Читать книгу Nachtstreuners Flaschenpost - Louis Leon Cherrel - Страница 4

1: Morgens

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Ich blicke in die gleißende Sonne Andalusiens. Mein Blick wandert vom Himmel hinunter in das Tal. Eingebrannt auf meiner Netzhaut bleibt der Himmelskörper als weißer Fleck in meinem Blickfeld bestehen. Nach und nach schrumpft die Sonne meiner Netzhaut wieder, sodass mein Sichtfeld sich erweitert. Ich hebe meinen Hut und wische mir den Schweiß von der Stirn. Der Hirte in der Ferne treibt seine Schafsherde voran. Ich klettere über einen großen Stein, um ihm zu folgen. Doch plötzlich weht stürmisch der Bruder der Levante auf und die Küste Afrikas ist zum Greifen nah. Ich greife zu, werde vom Wind mitgezogen, wirble über die Meeresenge und lande sanft vor einer mit lehmigem Boden bedeckten Gasse, in einer Stadt des schwarzen Kontinents. Die Gasse führt einen kleinen Hang hinauf. Ich folge dem Weg. Der Aufstieg ermüdet mich. Oben angekommen erblicke ich ein Glaswarengeschäft, in welchem Tee ausgeschenkt wird. Ich bestelle in einer fremden Sprache und ein Jüngling bringt mir ein Glas Tee. Ich trinke, blicke in das Glas und plötzlich verfärbt sich der Tee. Er verwandelt sich, nimmt den Farbton des lehmfarbenen Bodens an. Ich blicke tiefer in das Glas. Ich blinzele. Die neue Farbe des Tees nimmt mein gesamtes Blickfeld ein. Ich blinzele erneut. Der Tee ist verschwunden, nunmehr liegt der reine Boden vor mir. Ich hebe den Kopf. Der Jüngling Santiago sitzt neben mir. Die Sonne geht gerade auf. Er hat Reisegepäck neben sich auf dem Boden liegen. Wir rauchen gemeinsam die Nargile. Santiago zieht – beruhigendes Blubbern. Er atmet aus, reicht mir den Schlauch und spricht „Baktu“. Ich nehme einen tiefen Zug, schließe die Augen, lehne mich zurück – „Baktu“.

Vogelgezwitscher.

Ich öffne die Augen. In meiner Hand befindet sich eine hölzerne Lesepfeife. Ich blicke auf meine haarigen nackten Füße. Ich sitze auf einer Bank vor einem mit Gras bewachsenen Hügel, in welchem eine tiefgrüne, runde Türe eingelassen wurde. Um mich herum ein Bauerngarten: Kapuzinerkresse, Lavendel, Rosen und diverse Kräuter. Auch einige Weinreben hangeln sich den Hügel neben der Tür hinauf. Neben mir befindet sich ein kleiner Brombeerstrauch, von dem ich verträumt ein wenig nasche.

Ein Schlürfen links von mir lässt mich aufschrecken. Neben mir steht ein kleiner Mann, der aus einer weißen Porzellantasse Kaffee saugt. Er reicht mir auch eine Tasse und setzt sich neben mich auf die Bank. Auch er ergreift eine riesige Tabakpfeife, klappt eine Zeitung auf und fängt an langsam kleine Rauchringe in die vor uns liegende Hügellandschaft zu pusten.

„Ein wirklich wunderbarer Morgen mein Freund!“

Ich nicke zustimmend, nehme einen Schluck Kaffee und puffe den Tabak. In der Ferne sehe ich einen alten Mann näherkommen. Wie von selbst nehme ich noch einen tiefen Zug von der Pfeife und trinke den Kaffee mit einem großen Schluck aus. Eine unsichtbare Hand packt mich am Kragen. Die Kraft zieht mich herum, die kreisrunde Tür zur Höhle öffnet sich und ich werde hineingezerrt. Leise ertönt ein Geräusch, wie wenn jemand die Nadel eines Plattenspielers auf eine Schallplatte aufsetzt. Während ich nach der Quelle suche, erklingt eine Melodie: Es sind Reggae-Offbeats zu hören, eine Band wird auf Englisch angekündigt, ich suche weiter, jemand fängt an auf Deutsch zu singen, ich blicke in den nächsten Raum und entdecke endlich die Quelle: In dem Raum stehen elf Männer an unterschiedlichsten Instrumenten, alle tanzen und feiern ihre Musik. Einer der Männer verwandelt sich in einen Fuchs, rennt auf mich zu, springt mich an, reißt mich um und kläfft ununterbrochen im Rhythmus der Musik „aufstehen, …, aufstehen, …, aufstehen, …“ Der Fuchs reißt sein Maul auf und verschluckt meinen Kopf, ohne dabei mit dem Singen aufzuhören. Ich reiße mich herum, schlage mit Armen und Beinen um mich, versuche mich aus der Klemme zu befreien, doch im letzten Moment, gerade als die Beklemmung unerträglich zu werden scheint, schaffe ich es, das weiche Wesen von mir weg zu reißen und bin frei.

Ich blicke mich um. Strahlender Sonnenschein durchflutet den Raum. Meine Augen sind schwer. Ich versuch den Schlaf aus ihnen heraus zu reiben. Ich wühle meine Hand unter der Decke hervor und taste links neben meinem Bett den kleinen Nachttisch ab. Ich bekomme mein Handy zu fassen und schalte den Wecker aus. Der Song der Berliner Band stoppt abrupt. Ich blicke auf das Display. Keine neuen Nachrichten, nur die Uhrzeit. Mein Kopf dröhnt. Ein oder zwei Drinks weniger hätten es wohl auch getan. Wenn ich mich später beeile kann ich noch ein bisschen weiterdösen; verschlafenes Abwägen, doch schließlich überwiegt das Argument, dass man von kurzen Schlafperioden auch nicht wacher wird - die Schlummerfunktion ist gnadenlos. Ich reiße mit einem Ruck die Bettdecke von meinem Körper und schwinge mich auf die Bettkante. Aus der Nachtischschublade hole ich eine kleine weiße Packung hervor und schüttle sie nah an meinem Ohr. Wie ein kleines Kind sich über eine Rassel freut, so freue auch ich mich über das Geklimper der Packung. Ich lasse eine Brausetablette in der Wasserflasche verschwinden, die zu meinen Füßen bereitsteht.

Ich stehe auf, stecke mein Handy in die Tasche meiner Schlafanzughose und öffne eines der großen Fenster. Eine warme Sommerbrise streift mich und weht in das Zimmer. Die tiefrote wappenlose Flagge an der Wand schlägt Wellen. Das sommerliche Wetter der letzten Tage hat sich also gehalten. Diese Tatsache ist ein mindestens genauso gutes Schmerzmittel, wie die sich im Wasser auflösende Tablette.

Ich atme tief ein und erfreue mich noch einen Moment an dem angenehmen Wetter. Dann gehe ich zu meinen Anziehsachen, um zu sehen, ob alle meine Wertsachen noch da sind oder ob ich etwas verloren habe. Zuerst wühle ich in den Taschen der Jeans nach meinem Portemonnaie und lande direkt einen Treffer. Sehr gut! Und auch den zweiten Punkt meiner Suchliste kann ich schnell abhaken: Mein Schlüssel war zwar nicht in der Hose zu finden, doch ich sehe ihn auf meinem Schreibtisch herumliegen. Doch wo ist meine Uhr? Ich prüfe wieder meine Hosentaschen, den angrenzenden Sessel, grabe mich durch meine Bettwäsche, gucke noch mal über den Schreibtisch, wende mich erneut den Anziehsachen zu. Fuck! Wo ist meine Uhr?!

Stressschweiß, eine Hitzewelle.

Oh man, das wäre eine Katastrophe. Ok, ganz ruhig Marten, Ruhe bewahren. Ich setze mich auf meine Bettkante und trinke den letzten Schluck aus der Glasflasche. Am besten gehe ich in aller Ruhe durch, was ich gestern gemacht habe, nachdem ich Heim gekommen bin: Ich habe die Tür aufgeschlossen, habe meine Schuhe abgestellt und die Jacke aufgehängt. Hatte ich da meine Uhr noch an? Kein Plan! Egal, weiter überlegen: In der Küche ein vorgezogenes Frühstück, klassisch versackt und einen Drink heruntergekippt. Die nächsten Erinnerungen spielen bereits in meinem Zimmer: „Mad Men“ auf dem Laptop, die Zahnbürste im Mundwinkel, Laptop zugemacht. Kurz versucht zu lesen, bis die Buchstaben umherhüpften und der Inhalt direkt wieder in Vergessenheit geriet. Im Schlafanzug die Decke übergestreift, und gewartet, bis der Schlaf das Erlebte zu Erinnerungsresten werden lies.

Doch wann habe ich meine Uhr abgelegt? Habe ich sie verloren? Falls ich sie beim Zocken bei Friedrich vergessen hätte, hätte er mir bestimmt schon geschrieben.

Erneute Panik.

5000 Euro einfach so weg, das wäre schon leicht ärgerlich.

Doch dann ein Geistesblitz: Hatte ich mit dem Lesen nur aufgehört, weil mein Nervensystem mit dem Alkohol überfordert gewesen war? Don Drapers Konsum in „Mad Men“ war doch auch nicht geringer und er konnte trotzdem kreativ sein. Der eigentliche Punkt könnte gewesen sein, dass mich während des Lesens meine Uhr am Handgelenk gestört hatte.

Ja, jetzt glaube ich mich richtig zu erinnern: Ich hatte sie abgelegt und mir war aufgefallen, dass es schon halb sieben Uhr morgens war. Deswegen hatte ich bestimmt aufgehört zu lesen und nicht, weil ich zu betrunken war. Ich blicke also auf meinen Nachttisch und tatsächlich, unter einem aufgeklappten Buch liegt meine Uhr. Der ganze Stress mal wieder umsonst – sollte ich weniger trinken?

Wir haben früher häufig Familienurlaub in Bungalows in Südfrankreich gemacht. An heißen Sommertagen riecht für mich das Haus immer nach solchen Urlauben. Wegen der leichten Katerstimmung fühle ich einen Moment lang Fernweh und etwas Einsamkeit. Zwei drei Atemzüge später wird mir aber bewusst, wie sehr ich es mag, das Haus komplett für mich alleine zu haben. Meine Eltern waren vor ein paar Tagen zu einem Urlaub in unserem Ferienhaus in der Provence aufgebrochen. Ich atme noch einmal den Geruch ein, der mich so an die alten Urlaube erinnert. Immer diese Nostalgie. Ich schüttle den Kopf und lasse den Duft einfach von einer frisch entflammten französischen Zigarette überdecken.

Als ich die Treppe nach unten gehe, begleitet mich die Ruhe des leeren Hauses. Auf den letzten Stufen höre ich schon die Standuhr im Wohnbereich zweimal schlagen: 14 Uhr. Ich beseitige die Spuren meines Abendmahls und lege an der Musikanlage „Hest“ von Kakkmaddafakka auf den Plattenspieler.

Sommer – Freude – Tanzlust.

Laut mitsingend wärme ich einige Aufbackbrötchen im Ofen auf und mache mich daran Orangen für meinen Saft auszupressen.

Ein paar Minuten später sitze ich an meinem Lieblingsplatz im Garten: Der Tisch im Schatten, direkt am schmalen Bachlauf, der in unseren Teich mündet.

Mettbrötchen, Camembert mit Feigensenfsauce, Saft und ein starker Kaffee stehen vor mir bereit. Dazu noch diese Ruhe, weil niemand überflüssig smalltalken will. Der Tag rückt sich Stück für Stück in ein positiveres Licht. Eine neue Zigarette zwischen den Lippen strecke ich mich in der prallen Sonne. Ich lasse kleine Rauchschwaden in den sonst wolkenlosen Himmel aufsteigen. Der letzte Schluck schwarzen Suds wandert die Speiseröhre hinab und so kommen meine Gedanken langsam in Fahrt:

Die Ziehharmonika machte einen gewaltigen Knick. Mir wurde im Bus schon immer schlecht. Die Kurve wollte einfach nicht enden und ich wurde von der Zentrifugalkraft in die Seite meines Vaters gedrückt. Meine suchenden Hände fanden eine Stange und ich konnte mich zurück auf meinen Sitzplatz ziehen. Schwitzende Menschen tummelten sich in der Ein- und Ausstiegszone. Der Bus war völlig überfüllt. Mein Vater starrte angewidert in die Leere. Ich brauchte ihn nicht zu fragen, was er über die ganze Aktion dachte.

Nach ein paar Stationen fiel mir ein Mädchen auf. Zwei, drei Reihen schräg vor uns hatte sie sich hingesetzt. Sie ging in meine Stufe. Das wusste ich ganz genau, denn ich hatte sie schon mehrfach in der Schule beobachtet. Ich mochte sie, aber nicht nur, weil ich sie einfach wunderschön fand. Da war noch etwas Anderes. Selbstverständlich hatte ich es nicht gewagt sie anzusprechen. Nicht, dass sie irgendwie abgehoben oder unnahbar wirkte, eher die Natürlichkeit, auf der ihre Schönheit beruhte, machte sie für mich so schwer zu bewältigen. Theoretisch hatte ich keine Probleme damit, ein Mädchen anzusprechen, dass mich beeindruckte. Doch das hier, war für mich von Anfang an etwas ganz anderes gewesen.

Als ich nun kurz darauf erneut wuchtig in meinen Vater hineinrutschte, platzte es aus ihm heraus: „So eine nervige Kacke. Wo nehmen die denn ihre beschissenen Fahrer her. Keine Haltestelle schafft er anzufahren, ohne dass der halbe Bus aus den Fugen gerät. Wenn ich so meinen Beruf verrichten würde! Hätte ich mich mal nicht auf deinen Rat verlassen, sondern wäre einfach, wie ursprünglich geplant, mit dem Taxi gefahren!“

Mit grimmiger Miene überkreuzten sich seine Arme. Er hatte sich einen neuen Wagen gekauft, der nun früher als geplant abholbereit war. Allerdings war meine Mutter für einige Tage verreist und ich war zum Fahren noch nicht alt genug. Die Idee mit dem Bus kam von mir, denn eine Taxifahrt durch die halbe Stadt wäre deutlich teurer gewesen als die Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen. Dass mein Vater komfortverwöhnt und ihm der preisliche Unterschied gänzlich gleichgültig gewesen war, hatte ich irgendwie ausgeblendet. Ich war die Strecke schon öfter gefahren, doch nie im Feierabendverkehr. Wenn ich ganz ehrlich zu mir war, säße ich jetzt auch lieber im Taxi. Doch dann sah ich wieder das Mädchen und alles machte einen Sinn.

Wenige Haltestellen vor unserem Ziel stiegen einige junge Männer in den Bus. Sie unterhielten sich auf Arabisch. Ich sah mich um, damit ich die Reaktionen der anderen Fahrgäste einfangen konnte. Auf einmal fingen eine ältere Dame und ein Herr lautstark an, sich zu unterhalten: „Das wird noch ein ganzes Stück Arbeit, diese ganzen Flüchtlinge hier zu versorgen und die Kosten, die dadurch erst entstehen.“

Kopfschüttelnd gab der Gesprächspartner seine Zustimmung: „Aber hallo. Was die Merkel sich dabei denkt. Wir haben ja so schon kaum Ausbildungsplätze und dann sollen jetzt auch noch diese ganzen Asis hier aufgenommen werden. Die lungern doch wieder nur in Marxloh rum und machen ihre kriminellen Geschäfte. Da hab ich letztens noch was in der Zeitung gelesen.“

Immer mehr Fahrgäste beteiligten sich nun an dem Gespräch. Ich schämte mich und war einfach nur froh, dass diese jungen Männer noch nicht gut genug deutsch sprachen, um zu verstehen wie gerade über sie geredet wurde. Auf einmal ging einer der Sprechenden auf die Flüchtlinge zu und fragte sie, ob sie denn auch Fahrscheine hätten. Mittlerweile verfolgten die meisten Fahrgäste des Busses die Szene mit großer Aufmerksamkeit. Auch das Mädchen aus meiner Stufe blickte herüber.

„Fahrschein? Fahrschein? Du haben Fahrschein?“

Die jungen Leute verstanden natürlich nichts und blickten den Sprechenden einfach nur verwundert an.

Eine weitere Frau ergriff das Wort und fragte: „Do you have a ticket? A ticket? A ticket for the bus?“

Jetzt schienen sie zu begreifen und einer holte einen zusammengeklappten Zettel aus seiner Hosentasche und reichte ihn dem Mann. Dieser holte eine Lesebrille aus seiner Hemdtasche und begutachtete wie ein Kontrolleur das Dokument. Dann hellte sich seine Miene auf und er lachte, während er das Papier der Frau reichte: „Die haben gar kein Ticket. Das ist einfach ein Pass. Die fahren schwarz. Das war ja klar, dass die sich hier durchschnorren wollen.“

Die Frau wedelte hektisch mit dem Zettel des Flüchtlings in der Luft herum und sagte dabei mit mahnendem Blick zu ihm: „Nur weil ihr einen Ausweis habt dürft ihr doch nicht einfach Bus fahren. Das kostet euch eine Menge Geld.“

Dann wand sie sich zu dem Mann, der zuerst gesprochen hatte: „Ja das ist ja mal eine Unverschämtheit. Die sollten sofort ein Bußgeld bezahlen. Solche Leute muss man direkt hart rannehmen, sonst wird das ja mal gar nichts mit der Integration.“

Die jungen Männer schienen absolut nichts mehr zu verstehen und lächelten einfach nur verunsichert vor sich hin. Plötzlich stand das Mädchen aus meiner Stufe genervt auf. Schon im Gehen rief sie den beiden zu: „Meine Güte! Jetzt reicht es hier aber.“

Verdutzte Gesichter, während das Mädchen mit einem finsteren Blick der Dame das Dokument aus der Hand riss und es lächelnd, dem sichtlich erleichterten Flüchtling zurückgab. Wieder zu dem Mann und der Frau gewand sagte sie: „Ihr solltet euch was schämen. Die haben doch mit Sicherheit schon genügend Probleme. Wahrscheinlich wussten sie gar nicht, dass sie sich noch ein Ticket hätten kaufen müssen. Ihr seid einfach miese Rassisten. Zu den ganzen anderen Leuten im Bus geht ihr doch auch nicht hin und fragt nach den Fahrscheinen, obwohl die Hälfte wahrscheinlich auch ohne Ticket unterwegs ist. Da wird mir wirklich schlecht!“

Damit war alles gesagt und die Kritiker blieben für die restliche Fahrt stumm. Mein Vater flüsterte mir jedoch zu: „So eine Kleine, die hat ja ganz schön was drauf. Früher hab ich solche Mädels immer toll gefunden, aber irgendwann hab ich mich dann für den besseren und für die Karriere klügeren Weg entschieden und eine Frau genommen, die angepasster ist und weiß, wo ihre Aufgaben liegen sollten.“

Ich erwiderte nichts, wusste aber ganz genau, dass ich dieses Mädchen unbedingt als meine Freundin haben musste.

Der Zigarettenrauch und meine Gedanken haben sich wieder aufgelöst. Im Haus drehe ich die Schallplatte auf die B-Seite und stelle auf die Boxen im Badezimmer um. Ich schiebe den Duschhahn in den blauen Bereich. Das kalte Wasser saugt mir auch noch den letzten Tropfen Müdigkeit aus den Knochen.

Würdest du lieber mit dem Fahrrad zum Strand oder mit dem Auto zur Arbeit fahren? Als Kompromiss arbeite ich an einer Wasserskianlage unweit unseres Hauses. Ich muss dort die Seilbahn bedienen und den Anfängern das Fahren beibringen. Das fällt mir nicht sonderlich schwer, denn ich betreibe diesen Sport selber seit einigen Jahren. Das Bedienen der Anlage ist ganz entspannt, denn es gibt nur wenige Knöpfe die man drücken muss. Der spannendere Teil ist natürlich das Einweisen der Anfänger. Das kommt außerdem noch sehr gut bei den Mädels an. Ich bezeichne meinen Job deshalb spaßeshalber als Mischform aus Surf- und Skilehrer.

Ich prüfe die Uhrzeit über mein Handy, merke, dass ich nicht mehr viel Zeit habe und sehe einige Nachrichten auf der Anzeige. Ich gehe durch: Neben dem normalen Spam bei Instagram und WhatsApp sind da auch noch ein paar interessante Nachrichten von meinen Dudes. Scheinbar wird für heute wieder ein Männerabend geplant. Ich überfliege alles, sage zu und stecke mein Handy weg. Ich gehe kurz gedanklich meine To-Do-Liste durch und renne dann hoch in mein Zimmer, um mein Equipment zusammenzupacken. Ich ziehe eine Snapback auf, stecke mir Kopfhörer in die Ohren und setze mir meine Sonnenbrille auf die Nase.

Während ich runter zum Fahrradschuppen gehe, drehe ich über mein Handy das neue Marteria Album auf. Ich befestige mein Wakeskate an meinem Cruiserbike, rappe laut mit und rolle los.

Nachtstreuners Flaschenpost

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