen Kräuter ursprünglich ebenfalls der Provinz Yunnan entstammten. Die Mischung setzt sich aus acht chinesischen Kräutern und Früchten zusammen und wirkt harmonisierend auf Körper und Seele, sie soll aber auch die Liebeskraft stärken.


Cayennepfeffer enthält den Scharfstoff Capsaicin, der durchblutungssteigernd und schmerzlindernd wirkt.

Charakteristika und Eigenschaften der Kräuter

Alle diese pflanzlichen und zum geringen Teil mineralischen und tierischen Zutaten werden von der Traditionellen Chinesischen Medizin nach verschiedenen Kriterien eingeteilt: thermischer Wirkung, Geschmacksrichtung und Leitbahnwirkung.

Thermische Wirkung

Jedem dieser Kräuter wird ein bestimmtes Temperaturverhalten zugeschrieben, bezogen auf die wahrgenommene Wirkung auf den Körper. Zu unterscheiden ist zwischen einer heißen (z. B. Cayennepfeffer), warmen (z. B. Ingwer), neutralen (z. B. Pilze), erfrischenden (z. B. Pfefferminze) und kalten Wirkung (z. B. Zitronenmelisse). Bei einer Erkältung etwa wirken wärmende oder heiße Arzneimittel wie der Ingwertee lindernd.

Geschmacksrichtung

Ähnlich wie in der Ernährung unterscheidet man auch bei den Heilkräutern zwischen den verschiedenen Geschmacksrichtungen süß, scharf, salzig, sauer, bitter. Jedes Heilkraut hat mindestens eine, wenn nicht zwei oder mehrere Geschmacksrichtungen. Diesen entsprechen auch bestimmte Wirkungen auf den Körper:


Die Wurzelknolle des Ingwer enthält zahlreiche wertvolle Wirkstoffe, die es zu einem vielseitigen Heilmittel machen.

Süß: harmonisiert, stärkt das Qi und verteilt es, befeuchtet

Scharf: fördert den Qi-Fluss und leitet nach oben und außen, zerstreut

Salzig: leitet in die Tiefe, leitet aus, aufweichend und abschwellend

Sauer: zusammenziehend, leitet nach innen, bewahrt die Säfte

Bitter: leitet nach unten, leitet aus und regt die Umwandlung der Nahrung an

Zum Beispiel hilft bei einer Erkältung ein aufsteigendes Fußbad mit Ingwertee.

Leitbahnwirkung

Jedem Heilkraut wird zudem eine bestimmte Wirkung auf ein oder mehrere Meridiane (Leitbahnen, auf denen das Qi fließt) oder Organe zugeschrieben. Man kann sie deshalb auch gezielt dafür einsetzen, die spezifische Wirkung anderer Kräuter dort hinzuleiten.

Grundregeln der Rezeptur

Nach der Diagnose stellt der Arzt – entsprechend den eben beschriebenen Eigenschaften der Kräuter und ihrer therapeutischen Wirkung – ein individuelles Rezept für den Ratsuchenden zusammen. Im Allgemeinen umfasst die Mischung 4–10 Bestandteile, die der Kranke meist in Form eines Dekokts, eines Absuds oder einer Abkochung über den Tag verteilt zu sich nimmt.

Der Arzt oder Heilpraktiker berücksichtigt dabei auch die Wechselwirkung der einzelnen Zutaten – wie gegenseitige Verstärkungen oder Unverträglichkeiten zwischen verschiedenen Arzneipflanzen. Chinesische Kräuterheiltees sollten aus diesem Grunde auch nie in Eigenregie kombiniert werden.

Jede Verordnung beruht auf einem hierarchischen Konzept, nach dem die Rezeptur zusammengestellt wird. Die vier Hauptkomponenten sind:

1. Kaiserpflanze: Sie behandelt die Hauptbeschwerde oder die Wurzel der Erkrankung.

2. Ministerialpflanze: Sie verstärkt die Wirkung der Kaiserpflanze oder bringt eine bestehende Unausgewogenheit ins rechte Lot; mehrere Ministerialpflanzen wirken gegen verschiedene Störungen.

3. Adjutantenpflanze: Sie greift besänftigend ein, um zu stark wirkenden Heilpflanzen die Schärfe zu nehmen.

4. Botenpflanze: Sie transportiert die anderen Heilpflanzen an die zu behandelnde Körperstelle und harmonisiert die verschiedenen Wirkstoffe.

Die Rezeptur kann somit auf das individuelle Disharmoniemuster des Patienten, das den Qi-Fluss blockiert oder stört, zugeschnitten werden. Der Arzt greift an ganz bestimmten Stellen oder Meridianen ein, um so eine optimale Wirkung zu erzielen und das Gleichgewicht wiederherzustellen. Die Behandlung eignet sich besonders auch bei chronischen Leiden. Dabei wird die Rezeptur regelmäßig an den Gesundungsprozess angepasst.

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