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Eduard Burton an William Lovell


Bondly.


Deine Briefe erfreuen mich um so mehr, um so heiterer und lebensmutiger sie sind. Ich teile Deine Sehnsucht nach einer entflohenen schönen alten Zeit; aber soll in dieser Sehnsucht nicht selbst ein Gewinn für uns liegen? Jener Lebensmut des Altertums ist uns wohl entwichen, aber es ist uns vielleicht vergönnt, Natur und Kunst mit mehr Inbrunst zu lieben und zu erfassen; denn gewiß muß der Geist der Menschheit, das Verständnis der Dinge, ebenfalls eine Geschichte haben, und in keiner Geschichte ist ein ununterbrochenes Rückschreiten möglich: jene Völker, die uns als Beispiel dienen könnten, haben eben auch ihre Geschichte verloren. Der Zustand tierischer Wildheit ist kein menschlicher Zustand mehr. Darum sind uns alle großen Erinnerungen alter Zeiten so wert, weil sie an sich selbst schon unser Gemüt erheben, und zugleich in uns den Vor- und Rückblick, die Ahndung einer wundersamen aber notwendigen Verkettung der Dinge, kurz, eine wahre Geistergeschichte zum Licht erheben. Darum wirst Du auch, wie die meisten Reisenden tun, den Erinnerungen und Denkmalen des sogenannten Mittel-Alters nicht gleichgültig aus dem Wege gehen, denn alles was die Neueren echte Kunst und Poesie nennen dürfen, scheint mir doch nur als die letzte Verwandelung dieser noch ziemlich unbekannten und unerkannten Jahrhunderte uns anzuglänzen. Den Griechen und Römern haben die Künste schwerlich so viel zu danken, als sie sich selbst immer schmeicheln möchten, und vielleicht ist in diese mehr Mißverständnis als Verständnis aus den klassischen Autoren gekommen. Mit der Philosophie und Wissenschaft ist es freilich ein ganz anderer Fall, und insoferne keine Zeit eine Kunst besitzen kann, die von der Wissenschaft keinen Einfluß erführe, haben Poesie und ihre Geschwister auch gewiß viel Gutes, aber aus der zweiten Hand, von jenen Alten bekommen.


Ich lebe hier im einsamen Bondly einförmig und ohne Freund. Am schlimmsten ist es, daß ich mich oft innerlich härme und quäle, wenn ich die menschenfeindliche Stimmung meines Vaters und jene traurige Verzweiflung in ihm wahrnehme, welche er Menschenkenntnis nennt.


Deine Tante in Waterhall ist gestorben, ihr Gut ist an Dich gefallen – William – darf ich mir eine schöne Zukunft denken, in welcher Du dort wohnst, so nahe bei mir? Ich verweise alle meine Wünsche in jene Zeit, aber eine boshafte Ahndung will es mir manchmal ableugnen, daß sie sich je erfüllen werden. –


William Lovell

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