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1) Keep smiling and keep going.

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Ich lehne mich mal ganz weit aus meinem Ferienhaus-Fenster und behaupte: sich in New York zu verlaufen, muss man erst einmal hinbekommen.1 Die Stadt der Träume ist nämlich äußerst nett und einfach aufgebaut, zumindest meist.

In einer kleinen Städtekunde via Reiseführer oder Internet lernt man recht fix: New York besteht aus fünf sogenannten "Boroughs", welche wiederum aus "neighborhoods" - auf gut deutsch übersetzt "Nachbarschaften" bestehen. Damit sind allerdings nicht Kurt und Ute von nebenan gemeint, sondern eben teilweise richtig große Areale. Aber dazu gleich.

Die fünf Boroughs - Bezirke - lassen sich im Vergleich zu ihren unzähligen kleinen Brüdern und Schwestern recht gut merken, denn es sind ja derer nun mal nur fünf. Zudem ist ein jeder dieser Bezirke bereits in unzähligen Songs/TV-Serien/Filmen verarbeitet worden, sodass man die Namen eigentlich nicht vergessen dürfte. (Außer "Staten Island", aber das ist okay, denn Staten Island vergessen selbst die New Yorker, was daran liegen kann, dass Staten Island einst vorrangig als Müllhalde verstanden und erst Schritt für Schritt von den New Yorkern entdeckt wurde. Aber dazu an anderer Stelle mehr.)

Neben Staten Island sollte man sich folgende vier Boroughs merken: Manhattan, die Bronx, Queens und Brooklyn.

Die Bronx ist der nördlichste Teil der Stadt, an ihrem südlichen Ende grenzt mit Manhattan jener Teil New Yorks an, der von der Gattung Touristen infiltriert ist und der das heutige Bild des Big Apple am ehesten prägt. Queens und Brooklyn indes dienen den "wahren New Yorkern" als Wohnorte und Zufluchtshäfen vor den Manhattan-überrennenden Touristen und Staten Island ist. eben. da.

Die Boroughs sind damit schnell gemerkt, bei den Neighborhoods hingegen wird das Ganze etwas komplizierter, denn jeder der angesprochenen fünf Bezirke hat wiederum seine eigenen Hoods. Am ehesten merkt man sich dank exzessiven Filmgenusses noch jene in Manhattan: Die Upper East und Upper West Side, Greenwich Village, SoHo, Chinatown oder Harlem sind diejenigen der unzähligen Hoods, deren Namen am bekanntesten klingen. Eine genaue Zahl dieser Neighborhoods steht übrigens offiziell nicht „so richtig“ fest, da die New Yorker gern neue Hoods erfinden wie z.B. zuletzt "NoLIta" (NOrth of Little ITAly) oder NoMad (NOrth of MADison Square Park). Ich persönlich wäre ja für NoManSland (North of Manhattan, South of the rest of our Land).

Vielleicht ist es ja nicht verkehrt, dass mich keiner in New York nach meiner Meinung fragt.

Was die Orientierung trotz der genannten facettenreichen Neighborhoods erheblich erleichtert, ist die geniale Aufteilung der Straßen in Manhattan nördlich der 14. Straße. Die Stadtplaner malten vor Urzeiten ein durchnummeriertes Gitter auf ein Blatt Papier und Manhattans Aufteilung war beschlossen. Es ist so simpel, dass man sich eben wirklich kaum verlaufen kann. Egal, aus welcher U-Bahn-Station man aussteigt, zwei flüchtige Blicke nach rechts und links genügen, um Norden und Süden zu bestimmen: Geht die Straßennummerierung aufwärts, schaut man nach Norden. Werden die Zahlen kleiner, geht es nach Süden. Ich habe natürlich den Fehler begangen und diese Entdeckung einem New Yorker Freund mitgeteilt. Ich erntete ein entsetztes „WTF?“2-Gesicht. Die Erklärung folgte erst später am Abend, nachdem er wieder normal atmete. Für New Yorker gibt es innerhalb ihrer City kein "Nord" und "Süd" - es gibt Uptown und Downtown. Nord ist nördlich New Yorks und Süd ist südlich der Stadt. Punkt. Aus. Ende.

Es erfüllt mich bis heute mit großem Stolz, diese Stadt ohne Stadtplan besuchen zu können. Auf Teufel komm raus: Ich will nicht sofort als Tourist entlarvt werden. Ein unauffälliger Rundumblick hat auszureichen, um sich orientieren zu können und sollte es einmal nicht ausreichen, so merke ich das immerhin wenige Straßenblöcke später. Oder eben erst ganz im Norden auf der 220. Straße, denn dort endet die für Blondinen wie mich äußerst praktische Nummerierung bedauerlicherweise.

Von West nach Ost betrachtet ist die Orientierung leider nicht ganz so einfach, aber hat man Uptown und Downtown erst einmal lokalisiert, ist der Rest ohnehin ein Kinderspiel. Zusätzliche Hilfe bietet im Großteil Manhattans die Fifth Avenue, die freundlicherweise die Straßen in East und West einteilt. Die von Süden nach Norden verlaufenden Avenues sind von Ost nach West nummeriert, sorgen jedoch durch zweifache Namensgebung teilweise für Verwirrung (die 5th Avenue sieht sich gern als hippe Fashion Avenue bezeichnet, die 9th Avenue wird auch Columbus Ave genannt, usw.). Dieses Namensspiel war mit Sicherheit nicht im Sinne der bedachten Stadtplaner, aber wenn man versucht, sich an die Nummern zu halten, sollte man zurechtkommen.

Südlich der 14. Straße hatte ich einst versucht, die gleiche Überzeugung an den Tag zu legen. Das misslang ein wenig. Denn wenn es wirklich darum geht, einen Weg inmitten dieses Chaos finden zu wollen, dann halte ich mich trotz aller Vorurteile gegen eben jene an eine Straßenkarte. Man könnte meinen, die Stadtplaner hätten sich einst von Norden nach Süden durchgearbeitet und dann am Ende des Tages keine Lust mehr gehabt, gerade Linien zu zeichnen. Oder ihnen zitterten die Hände nach all den Zeichnungen, denn was südlich der 14. passiert, sieht nach einem historischen Missverständnis an ineinander verwurschtelten Straßen aus. Good luck, sage ich da nur.

PS: Mittlerweile habe ich auch gelernt, beim "Broadway"-Schild nicht gleich zu jubeln. Denn das bedeutet keinesfalls, dass das "Phantom", "Wicked" oder "Chicago" gleich um die Ecke lauern. Im Gegenteil, man könnte sogar meilenweit davon entfernt sein, denn der Broadway ist auch so ein Spaßgebilde der Zeichner. Als den Herren das wohlgeordnete Gitter zu langweilig wurde, malten sie schlichtweg quer hindurch noch eine zusätzliche Straße. So schlängelt sich der Broadway rebellisch und völlig schief durch Manhattan und fügt sich erst auf Höhe der Central Park-Mitte gemächlich in das praktische Gitter ein.

Und wo wir gerade beim Central Park sind...

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