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Die dritte Zivilisation Ein Besuch in Mohenjo Daro
der größten Stadt der Induskultur

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Zu den anregendsten Freuden der Fantasie gehören die Geschichten vom Aufstieg und Untergang großer Kulturen. Es berührt unser Bedürfnis nach Mythos und Sinngebung, nachzuvollziehen, wie Kulturen entstehen, sich entfalten wie rätselhafte Gewächse, ehe sie wieder in die Dunkelheit verschwinden, aus der sie gekommen sind. Ganz besonders faszinierend wirken solche Kulturen, von denen wir nur wissen, dass sie da gewesen waren, dass sie Erstaunliches geleistet haben, aber nicht warum sie untergegangen sind. Der Prototyp einer solchen Kultur ohne Wiederkehr repräsentiert die Geschichte der mittelamerikanischen Mayas. Die gewaltigen Pyramiden, die sie mitten im Dschungel erbauten, waren erstaunlich, aber noch viel erstaunlicher war, wie sie sich plötzlich aus der Geschichte verabschiedeten, ihre Städte aufgaben und in den Urwäldern verschwanden. Ein ähnliches Bild bietet Aufstieg und Fall der Moai-Kultur auf den Osterinseln.

Von diesen Beispielen unterscheidet sich die Induskultur nur in ihrer geschichtlichen Frühe und Ausdehnung, denn neben der ägyptischen und sumerischen Kultur repräsentiert die Indus-Kultur eines der erstaunlichsten Beispiele geschichtlichen Erwachens. In der Morgenröte der Weltgeschichte waren die Träger der Induskultur plötzlich „da“, ohne dass wir wissen, woher sie kamen. Über tausend Jahre lang lebten sie in Städten, die wie Mohenjo Daro oder Harappa, die zu den größten ihrer Zeit gehörten.

Dann war ihre Zeit plötzlich abgelaufen. Mohenjo Daro, Harappa und die über das ganze heutige Pakistan und Teile Westindiens verstreuten Städten schrumpften und wurden von ihren Einwohnern verlassen. Zertrümmerte Wehrmauern, Skelette mit den unverkennbaren Zeichen plötzlichen Todes erzählen von dunklen Jahrhunderten des Niedergangs - ehe mit der Einwanderung der Indoarier ein ganz neues Kapitel in in der Geschichte des indischen Subkontinents aufgeschlagen wurde.

Die Induskultur wurde „vergessen“, die Ruinen ihrer Städte überbaut, bis über dreieinhalbtausend Jahre später indische und britische Archäologen am Beginn des 20. Jahrhunderts im Sindh und im Punjab unglaubliche Mengen Ziegelsteine fanden, die nur einen Schluss zuließen; dass sie das Substrat großer Städte gewesen waren, von denen man rein gar nichts wusste. Spatenstich für Spatenstich enthüllte sich der staunenden Fachwelt die dritte Primärzivilisation der Menschheitsgeschichte, die Induskultur, deren größte Stadt Mohenjo Daro gewesen war. Dieses Mohenjo Daro, eine der ältesten Städte der Weltgeschichte, wollte ich sehen.

Zwei Möglichkeiten gab es, um von Karachi aus nach Mohenjo Daro zu gelangen, eine robuste und eine schlappe Variante. Die erste, robuste Möglichkeit bestand darin, wieder den Salwar Qamiz anzuziehen, mit dem Bus nach Hyderabad und Sukkur zu fahren und kurz vor Lakarna auszusteigen. Allein für die Anreise über diese etwa vierhundert Kilometer lange Strecke hätte ich einen ganzen Tag veranschlagen müssen. Die zweite, glatt geschmirgelte Möglichkeit war unkomplizierter. Man konnte täglich mit kleinen Maschinen der pakistanischen Fluggesellschaft PIA (Pakistan International Airlines) Mohenjo Daro anfliegen, die Ruinenstädte in der unmittelbaren Nachbarschaft des kleinen Flughafens in aller Ruhe besichtigen, um dann am späten Nachmittag wieder nach Karachi zurückzufliegen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich für die glatt geschmirgelte Möglichkeit entschied, und das, obwohl die PIA schon seit Jahren in der absoluten Spitzengruppe jener Fluggesellschaften rangierte, deren Flieger regelmäßig vom Himmel stürzten. Herr Ibrahim gratulierte mir zu meiner Entscheidung und schickte einen seiner Mitarbeiter ins Reisebüro, der mir ein Flugticket nach Mohenjo Daro besorgte.

Die Maschine, die ich am frühen Morgen des nächsten Tages bestieg, war eine kleine Fokker, deren Sitze bei weitem nicht ausgebucht waren. Die meisten Passagiere würden nach Multan weiterfliegen, während ich wahrscheinlich der einzige Fluggast war, der zu den Ruinen in der Wüste wollte. Die Fokker schwankte beträchtlich und hatte für mein Empfinden erhebliche Schlagseite in Fahrtrichtung. Soweit ich durch die verschmierten Fensterscheiben erkennen konnte, überflog die Fokker eine staubige, tote Landschaft mit einem spärlichen Rinnsal in der Mitte, dem Indus. Ich notierte: Der Sindh macht auch von oben keinen besonders einladenden Eindruck.

Mit einem kräftigen Bums setzte die Fokker nach etwa einer Stunde Flugzeit auf dem kleinen Rollfeld von Mohenjo Daro auf. Zweierlei empfing mich, als ich das Flugzeug verließ: eine Hitzewelle wie ein Schlag in den Nacken und eine Soldateneskorte, die mich die zweihundert Meter vom Rollfeld zum Terminal geleitete. Schon auf den ersten Blick war erkennbar, dass hier alles zusammenpasste: Flughafen, Museum und Ruinenfeld waren fußläufig zu erreichen. Hinter dem Rollfeld vollzog sich das das dörfliche Leben, als gehöre es zu einem anderen Stern. Frauen trieben mit langen Stöcken ihre trägen Rinder zum Indus, Kinder spielten im Sand und riefen „Mister“, „Mister“, als sie mich entdeckten.

Das unmittelbar benachbarte kleine Museum von Mohenjo Daro war eine Insel der Zivilisation inmitten von Hitze und Staub und in seiner Konzeption auf allerhöchste Bedeutsamkeit getrimmt. In seinem Innenhof informierten Skulpturen und Schrifttafeln darüber, welche Potentaten und Dynasten dieses Museum bereits besucht hatten, Ein Elefanten- und ein Bullenrefief verzierten den Museumseingang, in dem mich ein junger Mann mit Schlafzimmeraugen empfing und mir seine Dienste als Reiseführer anbot. Da er kein Wort Englisch sprach, lehne ich ab, was ihn aber nicht daran hinderte, mir hinterherzulaufen und mich in Urdu zuzutexten. Immerhin führte er mich in einen separaten Raum, in dem ein Film mit englischen Untertiteln gezeigt wurde. Er besaß eine pompöse musikalische Untermalung, zeigte viel Ruinenästhetik und bezeichnete die Induskultur neben Ägyptern und Mesopotamien als „die dritte Zivilisation”.

Inwiefern war dieser hohe Ton berechtigt, mochte man fragen. Und was unterschied überhaupt die Mitglieder dieser „drei Zivilisationen” an Nil, Euphrat und Indus (als vierte Zivilisation könnte man die frühchinesische Kultur am Gelben Fluss hinzurechnen) von den Menschen in den namenlosen Dörfern im Nirgendwo, die auch schon seit Jahrzehntausenden auf zwei Beinen durch die Gegend liefen? Was genau markierte die Grenze zwischen Memphis, Uruk und Mohenjo Daro und dem Rest der vorgeschichtlichen Welt? Darüber hatte ich schon des Öfteren nachgegrübelt und ohne, dass ich Anspruch auf besondere Kompetenz erhebe, glaube ich, dass dafür folgende Merkmale nötig sind:

(1) eine vergleichsweise hohe landwirtschaftliche Produktivität, die es erlaubt, einen sekundären Bereich, d. h. Spezialisten für Handwerk, Architektur, Religion, Kunst, Kultur, Krieg und Religion freizustellen und zu ernähren,

(2) darauf aufbauend die Entstehung städtischer Zentren, in denen die Spezialisten dieses sekundären Bereiches leben und arbeiten,

(3) die Entwicklung einer Schrift, die es ermöglicht, Kultur zu tradieren und Innovationen festzuhalten, so dass auf einmal gewonnenen Erkenntnissen aufgebaut werden kann,

(4) die Entfaltung eines religiösen Systems von Welterklärungen, die die Gemeinschaft integriert sinnvoll in einen größeren kosmischen Zusammenhang einordnet,

(5) eine stetige Höherentwicklung der Umweltanpassung und zivilisatorischen Standards durch Domestizierung der Tiere und Nutzpflanzen, der Metallbearbeitung, Heilkunst, Bewässerung und Architektur, d. h. Hochkulturen sind immer auch instrumentell optimierende Technikkulturen,

(6) und schließlich eine all diese Bereiche überwölbende staatliche Organisation, die nicht nur auf bloßer Gewalt, sondern auf allgemeinen Regeln und Traditionen beruht und durch spezialisierte Herrschaftsträger wie Krieger oder Priester geleitet wird.

Eine besondere Rolle innerhalb dieser Merkmale kommt der Schrift zu, weil erst sie es ermöglicht, religiöses, technisches oder herrschaftsrelevantes Wissen über den Bereich des bloßen Einzelgedächtnisses hinaus weiterzugeben. Deswegen lässt man mit der Erfindung der sumerischen Keilschrift um 3000 vor der Zeitrechnung ( etwas früher als bei den Ägyptern und einige Jahrhunderte vor den Proto-Indern) die eigentliche Weltgeschichte beginnen.

Die Archäologen datieren die Blütezeit der Induskultur auf die Zeit von 2800 bis 1800 vor der Zeitrechnung. In dieser Zeit, in der in Ägypten die Pyramiden und in Mesopotamien die Zikkurats erbaut wurden, entstanden in Mohenjo Daro, Harappa und anderswo relativ unspektakuläre, aber geräumige Städte, die als Verarbeitungszentren und Handelsstützpunkte wie die Elemente eines weitgespannten Netzes einen Kulturraum von einer Million Quadratkilometern miteinander verbanden. Von der bloßen Bevölkerungsgröße Mohenjo Daros, die auf über 30.000 Menschen geschätzt wird, muss man zwingend auf landwirtschaftliche Überschüsse schließen. Der Indus als natürlicher Wasserweg ermöglichte weiträumige Handelsverbindungen, die bis zum Zweistromland reichten. Der Indus als Wasserspender trat alljährlich über die Ufer und hinterließ nach seinem Abfluss fette alluviale Böden, auf denen hohe Gerste- und Weizenerträge erzielt werden konnten.

Nach dem Ende des Films begab ich mich in den ersten Stock, in dem die Ventilatoren auf Hochtouren liefen, ohne der zunehmenden Hitze Herr zu werden. Mein junger Cicerone hatte mich inzwischen verlassen, weil eine Gruppe pakistanischer Inlandstouristen eingetroffen war, deren Betreuung größere Verdienstchancen versprach. Der optische Blickfang des ersten Stockwerks waren großformatige, teilweise wandfüllende Gemälde, die dem Besucher einen anschaulichen Eindruck vom alltäglichen Leben Mohenjo Daros vermitteln sollten. Wie die Komparsen in einem Sandalenfilm liefen kräftige kleine braune Männer auf den Hafenkais der Stadt hin und her und verluden schwere Säcke auf flache Boote. Eine wuchtige Stadtmauer umgürtete eng zusammenstehende, geometrisch geordnete Häuserreihen. Mohenjo Daro in den leicht verwaschenen Farben der historischen Fantasie.

Wer sich für die konkreten Gerätschaften der Induszivilisation interessierte, wurde in zahllosen Glaskästen mit Erklärungen in Urdu und Englisch reichlich bedient. Ein großer Teil der Exponate bestand aus Miniaturskulpturen, aus zentimetergroßen Rindern, die einen winzigen Karren zogen, handtellergroßen Figürchen, die sich um die eigene Achse drehten, Miniaturschiffen und kleinen Häusern im Spielzeugformat. Auch an Töpfen, Tellern, Vasen und Wannen hinter Glas bestand kein Mangel. Werkzeuge und Waffen habe ich nur wenige gesehen. Die kümmerlichen Pfeilspitzen aus Kupfer, die in einem Schaukasten präsentiert wurden, werden keinen indoarischen Angreifer abgeschreckt haben. Dafür waren überall sogenannte „Siegel“ zu sehen, kleine runde Gebilde aus gebranntem Ton oder Speckstein, die mit Symbolen versehen waren und die wahrscheinlich die ersten individuelle Eigentumsmarker der Geschichte darstellten.


Oben: Ruinendetail von Mohenjo Daro mit Abwasserrinne Unten: Stadtbild Mohenjo Daro (Museum von Mohenjo Daro)


Übersah man die Gesamtheit der Exponate, dann erkannte man: die Induskultur war ein Kultur der kleinen Form. Sie hatte keine großen Monumente hervorgebracht, wahrscheinlich, weil es ihr dafür an dem geeigneten Baumaterial fehlte. Selbst das bedeutendste und stilbildende Kunstwerk der Induskultur, der so genannte „Priesterkönig von Mohenjo Daro, war nur eine kleine 17 Zentimeter große und elf Zentimeter breite Figur. Sie zeigte einen vornehm wirkenden bärtigen Mann mit Stirnreif und verziertem Umhang, der mit leicht erhobenem Kopf in die Ferne schaut. Als fototaugliches „Gesicht“ der Induskultur war das Bild des sogenannten Priesterkönigs um die Welt gegangen, ohne dass man sicher wusste, ob es sich überhaupt um einen Priester gehandelt hatte. (Beim sogenannten Priesterkönig von Palenque in Yucatan verhält es sich übrigens ähnlich). Was man im Museum von Mohenjo Daro sehen konnte, war allerdings auch nur eine Kopie, das Original wurde im Nationalmuseum in Karachi aufbewahrt.

Dass die Fachwelt bei so vielen Fragen auf Mutmaßungen angewiesen war, hing natürlich auch damit zusammen, dass die Schrift der Induskultur noch immer nicht übersetzt werden konnte. Wie einer großen Tafel im ersten Stock zu entnehmen war, handelte es sich bei der Schrift der Induskultur um ein System von etwa 300-400 Zeichen oder Piktogrammen, die nur als Bestandteile sehr kurzer Textfragmente erhalten geblieben sind. An dieser harten Nuss ist die Wissenschaft bislang gescheitert. Auf einen vergleichbaren Glücksfall wie den Fund einer zweisprachigen Stele in Altägyptisch und dem bekannten Aramäisch, die die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphenschrift erlaubte, wartet man bislang im Fall der Induskultur vergeblich. Was wäre es für eine Sensation, wenn plötzlich ein zweisprachiger Text in sumerischer Keilschrift und altindischen Schriftzeichen auftauchen und endlich die Entzifferung der Schrift von Mohenjo Daro erlauben würde. Welche Welt würde uns dann entgegentreten? Welche Herrscherfiguren würden Kontur gewinnen, von welchen Kriegen würden wir unterrichtet werden? Und würde das wirklich wichtig sein?

Bis dahin sind Fachwelt und Publikum auf die Erkenntnisse der Archäologie angewiesen. Die ausgegrabenen Überreste von Mohenjo Daro lagen nur wenige Meter vom Museum entfernt und konnten ohne Aufsicht besichtigt werden. Optisch machen sie recht wenig her, auch wenn manche der Ziegelfassaden restauriert worden waren, um die Stadtgliederung stärker hervortreten zu lassen. Das erste, das ich erblickte, als ich mich der Ausgrabungsstätte näherte, waren die Überreste einer buddhistischen Stupa, die einfach zweitausend Jahre nach dem Untergang von Mohenjo Daro auf die überwachsenen Ruinen gesetzt worden war. Wirklich in die Tiefen der Geschichte führten das sogenannte „große Bad“, dem kultische Bedeutung zugesprochen wurde, der sogenannte „Kornspeicher“ und jede Menge Ziegelhäuser, die wie Soldaten in Reih und Glied in einer sogenannten „Oberstadt“ und „Unterstadt“ zusammenstanden. Teilweise waren die Wände der Ziegelhäuser wiederhergestellt, teilweise stand ich vor verfallenen Fassaden mit zerbröselndem Gestein. Je länger ich zwischen den Häusern hin- und herwanderte, desto klarer wurde mir, dass ich mich in einer Stadt der Ziegel befand. Und zwar nicht irgendwelcher Ziegel, sondern den ersten Standardziegeln der Weltgeschichte. So unendlich ihre Zahl auch sein mochte, so identisch waren ihre Ausmaße, nämlich 28 x 14 x 7 Zentimeter, was einem Verhältnis von 4 zu 2 zu 1 entsprach.

Mohenjo Daro entwickelte aber nicht nur den ersten genormten Ziegel, sondern auch die erste leistungsfähige urbane Kanalisation. An den seitlichen Rändern der Straßen erkannte ich neben den Ziegelmauern überall kleine Rinnen, in denen in altvorderen Zeiten die natürlichen Abwässer der Bewohner in eine zentrale Kanalisation geleitet worden waren. Aber damit nicht genug. Verdankte die Menschheit den Sumerern die erste Schrift, den Ägyptern die Pyramiden, so haben die Angehörigen der Indus Kultur die Sitztoilette erfunden, eine bemerkenswerte kulturelle Innovation mit Dekadenzpotenzial, die nach dem Untergang der Induskultur in Vergessenheit geriet und sich erst wieder in einer späteren Phase der Menschheitsgeschichte durchsetzen sollte.

Bleibt die Frage, wie eine Kultur mit derart perfekten Ziegelhäusern und einer revolutionären Abwasserentsorgung untergehen konnte. War es der Standardziegel gewesen, dessen millionenfaches Brennen zum Verschwinden der Wälder geführt hatte? War die Stadt von einem Erdbeben zerstört oder war sie vom Indus überschwemmt worden? Wieder andere Erklärungen sprachen von Hitze- und Dürreperioden, Überbevölkerung oder Bodenerschöpfung. Lange Zeit war man davon ausgegangen, dass die geschichtlich verbürgte Invasion der Indoarier aus dem Norden die Induskultur vernichtet hätte. Hinweise im altindischen Mahabharata, die von der Erstürmung großer Städte erzählten, schienen in diese Richtung zu deuten. Ein reizvoller Gedanke: der altindische Held Arjuna erobert an der Spitze seiner Streitwagen Mohenjo Daro und testet die Sitztoilette. Neuere Forschungen legen aber den Schluss nahe, dass sich der Untergang der Induskultur bereits lange vor dem Einmarsch der Indoarier vollzogen haben musste. Die unterschiedlichen Ausgrabungsschichten erbrachten für den Beginn des zweiten vorchristlichen Jahrtausends deutliche Zeichen des Niedergangs. Die Häuser wurden schlampiger und kleiner gebaut, Schäden an den Stadtmauern deuten auf Eroberungen hin, und viele der ausgegrabenen Skelette weisen Tötungsspuren auf. Genaueres würde man erst erfahren, wenn es gelingen würde, die Schrift der Induskultur zu entziffern. Also vielleicht niemals.

Länger als zwei Stunden hielt ich es auf dem Ruinenfeld von Mohenjo Daro nicht aus. Am frühen Nachmittag wurde die Hitze so unerträglich, dass es zu einer schieren Existenzfrage wurde, einen schattigen Ort zu finden. So lief ich zurück zum Flughafen und verbrachte die letzten Stunden vor dem Abflug in der klimatisierten Abfertigungshalle. Die Wehrpflichtigen, die den Flughafen vor dem Angriff der Banditen schützen sollten, lagen auf den Sitzen und schliefen. Auch ich saß ermattet auf einem Ledersessel und betrachte die Umrisse der Ruinen. Von oben wurden sie durch die Sonne gebacken, von unten stieg das Salz des Grundwassers empor und zersetzte das, was noch im Boden geblieben war. Möglicherweise war die Rückkehr Mohenjo Daros aus den Tiefen der Geschichte nur eine Episode.


Kulturerbe der Menschheit: Die Ziegel von Mohenjo Daro


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Transasia. Von Karachi nach Beijing

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