Читать книгу Please don't leave me - Lora Flynn - Страница 7
Kapitel 3
ОглавлениеVor mir stand niemand Geringeres, als Logan Black und seine Schwester Joanna Black. Mein Herzschlag setzte für ein paar Sekunden aus.
Und dann geschah es. Unaufhaltsam. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich blickte Logan Black nach zwei Monaten Herzschmerz zum ersten Mal wieder ins Gesicht. Auch Logan entdeckte mich, ging noch zwei weitere Schritte und blieb dann wie angewurzelt stehen. Er erwiderte meinen Blick.
Zum ersten Mal seit Wochen schauten wir uns in die Augen.
Es schien als würde die Zeit stillstehen. Ich nahm nichts anderes mehr wahr, als ihn. Weder seine Schwester, noch Mia, noch die Weihnachtsmusik, die entfernt an meine Ohren drang.
Ich sah nur Logan.
Die blinkenden Lichterketten des Schaufensters beleuchteten seine makellose Haut und färbten sein goldenes, zerzaustes Haar, das ihm in alle Richtungen stand, in ein buntes Meer aus blau, rot und grün.
Schneeflocken verfingen sich in seinen Strähnen.
Er trug einen grauen Rollkragenpullover und schwarze Jeans. Das Ganze wurde abgerundet durch einen dunklen Mantel, der sich lässig um seinen Körper schmiegte. Doch seine gesamte Körperhaltung schien angespannt und auf seinem Gesicht lag ein undurchdringlicher Ausdruck.
Die glühenden eisblauen Augen hatte er zusammengekniffen und seine Lippen waren leicht geöffnet.
Doch so attraktiv Logan Black auch war, er sah alles andere als gut aus. Unter seinen Augen, die ich so sehr mochte, zeichneten sich tiefe, dunkle Ringe ab, die Wangen wirkten eingefallen.
Auf seinem Kinn und den perfekt geschwungenen Wangen lag der dunkle Schatten eines Bartes, der schon weit über seinen gewöhnlichen Drei-Tage-Bart hinausgewachsen waren. Er musste sich schon länger nicht mehr rasiert haben.
Man sah Logan sofort an, dass es ihm zurzeit nicht besonders gut ging. Doch woran lag das? An seiner Vergangenheit? War in den zwei Monaten, seit denen wir nicht mehr miteinander sprachen, etwas vorgefallen? Oder lag es womöglich an mir? An unserem Streit? Vermisste er mich vielleicht?
Meine Gedanken überschlugen sich wieder einmal und sofort versuchte ich, sie zu bremsen. Erinnerungen an unseren Streit vor zwei Monaten in seinem Klassenzimmer kamen in mir hoch.
»Drea, du bist erst achtzehn«, er schnaubte verächtlich. »Du weißt doch noch gar nicht, was Liebe ist.«
»Was willst du damit sagen?« Ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und sah ihn mit einem argwöhnischen Blick an.
»Der Tod deiner Mutter und diese Sache mit deinem Cousin. Du hast eine Menge durchmachen müssen. Nur weil ich nett zu dir war, denkst du jetzt, dass du in mich verliebt bist…«
Logan hatte unmissverständlich klar gemacht, dass er mich nicht wollte, dass zwischen uns nicht mehr sein durfte, als bei einem üblichen Lehrer-Schüler-Verhältnis. Er hatte mich mit seinen Worten zutiefst verletzt. Wahre Liebe überstand alles, so schwer die Steine auch sein mochten, die sich ihr in den Weg legten. Logans und meine Situation zeigte mir daher lediglich, dass ich ihm nicht genügend bedeutete. Es war ihm nicht wichtig genug gewesen, um das was zwischen uns war zu kämpfen.
Obwohl ich es schon die ganze Zeit gewusst hatte, schmerzte diese Erkenntnis in diesem Moment zutiefst. Es schmerzte, ihm gegenüberstehen und ihm nun in die Augen schauen zu müssen.
Erinnerungen drangen an die Oberfläche. Bilder von Logan und mir. Bilder von Logan, wie er lächelte und seine Grübchen dabei zum Vorschein kamen. Bilder, wie wir gemeinsam in seiner Wohnung saßen und Pizza aßen. Bilder an unseren ersten Kuss auf seinem Balkon, in unserem Rücken die Skyline von Seattle.
All diese Erinnerungen rasten in Sekundenschnelle durch meinen Kopf. Es war zu viel auf einmal und ich hatte das Gefühl, als würde ich die Kontrolle über meinen Körper und über meine Gedanken vollkommen verlieren. Mein Herz begann wie verrückt zu pochen und mein Puls schoss in die Höhe. Ich spürte wie meine Hände sich verkrampften, die Finger zu zittern begannen.
»Hallo Drea!«, hörte ich Joanna sagen. Nur mit Mühe konnte ich meinen Blick von Logan losreißen und ihn auf seine Schwester richten. Sie kam näher und riss mich in eine herzliche Umarmung.
Als sie sich von mir löste, fiel ihr Blick schließlich auf Mia, die sich etwas näher an mich gedrückt hatte und die beiden aus schüchternen Augen musterte.
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich ihre Hand, die noch immer mit meiner verschlungen war, wohl fast zerdrückte. Sofort beschlich mich ein schlechtes Gewissen und ich lockerte meinen verkrampften Griff um ihre zarten Finger.
»Ist das deine Schwester?«, fragte Joanna und schenkte Mia ein strahlendes Lächeln. Zur Antwort nickte Mia und ergriff die ihr von Joanna dargebotene Hand.
»Hallo Kleine, ich bin Joanna, das ist mein Bruder Logan«, sie deutete auf ihren Bruder.
»Und wer bist du?«
»Mia«, erwiderte sie scheu. Ihr Blick wanderte zu Logan und ihre Wangen begannen sich leicht rosa zu färben. Wow, Logan schien wohl nicht nur auf mich eine gewisse Wirkung zu haben. Diese Schwäche für ihn lag wohl in der Familie. Meine Augen wanderten wieder zu ihm.
Er schenkte Mia ebenfalls ein Lächeln. Doch es war keins, das seine Augen erreichte. Er wirkte traurig. Traurig und gebrochen, als wüsste er nicht mehr richtig wie man lächelte. Sein Blick richtete sich wieder auf mich. Ein verzweifelter Ausdruck lag dieses Mal in seinen Augen und ich wurde das Gefühl nicht los, das er etwas sagen wollte. Aber es kam kein Ton über seine Lippen.
Sekunden vergingen, in denen wir uns einfach nur anstarrten. Je länger ich jedoch in seine vertrauten blauen Augen blickte, desto tiefer riss die Wunde in meinem Innern auf, die ich seit Wochen mit Mühe und Not zu verschließen versuchte.
Im Augenwinkel erkannte ich, dass Joannas Blick unsicher zwischen Logan und mir hin und her wanderte.
Mein Herz begann zu schmerzen. Es tat weh, ihn zu sehen. Es tat sogar so weh, dass ich es kaum noch aushielt. Unwillkürlich wurde mein Kopf nur noch von einem einzigen Gedanken beherrscht.
Ich musste hier weg.
Ich räusperte mich und schluckte den Kloß in meinem Hals herunter. Dann endlich schaffte ich es und riss meinen Blick von Logan los. Ich zwang mich dazu, Joanna noch ein letztes freundliches Lächeln zu schenken, ehe ich die erlösenden Worte aussprach.
»Wir müssen weiter, schönen Abend euch noch«, mit diesen Worten und ohne einen weiteren Blick schlängelte ich mich mit Mia an der Hand an Joanna und Logan vorbei, bis hin zum Eingang des Cafés.
Mit einem lauten Quietschen öffnete ich die Tür und trat ein. Sofort schlug mir der aromatische Duft von Kaffee, Zimt und Gebäck in die Nase. Der Boden war übersät von matschigen Schuhabdrücken, welche die Leute von draußen mit hereintrugen.
Im Vergleich zu der eisigen Kälte draußen, war es hier im Café mollig warm. Trotz dieser Tatsache fröstelte ich noch immer. Innerlich.
Mein Herz klopfte nach wie vor in einem beunruhigenden Tempo in meiner Brust und meine Knie fühlten sich so weich wie Butter an. Warum meine Beine unter mir nicht einfach nachgaben, war mir ein Rätsel. Die Begegnung mit Logan wühlte mich völlig auf. Ich war total durcheinander. Alles drehte sich.
Ich nahm einen tiefen Atemzug, um mich zu sammeln. Ich durfte jetzt nicht schwach werden und mich gehen lassen, immerhin war ich hier mit meiner kleinen Schwester! Ich musste stark bleiben und weitermachen. Für sie. Also setzte ich ein Lächeln auf und marschierte mit Mia zur Theke. Da es bereits relativ spät war, war die Auswahl an Süßspeisen in der Glasvitrine recht spärlich. Allerdings war mir aufgrund des Aufeinandertreffens mit Logan ohnehin der Appetit vergangen.
»Hallo, willkommen bei Starbucks, was darf´s denn sein?«, fragte die Bedienung hinter der Theke. Eine junge Frau mit blondem Zopf und einer Hornbrille auf der Nase. Auf ihrem Schild an der Brust stand der Name Katy.
»Hallo, ich hätte gerne zweimal eine große heiße Schokolade mit Marshmallows«, daraufhin sah ich meine kleine Schwester fragend an.
»Möchtest du auch noch etwas essen?«
Mia schüttelte verneinend den Kopf und ich drehte mich wieder zu der Bedienung.
»Das war’s dann«, entgegnete ich und nannte ihr noch unsere Namen. Katy bediente die Kasse, tippte ein paar Mal darauf herum und nannte mir dann den Preis. Ich zückte mein Portemonnaie und war gerade im Begriff das Geld herauszufischen, als plötzlich jemand neben mir ein paar Dollarscheine auf den Tresen legte. Meine Augen richteten sich auf den in schwarz gekleideten Arm und wanderten hinauf. Noch ehe ich ein Gesicht vor Augen hatte, erkannte ich die Person.
»Stimmt so«, hörte ich Logan sagen, während ich auch schon in seine eisblauen Augen blickte. Im ersten Moment war ich völlig erstarrt und in meinem Bauch schlugen die Schmetterlinge Purzelbäume. Dann richtete ich meinen Blick wieder auf die Theke, auf der Logans Dollarnoten lagen. Ich war selbst überrascht über die Worte, die mir daraufhin über die Lippen kamen.
»Ich brauche deine Almosen nicht«, um meiner Aussage Nachdruck zu verleihen, warf ich mein eigenes Geld auf die Theke und schob Logans Geld zu ihm zurück. Die Bedienung blickte unsicher zwischen Logan und mir hin und her. Dann schien sie nach meinem Geld greifen zu wollen, doch Logan machte ihr einen Strich durch die Rechnung.
»Nein, ich bestehe darauf«, der Klang seiner Stimme war harsch und ließ keinen Widerspruch zu. Es war derselbe Tonfall, den er auch in der Schule nutzte, wenn Poppy mal wieder etwas ausgefressen hatte. Logan schob sein Geld wieder über den Tresen und meines zurück zu mir. Katy wirkte eingeschüchtert und warf mir einen entschuldigenden Blick zu, als sie Logans Scheine nahm und kassierte.
In mir brodelte es. Was fiel ihm ein? Sollte das eine Art Entschuldigung dafür sein, dass er mir so weh getan hatte? Was sollte dieses Theater überhaupt? Schließlich hatte er unsere Beziehung beendet. Er wollte Abstand zu mir. Was also bezweckte er mit dieser Aktion?
Ich warf einen Blick auf Mia, die zwischen uns stand und mit großen, fragenden Augen zwischen Logan und mir hin und her schaute. Doch in diesem Moment war ich viel zu aufgebracht, um mich vorbildlich, so wie es sich in Gegenwart einer Vierjährigen gehörte, zu verhalten.
»Was soll das, Logan?«, brachte ich verärgert hervor, während ich mich ihm noch immer nicht zuwandte. Stattdessen hielt ich meinen Blick stoisch auf einen rosafarbenen Cupcake in der Glasvitrine gerichtet.
Ich wollte und konnte ihn in diesem Moment nicht ansehen, denn ich wusste, sobald ich nochmals in diese wundervollen Augen sah, würde meine Wut verpuffen und sich in Luft auflösen.
»Es ist schön dich zu sehen, Drea«, sagte er leise, fast schon flüsternd. Zischend sog ich die Luft ein und kämpfte gegen den inneren Drang an, in seine Augen zu schauen. Obgleich mein Herz bei diesen Worten einen Sprung machte und mein Bauch zu kribbeln begann, waren die Wunden, die er mir zugefügt hatte, zu tief und zu frisch.
»Du siehst mich jeden Tag in der Schule«, entgegnete ich trocken, während ich die Bedienung dabei beobachtete, wie sie unsere Getränke zubereitete.
»Drea…«, und da war es wieder. Die Art und Weise wie er meinen Namen aussprach, mit seiner dunklen, rauchigen Stimme und diesem traurigen, wehmütigen Klang.
Weshalb hatte er so viel Macht über mich? Bei dem kläglichen Versuch, mich und mein hüpfendes Herz zu beruhigen, schloss ich die Augen für einen kurzen Moment. Als ich sie wieder öffnete, war unsere Bestellung fertig und Katy stellte gerade die namentlich beschrifteten Becher auf die Theke. Dann sah sie mich mit einen mitleidigen Ausdruck in den Augen an, ehe sie Logan einen Bei-der-hast-du-es-aber-ordentlich-verkackt Blick zuwarf. Wäre ich nicht so verdammt nervös, hätte mir Katys Reaktion auf unsere Konversation wohl ein Schmunzeln entlockt. Stattdessen griff ich mit zitternden Händen nach den beiden Bechern.
»Es tut mir leid, ich wollte dich niemals verletzen, Drea«, versuchte Logan es erneut und trat ein Stückchen näher an mich heran. Ich spürte die Aufrichtigkeit seiner Worte, hörte Verzweiflung in seiner Stimme, hörte Hoffnungslosigkeit raus. Doch es änderte nichts an der Tatsache, was zwischen uns passiert war und dass ich ihm nichts bedeutete.
Die Becher fest umklammert drehte ich mich nun doch zu ihm um und blickte ihm tief in die Augen.
»Das hast du aber«, mit diesen Worten lief ich an ihm vorbei und ließ ihn stehen. Mia folgte mir eilig und gemeinsam verließen wir das Café, traten hinaus in die Kälte, die sich nun auch in meinem Herz ausbreitete. Eine Träne kullerte mir über die Wange. Ich ignorierte sie. Stattdessen reichte ich Mia ihren Becher und fischte die Autoschlüssel aus meiner Tasche.
Ich öffnete meiner kleinen Schwester die Tür und sie krabbelte mit dem Becher in der Hand auf die Rückbank, ehe ich ihr beim Anschnallen half. Dann ging ich um das Auto herum und setzte mich hinters Steuer. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass mir weitere Tränen über die Wangen liefen. Energisch wischte ich sie mir aus dem Gesicht. Mein Herz fühlte sich an, als hätte es sich in Eis verwandelt und wäre dann erneut in tausend Stücke zersprungen.
»Bist du in den Mann verliebt?«, hörte ich Mia plötzlich fragen. Gott, wie konnte ich mich vor meiner vierjährigen Schwester nur so gehen lassen? Nochmals wischte ich mit dem Ärmel meiner Jacke die salzigen Tränen weg. Dann setzte ich ein Lächeln auf, räusperte mich und drehte mich zu ihr um. »Wieso fragst du mich das, kleine Motte?«
»Naja«, sie zuckte mit den Schultern. »Einfach so.«
Mia sah mich aus ihren braunen Augen aufmerksam an. In diesem Moment wirkte sie viel zu intelligent für ihre vier Jahre. »Also? Liebst du ihn?«
In Gedanken war ich bei Logan. Erinnerte mich wieder an sein Lächeln, an seine Berührungen, seine Art mich aufzumuntern.
»Ja«, antwortete ich ehrlich. »Irgendwie schon.«
»Warum weinst du dann?«, fragte Mia verwundert.
»Weil er mich nicht genauso sehr mag, wie ich ihn.« Eine tiefe Traurigkeit ergriff Besitz von mir und wieder musste ich die Tränen vor meiner kleinen Schwester verbergen. Für eine Weile herrschte Stille im Auto. Dann begann Mia wieder zu reden.
»Ich glaube, er liebt dich sogar noch mehr.«
Ungeachtet der Tatsache, dass dieser Satz von meiner vierjährigen Schwester kam, die im Grunde noch gar nicht richtig wusste, wie man Liebe definierte, schoss mein Puls augenblicklich in die Höhe. Verwirrt drehte ich mich wieder zu ihr um und hob fragend die Brauen.
»Wie kommst du denn darauf?«
Wieder zuckte Mia mit den Schultern und ihr Blick schweifte zum Fenster hinaus.
»Weil er dich so angeschaut hat.«
Für einen kurzen Moment fehlten mir die Worte und ich gab mich der Illusion hin, dass Mia vielleicht recht haben könnte, dass ein Mädchen von süßen vier Jahren unterscheiden konnte, was Liebe war und was nicht.
Mein Herz raste. Wie sehr wünschte ich mir, dass es so wäre? Wie sehr wünschte ich, dass Logan meine Gefühle erwiderte? Dass er um mich kämpfte oder es zumindest versuchte? Doch er tat es nicht. Ich durfte nicht so naiv sein und Mias Worten Glauben schenken. Denn Mia hatte Unrecht. Falsche Hoffnungen waren nämlich genau das, was einem Menschen das Genick brach.
»Keine Sorge, dein Geheimnis ist bei mir sicher.«, ertönte ihre kindliche Stimme von der Rückbank. Wieder einmal drehte ich mich verdutzt zu ihr um.
»Ich werde niemandem erzählen, in wen du verliebt bist«, Mia grinste breit und nahm einen Schluck von dem dunklen Gebräu. So langsam machte mir meine kleine Schwester tatsächlich Angst. Als würde sie ahnen, dass niemand von Logan und mir wissen durfte.
»Danke«, entgegnete ich lediglich und nippte ebenfalls an meiner heißen Schokolade. Als ich mich umdrehte, um meinen Becher in den Getränkehalter zu stellen, sah ich gerade noch, wie Logans Mercedes davonfuhr.
Eine Sehnsucht packte mich. Seltsam, wie schnell man sich doch an einen Mensch gewöhnte und wie sehr dieser einem dann fehlte, wenn man ihn verlor.
Mias Gähnen holte mich aus meinen Gedanken zurück ins Hier und Jetzt. Ein Blick auf die Uhr bestätigte meine Vermutung, es war schon recht spät. Die Zeit verging wie im Flug. Seufzend startete ich den Motor.
Zuhause angekommen kuschelten Mia und ich uns gemeinsam aufs Sofa. Wir schauten noch etwas TV, während wir unsere heiße Schokolade austranken und schließlich einschliefen. Dad weckte uns, indem er das Licht im Wohnzimmer einschaltete. Ich blinzelte ein paar Mal gegen die grelle Helligkeit an und rieb mir verschlafen über die Augen. Der Fernseher lief noch.
»Hallo meine beiden Prinzessinnen«, flüsterte Dad. Er lehnte im Türrahmen und beobachtete uns mit einem liebevollen Lächeln im Gesicht. Seine braunen Augen lagen in tiefen Furchen und wirkten wie immer müde und erschöpft. Man sah ihm an, dass die Arbeit ihm zu schaffen machte. Ich meinte auch zu erkennen, dass er an Gewicht verloren hatte.
»Hey«, murmelte ich zurück. Sofort legte Dad seinen Finger vor die Lippen und deutete mit einem Nicken auf Mia. Mein Blick wanderte zu ihr und erst jetzt erkannte ich, dass sie nach wie vor tief und fest im Land der Träume schlummerte. Dad kam leise näher.
»Geh nach oben und leg dich schlafen. Ich bringe unsere kleine Motte ins Bett«, wisperte Dad und nahm Mia vorsichtig auf den Arm. Sofort kuschelte sie sich an seine Brust und gab verschlafene Laute von sich. Dad mit Mia auf dem Arm zu sehen, erwärmte augenblicklich mein Herz. Es war ein Bild, das ich mir für immer im Gedächtnis behalten wollte.
Dad zwinkerte mir zu und flüsterte ein lautloses Gute Nacht, ehe er mit Mia durch die Tür verschwunden war. Ich warf die Wolldecke beiseite und griff nach meinem Handy, um nach der Uhrzeit zu schauen. Als ich auf den Bildschirm blickte, zeigte mir mein Telefon eine neue Nachricht an. Doch nicht nur irgendeine Nachricht.
Sie war von Logan.
Sofort begann mein Herz im Brustkorb zu hämmern und meine Hände begannen zu schwitzen.
In Lichtgeschwindigkeit entsicherte ich die Tastensperre und öffnete die SMS.
Drea,
es tut mir unfassbar leid.
Ich wollte dich niemals verletzen.
Du hast jemand Besseren verdient,
jemand der dich aufrichtig liebt und
der dich so behandelt, wie du es
auch verdient hast. Ich hoffe
du verzeihst mir irgendwann.
Logan
Wieder liefen mir stumme Tränen über die Wangen. Logan empfand nicht auf dieselbe Weise, wie ich. Mia hatte Unrecht.