Читать книгу Schönen Gruß! - Lucian Vicovan - Страница 6

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Während ich in der Bar hockte und mir von Elfriedes Geld ein Bier gönnte, durchforstete ich weiterhin angestrengt meine Erinnerung. War es möglich, dass ich jemanden so schwer gekränkt habe, ohne es zu merken? Also verstehen Sie mich nicht falsch, ich ernähre mich davon Menschen zu kränken, betreibe es zusätzlich noch als Hobby. Doch wie schlimm musste man jemanden kränken und vor allem wen musste man kränken, damit der einem zwei Halsabschneider auf den Hals jagt.

Das Bier schmeckte zwar, war aber beim Erinnern wenig hilfreich. Ich schüttete zwei Jägermeister hinterher.

“Kennst du einen Pawel?”, fragte ich den Besitzer der Bar. Wir waren keine Freunde, obwohl ich oft hier trank.

“Nein”, gab er harsch zurück.

“Noch nie diesen Namen gehört?”, bohrte ich nach.

“Nein.”

Da war nichts zu machen. Nach dem dritten Bier ging ich - ohne mich zu verabschieden. Das Geld, welches ich auf der Bar zurückließ, war genau abgezählt. Nicht ein Cent Trinkgeld. Das muss man sich ja schließlich verdienen.

“Du kannst mich auch mal am Arsch lecken!”, hörte ich, bevor die Tür zuging.

Zum Friedhof konnte ich zu Fuß gehen. Sonst hatte ich ja nichts anderes zu tun. Ich könnte mich an die Fersen der Frau Gemahlin des Vorstandsvorsitzenden heften, doch das pressierte momentan nur sehr wenig. War sie wirklich eine so zügellose Schlampe, wie ihr Mann sie darstellte, könnte ich sie an jedem beliebigen Tag dabei erwischen. Oder ich machte die Fotos, wenn ich sie demnächst wieder bestieg.

Der Friedhof hat neue Gärtner eingestellt. Ich habe die Annonce vor kurzem in der Zeitung gelesen. Sobald ich die ersten Gräber passierte, lief mir auch schon so ein rotbackiger Lehrling entgegen, dessen gesamte Stirn und Hals von einer wütenden Akne befallen waren. Ich packte sein Ohr und zog ihn hinter mir her.

“He, hallo, was soll das, wer sind Sie?”

“Fresse halten und mitkommen, verstanden?”

“Aber wer sind Sie?” Ich zog stärker an seinem Ohr.

“Aber, aua! Sie tun mir ja weh.”

“Ach wirklich? Halts zusammen! Fang hier nicht das Heulen an, wir sind gleich da!”

“Lassen Sie mein Ohr los.” Ich zog noch stärker an. Dann standen wir vor dem richtigen Grab.

“Was steht auf diesem Stein?”

“Josef Grottel”, stammelte er.

“Sehr gut, und weiter?”

”Neunzehhunde ...”

“Die Zahlen kannst du auslassen.” Mann, der Typ nervte vom ersten Augenblick an.

“Lassen Sie mein Ohr los, oder ich schreie!” Ich zog noch stärker an und drehte sein Ohrläppchen auch etwas ein. “Auuuuuua!”

“Lies weiter!”, donnerte ich.

“Ruhe in Frieden!”, sagte der Knirps mit einer von Tränen erstickten Stimme.

“Genau darauf wollte ich hinaus!” Ich ließ sein Ohr los. “Du wirst dafür sorgen, dass dieser nette Herr hier in Ruhe ruht. Haben wir uns verstanden? Sollte ich noch einmal hören, dass an diesem Grab rumgepfuscht wurde, bin ich wieder da und dann pack´ ich dich aber bei etwas, das dir sicherlich um einiges wichtiger ist als deine Ohrlappen! Ich werde deine Eichel an dem Grabstein zerschmettern, verstehst du, was ich dir sage?”

“Ja”, sagte der und weinte nun vollends.

“Gut, dann wäre meine Arbeit hier getan!”

Endlich tat ich mal etwas für mein Geld und es fühlte sich wahrhaftig gut an.

“Auf Nimmerwiedersehen, hoffentlich!”, sagte ich dem wimmernden Lehrling, drehte ab und ging zurück zur Kanzlei. Die übrigen Biere waren sicherlich schon warm. Ich sollte mir baldigst einen kleinen Kühlschrank zulegen und vielleicht auch eine bequemere Matratze. Oder am besten gleich eine neue Wohnung suchen. Und eine Sekretärin, eine Putzfrau. Ach ja, dann war da noch die Sache mit der Windschutzscheibe. Der Tag hatte aber nur so viele Stunden. Wie soll man da alles schaffen. Das Bier war warm. Getreu dem Motto, 'Kälter werden sie jetzt auch nicht mehr, sollte ich sie noch länger herumliegen lassen', verleibte ich mir eine Flasche nach der anderen ein.

Schönen Gruß!

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