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Südafrika

Die Koffer waren eingecheckt, die Bordpässe hielten sie in den Händen, als sie im Flughafen zum Kontrollbereich gingen. Sie hatten noch 1 Stunde Zeit, um ins Flugzeug nach Johannisburg einsteigen zu können. Als sie durch den Duty-Free-Bereich schlenderten, entdeckten sie eine Kaffeebar.

„Lass uns noch einen deutschen Kaffee trinken, wer weiß, wie in Südafrika der Kaffee schmeckt“, meinte Kerstin.

Der Kaffee war heiß und stark. Nach dem ersten Schluck nahm Carl Kerstins Hand in die seine.

„Mein Liebling, ich bin sehr glücklich. Glücklich darüber, dass wir zusammen nach Südafrika reisen werden, glücklich darüber, dass du diese Zeit für deine Genesung nutzen kannst und glücklich darüber, dass ich von dem schrecklichen Fall verschont bin. Die hatten wirklich recht. Ich war zu überarbeitet und meine Nerven hingen am seidenen Faden. Jetzt werden wir ein paar schöne Wochen verbringen und uns um nichts sorgen.“

Kerstin nickte und strahlte ihn an.

„Wir werden etwa 10 Stunden bis Johannesburg fliegen und werden dann dort von einem Scout abgeholt. Du hattest recht, diese sündhaft teure Lodge im Krügerpark zu buchen. Wenn schon, dann machen wir es gründlich. Wir schauen uns alles genau an und sehen nach der Safari weiter, wohin wir danach fahren oder fliegen werden.“

Sie verbrachten herrliche Tage im Krüger Nationalpark. Die Lodge war mitten im Busch. Sie hatten zwei hübsche Zimmer mit einem Duschbad. Vor dem Wohnzimmer befand sich eine großzügige Terrasse mit Blick auf einen kleinen See, in dem sich Flusspferde tummelten. Am ersten Morgen, früh um 4 Uhr, noch vor dem Sonnenaufgang, brachte sie ihr Scout in seinem offenen Geländewagen zu einer Wasserstelle. Auf dem Weg begegnete ihnen eine Herde von Zebras, mit kleinen Fohlen. Sie waren nicht scheu und betrachteten neugierig die Schaulustigen, während der geübte Scout langsam weiterfuhr.

Ein paar Antilopen, gefolgt von Gazellen, huschten durch das trockene Buschwerk am Seitenrand der holprigen Lehmstraße.

„Schaut nach rechts zum Wasserloch. Ein Büffel gönnt sich ein kühles Bad, ruft Charly, der Scout und hielt den Jeep an, damit seine Urlauber Fotos schießen konnten.

„Wenn wir Glück haben, sehen wir in ein paar Meter eine Giraffenfamilie, die gerade ihr Frühstück einnimmt.“

Man merkte Charly an, dass er seine Arbeit liebte. Außerhalb der Saison arbeitete er als Ranger und kümmerte sich mit seinen Kollegen um den Wildbestand.

Er kannte sich in dem etwa 19.500 km² großen Gelände sehr gut aus und bekam über Funk von der Hauptstation Meldungen, wo sich Wildtiere aufhalten könnten.

Plötzlich erschienen, direkt vor ihnen, eine imposante Giraffenfamilie. Das Laub der Akazienbäume war ihre Lieblingsspeise und sie fraßen genüsslich, ohne dabei auf ihre Beobachter zu achten.

„Giraffen sind die größten Landtiere der Welt. Sie verbringen den Großteil des Tages damit, an Bäumen ihre pflanzliche Nahrung zu finden. Die Giraffen schritten von Baum zu Baum und rissen kleine Blätter und Zweige mit ihren langen Zungen ab. Anmutig bewegten sie sich weiter, fast wie in Zeitlupe, mit ihren langen wiegenden Hälsen zum nächsten Baum.

Kerstin schoss mit ihrer Spezialkamera ein Foto nach dem anderen, während Carl einen Video mit seinem Smartphone drehte. Beide waren überwältigt und sprachlos.

Charly fuhr weiter.

„So nun ist es Zeit für ein kräftiges Frühstück. Hier ganz in der Nähe können wir in einem geschützten Camp anhalten und uns stärken. Ich habe alles für uns mitgebracht. Brot, Butter, Marmelade, gekochte Eier, Wurst und Schinken. Dazu gibt es heißen Kaffee oder Tee.“

„Das klingt ja wundervoll! Ich habe Hunger, du auch Kerstin?“

Nach einem kräftigen Frühstück im Freien beobachteten sie kleine Warzenschweine, die auf die Abfälle des Frühstücks warteten.

Auf dem Rückweg zur Lodge stoppten sie am Rande einer gut ausgebauten Straße. Auf ihrer rechten Seite erblickten sie zwischen langen trockenen Grashalmen eine Herde Elefanten, die mit Grasfressen beschäftigt waren. Der Scout bat sie, sich leise zu verhalten, damit die Elefanten beim Fressen nicht gereizt werden. Vorsichtshalber nahm er sein Jagdgewehr, das er neben seinem Fahrersitz liegen hatte, als sich die Elefanten an das Auto annäherten. Kerstin erstarrte, als der riesige Kopf eines kräftigen Elefanten gefährlich nahe kam. Obwohl er die Zuschauer nicht aus den Augen ließ, fraß er langsam weiter. Kauend drehte er sich ab, um sich wieder seiner Herde anzuschließen.

Zurück in der Lodge ging Carl unter die Dusche, während Kerstin in ihrer Kamera den Film auswechselte. Sie stand im Schlafzimmer und schaute durch die geöffneten Fenster in die Wildnis. Es war früher Abend. Der Wind wehte lau durch den Raum, afrikanische Laute von nachtaktiven Tieren wurden lauter. Kerstin ging auf die Terrasse und beobachtete einen phantastischen Sonnenuntergang. Die untergehende Sonne erstrahlte in einem Wechselbad von Farben, von gelb zu orange, um sich dann vor dem immer schneller dunkel werdenden Hintergrund ins rosa-pink zu verwandeln und danach schnell versank. Der dunkler werdende Himmel hatte die rosa-pink-Farbe angenommen, bevor die Sonne im Horizont ganz verschwunden war. Jetzt wusste auch Kerstin, dass sie in diesem Land leben möchte. Ein Gefühl des Ankommens erfasst sie, ohne das Land genauer zu kennen.

Nach dem Besuch im Krüger Nationalpark flogen sie von Johannesburg nach Kapstadt. Sie hatten schon viel über diese großartige Stadt gehört und waren sehr gespannt, welche neuen Eindrücke sie erwarteten. Unterkunft fanden sie in der Nähe der „Waterfront“. Mittelpunkt für shopping, exklusive Restaurants, im ehemaligen Hafengelände, welches an der Stadtgrenze angrenzt. „Victoria & Alfred Waterfront“ wurde eine der bedeutendsten Touristenattraktion von Kapstadt. Zahlreiche Robben tummelten sich auf dem Wasser und auf speziellen Pontons, die für die possierlichen Tiere hingebracht wurden. Neben dem touristischen Treiben waren sie ebenso von dem Geschäftsviertel dieser Metropole mit den modernen Hochhäusern überrascht. Nachdem sie vom Plateau des gigantischen Tafelbergs noch einmal auf die faszinierende Stadt hinabblickten, sagte Kerstin:

„Wir haben Glück, da die Sicht frei ist. An vielen Tagen überzieht eine dichte Wolkendecke, die sie Tischtuch nennen, den Tafelberg. Doch heute ist die Sicht atemberaubend.“

Die City präsentierte sich als Ansammlung von Hochhäusern aus Glas und Stahlbeton, deren Monotonie immer wieder ältere Gebäude im typischen kapholländischen und viktorianischen Stil auflockern.

Direkt am Atlantik blickten sie auf ein überwältigendes Felsmassiv der „Twelve Apostels“, welches im Sonnenuntergang in den herrlichen gelb-orange- bis blutroten Farben glänzte. Die Seilbahn brachte die Besucher sanft in die Stadt zurück.

Bei einem Ausflug nach Stellenbosch in der Weinregion nahmen sie am nächsten Tag an einer Stadtführung mit anschließender Weinprobe incl. Mittagessen teil. Die Qualität der kulinarischen Genüsse übertrafen die Erwartungen von Kerstin und Carl.

Eine Fahrt um die Kaphalbinsel zählte zu den Höhepunkten. Malerische elegante Weingüter, die Strände, der warmen „Fals Bay“, die wilde Atlantikküste im Gegensatz zu seinen schicken Badeorten, hinterließen bei Kerstin und Carl tiefe Eindrücke.

Zurück in der Stadt nahmen sie vor dem Abendessen an der Bar ihres Boutiquehotels ihren letzten Drink ein.

„Carl, wie gefällt dir Kapstadt? Ich meine, könnten wir hier leben?“

„Ich bin nicht sicher, es ist tatsächlich eine wunderschöne Stadt, doch es ist nicht das, was ich mir für unseren Lebensabend vorgestellt habe“, antwortete Carl.

Kerstin sagte, während sie aus dem Fenster auf das rege Treiben der Stadt blickte:

„Ja, mir geht es auch so. Wir müssen weiter schauen. Morgen fliegen wir nach Durban an den Indischen Ozean, in dem wir über das ganze Jahr im warmen Meer schwimmen können. Der Atlantik hier ist immer eisig kalt. Auch das Wetter ist hier nicht ideal. Viel zu windig und kühl. Um Durban herum soll es über das ganze Jahr angenehm warm sein. Ideal für unsere Gesundheit.“

Früh am nächsten Morgen flogen sie nach Durban und mieteten sich im Flughafen ein Auto. Zuerst nahmen sie sich die Nordküste am Indischen Ozean vor. Doch auch diese eher international touristisch geprägte Landschaft mit all den großen Hotels am Strand gefielen nicht. Direkt an der Hafenpromenade fanden sie ein modernes Hotel.

Der Verkehr um und in Durban war sehr hektisch und laut. Die Stadt hatte sicher auch ihre Sehenswürdigkeiten, doch die Straßenführung wirkte sehr verwirrend und kompliziert. Intensiv empfanden sie die Armut der schwarzen Bevölkerung, wo einfach Geld fehlt, um der Stadt den Glanz vergangenen Zeiten zu erhalten. Ständig wurden sie gewarnt, überaus vorsichtig zu sein. Die Kriminalität durchzog die ganze Metropole. Bettelnde heruntergekommene Kinder standen an den Verkehrsampeln. Andere versuchten Souvenirs, auf ihren Bauchläden, zu verkaufen. Woher sie ihre Waren hatten wollte kein Polizist wissen. Auch hier fanden sie nicht das, was sie sich erträumt hatten.

Einige Tage später entdeckten Sie die Südküste. Die Autobahn war sehr gut ausgebaut, der Verkehr ließ nach, je näher sie sich nach Süden bewegten. Der Blick auf das kristallklare Meer begleitete sie fast über die ganze Strecke. Sie fuhren durch grüne hügelige Landschaften, geprägt von Zuckerrohrfeldern. Kuhhirte saßen dicht am Autobahnstraßenrand und ließen ihre Kühe grasen. Fußgänger gingen auf dem Seitenstreifen der Autobahn ihres Weges. Ab und zu tauchten kleine Dörfer auf den Hügeln auf, manche Häuser waren gepflegt und bunt gestrichen, dann bot sich das krasse Gegenteil . Blechhütten, eng zusammengezimmert, ließen auch hier traurig die bittere Armut der Bevölkerung erkennen. Straßen oder Wege waren fast keine um die Dörfer gebaut. Ab und zu überquerte ein Mensch die Autobahn, um die andere Seite des Geländes erreichen zu können. Brücken gab es kaum.

In Margate, auf einem hübschen Hügel gelegen, fanden sie ein nettes kleines Hotel. Die Inhaberin half Carl und Kerstin sich in dieser Gegend von Kwa.Zulu.Natal zurechtzufinden. Von ihrer Terrasse aus konnten sie über die kleine Stadt Margate auf das Meer schauen.

„Margate ist vor allem als Urlaubsstadt bekannt. Aufgrund der vielen Strände und Freizeitmöglichkeiten ist es vor allem bei Südafrikanern aus dem Inland beliebt, so dass besonders in Ferienzeiten, zu Ostern, Weihnachten und an Feiertagen Hochbetrieb herrschen“, las Kerstin aus ihrem Reiseführer vor.

Von Margate aus erkundigten sie die Umgebung, die ihnen sehr gut gefiel und entdeckten eine kleine Village, mit etwa 500 Häusern, die zum größten Teil als Ferienhäuser bewohnt werden. Fast hätten sie diesen wundervollen Ort übersehen, da er etwas versteckt hinter der gut ausgebauten Landstraße lag. Dieses kleine Dorf umgab eine herrliche subtropische Vegetation. Ein Affenclan, von etwa 30 Tieren mit ihren Babys, die sich am Bauch der Mutter festklammerten, begrüßten träg die neuen Gäste. Faul lagen sie auf der Straße und pflegten sich gegenseitig das Fell. Ungern räumten sie die Straße, um Kerstin und Carl durchfahren zu lassen.

Nach wenigen Metern rief Carl begeistert: „Hier gefällt es mir, hier möchte ich leben“.

Kerstin erwiderte:

„Ja, schon. Doch diese Gegend könnte Beverly Hills in Florida sein. Wie sollten wir hier ein Haus bezahlen können?“

So war ein Saatkorn in Kerstin und Carl gelegt, um bald prächtig gedeihen zu können.

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