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Theresa

Im Tagebuch des Chefarzts fanden sich selten persönliche Eintragungen. Mit Theresa aber schien er eine Ausnahme gemacht zu haben. Vermerkt war nur dies: „Theresa – MS!“ Als der Doktor in den Ruhestand versetzt wurde, kümmerte er sich nur noch um einige wenige Patienten. Ihnen bot er an, sie auch weiterhin in seiner Privatpraxis zu behandeln. Mit über siebzig, so glaubte er, dürfe er sich seine Patienten aussuchen. Mir verriet er, dass er nur die ihm liebsten Patienten zu sich in die Privatpraxis einbestellte. Allerdings waren die meist zahlungsunfähig. Also erwartete Chefarzt Dr. Arany auch keine Honorierung. Theresa war eine von diesen privilegierten Patientinnen. Es sei schon Bezahlung genug, meinte er, dass sie nach Hohe Wand hochkraxeln mussten.

Theresa war fünfunddreißig Jahre alt und litt an einer der problematischsten Krankheiten, an Multipler Sklerose.

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In Hohe Wand hielt vor dem Haus Doktor Aranys ein kleines Auto an. Eine junge Frau sprang behend heraus. Alsbald krochen vom Rücksitz vier Kinder hervor. Zwei größere Schulkinder und zwei kleinere im Kindergartenalter. Die kleinen übergab sie der Obhut der beiden größeren: „Spielt schön auf der Veranda, während ich mich mit dem Doktor unterhalte!“

Theresa setzte sich, um ein wenig zu verschnaufen. Doktor Arany war nicht gerade begeistert, dass Theresa jedes Mal die Kinder mitbrachte. Doch er sah ein, dass der jungen Frau nichts anderes übrig blieb, dass sie sich in den Schulferien um die Kinder selbst kümmern musste. Also passte er sich den Gegebenheiten an, zumal die Kinder ohnehin nicht sonderlich störten.

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Theresa hatte eine ausgesprochen schwere Kindheit gehabt. Der Vater war Alkoholiker und hatte die Familie vernachlässigt. Die Mutter war über die Maßen streng. Das Kind musste sehr oft Schläge einstecken. An den Prügelattacken der Mutter beteiligte sich der Vater nicht. Um nicht das Schreien der Tochter hören zu müssen, wurde ihr irgendein Lappen in den Mund gesteckt.

Theresa war verheiratet. Trotz ihrer jungen Jahre hatte sie schon fünf Kinder. Ihr erstes Kind brachte sie mit sechzehn zur Welt. Von ihrer Familie hatte sie keine Hilfe zu erwarten. Von den Bekannten bekam sie nur deren Verachtung zu spüren. Mit Hilfe des Jugendamts erhielt sie im Mutter-Kind-Heim der Caritas Burgenland Zuflucht. Theresa bemühte sich, den Säugling hingebungsvoll zu versorgen. Er sollte dereinst ein besseres Schicksal haben als sie selbst. Dieses Bestreben war allerdings alsbald zum Scheitern verurteilt. Die junge Theresa hätte sich an jeden geklammert, der ihr auch nur das geringste Verständnis entgegenbringen würde. Es dauerte nicht lange, dass sie unter rauschgiftsüchtige Jugendliche geriet. Von ihnen fühlte sie sich angenommen. Sie aber wurden nach einer kurzen Phase des Rauschgifthandels erwischt, verhaftet, vor Gericht gestellt und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Sie selbst kam nicht ins Gefängnis und mit einem blauen Auge davon. Die Caritas aber duldete unter den Heiminsassen niemanden, der unter dem Verdacht stand, rauschgiftabhängig zu sein. Theresa musste das Mutter-Kind-Heim verlassen. Da sie nicht wusste, wo sie unterkommen könnte, blieb ihr nichts anderes übrig, als mit dem kleinen Kind auf der Straße zu leben. Das führte schnell dazu, dass ihr vom Jugendamt das Erziehungsrecht entzogen und die Tochter weggenommen wurde. Theresa fühlte sich einmal mehr um ihr Leben betrogen, brachte die Tage und Nächte unter freiem Himmel zu. Gegen kleine Gefälligkeiten bekam sie Stoff und Lebensmittel.

Damals lernte sie Norbert kennen, der zu der Zeit als Sozialarbeiter Obdachlose betreute. Theresa war Norbert immer sehr dankbar. Von ihm fühlte sie sich verstanden. Er teilte die Vorurteile der Dorfgemeinschaft nicht. Als Erstes veranlasste Norbert für Theresa eine Entziehungskur. Acht Wochen lang wurde sie wegen der bereits eingetretenen Rauchgiftabhängigkeit behandelt. Norbert besuchte das Mädchen jeden Tag. Allmählich entwickelte sich zwischen ihnen ein tiefes Vertrauensverhältnis. Theresa hatte das Empfinden, dass Norbert sie vor einem vielleicht nicht mehr aufzuhaltenden Elend bewahrt hatte.

Nach der Entziehungskur zog Theresa zu Norbert. Das junge Paar plante, Theresas Tochter Jenny zu sich zu holen. Sie hatten auch schon den Kontakt zum Jugendamt aufgenommen. Doch Theresas Erkrankung, die damals ihren Anfang nahm, machte ihnen einen Strich durch die Rechnung.

Anfangs litt Theresa nur unter Schwindel und unsicherem Gang. Sie dachte, vielleicht sei sie schwanger. Deshalb suchte sie einen Arzt auf. Neben einer tatsächlich bestehenden Schwangerschaft wiesen die Laborbefunde auch nicht richtig einzuordnende Abweichungen auf. Deshalb wurde sie zwecks weiterer Untersuchungen ins Krankenhaus geschickt. Nach mehrwöchigen Untersuchungen stand die Diagnose fest: Multiple Sklerose. Wegen der Schwangerschaft aber konnten ihr keine Medikamente verabreicht werden. Denn man befürchtete eine Schädigung des Embryos.

Zur größten Verwunderung der Ärzte aber besserte sich Theresas Zustand während der Schwangerschaft zusehends. Es war so, als wäre eine Selbstheilung eingetreten. Die Krankheitssymptome verschwanden, waren nicht mehr nachweisbar. Nach der Geburt von Christian, ihrem zweiten Kind, tauchte die Multiple Sklerose wieder auf.

Damals war Theresa schon mit Norbert verheiratet. Das Neugeborene und die Behandlung ihrer Krankheit nahmen all ihre Energie in Anspruch. Es war, als würde man ihre Lebenskraft aufsaugen. Sie nahm ab und wurde schwach. In diesem physisch und psychisch miesen Zustand erlebte sie eine Überraschung. Obwohl sie stillte und eigentlich gegen eine erneute Empfängnis gefeit sein sollte, blieb ihre gerade erst wieder funktionierende Periode aus. Theresa ahnte, dass sie schwanger sein musste. Sie kannte ihren Körper nur allzu gut, um jeden Zweifel auszuschließen. Und, oh Wunder, die Symptome der Multiplen Sklerose waren erneut im Schwinden begriffen. Binnen weniger Wochen kam Theresa zu Kräften. Die MS schien wie vom Winde verweht.

Nacheinander kamen unter solchen Begleitumständen Theresas Kinder zur Welt. Auf Christian folgten Thomas, Susanne und Brigitte. Die Schwangerschaften hatten die junge Frau geheilt. Während der jeweiligen Schwangerschaft entwickelte sich die Multiple Sklerose zurück. Theresa war ausgesprochen gern schwanger. Sie war redlich bemüht, ihren Kindern eine gute Mutter zu sein. All ihre Kinder stillte sie möglichst lange.

Norbert war sie zu großem Dank verpflichtet. Denn er war es, der sie vor einem kaum noch zu beherrschenden Schicksal bewahrt und zu sich genommen hatte. Norberts soziale Sensibilität resultierte aus dessen religiöser Einstellung. Als Zeuge Jehovas gehörte er der burgenländischen Gemeinde an. In seiner Familie bestand er auf der Einhaltung vorbildlicher Ordnung. In der Kindererziehung setzte er strenge Maßstäbe. Die Kinder und auch Theresa, die er gleichfalls wie ein Kind behandelte, hatten ihm Achtung entgegenzubringen. In seinen Vorstellungen, wie Familie zu funktionieren hatte, duldete er keinen Widerspruch. Seine Entscheidungen waren von den Familienmitgliedern unbedingt zu befolgen. Abgesehen von seinen Aktivitäten in der Gemeinde widmete er all seine Freizeit der Familie. Ihr Leben unterlag einer strengen Tagesordnung. Fernsehen und Mobiltelefone waren verpönt. Schädlicher Dinge hatten sich die Kinder zu enthalten. Den Genuss von Süßigkeiten und sonstigen Leckerbissen erlaubte Norbert nicht. Ihre Freizeit verbrachten die Kinder mit dem Lesen der Bibel. Norbert erwartete von den Kindern eine perfekte Körperhygiene. Er sah ihnen sogar in den Mund, ob die Zähne ordentlich geputzt waren. Theresa machte ihm keine Sorgen. Über zehn Jahre war die junge Frau mit Schwangerschaften, Entbindungen und Stillen vollauf beschäftigt.

Sie hatte die Dreißig schon überschritten, als sich die Krankheit wieder meldete. Eine medikamentöse Behandlung seiner Frau lehnte Norbert strikt ab. Denn Medikamente hielt er für schädlich und gottlos. Theresas Zustand verschlechterte sich zusehends. Das Sprechen fiel ihr schwer, die Sprache wurde verwaschen, der Gang schwankend.

Der Hausarzt konnte nicht länger tatenlos zusehen, hielt eine Behandlung für unbedingt notwendig. Trotz aller Einwände des Ehemanns sorgte er für eine Einweisung in eine Rehabilitationsklinik in Felbring. Dort geriet sie an den Chefarzt Dr. Arany, der damals in Felbring praktizierte.

Doktor Arany hatte es nicht leicht. Denn Norbert gestattete für Theresa keine Spritzen. Am liebsten hätte er auch die Einnahme von Medikamenten verboten. Allerdings konnte er nicht verhindern, dass die Schwestern in seiner Abwesenheit Pillen in Theresas Mund schleusten, die sich dem keineswegs widersetzte. Im Gegenteil, sie schluckte alles, was ihr gereicht wurde, gern.

Zu der Zeit hatte sie Norberts Kontrollwahn schon ziemlich satt. Freudig unterwarf sie sich ihm zuwiderlaufenden Willensäußerungen, nur um sich den strengen Erwartungen zu widersetzen. Die medikamentöse Behandlung ließ sie gern über sich ergehen. In Felbring fühlte sie sich ausgesprochen wohl. Endlich konnte sie sich Norberts überstrenger Lebensordnung entziehen. In Felbring genoss sie einen Hauch lange vermisster Freiheit. Einzig die Kinder fehlten ihr. Doch Doktor Arany überzeugte sie, dass es unbedingt eines längeren Klinikaufenthalts bedürfe, um die Krankheit in Schach zu halten. Ein Problem sah Doktor Arany lediglich darin, dass Theresa auf jeden Fall eine Injektionsbehandlung brauchte. Die aber verbot Norbert, duldete hierbei keinen Widerspruch. Die Zeugen Jehovas erlauben ihren Gläubigen keine Bluttransfusionen. Norbert dehnte dieses Verbot auch auf Injektionen aus.

Der Doktor rang mit sich. Schließlich beschloss er, sich Norbert zu widersetzen. Eigentlich hätte er sich über Norberts Verbot einfach hinwegsetzen können. Doch diese Lösung verwarf er in Theresas Interesse. Bei einer Gelegenheit, als Norbert seine Frau besuchte, ließ er diesen zu sich ins Arztzimmer bitten, um mit ihm zu reden. Norbert versperrte sich auch weiterhin einer Injektionsbehandlung. Doktor Arany erklärte ihm, dass die Multiple Sklerose mittels moderner Injektionsbehandlungen gut zu beherrschen sei und die Verschlechterung der Symptome verhindert werden könnte. Norbert sei kein Fachmann, also stünde ihm auch nicht zu, die Anwendung zeitgemäßer Heilmethoden zu verbieten. Norbert akzeptierte das nicht und argumentierte vielmehr, dass die Heilung in Gottes Hand sei, weshalb er der Anwendung gottloser Methoden nicht zustimmen könne. Daraufhin wollte der Doktor ein Protokoll aufnehmen, wonach Norbert trotz fachlicher Argumente gegen eine Heilbehandlung protestiere. Der aber bestand darauf, Theresa zu dem Gespräch hinzuzuziehen.

Kaum dass Theresa das Arztzimmer betreten hatte, fiel Norbert über sie her, erklärte keinen Widerspruch duldend: „Einer solchen gottlosen Heilbehandlung darfst du nicht zustimmen!“

„Ja?!“ So Theresa. Dem Tonfall war allerdings nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob dieses ‚Ja‘ eine Frage oder eine Feststellung sein sollte.

Jetzt wandte sich Doktor Arany an Theresa: „Ich habe Ihnen doch die Vorteile der von mir vorgeschlagenen Heilbehandlung erläutert. Allem Anschein nach verbietet Ihr Mann diese Behandlung. Ich aber wäre jetzt auf Ihre Meinung neugierig. Wollen Sie sich dieser Heilmethode unterziehen?“

Theresa sah ihren Mann an, dann den Doktor. Schließlich stieß sie ein deutliches „Ja!“ hervor.

„Was heißt hier: Ja?“, tobte Norbert. „Theresa, das kannst du mir nicht antun!“

Theresa sah erst wieder Norbert, dann den Doktor an. Schwieg.

„Wenn Sie mit der Behandlung einverstanden sind“, so Doktor Arany, „müssen Sie eine Erklärung unterschreiben.“

Nach einer kurzen Pause Theresas Frage, wo sie unterschreiben solle.

„Hier!“, legte der Doktor die Erklärung zur Unterschrift hin. Theresa unterschrieb, während Norbert wutentbrannt den Raum verließ.

Also wurde in Felbring mit der Injektionsbehandlung begonnen, die der Doktor später in seiner Privatpraxis fortsetzte.

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Seit Theresa die Copaxone-Spritzen erhielt, stabilisierte sich ihr Zustand. Sie sah zu, dass sie die Sache vormittags erledigte, solange sich Norbert nicht zu Hause aufhielt. Denn der konnte sich mit diesem Eingriff in die göttliche Ordnung auch weiterhin nicht abfinden.

„Hatten Sie“, fragte der Doktor, „wegen der Spritzen Konflikte?“

„Der hat damit ewig Probleme. Er sähe es gern, würde ich die Behandlung abbrechen.“

„Und wie können Sie die Sache trotzdem lösen?“

„Ich muss die Ampullen und das Spritzenbesteck verstecken. In einem Fass im Keller. Dort wird er hoffentlich nicht danach suchen! Denn mein Nécessaire und die Medikamentenschachtel inspiziert er ständig. Die Spritzen gebe ich mir vormittags, wenn er arbeitet. Auch vor den Kindern halte ich die Behandlung geheim.“

Der Doktor nickte anerkennend.

„Mir geht es schon viel besser. Praktisch bin ich beschwerdefrei“, fuhr Theresa fort. „Auch meine Energielosigkeit und ständige Müdigkeit haben stark abgenommen. Ich bin optimistisch. Obwohl ich weiß, dass meine Krankheit nie ganz geheilt werden kann, versuche ich immer, allem eine gute Seite abzugewinnen.“

„Ich bewundere Ihren Optimismus. Nach all dem, was Sie durchgemacht haben, ist ihre positive Einstellung wirklich herzerfrischend.“

„Mit Lamentieren erreicht man nichts. Ich habe fünf Kinder, eine schöne Familie. Ich hätte auch eine verworfene rauschgiftsüchtige Person werden können. Bin ich aber nicht geworden. Sie wissen ja, wieviel ich Norbert zu verdanken habe. Das werde ich ihm nie vergessen und ihm mein ganzes Leben dankbar sein.“

Doch der Doktor wusste sehr wohl, welch hohen Preis Theresa dafür gezahlt hatte. Denn Norbert schränkte die persönliche Freiheit der jungen Frau stark ein. Doktor Arany meinte, dass Norbert, der die Fünfzig schon überschritten hatte, die hübsche junge Frau eifersüchtig von der Außenwelt abschottete. Durch die Kinder blieb Theresa keinerlei Zeit für sich selbst. Praktisch war Doktor Arany die einzige Möglichkeit, für eine kurze Zeitspanne dem Alltag zu entfliehen. Als hätte sie in Doktor Aranys Gedanken gelesen, meinte sie: „Sie denken bestimmt daran, wie heftig sich Norbert den Injektionen widersetzt hat.“

„Zweifellos!“

„Letztlich kann man auch Norbert verstehen. Außer den kirchlichen Lehren kann er sonst nichts akzeptieren. Aber eigentlich hat er ein gutes Herz! Man kann ihm alle Lasten der Welt aufbürden. Ich will damit nur sagen, dass sich unter seiner rauen Schale eine weiche Seele verbirgt. Die raue Schale freilich könnte ich manchmal an die Wand schmeißen.“

Der Doktor wurde hellhörig: „Also was nun, eine weiche Seele oder eine raue Schale, die Sie am liebsten an die Wand schmeißen würden?“

Theresa wurde nachdenklich. Anscheinend war durch das Bild mit der rauen Schale, die sie am liebsten an die Wand schmeißen würde, ein Damm gebrochen: „Ehrlich gesagt geht mir dieser Mensch manchmal auf den Keks. Obwohl ich in der Wohnung auf vorbildliche Ordnung bedacht bin, weil ich ja weiß, wie pedantisch und ordnungsliebend er ist, findet er immer ein Haar in der Suppe, einen Schnipsel oder Krümel auf dem Parkett. Bei so vielen kleinen Kindern kommt das leider vor, ist oft unvermeidlich. Und dann seine ewigen Eifersüchteleien. Damit treibt er mich in den Wahnsinn. Warum ich mit dem oder jenem gesprochen habe? Als würde ich gleich hinter dem nächsten Strauch mit einem von ihnen schlafen wollen. Fortwährend behandelt er mich so, als wäre ich eines von seinen Kindern. Ständig bin ich ihm Rechenschaft schuldig, ständig weist er mich zurecht und verbietet mir das Wort. Nichts kann ich ihm recht machen, immer mache ich etwas falsch.“

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In seinem Tagebuch zitierte der Doktor Theresas Worte wortwörtlich. Merkte an, dass Theresa gegen Norbert wie ein Backfisch gegen einen allzu strengen Vater aufbegehre.

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„Wie“, fragte der Doktor, „war Ihre Beziehung zu den Eltern? Durften Sie denen widersprechen, sich gegen sie auflehnen?“

„Ich, in meiner Kindheit?“, lachte Theresa auf. „Mich dort gegen etwas zu empören, das wäre tatsächlich schwer gewesen. Mein Vater kümmerte sich überhaupt nicht um uns. Er erwartete lediglich, dass wir ihm aus dem Laden die Tagesmenge Schnaps holen. Wenn die da war, dann hätten wir seinetwegen das ganze Haus ausräumen können. Und meine Mutter? Sie duldete keinen Widerspruch. Wenn ihr etwas gegen den Strich ging, setzte es Hiebe. Ist es ein Wunder, dass wir nicht gern nach Hause gingen?“

„Das heißt, eigentlich hatten Sie niemanden, gegen den sie aufzubegehren gewagt hätten?“

„Genau.“

„Mit Norbert scheinen Sie jetzt gerade dasselbe durchzumachen. Sie würden sich gern empören, trauen sich aber nicht.“

Theresa schnitt ein verblüfftes Gesicht: „Schon möglich. Aber, Herr Doktor, Sie müssten nur einen einzigen Tag mit ihm verbringen! Dann würden Sie anders darüber denken, dann würden Ihnen die Augen geöffnet werden. Norbert ist ziemlich anstrengend!“

Die Gesprächsstunde war zu Ende. Theresa lobte die Kinder, wie schön still sie sich verhalten hatten. Die Kinder waren auf der Terrasse in eine Zeichnung vertieft. Khaled half ihnen dabei.

„Bin etwas früh zu Stunde gekommt“, entschuldigte sich Khaled. „Habe mit Kinder gespielen. Hoffentlich nicht schlimm sein?“, wandte er sich an Theresa. Die schüttelte nur den Kopf.

Khaled tanzt

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