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DIE HOF- UND WEIDETÖTUNG VON RINDERN
ОглавлениеEs sind nicht nur die Verbraucher, die Fleisch aus artgerechter Haltung und stressfreier Schlachtung nachfragen – es gibt auch viele Landwirte, die genau das anbieten wollen. Sie haben genug davon, ihre Tiere auf einen Transporter zu geben und nicht zu wissen, was weiterhin geschieht, wohin sie fahren und wo sie geschlachtet werden. Sie wollen die Verantwortung bis zum Ende übernehmen und den Tieren zum Abschied mit einem festen Blick in die Augen schauen können. Häufig hatten Landwirte, die sich für die Hof- und Weidetötung entschieden haben, ein schlimmes Erlebnis mit ihren Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung, etwa weil sich ein Tier nur mit Gewalt verladen ließ. Weil es zitternd und schwitzend beim Schlachter ankam. Weil es nicht allein gehen wollte … Die persönlichen Verbindungen zwischen Menschen und Tieren, die Geschichten sind es, die uns berühren. Hoftötung heißt wie gesagt, dass zumeist Rinder im Stall oder stallnah per Bolzenschuss betäubt und durch Blutentzug getötet werden.
Für den Bolzenschuss muss das Rind fixiert werden, da das Bolzenschussgerät mit Druck aufgesetzt werden muss. Der Bolzen, der mit hoher Energie und Geschwindigkeit in den Kopf des Rinds eindringt und eine massive Zerstörung erzielt, versetzt das Tier in einen empfindungs- und wahrnehmungslosen Zustand – es ist betäubt. Die Bolzenschussbetäubung kann reversibel sein, deswegen gilt die Vorgabe einer Entblutung innerhalb von 60 Sekunden, um zu vermeiden, dass das Rind das Bewusstsein wiedererlangt.
Weidetötung bedeutet, dass Rinder, die ganzjährig im Freien leben (gesetzliche Vorgabe), per Gewehrschuss ohne Fixierung auf der Weide betäubt und durch Blutentzug getötet werden. Die Schussabgabe erfolgt aus geringer Distanz (ca. 1–10 Meter) in den Kopf des Rinds. Die morphologische Zerstörung durch das Geschoss ist in der Regel so stark, dass die Betäubung irreversibel ist. Die Tötung durch Blutentzug erfolgt ebenfalls direkt nach Schussabgabe. Bei der Weidetötung wird das Rind aus der Herde herausgeschossen. Die Herdenmitglieder verarbeiten das nach einem kurzen Schreck, verursacht durch den Knall des Schusses, sehr gut. Je nachdem, welche Rolle das getötete Rind in der Herdenstruktur einnahm, wird es angeschaut, angestupst oder beschnuppert. Viel mehr passiert in der Regel nicht. Das liegt daran, dass es ein ursprünglich natürlicher Vorgang ist, dass Tiere innerhalb der Herde sterben. Rinderherden bewegen sich im Tagesverlauf viele Kilometer grasend über die Flächen, und natürlicherweise bleiben alte, kranke und sterbende Tiere zurück. Der Vorgang ist mit wenig Unruhe verbunden (das Rind wird aus geringer Distanz geschossen und sackt dann zusammen, von stehend zu liegend), deswegen verhalten sich die Herdenmitglieder ruhig. Das getötete Tier sendet keine negativen Signale aus, und die Herde grast weiter, denn es fehlt das Abstraktionsvermögen, welches den Tod negativ besetzt. Wenn einmal ein ranghohes Tier (zum Beispiel ein Leitrind) geschossen wurde, kommt es vor, dass dieses beklagt wird und eine Neusortierung in der Herde stattfindet.
Nach der Schussabgabe und der Tötung durch Blutentzug kann das Rind in Ruhe für den Transport zum Schlachtbetrieb zur Weiterverarbeitung verladen werden; dem Landwirt bleibt die schlaflose Nacht und der Akt des Einfangens, Separierens und Verladens erspart. Auch muss der Schlachter kein lebendes Tier entladen und der Betäubung zuführen. Das Rind kann dort sterben, wo es gelebt hat: auf der Weide.
Wer sich fragt, warum nicht alle Landwirte so schlachten, sei auf die Rechtslage verwiesen und den bürokratischen Aufwand, der dahintersteht: Die Weidetötung ist nur zulässig für Rinder, die ganzjährig im Freien leben. Die Hoftötung kann seit 2021 für Rinder, die saisonal im Stall leben, aber auch für eine kleine Anzahl Pferde und Schweine pro Schlachtung angewendet werden. Beide Verfahren benötigen eine Genehmigung durch die zuständige Veterinärbehörde und die entsprechende Sachkunde zum Schießen, Betäuben und Töten von Tieren. Neben diesen Voraussetzungen ist der Mut zu Neuem, zum Umdenken und zu nachhaltigem, verantwortungsvollem Handeln ein wesentlicher Bestandteil bei der Hof- und Weidetötung.