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6. Kapitel

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Der Herbst hatte viele Stürme und noch dazu eine eisige Kälte mit sich gebracht. Die Weiden, die dicht am Haus gepflanzt worden waren, peitschten immer wieder gegen die Scheiben, sodass sie klirrten. Adams hatte nie verstanden, wer so unvernünftig gewesen war, die Bäume so dicht an das Haus zu setzen, obwohl doch jedes Kind wusste, dass Bäume bei schweren Stürmen auch entwurzeln konnten. Innen war es deutlich gemütlicher mit den prasselnden Feuern in jedem Kamin und dem Geruch nach gerösteten Kastanien, der aus der Küche wehte. Weiß Gott, mochte Mrs Smith noch so einen schlechten Kaffee machen und noch so einfallslos sein was das Abendessen anging, so war der Geruch nach Kastanien, der jetzt im Herbst durch die Villa wehte, etwas Wunderbares. Es waren jetzt drei Wochen vergangen seit dem Erscheinen des Romans und John Adams plagte diese innere Leere, vor dem sich jeder große Schriftsteller fürchtet. Ein Zustand erbarmungsloser Passivität, in dem kein frischer Wind einen neuen Anflug von Kreativität mit sich brachte.

Adams bewahrte alle Erstexemplare seiner Werke in einem alten Eichenschrank hinter seinem Schreibtisch auf. Und so wurde auch das neue Buch fein säuberlich neben seinen Vorgängern platziert.

Immer wenn ihn diese tiefe Leere heimsuchte, und das geschah in letzter Zeit leider nur allzu oft, dann blätterte er seine alten Werke durch, vor und zurück, in der Hoffnung sie mögen ihm eine Idee für ein neues Werk geben. Doch dieses Mal, so schien es, dauerte sein Zustand länger an als je zuvor. Stundenlang saß er in seinem Arbeitszimmer, die alte Schreibmaschine seines Vaters vor sich stehend und starrte die Decke an. Nicht einmal auf Mrs Smith liebevolle Versuche ihn aufzumuntern oder ihn einmal an die frische Luft zu bringen, reagierte er.

Es war an einem Sonntagnachmittag, draußen war es bereits dunkel und ein Gewitter kündigte sich an, als Adams sich endlich erhob und nach unten ins Wohnzimmer trottete.

„James“, rief er, „machen Sie mir bitte einen Kognak!“

Stöhnend ließ er sich in dem alten Sessel am Kamin nieder und wartete, doch die Einzige, die

erschien, war Mrs Smith.

„Wo ist James? Ich hab nach ihm gerufen. Er soll mir einen Kognak bringen“, brummte Adams schlecht gelaunt.

„Oh, James ist vor etwa einer Stunde mit dem Wagen fort.“

„Verdammt noch mal, er soll doch vorher Bescheid geben und sich nicht einfach so den Wagen nehmen. Wo sind wir denn hier, wenn sich die Bediensteten einfach so selbstständig machen!“, brüllte Adams auf einmal. Er geriet immer mehr in Rage.

„Wir wollten Sie nicht stören, Mr Adams. Sie sahen so…so beschäftigt aus und ich habe schon immer gehört, dass man einen Schriftsteller nicht bei der Arbeit stören darf, denn sonst könnten seine Gedanken auf unliebsame Weise plötzlich verloren gehen.“

„Nur leider hatte ich gerade keine Gedanken!“

„Soll ich Ihnen etwas zu essen machen, Mr Adams?“

„Nein, Sie sind für heute entlassen. Gesellen Sie sich zu Ihrem Mann.“

„Sind Sie sicher? Sie sehen nicht gesund aus.“

„Mrs Smith!“ Adams erhob sich beinahe drohend, sodass die arme Frau schnell aus dem Zimmer flüchtete. Er bereute es sofort, Mrs Smith so angeschrien zu haben, doch er hatte sich nicht beherrschen können. Nach einer Weile hörte man die Hintertür zuschlagen. Adams war allein. Er bediente sich damit also selbst, holte sich eine Flasche Wein und ein Glas und ließ sich wieder am Kamin nieder. Mit jedem Glas wurde seine Stimmung schlechter, seine Augen quollen auf seltsame Weise hervor und sein Gesicht lief dunkelrot an. Mit der Absicht solange hier unten zu warten bis James wiederkam, lehrte er zwei Flaschen Wein. Die Uhr tickte unaufhaltsam, die Zeiger schoben sich langsam vor und Adams hing seinen düsteren Gedanken nach, die sich einfach nicht aus seinem Kopf verbannen ließen. Mit dem Tod seines Romanhelden war auch er innerlich gestorben. So zumindest fühlte er sich gerade und auf grausame Weise wusste er, dass es so richtig war. Zum Schluss war Adams so betrunken, dass ihm das Glas aus der Hand rutschte und der Wein sich über den schönen alten Teppich ergoss. Doch davon bekam er schon nichts mehr mit, denn er war bereits eingeschlafen. Sein Schnarchen erfüllte den ganzen großen Raum.

James kehrte erst nach Mitternacht zurück und fand Adams in sich zusammen gesunken in dem Sessel vor. Er nahm die leeren Flaschen Wein und das Glas beiseite und deckte den alten Mann vorsichtig mit einer Decke zu. Doch dieser zuckte zusammen und öffnete seine blutunterlaufenen Augen.

„James“, murmelte er im Halbschlaf, „ich habe ein ernstes Wörtchen mit Ihnen zu wechseln. Das geht…“ Er gluckste einmal, „das geht so nicht mein Freund. Haben Sie das gehört?“

James verneigte sich tief, doch Adams nahm ihn offenbar gar nicht wahr.

„Antworten Sie gefäll…gefälligst!“, lallte er weiter, „haben Sie mein Manuskript gelesen? Das sollten Sie tun, es ist… es ist wirklich…“ Er vollführte eine so ausschweifende Handbewegung, dass er fast aus dem Sessel fiel. „Es ist verdammt noch mal wirklich gut. Mein bestes Stück! Und wissen Sie was? Er stirbt! Ja er ist am Ende mausetot, ganz mausetot.“ Adams beugte sich ganz weit vor und hob seinen rechten Zeigefinger, sodass dieser James fast berührte, aber der Butler blieb steif stehen. „Er wurde erschlagen, ganz hinterhältig. Aber das wird mir nicht passieren, nein nein nein. Ich bin nicht er und…und er ist auch nicht ich. Aber am Ende da isser tot! Passen Sie gut auf mein Freund! Haben Sie’s gelesen? Das ist wirklich gut!“ Und dann sank er wieder zurück und fing erneut an zu schnarchen.

Am nächsten Morgen schlich Adams noch schlecht gelaunter als am vorherigen Tag durch das Haus, scheuchte Mrs Smith und James von einem Zimmer ins nächste und nahm eine Tablette nach der anderen gegen seine üblen Kopfschmerzen, die er wohl dem Rotwein vom Abend zu verdanken hatte. Er vertrug einfach keinen Wein! Mein Gott, so konnte das doch nicht weitergehen! Gegen Mittag meldete sich Sir Benedikt, der neue Roman verkaufe sich so mäßig, nicht besser aber auch nicht schlechter als die beiden Vorgänger. Er hätte doch das erste Ende wählen sollen, das wusste Adams instinktiv. Und außerdem verspürte er nicht mehr die geringste Lust sich noch weiter mit Constable William Crane zu beschäftigen. Diese Figur erinnerte ihn zu sehr an sich selbst und das erschreckte ihn.

Es konnte ein Fluch sein, wenn sich der Autor zu sehr mit seinen Figuren identifizierte. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwammen nur allzu leicht. Aber manchmal war gerade genau dies die pure Absicht. Machte es ein Buch nicht erst lesenswert, wenn es Spuren des echten Lebens enthielt?

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