Читать книгу Anja, Petra und die Pferde - Lise Gast - Страница 11

Es wurde wahr

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Stine, bei allen Pferdeleuten bekannt, hatte sich mit dem Reitverein in Verbindung gesetzt, und Herr Taube erlaubte gutmütig, die Ponys für eine Nacht bei ihm unterzustellen, als er hörte, daß es sich um Cornelias Hochzeit handelte. So fuhren sie am Freitag zu dritt vierspännig über Land, Stine auf dem Bock, die beiden Mädchen neben ihr, sozusagen als Hauptprobe. Schon das allein war ein großes Vergnügen, das anderen ein ganzes Leben lang nicht widerfährt, und Anja und Petra platzten fast vor Stolz, als sie am Reitverein vorfuhren und sich bewundern ließen. Zum Glück standen ein paar Reitschüler im Hof und sahen sie. Auch Frau Taube, die Mutter des Reitlehrers, hatte, von Petra und Anja vorgewarnt, am Fenster gelauert ... Die Hauptprobe verlief ohne Ärger und Zwischenfälle. Die Ponys waren wie geschmiert gelaufen, kein Geschirrstück hatte gefehlt, kein Eisen sich gelockert.

„Eigentlich hätte es ja ein paar Pannen geben müssen“, sagte Stine, als die Ponys glücklich in der Laufbox untergebracht waren. Alle vier standen zusammen, keins war angebunden, was sie nicht gewöhnt waren. „Meist gibt es fürchterlichen Ärger bei der Hauptprobe, und die Aufführung klappt. Hoffentlich ist es nun nicht umgekehrt.“

„Es muß ja nicht“, sagte Vater, der, eingeweiht in die Überraschung, zum Reitverein herübergekommen war. „Bleiben Sie heute bei uns?“ fragte er Stine. Die aber schüttelte den Kopf.

„O nein, ich hab’ ja meine drei kleinen Burschen zu Hause, die ich versorgen muß, einen Mann und eine ganze Anzahl Ponys außer diesen. Anja hat versprochen, daß sie mir ihr Fahrrad leiht, damit sause ich heim.“

„Das kommt nicht in Frage“, sagte Vater sogleich, „ich borg’ mir einen Wagen und fahre Sie zurück. Und hole Sie morgen früh ab. Sie müssen nur sagen, wann.“

„Prima!“ rief Stine. „Was soll nun noch schiefgehen?“

Ja, was eigentlich?

Erst einmal verschlief Anja. Das hätte sie nie für möglich gehalten. Weil sie so aufgeregt war, hatte sie gar keinen Wecker gestellt. Am Abend hatte sie mit Mutter noch bunte Schnittchen zurechtgemacht, die nun im Kühlschrank warteten, Gläser geputzt und Papierservietten gefaltet. So war es spät geworden, und dann konnte sie lange nicht einschlafen.

Nun, allzu spät war es nicht. Anja fuhr wie der Teufel in Hose und Pullover und warf einen Blick aus dem Fenster: Regen? Oder gutes Wetter? Regen wäre blöd, obwohl es heißt, daß es Glück bringt, wenn es der Braut in den Kranz regnet. Aber im offenen Viersitzer?

Kein Regen. Es schien sehr kalt zu sein, über dem kleinen Rasen vor dem Haus lag es wie eine hellgraue Schicht: Reif. Es war ja Herbst, ziemlich spät im Jahr. Anja rannte und zog den Anorak im Laufen an. „Bin sofort wieder da“, rief sie der Mutter noch zu. Sie mußte schnell nach den Ponys sehen und ihnen guten Morgen sagen.

Atemlos riß sie die Stalltür auf, als sie angekommen war, lief die Stallgasse entlang – da war die Box, die Tür stand halb offen. Anja starrte hinein: leer.

Ach du lieber Augustin! Da mußte gestern abend noch jemand darin gewesen sein und hatte dann vermutlich den Riegel nicht richtig zugemacht. Ponys sind sehr erfinderisch im Öffnen von Riegeln, das wußte man hier im Reitverein wohl nicht; die Großpferde standen ja immer angebunden in ihren Ständen. Anja drehte sich um und wollte eben zur Tür, als sie auf Petra stieß. Petra hatte es auch hierhergezogen.

„Sie sind weg!“ japste Anja. Himmel, was nun?

„Stine anrufen!“ Anja meinte, das wäre das beste. Petra hielt sie zurück.

„Gleich Großalarm? Ich weiß nicht. Und Stine kann auch nicht mit dem Hubschrauber hier antanzen, die wartet ja auf deinen Vater. Erst suchen wir mal selber. Vielleicht sind sie gar nicht weit.“

„Aber – aber – sie kennen sich hier doch gar nicht aus. Sie können überall hingelaufen sein, in die Siedlung – oder –“

„Ich denke, sie sind Richtung Heimat gegangen“, sagte Petra, „das machen die meisten Pferde, die ausgebrochen sind. Von dort drüben sind wir gestern gekommen –“ Sie rannte schon los, Anja hastete hinter ihr her.

Und nun zeigte sich, daß der Reif, der die Koppeln bedeckte, etwas Gutes hatte: Im Reif sieht man Spuren. Natürlich nicht so deutlich wie im Schnee, aber immerhin. Die beiden Mädchen rannten um die Halle und sahen dann sehr deutlich: Hier mußten Pferde gelaufen sein. Der Rasen hinter der Halle auf dem Springplatz zeigte ein paar dunkle Streifen, lose nebeneinander, in der von Petra angenommenen Richtung.

„Los, hinterher!“ rief Petra, und sie rannten. Hier gingen die Spuren lang, ziemlich deutlich, wenn sich das Auge darauf eingestellt hatte; dann aber war der Grasplatz zu Ende, da sah man keine mehr. Die beiden Mädchen folgten dem engen Weg, den sie gestern hier entlanggekommen waren, am Fluß längs.

„Hier ist Cornelia damals beinahe abgesackt“, stieß Petra hervor, „weißt du noch? Und Gero –“

„Ja. Wenn ich alles vergess’, das nicht. Dort ist das Wehr –“

Links trat jetzt Wald an den Weg heran. Petra rannte, einem Instinkt folgend, um die nächste Kurve, obwohl man hier keine Spuren mehr erkennen konnte.

„Hach!“ schrie sie dann, in die Kurve biegend. Anja hatte keine Luft mehr, um zu fragen, aber das „Hach!“ hatte gut geklungen, befriedigt, erlöst. Und dann sah sie es, nachhastend, schon ...

Es waren alle vier. Das ist ja das Beruhigende, daß ausreißende Ponys meist zusammenbleiben. Als Herdentiere fühlen sie sich beieinander am wohlsten. Welch großes Glück – sie hatten alle vier gefunden!

Gefunden, ja, aber noch nicht dingfest gemacht.

Petra hatte zwar, um die Ecke schießend, ihr Tempo abzufangen versucht, es gelang ihr aber nicht auf Meterentfernung. So kam sie, noch im Abstoppen, an die Ponys heran, aber diese, aufgeschreckt, setzten sich sofort in Bewegung. Und wenn eins losrennt, fangen die anderen sofort an, ihm zu folgen. Petra wußte das, aber hier spielte ihr Temperament ihr einen Streich. Peuke, der Schreckhafteste von den vieren, machte einen Satz, natürlich in Richtung Heimat, und die anderen folgten auf der Stelle. Wo eben noch vier ruhig grasende Ponys gestanden hatten, sah man jetzt ein kleines Rudel davonsausender Vierbeiner mit wehenden Mähnen und Schweifen, Peuke voran, Lettchen nach, die beiden anderen hinterher.

„Ihr Mistkäfer –“ Petra hatte noch immer Luft genug, um zu schreien. Sie rannte davon, ohne sich umzudrehen, Anja hinter ihr her. Himmel, Himmel, auch ein Mensch, der sich alle Mühe gibt, kann sich in puncto Schnelligkeit mit solch einem Vierbeiner nicht messen. Jetzt machte der Weg eine Biegung, auf die Brücke zu, und nach dieser führte er geradewegs zur Autostraße, die man herwärts überquert hatte. Petra sah das und wußte genau, was es bedeutete. Auch zu relativ früher Morgenstunde fuhren hier Wagen, und zwar mit ziemlich hoher Geschwindigkeit. Nein, bis auf die große Straße durften die Ponys nicht kommen.

Doch wieder einmal erschien ein Schutzengel. Anja schüttelte später den Kopf über diesen Zufall – jetzt hatte sie keine Zeit dazu. Da kam doch wahrhaftig von der entgegengesetzten Seite her ein Junge geradelt, den Ponys und ihnen entgegen, wie vom heiligen Georg persönlich in dieser Sekunde bestellt. Er sah die Pferdchen laufen, die beiden Mädchen hinterher, und schon war er vom Rad gesprungen.

„Halt sie!“ japste Petra, und er reagierte blitzschnell und stellte sein Fahrrad quer. Peuke, der Anführer, stutzte, Lettchen stoppte ab, der Junge schob das Fahrrad hin und her, immer dorthin, wo eins der Ponys vorbeiwollte. Und schon war Petra heran, hatte Peuke rechts und Lettchen links an der Mähne gegriffen und machte dem Jungen ein Zeichen, Erie festzuhalten. Der warf sein Fahrrad hin und gehorchte. Und nun war auch Anja heran und griff sich Nikolo. Dem Himmel sei Dank, sie hatten alle viere wieder!

„Du bist genau im richtigen Moment gekommen“, keuchte Petra, „Himmel, Himmel, wenn die Biester auf die Straße gerast wären! Wohin willst du denn eigentlich?“

„Zum Reitverein. Ich helf’ dort immer, wenn ich keine Schule hab’“, sagte der Junge.

Petra strahlte.

„Wunderbar. Hol dein Fahrrad, ich halte solange alle beide. Und dann führ Lettchen, ich nehm’ Peuke.“

„Herrjeh, wir haben ja gar keine Halfter dabei“, rief Anja in diesem Augenblick. Wahrhaftig, daran hatten sie vorhin nicht gedacht.

„Geht alles“, sagte Petra, zog den Gürtel ab, den sie um ihre Jacke trug, und legte ihn Peuke um den Hals. „Und du nimmst die Schnur aus der Kapuze von deinem Anorak, Anja.“

„Ich hab’ nichts – aber ich weiß schon, wie ich es mache“, sagte der Junge eifrig. Er schien mit Pferden vertraut zu sein, zog seinen Pulli über den Kopf und legte ihn Lettchen um den Hals, beide Ärmelenden festhaltend. Nun waren drei der Ponys dingfest gemacht, das vierte, Nikolo, konnte man gut an der Stirnlocke führen. So also setzte sich die kleine Kavalkade in Bewegung, und siehe, mit Erfolg. Zu siebt zockelten sie langsam den Weg entlang, den sie eben im Galopp gekommen waren, und als sie den Sprunggarten erreicht hatten, konnten sie zwei Gestalten an der Ecke der Halle entdecken: Stine und Anjas Vater. Anja winkte, beinahe wäre ihr dabei Nikolo aus den Fingern geraten. Aber sie griff schnell erneut in die Mähne. Nun winkte Stine zurück und setzte sich in schnellen Trab.

„Was macht ihr denn um Gottes willen mit den Ponys?“ japste sie lachend, als sie herangekommen war.

„Och, wir haben sie ein bißchen geweidet“, sagte Petra harmlos. „Weil wir nichts anderes zu tun hatten.“

„Na, so ein Glück“, sagte Stine und griff sich Erie. „Solche Biester. Nehmen Sie den Nikolo, der läßt sich gut führen“, rief sie Vater zu, der nun auch herangekommen war. Vergnügt wanderten sie dem Reitstall zu. „Vielen Dank, mein Junge, daß du geholfen hast ...“

Der strahlte. „O bitte!“

„So, und jetzt wird geputzt, daß alles nur so spiegelt“, bestimmte Stine, „jeder putzt seins. Ja, Sie auch!“ sagte sie lachend zu Anjas Vater und warf ihm eine Kardätsche zu, die er als alter Schlagballspieler geschickt auffing, „Zeit dazu haben wir noch. Hoffentlich hat sich die Kutsche nicht auch auf die Socken gemacht.“

Sie lief zum Schuppen und kam dann erleichtert zurück.

„Ist noch da. Also. Was kann jetzt schon noch passieren!“

„Beschrei es nur nicht noch einmal!“ warnte Petra und merkte gar nicht, daß sie Stine duzte. „Gestern hast du schon –“

„Na ja, toi, toi, toi, hätt’ ich wirklich nicht sollen. Alle Reiter sind abergläubisch.“ Sie lachte Vater an. „Sie sind Lehrer von Beruf, nicht wahr? Auch abergläubisch?“

„Eigentlich nicht – aber beschreien soll man nichts, das ist wahr. Kennen Sie vielleicht die Geschichte von den zwei Atomphysikern? Auf einer Gesellschaft fallen dem einen ein paar Kastanien aus der Tasche, als er etwas herausholen will. ‚Kastanien?‘ fragt der andere. Teilen Sie etwa auch den Aberglauben, daß die gut gegen Rheuma sind? Das ist doch nur ein dummer Schnack.‘

‚Natürlich, ja. Aber ich hab’ gehört, es hilft auch, wenn man nicht dran glaubt‘, sagt der andere, ein ebenso kluger Kopf. Ja, so ist es. Man bestreitet, abergläubisch zu sein, und klopft doch an Holz oder sagt toi, toi, toi! Meine Schüler dürfen das natürlich nicht wissen“, sagte Vater etwas verlegen. Anja fand ihn in diesem Augenblick richtig goldig.

Sie putzten. Und dann legten sie die Geschirre auf und banden die Ponys an. Vor den Wagen wollte Stine sie noch nicht stellen, sie müßten dann noch so lange warten. „Jetzt heim mit euch, ihr beiden“, sagte sie, „gewaschen, umgezogen, fein gemacht. Ich warte hier.“

„Darf ich Ihnen Gesellschaft dabei leisten?“ fragte Vater. „Ich bin zu Hause, glaub’ ich, jetzt recht überflüssig. Warten Sie, ich sehe zu, daß ich im Reiterstüble eine Tasse Kaffee für Sie bekomme – und für mich auch“, fügte er lachend hinzu. „Stallarbeit macht durstig.“

Eins hatten sich Anja und Petra niemals recht vorstellen können: Cornelia im Brautkleid. Als sie die junge Braut jedoch aus dem Auto steigen sahen, fanden sie sie wie eh und je richtig. Sie trug ein weißes Kostüm – engen Rock, knappe Jacke –, im Knopfloch eine Rosenknospe. Dazu eine Kappe, die ihr herbes Gesicht noch klarer und hübscher machte. Onkel Kurt strahlte, als er sie begrüßte, und dazu hatte er auch ein volles Recht, fanden die beiden Mädchen.

Nun gab es das „kleine Frühstück“, Vater sagte ein paar Worte, man stieß auf das Brautpaar an, und Petra und Anja trugen die Platten mit den Schnittchen herein. Die beiden Mädchen hatten weiße Rollis an und darüber weiße Schürzen gebunden, damit man die Reithosen nicht sah. Cornelia sah sie trotzdem, fragte aber nicht. Ob sie etwas ahnte?

Das jedenfalls ahnte sie nicht, was sie erwartete. Sie beteuerte es später immer wieder: So was kann man ja nicht ahnen. Als sie mit Onkel Kurt an der Seite aus dem Haus trat, war Stine gerade vorgefahren und parierte durch, alle vier Ponys standen im selben Augenblick still – das ist gar nicht so leicht zu erreichen –, und Anja und Petra, jetzt in Reithosen, Stiefeln und Jacketts, sprangen vor an ihren Platz. Cornelia sagte nur: „Nein, so was!“ und stieg dann ein, Onkel Kurt hinterher. Die beiden Reitmädchen sprangen neben Stine auf den Bock, und los ging die Fahrt zur Kirche.

Es war traumhaft. Stine nahm die Kurve in schönem Bogen und ließ die Ponys antraben, Vater, Mutter und die beiden Trauzeugen, Freunde von Onkel Kurt, wollten im Auto hinterherkommen. Frau Schubert, die die Zwillinge derweil betreute, stand in ihrer Haustür und machte runde Augen, und überhaupt blieb jeder stehen, der die Kutsche sah, und staunte. So hatten es die beiden erwartet. Sie genossen es sehr.

Wer unverschämt an diesem Morgen war, das war Lettchen. Sie ging vorn rechts, erst gut und vernünftig, als es aber nicht Richtung Heimat ging, sondern der Kirche zu, in die entgegengesetzte Richtung also, wurde sie bockig. Sie zerrte seitwärts und deichselte ab, Stine versuchte sie zur Raison zu bringen, aber Lettchen hatte von jeher einen eigenen Kopf. Petra und Anja saßen auf der Lauer, abzuspringen und vorzulaufen, aber Stine schüttelte den Kopf.

„Noch nicht. Ich krieg’ sie hin, das wäre ja wohl gelacht!“

Himmel, hatte Lettchen einen Dickschädel! Jetzt kam sie mit dem äußeren Bein über den Zugstrang, schlug aus, traf ihren Nebengänger Nikolo, der beleidigt zurückschlug und sich prompt auch verfitzte. Peuke zog vorwärts und Erie zurück.

Petra sprang ab. Sie hatte sich vorgesehen, weil sie ihren Sturz von neulich noch sehr gut im Gedächtnis hatte, und fiel nicht; im selben Augenblick aber zog Lettchen an und riß die anderen mit, der Wagen schoß vor und Petra geriet ins Hintertreffen. Anja wußte nicht –

„Soll ich?“ flüsterte sie Stine zu.

„Unfug, ich krieg’ sie hin. Dreh die Bremse nicht ganz zu, nur etwas –“

Anja gehorchte. Im selben Augenblick kam ein Auto von hinten und überholte knapp.

Jetzt spielte Nikolo verrückt. Er warf sich nach rechts und drängte Lettchen noch mehr ab. Die rechten Räder der Kutsche befanden sich bereits auf dem Bürgersteig, auf dem gottlob niemand ging. Nun sprang auch Anja ab. Sie lief vor, erwischte Lettchen am Zügel, konnte sie aber nicht halten. In diesem Augenblick war, wie gehext, Cornelia da. Sie, die rechts saß, mußte erst hinter der Kutsche herum und dann nach vorn springen, aber sie kam zur richtigen Zeit, bekam Nikolo am Zügel und hielt ihn fest, so daß nun auch Lettchens Geschwindigkeit zwangsläufig geringer wurde. Noch zwei Atemzüge, und alle vier standen wieder ruhig, die Kutsche freilich noch auf dem Bürgersteig.

„Macht nichts, wir fahren wieder runter“, sagte Stine seelenruhig. „Steigt schnell auf, hopp!“ Und sie fuhr, nachdem alle wieder in der Kutsche saßen, elegant und schmissig der Kirche zu. Die Ponys warfen die Beine, als seien sie Jucker; es war ein Anblick, daß einem das Herz lachte. Vor der Kirche hielten sie vorschriftsmäßig. Das Brautpaar stieg aus, und schon ertönten die Glocken. Auch die anderen Gäste waren da, und feierlich setzte sich der Zug in Bewegung, ins Gotteshaus hinein.

Anja und Petra blieben draußen. Stine war das recht. Jetzt aber schienen die Ponys Vernunft angenommen zu haben und machten keine Zicken mehr. Sie standen geduldig und harmlos still. Stine blieb auf dem Bock sitzen und lachte vergnügt.

„Da haben wir also die Panne doch noch erlebt. Und die Braut zeigte, was an ihr ist. Onkel Kurt kann sich freuen.“

„Deine Nerven möcht’ ich haben“, seufzte Petra, und auch Anja meinte, man sollte den Tag nicht vor dem Abend loben.

„Ist ja noch Vormittag“, sagte Stine, „sollt mal sehen, wie die vier jetzt gehen, wenn wir zum Lokal fahren. Wie am Zwirnsfaden!“

So war es auch. Und es wurde ein lustiges Mahl. Anja und Petra waren mit Stine vorher noch zum Reitverein zurückgefahren, um die Ponys unterzustellen. Vater holte sie mit dem Wagen ab. Gerade wurde die Suppe serviert.

Bei Tisch gab es dann viele lustige Reden, Vater verlas die zahlreichen Glückwunschtelegramme, die gekommen waren. Eins davon lautete:

„Dem jungen Paar viele wunderschöne Reiterlebnisse. Werde meine Hand schützend darüberhalten wie soeben über die Kutsche. Sankt Georg, Zuständiger für Pferde im Himmel.“

Alle wunderten sich sehr, am meisten Vater, der das Telegramm völlig ahnungslos in die Hand genommen hatte. Petra verschwand vor unterdrücktem Lachen hinter ihrer Serviette. Anja bewunderte wieder einmal, auf was für Ideen Petra kam.

Und dann standen sie beide gleichzeitig auf, stellten sich vor das junge Paar und begannen ihr Sprüchlein aufzusagen. Jede trug ihre Reitkappe, jede eine Blume in der Hand.

„Mancher gibt sich viele Müh’

mit dem lieben Pferdevieh.

Einesteils der Knetel wegen,

welche diese Tiere legen,

denn was fing’ ein Gärtnersmann

ohne Pferdeknetel an.

Zweitens aber nimmt man auch

ihre Haare in Gebrauch,

für Matratzen und für Pfühle,

denn man liegt nicht gerne kühle.

Doch der größte Spaß dabei

ist nun mal die Reiterei.

Ein geliebtes Pferdchen haben,

unsern deutschen Wald durchtraben,

oder fahren, voltigieren

und am schönsten: galoppieren.

Daß auch Onkel Kurt es lerne

in nicht allzuweiter Ferne,

wünschen euch, vergnügt und heiter,

heut’ zwei junge Nachwuchsreiter.“

Stine hatte es ihnen zusammengestellt, und sie ernteten großen Beifall. Es war, alles in allem, eine wunderschöne Reiterhochzeit, genau das richtige für Cornelia.

Anja, Petra und die Pferde

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