Читать книгу Der Wahrheits-Code - Louis von Eckstein - Страница 11

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CHARISMA VERSPRÜHEN

»Na, hör’ mal …«, sagte Ben, nachdem er mich zur Seite gezogen hatte. »Du bist ein echtes Talent, ein wahrer Künstler, das seh ich schon jetzt und … ich hab’ dich jetzt schon zum zweiten Mal gesehen, das letzte Mal war vor zwei Wochen drüben in der Veranstaltungshalle! Ich liebe dein Handwerk, deine Stücke sind unübertroffen hier in der Region … aber bitte, bitte, tue mir einen Gefallen …«

Damit hatte er mich. Ich hing an seinen Lippen und wollte unbedingt hören, was für einen Gefallen ich ihm tun sollte.

Die ganze Geschichte spielte sich zu Anfang meiner Karriere ab. Ich trat mehr oder weniger frischgebacken als Illusionist auf und war noch ziemlich grün hinter den Ohren. Dankbar nahm ich Feedback und Tipps an, so auch von Ben, der mich nach der Show ansprach. Gespannt forderte ich ihn auf, weiter zu sprechen: »Nun rück schon raus mit der Sprache, ich möchte lernen – was kann ich besser machen?«

Er grinste mich verschmitzt an, ehe sich seine Miene verdunkelte. »Louis …«, setzte er an, »wenn du den Sprung nach oben schaffen und bundesweit die Bühnen bespielen willst, dann …«

»Ja?« – ich war aufgeregt.

»… dann musst du an deiner Charismaschraube drehen!«

Ich verstand nicht. »An meiner … woran soll ich drehen?«

Jetzt lachte Ben wieder. »An deinem Charisma sollst du arbeiten!«

Etwas verdutzt war ich froh, dass er weiter ausführte: »Die Menschen gucken dir auf die Finger und sind erstaunt darüber, dass plötzlich dieses oder jenes geschehen ist. Sie können es sich nicht erklären. Glaube mir – ich bin ja mitten unter ihnen! Ich höre, was sie tuscheln und was sie sagen. Sie lieben, was du zeigst – aber leider verkörperst du noch nicht den Typ, dem sie bedingungslos folgen würden.«

Enttäuschung machte sich in mir breit und umfasste meine Knie. Ich hielt viel von mir selbst, bereitete jeden Auftritt akribisch vor und steckte viel Zeit in meine Übungen. Wenn mir jemand zuschaute, sollte er im wahrsten Sinne des Wortes »verzaubert« werden – und nicht müde einschlafen.

»Nein, so schlimm ist es nun auch nicht«, beschwichtigte Ben, »aber wie immer im Leben kommt es darauf an, wie du dich verkaufst.«

Das saß. Ich verkaufte mich also nicht gut. Trotzdem war ich gepackt, heiß. Ich wollte genauer wissen, was er meinte. »Ich coache Führungskräfte. Die, in den großen Hochhäusern. Wenn du möchtest, lass uns heute Abend noch in der Bar nebenan treffen, dann gebe ich dir ein paar Tipps. Ich muss jetzt erstmal meine Kids nach Hause bringen; sie fanden deine Vorstellung großartig und sind etwas aufgekratzt. Wenn sie schlafen, komm ich gerne nach, was denkst du? Gegen 23 Uhr?«

***

Wir trafen uns um kurz vor elf auf den ein oder andern Drink und von Anfang an war ich in seinen Bann gezogen. Er hatte zu Hause die Kleidung gewechselt und wirkte dadurch anders als noch ein paar Stunden zuvor im Veranstaltungssaal. Wir machten es uns in einer Ecke gemütlich und sprachen über Gott und die Welt, ehe er auf das Thema »Charisma« zu sprechen kam.

»War ich vorhin zu direkt?«, erkundigte er sich. Ich antwortete, dass ich mich freuen würde, so ehrliches Feedback zu erhalten, auch wenn seine Worte an mir nagten. Er grinste mich warmherzig an und sagte: »Ja, klar, das kann ich verstehen. Hey – mir ginge es wahrscheinlich genauso! Ich vermute, mit ein paar Veränderungen kannst du noch mal einen ganz anderen Eindruck nach außen vermitteln. Hast du Lust, dass ich dir ein bisschen was erzähle?«

Ben war selbständiger Coach für Vorstände, Aufsichtsräte und Manager und leitete sie darin an, ihre Wirkung zu verbessern, ihr Charisma zu schärfen. Und im Folgenden möchte ich gebündelt weitergeben, was er mir damals beigebracht hat.

Was ist Charisma und wie bekomme ich es?

Hier eine kleine Denkaufgabe: Denken Sie willkürlich an irgendeinen Prominenten, der Ihnen besonders charismatisch vorkommt, vielleicht sogar zwei oder drei verschiedene. Es müssen keine zeitgenössischen Personen sein, auch bereits Verstorbene sind denkbar. Gehen Sie Ihren Fundus der Reihe nach durch: Politiker, religiöse Führer, Schauspieler, Sänger, Entertainer, Modedesigner, Fußballer – wer kommt Ihnen in den Sinn?

Sobald Sie drei Personen vor Ihrem geistigen Auge haben, können Sie weiterlesen.

In der soeben erzählten Geschichte habe ich von einem meiner ersten Aufritte erzählt. Um das Konzept des Charismas zu erklären, eignet sich erneut ein Blick auf meine Shows. Hinterher, wenn ich von der Bühne gehe, frage ich mich stets: Wie habe ich auf das Publikum gewirkt?

Genau um diese Antwort geht es; Charisma ist die Ausstrahlungskraft des Menschen. Eine charismatische Person zieht andere Menschen in ihren Bann und verfügt über eine spezielle Anziehungskraft. Sie wirkt sympathisch und schreitet erfolgreich durchs Leben, nicht ohne kleine und große Vorteile zu erspielen und Menschen für sich zu gewinnen.

Charisma ist die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und dort festzuhalten.

Charismatisch ≠ Everybody’s darling

Charismatisch zu sein bedeutet nicht, von allen gemocht zu werden. Vielmehr geht es darum, von allen wahrgenommen zu werden und darüber hinaus eine Faszination auszulösen. Ehemalige politische Führer waren nicht »everybody’s darling« – charismatisch aber durchaus. Den Anspruch, allen Menschen eine gleich große Zuneigung abzuringen, können Sie in die Schublade der schlechten Ideen einsortieren; Sie werden niemals allen Menschen gefallen. Im Gegenteil: Es gehört zum Werkzeugkasten eines charismatischen Menschen, von einigen sehr bewundert zu werden, andere dafür links liegen zu lassen.

Wenn Sie eine Gruppe fremder Menschen kennenlernen, in einer Bewerbungsrunde oder auf der Gartenparty eins Bekannten, werden Ihnen 20 Prozent skeptisch gegenüberstehen und zehn Prozent werden Sie von Beginn an nicht leiden können. Der Rest, also die deutliche Mehrheit mit 70 Prozent, wird Ihnen wohlwollend und offen entgegnen.

Was würde passieren, wenn Sie jedem gefallen wollen würden? Sie würden sich damit auf die wenigen Personen konzentrieren, die Ihnen ohnehin »keine Chance« geben und damit Ihre Energie in die falschen Bahnen lenken. Sinnvoller ist, sich auf die Menschen zu konzentrieren, die Ihnen positiv gestimmt sind und diese zu regelrechten »Fans« zu machen.

Das geht nicht von heute auf morgen; schenken Sie dem Thema und sich selbst genug Zeit, um zu üben. Das habe ich damals auch gemacht, nachdem ich mit Ben gesprochen habe: Ich habe immer wieder trainiert.

Trainieren Sie die Fähigkeit, Begeisterung auszulösen!

Eine Sache, die auch Sie bewusst trainieren können, ist Begeisterung zu erzeugen. Begeisterung ist ein zentrales Element des Charismas. Wenn ich auf der Bühne stehe, begeistere ich mein Publikum. Je mehr Charisma ich durch meinen Auftritt erzeuge, umso stärker fühlen sich die Menschen im Publikum von mir in den Bann gezogen. Die Frage ist nur: Warum eigentlich? Ist es, weil meine Tricks so unglaublich atemberaubend sind? Oder liegt es an der Art, wie ich sie präsentiere? Ist es die Art, wie ich mich auf der Bühne bewege und mit meinem Publikum interagiere?

Versetzen Sie sich in die Lage des begeisterten Zuschauers. Wie muss eine Person auftreten, damit sie Ihre Aufmerksamkeit erregt? Was muss passieren, damit Sie restlos begeistert sind? Welche Gegebenheiten lösen bei Ihnen Begeisterung aus? Nehmen Sie sich einen kurzen Moment und halten Sie inne.

Wahrscheinlich stellen Sie fest, dass Sie durch vieles begeistert werden können – Orte, Personen oder besondere Erlebnisse. Stellen Sie sich vor, Sie fahren in den Urlaub und betreten dort das erste Mal Ihr Hotelzimmer – Wow! Sie sind begeistert. Am nächsten Tag das Frühstück – die Begeisterung geht weiter. Sie können diese Gedankenreise beliebig fortsetzen, um das Gefühl davon, begeistert zu sein, abzurufen.

Ein genau solches Gefühl der Begeisterung überkommt uns auch, wenn uns eine charismatische Person begegnet. Sobald sie den Raum betritt, füllt sich die Luft. Irgendwas an dieser Person löst eine Faszination in uns aus, die wir nicht richtig greifen können. Diese Person ist besonders – nur, inwiefern?

Je klarer Sie für sich definieren können, was Begeisterung in Ihnen und anderen Menschen auslöst, umso gezielter können Sie daran arbeiten, auch selbst andere zu begeistern. Wenn es Ihnen also das nächste Mal wieder die Sprache verschlägt vor lauter Euphorie, hinterfragen Sie, was genau dieses Gefühl bei Ihnen ausgelöst hat und wie Sie selbst einen solchen Effekt erzeugen können. Lernen Sie die Mechanismen verstehen und wenden Sie sie für sich an.

Nichts anderes habe auch ich getan, als ich mein Vorhaben in Angriff nahm, charismatischer zu werden. Ich analysierte Personen und Situationen bis ins letzte Detail und begab mich auf die Suche nach diesem »gewissen Etwas«, das manche Personen versprühen. Eines Tages fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen: Ihr Geheimnis lag zum großen Teil in ihrer Körpersprache.

Mehr Charisma durch den gezielten Einsatz von Körpersprache

Wenn Sie Leute beobachten, die Sie als charismatisch bezeichnen würden, wird Ihnen eine Sache auffallen: Es ist nicht wichtig, was die Person tut, sondern vielmehr, wie sie es tut.

Angenommen, Sie sitzen im Publikum einer Zaubershow. Die Vorstellung beginnt und einer meiner Kollegen betritt die Bühne. Mit einem Funkeln in den Augen heißt er die Zuschauer willkommen, schreitet sicheren Schrittes voran und signalisiert durch seine offene, selbstbewusste Gestik, dass er dazu imstande ist, einen grandiosen Auftritt hinzulegen. Ich beobachte das Geschehen aus dem Hintergrund, während ich mich innerlich auf meinen bevorstehenden Auftritt vorbereite. Alles läuft prima – bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich herausstellt, dass meinem Kollegen in seinem Trick ein eindeutiger Fehler unterlaufen ist. »Hoppla …«, denke ich mir mit einem Anflug von Mitgefühl, »das war’s dann wohl mit dem begeisterten Publikum!« Doch ich habe falsch gedacht! Mit seinem ungebrochenen Charme schafft er es, die Kurve zu kratzen und erntet tobenden Applaus. »Seltsam«, denke ich mir nun.

Als Nächstes bin ich an der Reihe. Leicht verunsichert betrete ich nervös die Bühne, den Blick zum Boden gerichtet und offensichtlich in meine Gedanken vertieft. Der Zaubertrick, den ich zur Schau stelle, ist technisch einwandfrei, aber innerlich wende ich mich von meinem Publikum ab. Und tatsächlich: Der Funke springt nicht über. Am Ende ernte ich zwar Applaus, aber nicht so tobend wie mein Vorgänger.

Den spektakulärsten Kartentrick der Welt kann ohne den entsprechenden Auftritt dennoch gelangweilte Gesichter erzeugen. Wenn Sie Charisma erzeugen und Menschen mit Ihrer Ausstrahlung gewinnen oder beeinflussen wollen, müssen Sie auch mit Ihrer Körpersprache umgehen können.

Warum es sich lohnt, charismatischer zu werden

Was bringt es Ihnen, Ihrem Auftreten eine Prise Charisma zu verpassen?

Menschen mit Charisma haben Einfluss. Sie können begeistern und motivieren, weil sie als Vorbild gesehen werden. Wir alle leben von unserer Wirkung auf andere Menschen.

Alles, was Sie für sich selber und Ihr Selbstwertgefühl tun, ist positiv für Ihre Ausstrahlung. Haben Sie Mut, Leidenschaft und Ausdauer, seien Sie selbstsicher und standhaft. Sie werden merken, wie sich all das positiv auf Ihre Ausstrahlung und damit auf Ihre Ziele in Bezug auf Ihre Mitmenschen auswirken wird.

Auch digital machen wir uns Charisma zunutze …

Noch ein Hinweis auf die Corona-Pandemie, die uns Anfang 2020 überrollt hat: Seither wird ein großer Teil des Berufslebens, aber auch des privaten Sozialverhaltens über mobile Telekommunikation und das Internet geregelt. Meetings und persönliche Gespräche entfallen und werden durch Videokonferenzen ersetzt.

Es ist wichtig, bei kurzen Zusammentreffen das größtmögliche Maß an Aufmerksamkeit zu gewinnen, um einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Erzeugen Sie Vertrauen, nehmen Sie Ihrem Gegenüber sämtliche Ängste, begeistern Sie ihn. Stechen Sie aus der Masse heraus und Sie werden sehen, dass Sie im Ansehen steigen werden!

Wir beschäftigen uns mit dem perfekten Auftreten bei Videokonferenzen im Bonus-Kapitel weiter hinten in diesem Buch.

Zunächst aber zehn Tipps, die Sie konkret umsetzen können!

Der Wahrheits-Code

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