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Vorspiel vor noch nicht laufenden Kameras

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In dem tragischen, autobiographischen Roman Eine Geschichte von Liebe und Finsternis von Amos Oz erinnert sich der Autor an seinen Vater, der, vor der Entscheidung stehend, seinen Sohn auf eine religiös-strenge oder eine sozialistische Arbeiterschule zu schicken, meinte, das Ende der Religion sei nah, der Fortschritt dränge sie schnell beiseite, und selbst wenn es ihnen dort gelingen würde, für eine Weile einen kleinen Klerikalen aus mir zu machen, so würde ich doch bald ins Leben hinausgehen und all diesen archaischen Staub abschütteln, auch die religiöse Gesetzestreue würde bestimmt keine bleibenden Spuren bei mir hinterlassen, ebenso wie in wenigen Jahren die religiösen Juden überhaupt, mit all ihren Synagogen, aus der Welt verschwinden würden, so dass alsbald nur noch eine verschwommene folkloristische Erinnerung an sie bliebe. Das haben sich viele für sämtliche Religionen erhofft, gewünscht. Doch sie wurden enttäuscht. Das so genannte Religiöse ist nicht nur nicht verschwunden, es ist lebendiger denn je, es haust in verzückten Sinn suchenden Köpfen und in denen von zerplatzenden Selbstmordattentätern. Es ist keine folkloristische Erinnerung, sondern paranoide, zuweilen immer noch blutige Realität.

Ja. Ich weiß. Und das soll jetzt diese Diskussion zum x-ten Male wiederkäuen?

Die soll endlich einmal Klarheit schaffen!

Lächerlich! Es ist doch wohl schon alles gesagt worden zu diesem Thema.

Das glaub ich nicht. Es gibt doch viel Neues.

Ja, das Altes aufwärmt. Im Grunde kann es nie etwas Neues zu diesem Thema geben, weil gerade bei ihm die Wahrheit nur durch private und öffentliche Verführung und Wahnsinn bestimmt ist. Und damit ist diese Wahrheit keine Wahrheit, sondern von vorneherein Unwahrheit.

Wer kommt denn außer uns sonst noch, weißt du das?

Ludwig kommt. Es wird also so eine richtige Männertruppe, eine alte Männertruppe.

Nicht nur: Eine Frau moderiert. Ist ja so Mode heute, dass eine Frau moderiert.

Kommt Immanuel?

Nein, hat schon abgesagt.

Warum?

Nun, er meinte, er könne zu dem Thema nichts mehr beitragen. Über zweihundert Jahre seien nun seine kritischen Schriften alt. Und was habe sich geändert? – Nichts. Geschichte sei nur ein großer Austausch der Abhängigkeiten und Götter, Mündigkeit eine Illusion, im Grund liefe – das tat mir gut – alles nur auf Macht und deren Erhalt zurück. Und das Volk habe immer noch nicht gelernt, selbst zu denken, ließe sich immer noch verführen; er klang ziemlich verbittert, hatte ich den Eindruck. Er fühlt sich auch missverstanden, glaub ich, kann ich auch verstehen; zuerst entwickelt er ein großes System, in dem er mögliche Erkenntnis auf den Erfahrungsraum beschränkt, die Moral auf den Menschen zurückwirft, seine Verantwortlichkeit herausfordert, und immer noch spekuliert man über seine Gottesgläubigkeit – nur um sich nicht ernsthaft mit dem Kern seiner Arbeit zu befassen.

Er ist selbst schuld, warum hat er sich nicht klarer ausgedrückt, sich nicht klarer abgegrenzt. Na, vielleicht gibt es einen Überraschungsgast. Das ist doch jetzt auch so üblich. Einen Philosophen aus dem Karton. Surprise: hier ist der, der es weiß.

Ja, vielleicht der ....

… der dich so schön biographiert hat?

– oder sein Gesprächspartner oder der Hübsche, mit den langen Haaren. Die haben Erfahrung. Im Fernsehen. Und mit schlauen Feuilletons.

Du scherzt. Das sind doch nur philosophische Talk-Touristen. Das Thema ist zu ernst. Schau dir an, was heute im Namen der Religion wieder alles möglich ist. Und wie sie verteidigt wird: Sie sei es ja nicht, sondern das, was die Menschen daraus machen.

So etwas Lächerliches.

Da kommen die anderen.

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