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2. Kapitel

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„Der Kaffee ist kalt Mrs Smith!“

Er hasste kalten Kaffee; das war seiner Meinung nach eine der schlimmsten Todsünden, die man begehen konnte.

„Es tut mir sehr Leid Mr Adams“, ertönte ihre Stimme durch die halb offene Bürotür von John Adams.

Das machte den Kaffee auch nicht wieder warm.

„Soll ich Ihnen einen neuen Kaffee machen Mr Adams?“

„Lassen Sie nur. Ich wollte ohnehin bald aufhören zu schreiben.“

Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber er wusste, dass auch der nächste Kaffee kalt sein würde. Kalter Kaffee war leider Gottes die größte Schwäche seiner Haushälterin. Sie brachte es einfach nicht fertig den Kaffee heiß zu servieren. Und heißer Kaffee war nun eigentlich keine große Kunst, nicht etwa wie der Bau der St. Paul’s Cathedrale. Man konnte Kaffee nun mal nicht mit architektonischen Meisterleistungen vergleichen.

„Dann ist es ja gut Mr Adams.“

Gar nichts war gut…

„Ich werde in einer Stunde anfangen das Abendessen zu kochen.“

Wetten es gab Fleischpastete, wie jeden Montag, Dienstag, Mittwoch…

„Ist das in Ordnung Mr Adams?“

Nein, eigentlich war es ganz und gar nicht in Ordnung, aber etwas Anspruchsvolleres als Fleischpastete brachte die Frau einfach nicht zustande.

„Mr Adams?“

Gott, wie sie ihm manchmal auf die Nerven ging. Müde rieb er sich die Schläfen und nahm noch einen Schluck von dem ungenießbaren kalten Kaffee.

„Mr Adams?“ Das war zu viel!

John Adams riss die Tür seines Arbeitszimmers auf, stapfte mit polterndem Schritt zum Treppengeländer und schrie in die Halle hinunter: „Ja Mrs Smith, es ist alles in bester Ordnung!“ Mrs Smith stand lächelnd unten in der Eingangshalle mit einem Staubwedel in der Hand.

„Dann ist ja gut. Ich hab mir schon Sorgen gemacht. Also ich fange dann…“

„Fangen Sie an wann Sie wollen!“

John Adams knallte die Tür geräuschvoll zu und ließ sich dann erschöpft hinter seinem Schreibtisch nieder. Die Frau machte ihn noch wahnsinnig. Manchmal fragte er sich wirklich, warum er sie übernommen hatte. Na ja, vielleicht weil es im Umkreis von zehn Meilen keine einzige freie Haushälterin mehr gab und Mrs Smith zudem nur wenig Geld verlangte. Dann musste man sich eben mit kaltem Kaffee und Fleischpastete zufrieden geben. Ansonsten war sie aber gut zu gebrauchen. Sie kannte das Haus schon seit etlichen Jahren und wurde praktisch von Besitzer zu Besitzer weitergereicht. Ob die Vorgänger sich auch über den kalten Kaffee beschwert hatten?

John Adams hatte sich erst vor gut einem Jahr in dem alten Herrenhaus in Little George eingerichtet, um sich abseits vom Trubel der heutigen Zeit voll und ganz der Schriftstellerei widmen zu können. Das Schreiben war seine Leidenschaft. Er konnte gut und gerne 12 Stunden am Stück an seiner alten Schreibmaschine verbringen und dem Klang der aufschlagenden Tasten lauschen. Damit entsprach er ganz und gar dem Klischee eines Schriftstellers. Er war ein wohlgenährter Mann, dem man ansah, dass er die meiste Zeit seines Lebens hinter dem Schreibtisch verbracht hatte. Das inzwischen ergraute und spärlich gewordene Haar stand etwas zerzaust vom Kopf ab, was sicherlich daran lag, dass er sich in den letzten Stunden nur allzu oft die Haare gerauft hatte. Was ihm an Haupthaar fehlte, machte er mit seinem gut gepflegten Schnauzbart wieder wett. Er trug eine große Hornbrille, die ihm ein wenig den Anblick eines Gelehrten verschaffte und die an einer Seite mit etwas Klebeband geflickt worden war. Adams störte dies nur wenig, denn er verließ selten das Haus und verbrachte lieber Stunde um Stunde mit seiner geliebten Schreibmaschine anstatt sich in die Menschenmassen zu stürzen.

Black Rose hieß das Haus, so wurde es ihm von seinem Makler erzählt, doch Adams hatte sich zu dem Zeitpunkt wenig für die Geschichte des Anwesens interessiert. Sein Interesse hatte sich seit diesem Tag jedoch verändert, gezwungenermaßen wohlgemerkt.

Adams verstaute jetzt das Manuskript seines neuesten Buches in der untersten Schublade und streckte sich dann ausgiebig. In den Fängen der Klischees hieß sein Werk, ein Kriminalroman, und er war wahrlich stolz darauf.

Constable William Crane hatte schon viele Fälle gelöst, einer mysteriöser und verworrener als der andere. Viele waren interessant gewesen, aber dieser war etwas ganz besonderes. William Crane glaubte normalerweise nicht an Legenden, Märchen, Schauergeschichten und all den anderen Unfug, den sich Menschen erzählten, doch in diesem Fall musste er sich genau dies zu Hilfe ziehen. Als Mrs Turner, eine alte Witwe, ermordet aufgefunden wurde, sollte sich die Suche nach dem Täter als trickreicher herausstellen als gedacht.

John Adams hatte schon zwei Bände über seinen Protagonisten Constable William Crane herausgebracht. Zwar war der Erfolg eher mäßig ausgefallen, doch er hatte eine treue Leserschaft gewonnen. Dazu zählte auch Mrs Smith Ehemann, der Adams jedes Mal aufs Neue von seinen Büchern vorschwärmte.

Vielleicht sollte er vor dem Abendessen noch einen Charly trinken, um anschließend die Pastete besser vertragen zu können. Er hatte nie mit eigenen Augen die Zubereitung dieser Spezialität gesehen, hoffte jedoch es handelte sich nicht um eine Kreation alla Mrs Lovett.

Er hatte heute Abend aber auch wieder düstere Gedanken. Und so hievte er sich etwas ungelenk aus dem Stuhl und trottete hinaus.

Auf dem Weg zum Salon begegnete ihm James, sein treuer Butler. Mr Moore, der Immobilienmakler, von dem Adams das Anwesen gekauft hatte, hatte ihm James empfohlen und da Adams keine großen Ansprüche an seine Bediensteten stellte, hatte er James sogleich übernommen. James war stumm, zumindest nahm man das an, denn er hatte noch nie ein Wort gesprochen. Jedenfalls nicht in den letzten acht Monaten, seitdem John Adams im Black Rose ein Zuhause gefunden hatte.

James verbeugte sich so tief, dass er mit der Nasenspitze fast den Teppichboden berührte.

Er hatte schütteres schwarzes Haar, war sehr schmächtig und seine Augen traten merkwürdig aus ihren Höhlen hervor. Zusammen mit seiner weißen Haut machte er stets den Eindruck, als würde er jeden Moment von dieser Welt scheiden. Allerdings beeinträchtigte dieser Zustand nicht seine Leistungen als Butler und Chauffeur.

„James, würden Sie mir einen Gefallen tun? Schenken Sie mir doch bitte im Salon einen Charly ein. Ich muss noch ein dringendes Telefongespräch führen.“

Mit einer weiteren Verbeugung kehrte James abrupt um und lief die Stufen wieder hinunter.

Sein Verleger musste unbedingt Bescheid bekommen, dass er noch zwei weitere Wochen für sein Buch brauchte. Gut Ding muss eben Weile haben! Ob Sir Benedikt das verstand, war durchaus fraglich.

„Ja ja… Nur noch zwei Wochen. Ich muss mir über einen ganz entscheidenden Punkt noch Gedanken machen. Das ist wirklich wichtig. Es geht um Leben und Tod, im wahrsten Sinne des Wortes!“

„Mr Adams, ich habe Ihre Spielchen satt. Drei Tage und keine Minute länger. Versetzen Sie sich mal in meine Lage. Seien Sie froh, dass Ihnen überhaupt jemand Ihre irrwitzigen Geschichten abnimmt“, ertönte die näselnde Stimme am anderen Ende der Leitung.

Dann ein Knacken. Sir Benedikt hatte aufgelegt. Drei Tage… Jetzt brauchte er wirklich einen Charly. Nach dem Abendessen würde er sich sofort wieder an die Arbeit machen müssen. Nicht, dass er das Schreiben als Arbeit empfand, aber der lästige Zwang die Bücher über seinen Verleger zu veröffentlichen, schränkte seine schöpferische Kreativität ein ums andere mal ein.

„Ich habe Ihnen Ihr Leibgericht gemacht Mr Adams. Das wird Sie ein wenig aufmuntern; Sie haben’s ja in letzter Zeit so schwer.“

Vielen Dank Mrs Smith, aber Fleischpastete hilft auch nicht gegen Zeitnot.

„Dankeschön, dass ist sehr nett von Ihnen.“

„Oh… nicht der Rede wert. Sie wissen doch, Ihr Wohl liegt mir sehr am Herzen Mr Adams.“

Dann sollten Sie sich mal um warmen Kaffee bemühen.

„Ich weiß es wirklich zu schätzen.“

Dann ließ sie ihn endlich allein. James stand reglos in der Ecke und wartete darauf, dass man seine Dienste in Anspruch nahm. Es wäre niemandem aufgefallen, wäre er jetzt in diesem Moment dahin geschlichen, höchstens das dumpfe Geräusch beim Aufschlagen seines schmächtigen Körpers auf dem Boden hätte man vernommen.

Drei Tage… John Adams stocherte lustlos in seiner Fleischpastete herum. Drei Tage… Das war verdammt kurz und er hatte eine wichtige Entscheidung zu treffen. Sollte er seinen Protagonisten sterben lassen? Sollte er seine Buchreihe ein für alle Mal beenden? Im Grunde kannte er die Antwort schon eine ganze Weile. Er wollte es nur nie wahr haben.

Er schob die Fleischpastete beiseite. Die letzten Tage und Wochen hatte ihn dieser Gedanke gequält, weil er auf eine grausame Art wusste, dass es genau dieses Ende sein musste und kein anderes. Man konnte es schriftstellerische Intuition nennen oder kaltherzige Berechnung, es lief auf’s Selbe hinaus.

„James! Holen Sie mir mein Manuskript und die Schreibmaschine aus dem Arbeitszimmer. Ich muss einen Mord begehen!“

Constable William Crane hatte den Täter entlarvt, er hatte den Mörder gefunden, der das ganze Dorf in Angst und Schrecken versetzt hatte. Jetzt galt es ihn nur noch zu stellen. Nie im Leben hatte er damit gerechnet, dass er erneut zum Haus der Witwe fahren müsste, dass er abermals eine Runde durch den herrlich angelegten Park drehen würde, in den Mr Thomson so viel Arbeit investiert hatte. Der gute Mr Thomson… Jetzt durfte er nicht sentimental werden. Schließlich war er einem Mörder auf der Spur.

Im Hintergrund tickte die große Standuhr. Das Ticken klang unheimlich, in dem ansonsten stillen Salon, in dem nur John Adams neben der erkalteten Fleischpastete saß. Adams bekam schwitzige Hände, wie immer wenn er fieberhaft in seine Arbeit vertieft war und gerade jetzt, als es um das entscheidende Ende ging, schlug sein Herz immer höher, als würde er selbst hinter sich die drohende Gefahr spüren.

Niemand wäre mir auf die Schliche gekommen, keiner würde einen armen unschuldigen Gärtner verdächtigen. Verraten Sie mir, wie haben Sie das gemacht?“

Constable William Crane bewahrte die Ruhe.

Ich bin Ihnen keinerlei Rechenschaft schuldig Mr Thomson. Aber haben Sie schon einmal etwas von dem Spruch <<Der Mörder ist immer der Gärtner>> gehört? Es tut mir sehr Leid, aber ich muss Sie jetzt festnehmen.“

Crane trat einen Schritt auf den Gärtner zu, doch mit dem, was dann geschah, hatte er nicht gerechnet. Ein wahnsinniger Aufschrei, eine blitzschnelle Bewegung seitens des Gärtners und ehe Constable Crane auch nur mit der Wimper zucken konnte, war er einem verrückten alten Mann zum Opfer gefallen.

Niemand verdächtigt einen treuen Gärtner!“

Es war weit nach Mitternacht, als Adams die Schreibmaschine von sich schon und sich gähnend streckte. Mrs Smith war schon längst zu Bett gegangen und hatte alle Lampen im Haus gelöscht.

Morgen und übermorgen würde er noch einmal alles in Ruhe durchlesen und dann am Mittwoch Sir Benedikt wie versprochen das Manuskript bringen. Elender alter Kauz! Er hatte aus Zeitdruck seinen liebsten Protagonisten umbringen lassen. Nein, das war eine Lüge und das wusste er auch. Adams wischte den Gedanken ärgerlich fort. Er wollte jetzt in Ruhe schlafen, tief und fest, so wie er es nur konnte, nachdem er ein Buch fertiggestellt hatte. Seufzend stieg er die knarrende Treppe hoch. Das Manuskript verstaute er wieder in der untersten Schublade seines Schreibtisches.

Black Rose

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