Читать книгу Bei Sonnenaufgang - Louise Penny - Страница 5

3

Оглавление

Am nächsten Morgen stand Clara früh auf. Sie zog ihre Gummistiefel an und streifte einen Pulli über ihren Schlafanzug, schenkte sich einen Becher Kaffee ein und setzte sich in ihren Garten.

Die Leute von der Catering-Firma hatten alles aufgeräumt. Sämtliche Spuren der großen Grill- und Tanzparty vom gestrigen Abend waren beseitigt.

Sie schloss die Augen, spürte die junge Junisonne auf ihrem Gesicht und hörte die Vogelrufe und das Plätschern des unterhalb des Gartens dahinfließenden Bella Bella. Dazwischen mischte sich das Brummen der Hummeln, die in den Pfingstrosenblüten herumkletterten. Sich verstiegen.

Hin und her trudelten.

Es hatte etwas Komisches. Aber das war bei vielem so, wenn man es nicht besser wusste.

Clara Morrow hielt den warmen Becher zwischen den Händen, roch den Kaffee und das frisch gemähte Gras. Den Flieder, die Pfingstrosen und die frühen Duftrosen.

Das war das Dorf, in dem Clara als Kind unter ihrer Bettdecke gelebt hatte. Es befand sich in ihrem Zimmer, hinter dessen dünner Holztür ihre Eltern stritten. Ihre Brüder beachteten sie nicht. Das Telefon klingelte, aber niemand rief sie an. Augen huschten über sie hinweg, an ihr vorbei und durch sie hindurch. Zu jemand anderem. Jemand Schönerem. Interessanterem. Alle redeten, als wäre sie unsichtbar, und unterbrachen sie, als hätte sie nichts gesagt.

Aber wenn sie dann die Augen schloss und die Decke über den Kopf zog, sah die kleine Clara das hübsche Dörfchen in dem Tal. Mit dem Wald und den Blumen und den freundlichen Leuten.

Wo Summen und Trudeln etwas Gutes war.

Solange sie sich erinnern konnte, wollte Clara nur eines noch dringlicher als eine Einzelausstellung. Sie wollte keine Reichtümer, keine Macht, nicht einmal Liebe.

Clara Morrow wollte dazugehören. Und jetzt, mit fast fünfzig, war es so weit.

War die Ausstellung ein Fehler? Entfernte sie sie von den anderen?

Während sie so dasaß, fielen ihr einzelne Szenen des vergangenen Abends ein. Ihre Freunde, andere Künstler, Olivier, der ihren Blick auffing und beruhigend nickte. Die Aufregung, als sie André Castonguay und andere kennenlernte. Das glückliche Gesicht der Kuratorin. Die Grillparty im Dorf. Das Essen und Trinken und das Feuerwerk. Die Band und das Tanzen. Das Lachen.

Die Erleichterung.

Doch jetzt, im hellen Licht des Tages, war die Angst zurückgekehrt. Nicht wie sonst als Sturm, der über sie hinwegfegte, sondern als leichter Schleier, der sich über die Sonne legte.

Und Clara wusste, warum.

Peter und Olivier waren losgezogen, um die Zeitungen zu besorgen. Damit sie die Worte lesen konnte, die sie schon ihr Leben lang lesen wollte. Die Rezensionen. Die Kritikerworte.

Brillant. Visionär. Meisterhaft.

Langweilig. Abgekupfert. Vorhersehbar.

Welche würden es sein?

Clara saß da, nippte an ihrem Kaffee und tat so, als bedeutete es ihr nichts, als bemerkte sie die Schatten nicht, die mit jeder Minute länger wurden und auf sie zukrochen.

Eine Autotür fiel zu, und Clara zuckte in ihrem Stuhl zusammen, schreckte aus ihrer Versunkenheit auf.

»Wir sind wieder da-ha«, rief Peter.

Die Schritte kamen um das Cottage. Sie stand auf und drehte sich um, um Peter und Olivier entgegenzugehen. Aber plötzlich blieben die beiden wie angewurzelt stehen. Als hätten sie sich in riesige Gartenzwerge verwandelt.

Und statt sie anzusehen, starrten sie auf ein Blumenbeet.

»Was ist?«, fragte Clara, ging auf sie zu, wurde immer schneller, als sie ihren Gesichtsausdruck sah. »Stimmt etwas nicht?«

Peter drehte sich um, ließ die Zeitungen auf den Rasen fallen und hielt die Hand hoch, damit sie nicht weiterging.

»Ruf die Polizei«, sagte Olivier. Vorsichtig trat er näher zu dem Beet mit den Pfingstrosen und Tränenden Herzen und dem Mohn.

Und etwas anderem.

Chief Inspector Gamache erhob sich und seufzte.

Es bestand kein Zweifel. Es handelte sich um Mord.

Der Frau zu seinen Füßen war das Genick gebrochen worden. Hätte sie am Fuß einer Treppe gelegen, dann wäre er vielleicht davon ausgegangen, dass es ein Unfall gewesen war. Aber sie lag mit dem Gesicht nach oben neben einem Blumenbeet. Auf weichem Gras.

Die Augen standen offen und starrten in die Morgensonne.

Fast erwartete Gamache, dass sie blinzelte.

Er sah sich in dem schönen Garten um, der ihm so vertraut war. Wie oft hatte er hier in munterem Gespräch mit Peter, Clara und anderen gestanden, in der Hand ein Bier, der Grill angeworfen.

Heute nicht.

Peter und Clara, Olivier und Gabri hatten sich unten am Flüsschen postiert und sahen ihm zu. Zwischen ihnen und Gamache spannte sich das gelbe Flatterband und bildete eine scharfe Grenze. Auf der einen Seite die Ermittler, auf der anderen der Gegenstand der Ermittlung.

»Weiblich, weiß«, sagte die Rechtsmedizinerin, Dr. Harris. Sie kniete neben dem Opfer, genau wie Agent Isabelle Lacoste. Inspector Jean-Guy Beauvoir dirigierte das Spurensicherungsteam der Sûreté du Québec. Methodisch durchkämmten sie den Garten. Suchten nach Spuren. Fotografierten.

»Mittleren Alters«, fuhr die Rechtsmedizinerin fort. Nüchtern. Sachlich.

Der Chief Inspector hörte zu, wie sie die Informationen herunterrasselte. Besser als die meisten wusste er um die Macht von Fakten. Genauso gut wusste er allerdings, dass die meisten Mörder nicht in diesem Wust von Fakten gefunden wurden.

»Blondierte Haare mit grauem Ansatz. Leicht übergewichtig. Kein Ring am Ringfinger.«

Fakten waren wichtig. Sie zeigten die Richtung an und halfen einem, das Netz zu spinnen. Aber einen Mörder fing man, indem man nicht nur den Fakten folgte, sondern auch den Gefühlen. Den übel riechenden Gefühlen, die aus einem Menschen einen Mörder machten.

»Das Genick ist am zweiten Wirbel gebrochen.«

Chief Inspector Gamache hörte und sah zu. Die Abläufe waren vertraut. Aber das milderte nicht das Grauen.

Noch immer, nach all den Jahren als Leiter der Mordkommission der legendären Sûreté du Québec, nach all den Mördern, nach all den Morden, war er entsetzt, wenn ein Leben geraubt wurde.

Noch immer überraschte ihn, was ein Mensch einem anderen antun konnte.

Peter Morrow starrte auf die roten Schuhe, die hinter dem Blumenbeet hervorlugten. Sie steckten an den Füßen der Toten, die an ihrem Körper hingen, der wiederum auf seinem Rasen lag. Die Leiche selbst, die von den hohen Blumen verborgen wurde, konnte er nicht sehen. Aber die Füße konnte er sehen. Er wandte den Blick ab. Versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Auf die Ermittler, Gamache und seine Leute, die sich wie bei einem gemeinsamen Gebet vorbeugten, niederknieten, leise sprachen. Ein finsteres Ritual. In seinem Garten.

Gamache machte sich keine Notizen, bemerkte Peter. Er hörte zu und nickte respektvoll. Stellte ein paar Fragen, das Gesicht nachdenklich. Das Notizenmachen überließ er anderen. In diesem Fall Agent Lacoste.

Peter versuchte, den Blick abzuwenden, sich auf die Schönheit des Gartens zu konzentrieren.

Aber immer wieder wanderten seine Augen zurück zu der Leiche.

Dann sah Peter, dass sich Gamache plötzlich unvermittelt umdrehte. Und ihn ansah. Instinktiv senkte Peter den Blick, als hätte er etwas getan, wofür er sich schämen musste.

Sogleich bereute er es und hob ihn wieder, aber inzwischen sah der Chief Inspector nicht mehr zu ihnen herüber. Sondern kam auf sie zu.

Peter überlegte, ob er sich wie zufällig wegdrehen sollte. Als hätte er im Wald auf der anderen Seite des Bella Bella das Rascheln eines Rehs gehört.

Doch er bremste sich.

Er musste nicht wegsehen, sagte er sich. Er hatte nichts Unrechtes getan. Es war doch bestimmt ganz normal, die Polizei bei ihrer Arbeit zu beobachten.

Oder?

Aber Peter Morrow, der normalerweise so selbstgewiss war, merkte, wie der Boden unter ihm nachgab. Er wusste nicht mehr, was normal war. Wusste nicht mehr, was er mit seinen Händen, seinen Augen, seinem Körper machen sollte. Seinem Leben. Seiner Frau.

»Clara«, sagte Chief Inspector Gamache, streckte die Hand aus und küsste Clara auf beide Wangen. Falls die anderen Ermittler es seltsam fanden, dass ihr Chef eine Verdächtige küsste, ließen sie es sich nicht anmerken. Und Gamache war es offenbar egal.

Er ging herum und schüttelte allen die Hand. Als Letztes trat er zu Olivier, wahrscheinlich damit sich der jüngere Mann darauf vorbereiten konnte. Gamache streckte die Hand aus. Alle sahen zu. Für einen Moment war die Leiche vergessen.

Olivier zögerte nicht. Er schüttelte Gamache die Hand, konnte ihm aber nicht direkt in die Augen sehen.

Chief Inspector Gamache schenkte ihnen ein kleines, beinahe entschuldigendes Lächeln, so als wäre die Leiche seine Schuld. Begann so das Grauen?, fragte sich Peter. Nicht mit einem lauten Donnerschlag. Nicht mit einem Schrei. Nicht mit Sirenen, sondern mit einem Lächeln? Das Grauen kam um die Ecke, in Höflichkeit und gutes Benehmen gekleidet.

Nur war das Grauen in diesem Fall bereits da gewesen und wieder verschwunden. Und hatte eine Leiche zurückgelassen.

»Wie geht es Ihnen?«, fragte Gamache und sah Clara an.

Es war nicht nur so dahingefragt. Er wirkte aufrichtig besorgt.

Peter merkte, wie die Anspannung von ihm wich, als die Tote von seinen Schultern genommen und diesem kräftigen Mann aufgebürdet wurde.

Clara schüttelte den Kopf. »Geschockt«, sagte sie schließlich und sah hinter sich. »Wer ist sie?«

»Wissen Sie das nicht?«

Er sah von Clara zu Peter, dann zu Gabri und schließlich zu Olivier. Alle schüttelten den Kopf.

»Sie war also nicht auf Ihrer Party?«

»Doch, offenbar schon«, sagte Clara. »Aber eingeladen habe ich sie nicht.«

»Und? Wer ist sie?«, fragte Gabri.

»Haben Sie einen Blick auf sie werfen können?«, fragte Gamache, der die Frage noch nicht beantworten wollte.

Sie nickten.

»Nachdem wir die Polizei gerufen haben, bin ich zurück in den Garten und habe geschaut«, sagte Clara.

»Warum?«

»Ich wollte wissen, ob ich sie kenne. Ob es eine Freundin oder Nachbarin ist.«

»Ist sie aber nicht«, sagte Gabri. »Ich war gerade beim Frühstückmachen für die Gäste in der Pension, als Olivier angerufen und erzählt hat, was passiert ist.«

»Und dann sind Sie hergekommen?«, fragte Gamache.

»Wären Sie das nicht?«, erwiderte der dicke Mann.

»Ich bin Mordermittler«, sagte Gamache. »Ich muss das. Sie nicht.«

»Doch, ich muss das in gewisser Weise auch«, sagte Gabri. »Ich bin nämlich neugierig. Und ich wollte wie Clara wissen, ob ich sie kenne.«

»Haben Sie sonst jemandem davon erzählt?«, fragte Gamache. »War in der Zwischenzeit noch jemand im Garten?«

Sie schüttelten den Kopf.

»Dann haben Sie sich die tote Frau also alle genau angesehen und keiner hat sie erkannt?«

»Wer ist sie?«, fragte Clara erneut.

»Wir wissen es nicht«, bekannte Gamache. »Sie ist auf ihre Handtasche gefallen und Dr. Harris will die Leiche noch nicht bewegen. Aber bald werden wir es wissen.«

Gabri zögerte kurz, dann sah er zu Olivier. »Erinnert sie dich nicht an etwas?«

Olivier schwieg, aber Peter nicht.

»Die Hexe ist tot?«

»Peter«, fuhr Clara ihn an. »Die Frau wurde ermordet und liegt in unserem Garten. So etwas Schreckliches darfst du nicht sagen.«

»Tut mir leid«, sagte Peter, über sich selbst erschrocken. »Aber mit den roten Schuhen, die so komisch in die Höhe ragen, sieht sie aus wie die Böse Hexe des Westens aus dem Zauberer von Oz

»Wir sagen ja nicht, dass sie es ist«, sprang Gabri ihm zur Seite. »Aber du musst zugeben, dass sie in dieser Aufmachung nicht aussieht wie das brave Mädchen aus Kansas.«

Clara verdrehte die Augen und murmelte kopfschüttelnd: »Meine Güte.«

Gamache musste im Stillen eingestehen, dass er und sein Team auch darüber gesprochen hatten. Nicht, dass die Tote sie an die Böse Hexe erinnerte, aber dass sie eindeutig nicht für einen Grillabend auf dem Land gekleidet war.

»Gestern Abend habe ich sie nicht bemerkt«, sagte Peter.

»Wir würden uns bestimmt an sie erinnern«, erklärte Olivier, der endlich etwas sagte. »Man hätte sie kaum übersehen können.«

Gamache nickte. Das glaubte er auch. Die Tote wäre in ihrem leuchtend roten Kleid aufgefallen. Alles an dieser Frau rief »Seht mich an«.

Er blickte wieder zu ihr und überlegte. Hatte er gestern im Musée eine Frau in einem roten Kleid gesehen? Vielleicht war sie nach der Ausstellung einfach mitgekommen, wie wahrscheinlich viele Gäste. Aber es fiel ihm niemand ein. Die meisten Frauen hatten gedecktere Farben getragen, mit Ausnahme von Myrna natürlich.

Dann kam ihm ein Gedanke.

»Excusez-moi«, sagte er, ging über den Rasen und sprach kurz mit Beauvoir, bevor er langsam und nachdenklich zurückkehrte.

»Ich habe den Bericht auf der Fahrt hierher gelesen, aber ich würde gerne noch einmal aus Ihrem Mund hören, wie Sie sie gefunden haben.«

»Peter und Olivier haben sie entdeckt«, sagte Clara. »Ich saß in dem Stuhl da.« Sie deutete auf einen der beiden gelben Gartenstühle. Auf der hölzernen Armlehne stand noch der Kaffeebecher. »Ich habe auf die beiden gewartet. Sie waren nach Knowlton gefahren, um die Zeitungen zu besorgen.«

»Warum?«, fragte der Chief Inspector.

»Wegen der Kritiken.«

»Ach, natürlich. Das würde erklären …« Er deutete auf den Zeitungsstapel, der hinter dem Absperrband auf dem Rasen lag.

Auch Clara sah dorthin. Sie hätte gerne behauptet, dass sie vor Schreck über die Entdeckung der Leiche die Kritiken vergessen hatte, aber das wäre gelogen gewesen. Die New York Times, die Globe and Mail aus Toronto und die Londoner Times lagen an der Stelle, wo Peter sie fallen gelassen hatte.

Außerhalb ihrer Reichweite.

Gamache sah Clara forschend an. »Aber warum haben Sie nicht einfach online nach den Kritiken gesucht, wenn Sie so gespannt darauf sind? Sie sind doch bestimmt schon vor Stunden ins Netz gestellt worden, oder?«

Dieselbe Frage hatte Peter ihr gestellt. Und Olivier. Wie sollte sie es erklären?

»Weil ich die Zeitungen in der Hand halten wollte«, sagte sie. »Ich wollte die Kritiken zu meiner Ausstellung auf dieselbe Weise lesen, wie ich die Kritiken zu allen Künstlern, die ich mag, lese. Mit dem Papier in der Hand. Ich wollte es riechen, die Seiten umblättern. Mein ganzes Leben lang träume ich schon davon. Das schien mir die Stunde Warten wert zu sein.«

»Sie waren heute Morgen also ungefähr eine Stunde allein im Garten?«

Clara nickte.

»Von wann bis wann?«, fragte Gamache.

»Ungefähr von halb acht bis halb neun, dann kamen sie zurück.« Clara sah zu Peter.

»Das stimmt«, sagte Peter.

»Und was ist dann passiert?« Gamache wandte sich Peter und Olivier zu.

»Wir sind aus dem Auto gestiegen, und da wir wussten, dass Clara im Garten ist, beschlossen wir, gleich ums Haus zu gehen.« Peter deutete auf die Hausecke, wo ein alter Fliederbusch wacker die letzten Blüten dieses Frühjahrs präsentierte.

»Ich lief hinter Peter her, als er plötzlich stehen blieb«, sagte Olivier.

»Als ich ums Haus kam, stach mir etwas Rotes ins Auge«, fuhr Peter fort. »Im ersten Moment hielt ich es für eine umgefallene Mohnstaude. Aber dafür war es zu groß. Also bin ich stehen geblieben und habe genauer hingesehen. Und da habe ich erkannt, dass es eine Frau ist.«

»Was haben Sie dann getan?«

»Ich dachte, dass sie vielleicht zu den Gästen gehörte, gestern zu viel getrunken hat und einfach eingeschlafen ist«, sagte Peter. »Dass sie ihren Rausch in unserem Garten ausschläft. Aber dann habe ich gesehen, dass ihre Augen offen waren und ihr Kopf …«

Er neigte seinen Kopf, aber den Winkel konnte er nicht nachahmen. Das konnte kein Lebender. Eine solche Leistung vollbrachte nur ein Toter.

»Und Sie?«, fragte Gamache Olivier.

»Ich habe Clara gesagt, dass sie die Polizei rufen soll«, erwiderte er. »Dann hab ich Gabri angerufen.«

»Sie haben Gäste, haben Sie gesagt?«, fragte Gamache Gabri. »Leute, die auf der Party waren?«

Gabri nickte. »Ein Künstlerpaar aus Montréal hat beschlossen, in der Pension zu übernachten. Ein paar andere haben sich im Wellnesshotel eingemietet.«

»Haben die Leute sich spontan entschlossen zu bleiben?«

»Die in der Pension schon. Sie haben erst im Laufe des Abends eingecheckt.«

Gamache nickte, und dann winkte er Agent Lacoste zu sich, die rasch einige leise Anweisungen des Chief Inspectors entgegennahm und dann wieder wegging. Sie sprach mit zwei jungen Agents der Sûreté, die nickten und den Garten verließen.

Clara war immer wieder fasziniert von der Selbstverständlichkeit, mit der Gamache das Kommando übernahm, und wie selbstverständlich die Leute seine Befehle akzeptierten. Nie brüllte oder bellte er, nie war er barsch. Alles ging ruhig, geradezu höflich vonstatten. Seine Befehle waren beinahe als Bitten formuliert. Und doch missverstand sie keiner.

Gamache wandte seine Aufmerksamkeit wieder den vier Freunden zu. »Hat einer von Ihnen die Leiche berührt?«

Sie sahen einander an, schüttelten den Kopf, dann blickten sie zum Chief Inspector.

»Nein«, sagte Peter. Er fühlte sich wieder sicherer. Er stand wieder auf dem festen Boden der Fakten. Auf dem es klare Fragen und klare Antworten gab.

Nichts, wovor man Angst haben musste.

»Wenn es Ihnen nichts ausmacht?« Gamache ging auf den Gartenstuhl zu. Selbst wenn es ihnen etwas ausgemacht hätte, hätten sie nichts tun können. Sie konnten ihm höchstens folgen.

»Sie haben nichts Ungewöhnliches bemerkt, als Sie hier saßen?«, fragte er im Gehen. Eigentlich war es klar, dass Clara die Leiche in ihrem Garten nicht bemerkt hatte, sonst hätte sie etwas gesagt. Aber es ging ihm nicht nur um die Leiche. Das war Claras Garten, sie kannte ihn in- und auswendig. Vielleicht hatte noch etwas nicht gestimmt. Eine umgeknickte Pflanze, Büsche, durch die sich jemand gezwängt hatte.

Ein Detail, das den Ermittlern entgangen sein könnte. Etwas so Unauffälliges, dass es selbst ihr entgangen wäre, sofern man sie nicht direkt danach fragte.

Und das musste er ihr zugestehen, sie sparte sich eine schlaumeiernde Antwort.

Gabri nicht. »Zum Beispiel eine Leiche?«

»Nein«, sagte der Chief Inspector, als sie bei dem Stuhl ankamen. Er drehte sich um und betrachtete den Garten von dieser Stelle aus. Tatsächlich wurde aus dieser Perspektive die Tote von den Blumenbeeten verdeckt. »Ich meine etwas anderes.«

Er richtete seine nachdenklichen Augen auf Clara.

»Fällt Ihnen irgendetwas Ungewöhnliches an Ihrem Garten auf?« Er warf Gabri einen warnenden Blick zu, der daraufhin einen Finger auf den Mund legte. »Irgendeine Kleinigkeit? Ein Detail, das anders ist?«

Clara sah sich um. Auf dem Rasen hinter dem Haus lagen verteilt große Beete. Einige waren rechteckig, andere oval. Die hohen Bäume am Flussufer warfen gesprenkelte Schatten, aber der größte Teil lag im hellen Mittagslicht. Clara musterte ihren Garten wie die anderen auch.

War etwas anders? Das war schwer zu sagen, angesichts der vielen Leute, der Zeitungen, der Geschäftigkeit, des gelben Polizeiabsperrbands. Der Zeitungen. Der Leiche. Der Zeitungen.

Alles war anders.

Sie sah Gamache mit Hilfe suchendem Blick an.

Aber Gamache wollte ihr nicht weiterhelfen, er wollte kein Beispiel nennen, das sie etwas sehen lassen könnte, was gar nicht da war.

»Es kann sein, dass der Mörder sich hier versteckt hat«, sagte er schließlich. »Und auf das Opfer wartete.«

Dabei beließ er es, und er sah, dass Clara begriff. Sie drehte sich wieder zum Garten. Hatte ein Mordlustiger hier gewartet? In ihrem privaten Heiligtum?

Hatte er sich in den Blumenbeeten versteckt? Hinter den hohen Pfingstrosen gekauert? Hinter der Prunkwinde hervorgelugt, die sich um einen Pfahl wand? Hatte er neben dem in die Höhe schießenden Phlox gekniet?

Und gewartet?

Sie sah sich jede Pflanze, jeden Busch an. Suchte nach etwas, das umgetreten, schief war, einem abgeknickten Zweig, einer abgerissenen Knospe.

Aber alles war, wie es sein sollte. Myrna und Gabri hatten tagelang geschuftet, um den Garten für die Party schön herzurichten. Und das war er tatsächlich. Gestern Abend. Und heute Morgen.

Wenn da nicht die Polizei gewesen wäre, die wie eine Schädlingsplage überall herumkroch. Und die grellrote Leiche. Ein Feuermal.

»Fällt dir etwas auf?«, fragte sie Gabri.

»Nein«, sagte er. »Wenn der Mörder sich hier versteckt hat, dann jedenfalls nicht in einem der Blumenbeete. Vielleicht hinter einem Baum?« Er deutete auf die Ahornbäume, aber Gamache schüttelte den Kopf.

»Die sind zu weit entfernt. Da hätte er zu lange gebraucht, um über den Rasen und um die Blumenbeete herum zu laufen. Sie hätte ihn bemerkt.«

»Wo hat er sich dann versteckt?«, fragte Olivier.

»Das hat er nicht«, sagte Gamache und setzte sich auf den Gartenstuhl. Von hier aus war die Leiche verborgen. Nein, Clara hatte die tote Frau nicht sehen können.

Der Chief Inspector erhob sich wieder. »Er hat sich nicht versteckt. Er hat in aller Öffentlichkeit gewartet.«

»Und sie ist zu ihm gegangen?«, fragte Peter. »Kannte sie ihn?«

»Oder er ist zu ihr gegangen«, sagte Gamache. »Jedenfalls war sie weder beunruhigt noch verängstigt.«

»Was hat sie hier hinten überhaupt gewollt?«, fragte Clara. »Der Grill stand dort«, sie deutete zur Vorderseite des Hauses. »Alles andere war auf dem Dorfanger aufgebaut. Das Essen, die Getränke, die Musik. Dort hatten die Caterer Tische und Stühle aufgestellt.«

»Aber wer wollte, konnte in die Gärten gehen, oder?«, fragte Gamache und versuchte sich das Ganze vorzustellen.

»Klar«, sagte Olivier. »Überhaupt kein Problem. Wir hatten keine Zäune errichtet oder Seile gespannt, um jemanden davon abzuhalten. Aber wer sollte so was tun?«

»Na ja …«, sagte Clara.

Sie drehten sich zu ihr.

»Also gestern Abend bin ich nicht in den Garten, aber bei anderen Feiern schon. Um für ein paar Minuten meine Ruhe zu haben.«

Zur allgemeinen Überraschung nickte Gabri. »Das mache ich auch manchmal. Um mal nicht zu reden, für mich zu sein.«

»Gestern auch?«, fragte Gamache.

Gabri schüttelte den Kopf. »Dafür war zu viel zu tun. Wir hatten zwar die Caterer, aber beaufsichtigen muss man ja trotzdem alles.«

»Dann ist es also möglich, dass die Frau hierhergegangen ist, um ein bisschen für sich zu sein«, sagte Gamache. »Vielleicht wusste sie nicht, dass das Ihr Garten ist.« Er sah zu Clara und Peter. »Sie hat einfach einen abgeschiedenen Ort gesucht, weg von den Partygästen.«

Einen Moment lang schwiegen alle. Stellten sich die Frau in dem um Aufmerksamkeit bettelnden roten Kleid vor. Die um das alte Haus schlich. Weg von der Musik, dem Feuerwerk, weg von den Leuten, deren Aufmerksamkeit sie mit ihrem Kleid erregte.

Um ein paar Minuten der Stille und Ruhe zu finden.

»Der zurückhaltende Typ scheint sie allerdings nicht gewesen zu sein«, sagte Gabri.

»So wenig wie Sie«, sagte Gamache mit einem kleinen Lächeln und ließ seinen Blick wieder durch den Garten schweifen.

Es gab ein Problem. Vielmehr gab es eine Reihe von Problemen, aber dasjenige, das den Chief Inspector gerade am meisten irritierte, war, dass keiner der vier Leute hier die Frau auf der Party gesehen hatte.

»Bonjour

Inspector Jean-Guy Beauvoir kam auf sie zu. Als er bei ihnen anlangte, lächelte Gabri breit und streckte die Hand aus.

»Langsam glaube ich, dass Sie Unglück bringen«, sagte Gabri. »Jedes Mal, wenn Sie nach Three Pines kommen, gibt es eine Leiche.«

»Ach, wahrscheinlich sorgen Sie selbst für die Leichen, weil Sie sich nach meiner Gesellschaft sehen«, sagte Beauvoir freundlich und schüttelte erst Gabris Hand, dann die von Olivier.

Sie hatten sich am Abend zuvor auf der Vernissage gesehen. Da waren sie auf Peters und Claras Terrain gewesen. Im Museum. Aber jetzt befanden Sie sie sich in Beauvoirs natürlichem Lebensraum. An einem Tatort.

Kunst machte ihm Angst. Eine an die Wand genagelte Leiche machte ihm dagegen nichts aus. Oder eine in einem Garten abgelegte, wie in diesem Fall. Das verstand er. Es war einfach. Da gab es nichts zu deuten.

Jemand hatte die Frau so sehr gehasst, dass sie sterben musste.

Seine Aufgabe bestand darin, denjenigen zu finden und einzusperren.

Daran war nichts Subjektives. Keine Frage von Gut und Böse. Keine Frage von Perspektive oder Nuancen. Keine Zwischentöne. Nichts, was es zu verstehen gab. Es war einfach, wie es war.

Es ging nur darum, die Fakten zu sammeln. Sie zu ordnen. Den Mörder zu finden.

Dass es klar war, hieß natürlich nicht, dass es immer einfach war.

Trotzdem hätte er einen Mord einer Vernissage jederzeit vorgezogen.

Wobei er wie alle anderen auch den Verdacht hatte, dass in diesem Fall Mord und Vernissage zusammenhingen. Ineinandergriffen.

Der Gedanke erschreckte ihn.

»Hier sind die Fotos, die Sie wollten.« Beauvoir reichte sie dem Chief Inspector. Gamache betrachtete sie.

»Merci. C’est parfait.« Er sah die vier Leute an, die ihn nicht aus den Augen ließen. »Ich hätte gern, dass sie sich ein Foto von der Toten ansehen.«

»Aber wir haben sie doch schon gesehen«, sagte Gabri.

»Nicht unbedingt. Als ich Sie gefragt habe, ob Sie ihr auf der Party begegnet sind, haben Sie alle gesagt, dass sie in dem roten Kleid sicher aufgefallen wäre. Mir ging es genauso. Ich habe versucht, mich daran zu erinnern, ob ich sie gestern auf Ihrer Vernissage bemerkt habe, Clara, aber eigentlich habe ich mein Gedächtnis nach einer Frau in Feuerwehrrot durchforstet. Ich habe mich auf das Kleid konzentriert, nicht auf die Frau.«

»Das heißt?«, fragte Gabri.

»Das heißt«, erwiderte Gamache, »dass sie sich umgezogen haben könnte. Vielleicht war sie auf der Vernissage, aber unauffälliger gekleidet. Sie könnte sogar hier gewesen sein …«

»Und sich während der Party umgezogen haben?«, fragte Peter ungläubig. »Warum sollte jemand so was machen?«

»Warum sollte sie jemand umbringen?«, fragte Gamache. »Warum sollte eine Fremde auf einer privaten Feier sein? Es gibt alle möglichen Fragen, und ich sage auch nicht, dass ich die richtige Antwort habe. Aber möglich ist es, dass Sie alle zu sehr von dem Kleid beeindruckt waren und nicht auf ihr Gesicht geachtet haben.«

Er hielt eines der Fotos in die Höhe.

»So hat sie ausgesehen.«

Er gab es zuerst Clara. Die Augen der Frau waren geschlossen. Sie wirkte friedlich, wenngleich ein wenig schlaff. Selbst schlafend hatte ein Gesicht etwas Lebendiges. Dieses Gesicht hier nicht. Es war leer. Keine Gedanken, keine Gefühle.

Clara schüttelte den Kopf und gab das Foto Peter, der es seinerseits weiterreichte. Jeder, der es ansah, schüttelte den Kopf.

Nichts.

»Die Rechtsmedizinerin ist so weit fertig. Die Leiche kann bewegt werden«, sagte Beauvoir.

Gamache nickte und steckte die Fotos in seine Tasche. Beauvoir, Lacoste und die anderen waren jeweils mit eigenen Abzügen ausgestattet. Sie entschuldigten sich und gingen zurück zu der Leiche.

Zwei Assistenten standen neben einer Trage und warteten darauf, dass sie die Tote daraufheben und zu dem wartenden Leichenwagen bringen konnten. Auch der Fotograf wartete. Alle sahen auf Chief Inspector Gamache. Warteten darauf, dass er eine Anweisung gab.

»Können Sie sagen, wie lange sie schon tot ist?«, fragte Beauvoir die Rechtsmedizinerin, die sich gerade aufgerichtet hatte und ihre steifen Beine streckte.

»Zwischen zwölf und fünfzehn Stunden«, sagte Dr. Harris.

Gamache sah auf die Uhr und rechnete nach. Jetzt war es halb zwölf. Das hieß, dass sie zwischen halb neun und halb zwölf in der Nacht umgebracht worden war und den Sonntag nicht mehr erlebt hatte.

»Kein Anzeichen für sexuellen Missbrauch. Auch sonst keine Hinweise auf Gewalt, außer dem Genickbruch«, sagte Dr. Harris. »Der Tod ist sofort eingetreten. Es kam zu keinem Kampf. Ich vermute, der Mörder stand hinter ihr und hat ihren Kopf herumgerissen.«

»Mehr nicht, Dr. Harris?«, fragte der Chief Inspector.

»Mehr braucht es nicht. Erst recht wenn das Opfer die Muskeln nicht anspannt. Wenn die Frau nicht mit einem Angriff gerechnet hat und entspannt war, leistete ihr Körper keinen Widerstand. Eine ruckartige Bewegung. Zack.«

»Aber wie viele Leute wissen schon, wie man jemandem das Genick bricht?«, fragte Agent Lacoste und strich über ihre Hose. Wie die meisten Quebecerinnen war sie zierlich und strahlte eine lässige Eleganz aus, selbst wenn sie für einen Aufenthalt auf dem Land gekleidet war.

»Dazu braucht es nicht viel«, sagte Dr. Harris. »Eine schnelle Bewegung. Aber vielleicht hatte der Mörder auch einen Plan B und hätte sie erdrosselt, wenn das mit dem Genickbruch nicht geklappt hätte.«

»Plan B klingt ja fast nach einem Businessplan«, sagte Lacoste.

»War es ja vielleicht auch«, sagte die Rechtsmedizinerin. »Kalt, rational. Physisch mag es relativ leicht sein, jemandem das Genick zu brechen, aber glauben Sie mir, emotional ist es sehr schwer. Deshalb werden die meisten Menschen mit einer Pistole oder einem Schläger umgebracht. Oder auch mit einem Messer. Weil dabei der eigentliche Mord von einem Gegenstand ausgeführt wird. Aber mit den eigenen Händen? Und zwar nicht im Laufe eines Kampfs, sondern als eine kalte, kalkulierte Handlung? Nein.« Dr. Harris drehte sich wieder zu der Toten. »Dafür braucht es schon einen besonderen Menschenschlag.«

»Was genau meinen Sie mit besonderem Menschenschlag?«, fragte Gamache.

»Das wissen Sie, Chief Inspector.«

»Ich würde es gerne aus Ihrem Mund hören.«

»Entweder war es jemand, der völlig gleichgültig und psychotisch ist. Oder es war jemand, dem es im Gegenteil gar nicht gleichgültig war. Der es mit bloßen Händen machen wollte. Der jemandem wortwörtlich das Leben nehmen wollte.«

Dr. Harris sah Gamache an, der nickte.

»Merci

Er sah zu den Assistenten der Rechtsmedizinerin, und auf sein Zeichen hin hoben sie die Leiche auf die Trage. Dann bedeckten sie sie mit einem Tuch und trugen sie weg. Nie wieder würde die Sonne auf die Frau fallen.

Der Fotograf fing an, Fotos zu machen, und das Spurensicherungsteam kam und sammelte ein, was sich unter der Leiche befunden hatte. Unter anderem ihre Clutch. Der Inhalt wurde sorgfältig aufgelistet, untersucht, fotografiert, auf Fingerabdrücke untersucht und dann Beauvoir übergeben.

Lippenstift, Make-up, Kleenex, Autoschlüssel, Hausschlüssel und Brieftasche.

Beauvoir klappte die Brieftasche auf und studierte den Führerschein, dann reichte er ihn Gamache.

»Wir haben einen Namen, Chief. Und eine Adresse.«

Gamache warf einen Blick auf den Führerschein, dann sah er zu den vier Dorfbewohnern. Er ging über den Rasen zu ihnen.

»Wir wissen jetzt, wer die Tote ist.« Gamache blickte erneut auf den Führerschein. »Lillian Dyson.«

»Was?«, rief Clara. »Lillian Dyson?«

Gamache wandte sich ihr zu. »Kannten Sie sie?«

Clara starrte Gamache fassungslos an, dann wanderte ihr Blick über ihren Garten und den mäandernden Bella Bella hinweg zum Wald.

»Das kann nicht sein«, flüsterte sie.

»Wer war sie?«, fragte Gabri, aber Clara schien in eine Art Starre gefallen zu sein und sah mit leerem Blick zum Wald.

»Darf ich das Bild mal sehen?«, fragte sie schließlich.

Gamache gab ihr den Führerschein. Es war kein besonders gutes Foto, aber sicher aussagekräftiger als das von heute Morgen. Clara betrachtete es eingehend, dann holte sie tief Luft und hielt sie einen Moment lang an.

»Sie könnte es sein. Die Haare sind anders. Blond. Und sie ist um einiges älter und hat zugenommen. Aber sie könnte es sein.«

»Wer?«, fragte Gabri erneut.

»Lillian Dyson, natürlich«, sagte Olivier.

»Ja, das habe ich mitbekommen«, fuhr Gabri seinen Lebensgefährten an. »Aber wer ist das?«

»Lillian war …«

Peter hielt inne, als Gamache die Hand hob. Nicht drohend, sondern bittend. Damit er nicht weitersprach. Und Peter gehorchte.

»Ich möchte erst hören, was Clara zu sagen hat«, erklärte der Chief Inspector. »Am besten unter uns, was meinen Sie?«

Clara überlegte einen Moment, dann nickte sie.

»Was? Ohne uns?«, fragte Gabri.

»Tut mir leid, mon beau Gabri«, sagte Clara. »Aber es wäre mir tatsächlich lieber.«

Leicht beleidigt fügte Gabri sich. Er verschwand mit Olivier um die Ecke des Hauses.

Gamache fing Lacostes Blick auf und nickte, dann deutete er auf die beiden Gartenstühle. »Haben Sie vielleicht noch zwei Stühle für Inspector Beauvoir und mich?«

Mit Peters Hilfe wurden zwei weitere Gartenstühle herbeigeschafft, und die vier setzten sich. Jetzt fehlte nur noch ein Lagerfeuer in der Mitte des Kreises, dann hätte einer anfangen können, eine Gespenstergeschichte zu erzählen.

Denn in gewisser Weise war es das, eine Gespenstergeschichte.

Bei Sonnenaufgang

Подняться наверх