Читать книгу Kleine Frauen, Band 4: Jo und ihre Jungs - Луиза Мэй Олкотт - Страница 6
Kapitel 3. Jos verrückter Tag
ОглавлениеDie Familie March hatte im Laufe ihrer abwechslungsreichen Geschichte viele Überraschungen erlebt, aber die größte von allen war, als sich das hässliche Entlein nicht als Schwan, sondern als goldene Gans entpuppte, deren literarische Eier einen so unerwarteten Absatzmarkt fanden, dass Jos kühnster und am meisten gehegter Traum nach zehn Jahren tatsächlich in Erfüllung ging. Wie oder warum das geschah, hat sie selbst nie genau verstanden, aber plötzlich war sie einigermaßen berühmt, und, was noch besser war, sie hatte ein kleines Vermögen zur Verfügung, um die Hindernisse der Gegenwart aus dem Weg zu räumen und die Zukunft ihrer Jungen zu sichern.
Es begann in einem schlechten Jahr, in dem in Plumfield alles schieflief; die Zeiten waren hart, die Anzahl der Schüler schrumpfte, Jo überarbeitete sich und war lange krank; Laurie und Amy befanden sich im Ausland, und die Bärs waren zu stolz, um Hilfe zu erbitten, selbst von so nahestehenden und lieben Menschen wie diesem großzügigen Paar. An ihr Bett gefesselt, verzweifelte Jo langsam an ihrer Situation, bis sie auf die lange vernachlässigt Feder zurückgriff. Etwas zu schreiben war das Einzige, was sie tun konnte, um die Löcher in ihren Einnahmen zu stopfen. Und da ein gewisser Verleger ein Mädchenbuch suchte, schrieb sie in aller Eile eine kleine Geschichte, in der sie einige Szenen und Abenteuer aus ihrem und dem Leben ihrer Schwestern darstellte. Da sie selbst viel lieber über Jungs erzählte, schickte sie es mit ihrer Meinung nach sehr geringen Erfolgsaussichten auf die Reise.
Aber die Dinge liefen bei Jo immer anders als geplant. Ihr erstes Buch, an dem sie jahrelang gearbeitet und welches sie mit den großen Hoffnungen und ehrgeizigen Träumen der Jugend auf den Weg gebracht hatte, scheiterte auf dieser Reise – obwohl das Wrack noch lange Zeit danach weiter schwamm und zumindest der Verleger davon profitierte. Die eilig geschriebene Geschichte, die ohne jeden Gedanken an die paar Dollar, die sie vielleicht einbringen würde, abgeschickt wurde, segelte hingegen mit günstigem Wind und einem klugen Lotsen am Ruder in die Gunst der Öffentlichkeit und bescherte ihr eine unerwartete Ladung Geld und Ruhm.
Wahrscheinlich hat es nie eine erstauntere Frau gegeben als Josephine Bär, als ihr kleines Schiff mit wehenden Flaggen in den Hafen einlief; die Kanonen, die vorher stumm gewesen waren, dröhnten nun fröhlich, und, was noch besser war, viele freundliche Gesichter freuten sich mit ihr und viele freundliche Hände gratulierten ihr sehr herzlich. Danach war die See plötzlich wieder sehr ruhig, und sie brauchte nur noch ihre Schiffe zu beladen und sie auf eine erfolgreiche Reise zu schicken, um allen, die sie liebte und für die sie arbeitete, etwas Gutes zu bringen.
Der Ruhm ist ihr nie zu Kopf gestiegen, denn heutzutage braucht man wenig Feuer, um viel Rauch zu erzeugen, und nur bekannt zu sein ist kein wirklicher Ruhm. Das viele Geld hingegen war nicht wegzudiskutieren und sie nahm es dankbar an, auch wenn es nicht halb so viel war, wie es der Rest der Welt behauptete. Das Blatt hatte sich gewendet und die Familie trieb nun bequem in einen gemütlichen Hafen, in dem die älteren Mitglieder sich sicher vor Stürmen ausruhen und die jüngeren ihre Boote für die Reise des Lebens zu Wasser lassen konnten.
In jenen Jahren erfuhren die geduldigen Diener, die hoffnungsvollen Arbeiter und die frommen Gläubigen alle Arten von Glück, Frieden und Überfluss, und priesen die Weisheit und die Gerechtigkeit dessen, der Enttäuschung, Armut und Kummer schickt, um die Liebe der menschlichen Herzen zu prüfen und den Erfolg umso süßer zu machen, wenn er endlich eintritt. Die Welt sah den Wohlstand, und gütige Seelen freuten sich über das Wohlergehen der Familie; aber der Erfolg, den Jo am meisten schätzte, das eigentliche Glück, das nichts ändern oder schmälern konnte, war nur wenigen bekannt.
Es war die Möglichkeit, die letzten Jahre ihrer Mutter glücklich und bequem zu gestalten; zu sehen, wie sie die Last ihrer Sorgen für immer ablegen konnte, wie die müden Hände sich ausruhten, wie das liebe Gesicht von jeglichem Kummer verschont blieb und wie das zarte Herz freigiebig die Nächstenliebe spendete, die seine Freude war. Als Mädchen hatte Jo sich ein Zimmer gewünscht, in dem Mami nach ihrem harten, heroischen Leben in Ruhe sitzen und sich vergnügen konnte. Nun war der Traum wahr geworden, und Mami saß in ihrem mit allem Komfort und Luxus eingerichteten Raum, mit liebevollen Töchtern, die sie ob ihrer zunehmenden Gebrechen bedienten, einem treuen Ehemann, an den sie sich anlehnen konnte, und Enkelkindern, die die Dämmerung des Lebens mit ihrer pflichtbewussten Zuneigung erhellten. Es war eine sehr kostbare Zeit für alle, denn sie freute sich, wie nur Mütter sich über das Glück ihrer Kinder freuen können. Sie hatte gelebt, um die Ernte einzufahren, die sie gesät hatte; sie hatte gesehen, wie Gebete erhört wurden, wie Hoffnungen aufblühten, wie gute Gaben Früchte trugen, wie Frieden und Wohlstand das Heim segneten, das sie geschaffen hatte; und schließlich wandte sie wie ein tapferer, geduldiger Engel, dessen Arbeit getan war, ihr Gesicht gen Himmel und war froh, sich zur Ruhe begeben zu können.
Das war aber nur die süße und wohltätige Seite der Veränderung, die das Geld mit sich gebracht hatte – es gab allerdings auch eine skurrile und dornige Seite, wie sie alle Dinge in dieser unserer seltsamen Welt besitzen. Nach der ersten Überraschung, dem Unglauben und der Freude, die Jo überkommen hatte, wurde sie des Ruhms bald überdrüssig und begann, sich über den Verlust ihrer Freiheit zu ärgern. Denn plötzlich nahm die bewundernde Öffentlichkeit Besitz von ihr und all ihren Angelegenheiten, den vergangenen, den gegenwärtigen und den zukünftigen. Fremde wollten sie sehen, befragen, beraten, warnen, beglückwünschen und sie durch gut gemeinte, aber sehr ermüdende Aufmerksamkeiten um den Verstand bringen. Wenn sie sich weigerte, ihr Herz zu öffnen, machte man ihr Vorwürfe; wenn sie sich weigerte, für diverse wohltätige Vereine zu spenden, private Nöte zu lindern oder mit jeder Krankheit und Prüfung, die die Menschheit kennt, mitzufühlen, nannte man sie hartherzig, selbstsüchtig und hochmütig; wenn sie es nicht schaffte, die Stapel von Briefen zu beantworten, die man ihr schickte, vernachlässigte sie ihre Pflicht gegenüber dem sie anbetenden Publikum; und wenn sie die Heimeligkeit ihres Zuhauses dem Podest vorzog, auf dem sie zu posieren aufgefordert wurde, kritisierte jeder "die Allüren der Schriftsteller."
Sie tat ihr Bestes für die Kinder, die das Publikum darstellten, für das sie schrieb, und bemühte sich nach Kräften, die Forderung zu erfüllen, die die Münder der gefräßigen Jugend stets von sich gaben: "Mehr Geschichten, mehr, sofort!" Ihre Familie lehnte diese Ergebenheit ab, da sie entschieden auf ihre Kosten ging, und Jos Gesundheit litt darunter; aber eine Zeit lang opferte sie sich dankbar auf dem Altar der Kinderliteratur, weil sie das Gefühl hatte, dass sie den kleinen Freunden, bei denen sie nach zwanzig anstrengenden Jahren endlich Gefallen gefunden hatte, viel verdankte.
Doch irgendwann war ihre Geduld am Ende, und da sie es leid war, ein kämpferischer Löwe zu sein, nahm sie das gemütliche Naturell eines Bären an, kehrte in ihre Höhle zurück und knurrte fürchterlich, wenn man sie dort herauslocken wollte. Ihre Familie amüsierte sich köstlich und hatte wenig Mitleid mit ihren Strapazen, aber für Jo war ihre Situation der schlimmste Kummer ihres Lebens, denn ihre Freiheit war immer ihr kostbarster Besitz gewesen, und genau die schien ihr rasend schnell zu entgleiten. Das Leben in einer Laterne verliert schnell seinen Reiz, und sie war zu alt, zu müde und zu beschäftigt, um es zu mögen. Sie hatte das Gefühl, alles getan zu haben, was man vernünftigerweise von ihr verlangen konnte. Sie hatte Autogramme, Fotografien und autobiografische Skizzen übers ganze Land verteilt, Künstler ihr Zuhause in all seinen Facetten porträtieren lassen, Reportern gegenüber immer gute Miene zum bösen Spiel gemacht, einer Reihe von begeisterten Internaten erlaubt, ihr Grundstück nach Trophäen zu durchwühlen und einen stetigen Strom liebenswürdiger Pilger ertragen, die respektvoll über ihre Türschwellen flanierten; sie hatte nicht nur zugesehen, wie ihre Dienerschaft das Haus verließ, nachdem die Glocke eine Woche lang fast ununterbrochen geläutet hatte, sondern auch, als ihr Mann gezwungen gewesen war, sie bei den Mahlzeiten zu bewachen oder die Jungs bei diversen Anlässen ihre Flucht aus den rückwärtigen Fenstern decken mussten, wenn gerade wieder unternehmungslustige Gäste in unpassenden Momenten unangekündigt vorbeikamen.
"Es sollte ein Gesetz zum Schutz unglücklicher Schriftsteller geben", sagte Jo eines Morgens kurz nach Emils Ankunft, als die Post ihr eine ungewöhnlich große und vielfältige Mischung an Briefen brachte. Für mich ist dieses Thema lebenswichtiger als das internationale Urheberrecht; denn Zeit ist Geld, Frieden ist Gesundheit. Ich verliere beides ohne jede Gegenleistung und muss obendrein noch eine geringere Achtung vor meinen Mitmenschen und das wilde Verlangen hinnehmen, in die Wildnis zu fliehen, da ich nicht einmal im freien Amerika meine Türen schließen kann."
"Löwenjäger sind furchtbar, wenn sie auf der Suche nach ihrer Beute sind. Es würde ihnen guttun, wenn sie für eine Weile mit dir tauschen könnten; dann würden sie erkennen, wie nervtötend sie sind, wenn sie überraschend in der ehrenwerten Absicht vorbeikommen, um ihre Bewunderung für deine 'reizende Arbeit' auszudrücken", zitierte Ted und verbeugte sich vor seiner Mutter, die gerade die Stirn über zwölf Autogrammwünsche runzelte.
"Eines weiß ich ganz genau", sagte Jo mit großer Entschlossenheit. "Ich werde diese Briefe nicht beantworten. Diesem Jungen hier habe ich schon mindestens sechs Autogramme geschickt, vermutlich verkauft er sie. Ein anderes Mädchen schreibt aus einem Seminar, und wenn ich ihr eines schicke, werden alle anderen Mädchen ebenfalls um Autogramme bitten. Alle schreiben, dass sie wüssten, wie aufdringlich sie sind und dass mich diese Bitten selbstverständlich ärgern; dennoch wagen sie es zu fragen, weil ich meine Leser mag, oder weil diese die Bücher mögen, oder weil es ja nur eines ist. Emerson und Whittier haben solche Briefe in den Papierkorb geworfen; und obwohl ich im Gegensatz zu ihnen nur ein schreibendes Kindermädchen bin, das die Jugend lediglich mit moralischem Brei versorgt, werde ich ihrem berühmten Beispiel jetzt folgen, denn ich werde weder Zeit zum Essen noch zum Schlafen finden, wenn ich versuche, all diese lieben unverschämten Kinder zu befriedigen", sagte Jo und fegte den ganzen Stapel Briefe mit einem erleichterten Seufzer vom Tisch.
"Ich werde die anderen öffnen und dich in Ruhe frühstücken lassen, liebe Mutter", sagte Rob, der oft als ihr Sekretär aushalf. "Hier ist einer aus dem Süden", fuhr er fort, brach ein imposantes Siegel und las:
"Madame, da der Himmel Freude daran gefunden hat, Ihre Bemühungen mit einem großen Vermögen zu segnen, zögere ich nicht, Sie zu bitten, Mittel für eine Abendmahlsfeier in unserer Kirche bereitzustellen. Welcher Konfession Sie auch immer angehören, ich bin sicher, Sie werden einer solchen Bitte großzügig entsprechen,
"Mit freundlichen Grüßen,
"Mrs. X. Y. Zavier"
"Sende ihr eine höfliche Absage, mein Lieber. Alles, was ich zu geben habe, muss und wird dafür eingesetzt werden, die Armen vor meinen Toren zu ernähren und zu kleiden. Das ist mein Dankesopfer für den Erfolg. Noch etwas?", antwortete seine Mutter mit einem dankbaren Blick auf ihr glückliches Heim.
"Ein schreibender Jugendlicher von achtzehn Jahren schlägt dir vor, deinen Namen unter einen Roman zu setzen, den er geschrieben hat; nach der Erstauflage soll dein Name wieder gestrichen und seiner hinzugefügt werden. Was für ein toller Vorschlag!. Ich nehme an, du wirst ihn ablehnen, trotz deiner Weichherzigkeit gegenüber den meisten jungen Schreiberlingen?"
"So etwas würde ich nie tun. Sag' ihm das freundlich: keinesfalls soll er das Manuskript schicken. Ich habe bereits sieben hier liegen und kaum Zeit, mein eigenes zu lesen", sagte Jo und fischte nachdenklich einen kleinen Brief aus der Abgussschale. Sie öffnete ihn vorsichtig, denn die krakelig geschriebene Adresse ließ vermuten, dass ihn ein Kind geschrieben hatte.
"Diesen werde ich selbst beantworten. Ein kleines krankes Mädchen wünscht sich ein Buch, und das soll sie auch bekommen – allerdings kann ich nicht einfach Fortsetzungen schreiben, um ihr einen Gefallen zu tun. Ich würde nie zu einem Ende kommen, wenn ich versuchen würde, diese gefräßigen kleinen Oliver Twists zu befriedigen, die ständig nach mehr schreien. Was haben wir noch, Robin?"
"Dieser hier ist kurz und bündig.
"Liebe Mrs. Bär, ich möchte Ihnen kurz meine Meinung über Ihre Werke mitteilen. Ich habe sie alle viele Male gelesen und halte sie für erstklassig. Bitte machen Sie so weiter.
"Ihr Bewunderer,
"Billy Babcock."
"Das gefällt mir. Billy ist ein Mann mit Verstand und ein Kritiker, der es wert ist, so genannt zu werden, schließlich hat er meine Werke mehrmals gelesen, bevor er seine Meinung kundtat. Obwohl er nicht um eine Antwort bittet, schicke ihm meinen Dank und meine Grüße."
"Hier ist eine Dame in England mit sieben Mädchen, und sie möchte deine Ansichten über die Erziehung von Kindern erfahren. Außerdem möchte sie wissen, welche Berufe diese ergreifen sollen, denn ihre älteste Tochter ist zwölf. Kein Wunder, dass sie besorgt ist", lachte Rob.
"Ich werde versuchen, ihr zu antworten, aber da ich keine Mädchen habe, ist meine Meinung nicht viel wert. Wahrscheinlich wird sie sie eher schockieren, denn ich werde ihr vorschlagen, dass sie ihre Kinder laufen und spielen lassen soll, damit diese sich einen guten, kräftigen Körper zulegen können, bevor sie über Karrieren spricht. Sie werden sowieso bald zeigen, was sie wollen, wenn man sie in Ruhe lässt und sie nicht alle in dieselbe Form zu pressen versucht."
"Hier ist ein Kerl, der wissen will, was für ein Mädchen er heiraten soll, und ob du eine kennst, die so ist wie die in deinen Geschichten."
"Gib ihm Nans Adresse, dann wird er schon sehen, was er bekommt", schlug Ted vor, der insgeheim beschloss, dies selbst zu tun, falls er Gelegenheit dazu finden würde.
"Der hier ist von einer Dame, die möchte, dass du ihr Kind adoptierst und ihr Geld leihst, damit sie ein paar Jahre im Ausland Kunst studieren kann. Du solltest zusagen und dich an einem Mädchen versuchen, Mutter."
"Nein, danke, ich halte es mit dem Schuster und dessen Leisten. Was ist das für einer, mit dem Klecks drauf? Der Tinte nach zu urteilen ist das ein ziemlich schrecklicher", fragte Jo, die sich ihre tägliche Arbeit dadurch erleichterte, dass sie versuchte, von außen zu erraten, was in ihren vielen Briefen stand. Dem unzusammenhängenden Stil nach zu urteilen, handelte es sich um das Gedicht eines verrückten Verehrers.
'AN J.M.B.
'Oh, wäre ich ein Sonnenwendkraut,
würde ich Dichter spielen,
Und bliese einen Hauch von Duft
Zu Ihnen, dass niemand es erfährt.
"Deine Gestalt, wie die stattliche Ulme
Wenn Phoebus den Sonnenstrahl vergoldet;
Deine Wangen wie das Meeresbett
Auf dem eine Mairose erblüht.
Deine Worte sind weise und froh,
Ich fühle sie wie ein Vermächtnis;
Und wenn dein Geist einmal seinen Flug antritt,
Möge er erblühen wie eine Blume im Himmel.
"Meine Zunge sprach mit schmeichelnden Worten,
Und nie gab es ein süßeres Schweigen
in der belebtesten Straße oder der einsamsten Schlucht.
Ich sehe dich in den Ergüssen meiner Feder.
Betrachte die Lilien, wie sie wachsen;
Sie plagen sich nicht und sind doch schön,
Edelsteine und Blumen und Salomons Siegel.
Das Geranium der Welt ist J. M. Bär.
'James'
Während die Jungen wegen dieses Ergusses –- der wahrlich so bezeichnet werden durfte – grölten, las ihre Mutter mehrere großzügige Angebote von aufstrebenden Zeitschriften vor, die sie kostenlos redigieren sollte; ebenso einen langen Brief von einem jungen Mädchen, das untröstlich war, weil ihr Lieblingsheld gestorben war, und das wissen wollte, ob " die liebe Frau Bär die Geschichte neu schreiben und sie gut enden lassen würde?" Ein anderer Brief kam von einem wütenden Jungen, dem ein Autogramm verweigert worden war, und der unheilvoll den finanziellen Ruin und den Verlust der Lesergunst voraussagte, wenn sie ihm und allen anderen, die um Autogramme, Fotografien und autobiografische Skizzen baten, keine Briefe schicken würde; ein Pfarrer wollte wissen, welcher Konfession sie angehörte, und ein unentschlossenes Mädchen fragte, welchen ihrer beiden Verehrer sie heiraten sollte. Diese Beispiele sollten ausreichen, um aufzuzeigen, wie viel Zeit eine vielbeschäftigte Frau mit solchen Dingen verbringen musste, und ich bitte meine Leser, Jo zu entschuldigen, wenn sie nicht alle Anfragen sorgfältig beantwortet hat.
"Diese Arbeit ist erledigt. Jetzt werde ich ein wenig Staub wischen und dann ans Schreiben gehen. Ich bin im Rückstand, und die Fortsetzungsgeschichten dulden keinen Aufschub; Mary, bitte wimmle alle Besucher ab – selbst Queen Victoria, falls diese heute vorbeikommen sollte." Mit diesen Worten warf Frau Bär ihre Serviette hin, als ob sie der ganzen Schöpfung trotzen wollte.
"Ich hoffe, du wirst einen erfolgreichen Tag haben, meine Liebste", antwortete ihr Mann, der mit seiner eigenen umfangreichen Korrespondenz beschäftigt war. "Ich werde im College mit Professor Plock zu Abend essen, der uns heute besuchen wird. Die Jungs können ja auf dem Parnass zu Mittag essen, dann dürftest du wenigstens ein paar ruhige Minuten haben." Und nachdem er ihr mit einem Abschiedskuss die Sorgenfalten aus der Stirn gestrichen hatte, marschierte der gute Mann davon, beide Taschen voller Bücher, in der einen Hand einen alten Regenschirm und in der anderen eine Tasche mit Steinen für den Geologieunterricht.
"Wenn alle schreibenden Frauen solch fürsorgliche Engel als Ehemänner hätten, würden sie sicher länger leben und mehr schreiben. Aber das wäre vermutlich kein Segen für die Welt, da die meisten von uns sowieso viel zu viel schreiben", dachte Jo und winkte ihrem Gatten mit dem Staubwedel, während dieser die Allee hinunterging und mit seinem Schirm antwortete.
Rob machte sich zur gleichen Zeit auf den Weg zur Schule und sah ihm mit seinen Büchern und seiner Tasche, seinen kantigen Schultern und seiner bedächtigen Art zu gehen so ähnlich, dass seine Mutter lachte, als sie sich abwandte und herzlich sagte: "Seid gesegnet, meine beiden lieben Professoren, denn liebere Geschöpfe haben nie auf Erden gelebt!"
Emil war bereits zu seinem Schiff in der Stadt unterwegs, aber Ted trieb sich immer noch im Haus herum, um an die gewünschte Adresse zu gelangen, die Dose mit den Süßigkeiten zu verwüsten und mit "Mum" zu reden, denn die beiden hatten immer viel Spaß miteinander. Jo räumte ihr eigenes Zimmer immer selbst auf, befüllte ihre Vasen mit frischen Blumen und sorgte für die kleinen Aufmerksamkeiten, die es für den Tag schön und ordentlich machten. Als sie den Vorhang zuziehen wollte, bemerkte sie einen Künstler, der auf dem Rasen skizzierte, und zog sich seufzend zum rückwärtigen Fenster zurück, um ihren Staubwedel auszuschütteln.
In diesem Moment läutete die Glocke und man hörte das Geräusch von Rädern auf dem Weg.
"Ich geh' schon, Mary hat die Tür bereits geöffnet", rief Ted, strich sich die Haare glatt und machte sich auf den Weg in die Diele.
"Ich kann heute niemanden empfangen. Gib mir die Chance, nach oben zu entfliehen", flüsterte Jo und machte sich bereit, loszurennen. Doch bevor sie das tun konnte, erschien ein Mann an der Tür mit einer Karte in der Hand. Ted begegnete ihm mit strenger Miene, während sich seine Mutter hinter den Fenstervorhängen versteckte, um einen günstigen Zeitpunkt für ihre Flucht abzuwarten.
"Ich schreibe eine Reihe von Artikeln für die "Saturday Post" und wollte dafür als erstes Mrs. Bär besuchen", begann der Neuankömmling in dem anzüglichen Ton seines Berufstandes, während seine Augen schnell alles aufnahmen, was sie konnten. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, die Zeit bestmöglich zu nutzen, da seine Besuche für gewöhnlich ziemlich kurz waren.
"Frau Bär empfängt nie Reporter, Sir."
"Aber ein paar Augenblicke sind alles, worum ich sie bitte", antwortete der Mann und schob sich weiter vor.
"Sie können nicht mit ihr reden, denn sie ist gar nicht da", erwiderte Teddy, dem ein Blick nach hinten zeigte, dass seine traurige Mutter verschwunden war – wohl durch das Fenster, wie sie es manchmal tat, wenn das Haus gerade wieder belagert wurde.
"Ich bitte um Entschuldigung. Dann komme ich wohl besser ein anderes Mal wieder. Ist das ihr Arbeitszimmer? Ein ganz reizendes Zimmer!" Mit diesen Worten stolperte der Eindringling in die Stube, fest entschlossen, etwas zu sehen oder herauszufinden, selbst wenn er bei dem Versuch sterben sollte. "Nein, ist es nicht", sagte Teddy und schob ihn, in der inständigen Hoffnung, dass seine Mutter um die Seite des Hauses entkommen war, sanft, aber bestimmt in die Diele zurück.
"Wenn Sie mir das Alter und den Geburtsort von Mrs. Bär, das Datum ihrer Heirat und die Anzahl ihrer Kinder nennen könnten, wäre ich Ihnen sehr verbunden", fuhr der Besucher unverfroren fort, während er über die Türmatte stolperte.
"Sie ist etwa sechzig Jahre alt, in Hinterindien geboren, hat heute vor vierzig Jahren geheiratet und hat elf Töchter. Sonst noch etwas, Sir?" Teds ernstes Gesicht bildete einen so lustigen Kontrast zu seiner irrwitzigen Antwort, dass der Reporter sich überrumpelt fühlte und lachend wegging, während eine Dame, gefolgt von drei freudestrahlenden Mädchen, die Treppe hinaufkam.
"Wir sind extra aus Oshkosh gekommen und wollten nicht nach Hause fahren, ohne die liebe Tante Jo gesehen zu haben. Meine Mädchen bewundern ihre Werke und wollen sie unbedingt treffen. Ich weiß, es ist noch früh, aber wir wollten so gerne Holmes und Longfeller und die anderen Berühmtheiten kennenlernen, also sind wir gleich hierher geeilt. Mrs. Erastus Kingsbury Parmalee aus Oshkosh, sagen Sie ihr bitte Bescheid. Es macht uns nichts aus zu warten; wir können uns gerne selbst ein wenig umsehen, wenn sie noch nicht bereit ist, Leute zu empfangen."
Diese Worte prasselten wie ein Wasserfall auf Ted ein, sodass er nur dastehen und die drallen Mädchen anstarren konnte, die ihn mit ihren sechs blauen Augen so flehentlich ansahen. Sein angeborener Edelmut machte es ihm unmöglich, ihnen wenigstens eine höfliche Antwort zu verweigern.
"Mrs. Bär ist heute nicht zu sprechen – ich glaube, dass sie gerade gar nicht da ist; aber Sie können das Haus und das Gelände ansehen, wenn Sie wollen", murmelte er und machte Platz, während sich die vier an ihm vorbeidrängten und schwärmerisch um sich blickten.
"Oh, ich danke Ihnen! Ein hübsches Haus, da bin ich sicher! Dort schreibt sie, nicht wahr? Verraten Sie mir, ob das ihr Bild ist! Sieht genauso aus, wie ich sie mir vorgestellt habe!"
Mit diesen Worten hielten die Damen vor einem schönen Kupferstich inne, der die ehrenwerte Mrs. Norton mit einer Feder in der Hand, einem Diadem und einer Perlenkette, nebst einem entrückten Gesichtsausdruck zeigte.
Teddy konnte nur mit großer Mühe ernst bleiben und zeigte auf ein sehr schlecht getroffenes Bild von Jo, das hinter der Tür hing und ihr gerade wegen seiner Trostlosigkeit viel Vergnügen bereitete – hauptsächlich wegen eines seltsamen Lichteffekts auf der Nasenspitze und den Wangen, die so rot waren wie der Stuhl, auf dem sie saß.
"Das hier wurde für meine Mutter gemacht, aber es ist nicht sehr gut geworden", sagte er und amüsierte sich über die Bemühungen der Mädchen, ihre Bestürzung über den traurigen Unterschied zwischen Wirklichkeit und Ideal zu verbergen. Die Jüngste, zwölf Jahre alt, konnte mit ihrer Enttäuschung nicht hinterm Berg halten und wandte sich ab, wie so viele von uns, wenn wir entdecken, dass unsere Vorbilder eigentlich ganz gewöhnliche Männer und Frauen sind.
"Ich dachte, sie wäre etwa sechzehn Jahre alt und hätte ihr Haar in zwei Zöpfen auf dem Rücken geflochten. Jetzt will ich sie auch nicht mehr treffen", sagte das ehrliche Kind und ging zur Dielentür, während sich die Mutter entschuldigte und die Schwestern erklärten, das schlechte Porträt sei "ganz reizend, so vielsagend und poetisch, wissen Sie, besonders die Stirn."
"Kommt, Mädchen, wir müssen gehen, wenn wir den heutigen Tag schaffen wollen. Ihr könnt eure Alben hierlassen und sie euch nachschicken lassen, wenn Frau Bär ein paar nette Worte hineingeschrieben hat. Wir sind Ihnen überaus dankbar. Grüßen Sie Ihre Mutter von uns und sagen Sie ihr, dass es uns sehr leidtut, sie nicht getroffen zu haben." Gerade als Mrs. Erastus Kingsbury Parmalee diese Worte ausgesprochen hatte, fiel ihr Blick auf eine Frau mittleren Alters, die eine große karierte Schürze trug, sich ein Taschentuch über den Kopf gebunden hatte und damit beschäftigt war, einen Raum weiter hinten abzustauben, der wie ein Arbeitszimmer aussah.
"Noch einen Blick in ihr Heiligtum, da sie gerade nicht da ist", rief die begeisterte Dame und rauschte mit ihrer Herde im Schlepptau durch die Diele, noch bevor Teddy seine Mutter warnen konnte, der durch den Künstler vorne, den Reporter hinten im Haus – der nicht gegangen war – und die Damen in der Diele jede Rückzugsmöglichkeit genommen worden war.
"Jetzt haben sie sie!", dachte Teddy genauso bestürzt wie belustigt. "Und da sie das Porträt gesehen haben, kann sie sich auch nicht als das Hausmädchen ausgeben."
Jo tat ihr Bestes und wäre, da sie eine gute Schauspielerin war, auch entkommen, wenn das verhängnisvolle Bild sie nicht verraten hätte. Mrs. Parmalee hielt am Schreibtisch inne, faltete die Hände, und rief, ungeachtet des Meerschaums, der dort lag, der Herrenpantoffeln unter dem Tisch, und eines Stapels von Briefen, die an "Prof. F. Bär" gerichtet waren, eindrucksvoll aus: "Mädels, das ist der Ort, an dem sie diese süßen, tugendhaften Geschichten geschrieben hat, die uns aus der Seele sprechen! Dürfte ich – ach, dürfte ich ein Stück Papier, einen alten Federkiel oder vielleicht eine Briefmarke als Andenken an diese begnadete Frau mitnehmen?"
"Sicher, bedienen Sie sich", antwortete das Hausmädchen und entfernte sich mit einem Seitenblick auf den Jungen, in dessen Augen nun eine Heiterkeit stand, die er nicht länger unterdrücken konnte.
Aber das älteste Mädchen bemerkte Jos Blick, erahnte die Wahrheit, und ein kurzer Blick auf die Frau in der Schürze bestätigte ihren Verdacht. Sie berührte ihre Mutter und flüsterte: "Mama, das ist Frau Bär persönlich. Ich weiß es, ich bin mir ganz sicher."
"Ja? Wirklich? Ja, sie ist es! Na, das ist ja wirklich schön!" Mit diesen Worten macht sich Mrs. Parmalee auf die Verfolgung der unglücklichen Frau, die auf die Tür zusteuerte, und rief ihr hinterher:
"Kümmern Sie sich nicht um uns! Ich weiß, Sie haben viel zu tun; lassen Sie mich nur kurz Ihre Hand schütteln, dann gehen wir auch schon."
Da Jo wusste, wann sie verloren hatte, drehte sie sich um, reichte Mrs. Parmalee ihre Hand so steif wie ein Teetablett, und ließ sich diese herzlich schütteln, als der Eindringling mit fast schon etwas beängstigender Gastfreundschaft sagte:
"Wenn Sie jemals nach Oshkosh kommen, werden Ihre Füße das Pflaster nicht mehr berühren müssen, denn die Menschen werden sie auf Händen tragen, so furchtbar froh werden sie sein, Sie zu sehen."
Im Geiste entschlossen, diese so überschwängliche Stadt nie zu besuchen, antwortete Jo so herzlich, wie sie konnte. Nachdem sie ihren Namen in die Alben geschrieben, jeder Besucherin ein Andenken mitgegeben und diese geküsst hatte, reisten sie endlich ab, um "Longfeller, Holmes und den Rest" aufzusuchen – die hoffentlich allesamt nicht zuhause waren.
"Du Schurke, warum hast du mir nicht die Chance gegeben, auszubüxen? Mein lieber Schwan, und was für Schwindeleien du dem Mann erzählt hast! Ich hoffe, dass uns unsere Sünden diesbezüglich vergeben werden, aber ich weiß nicht, was aus uns werden soll, wenn wir nicht mehr abhauen können. So viele gegen einen ist einfach nicht fair", stöhnte Jo angesichts der Strapazen ihres Lebens und hängte ihre Schürze in den Dielenschrank.
"Da kommen noch mehr Leute die Allee herauf! Wir sollten uns verkrümeln, solange wir noch können! Ich werde ihnen den Weg abschneiden", rief Teddy, der auf der Treppe stand und sich gerade auf den Weg zur Schule machte.
Jo flüchtete die Treppe hinauf, schloss ihre Tür ab und betrachtete in aller Ruhe das Lager eines jungen Damenseminars auf dem Rasen. Da man sie nicht ins Haus gelassen hatte, vergnügten sie sich, indem sie Blumen pflückten, ihre Haare frisierten, zu Mittag aßen und freimütig ihre Meinungen über den Ort und dessen Besitzer äußerten, bevor sie gingen.
Es folgten ein paar ruhigere Stunden, und sie hatte sich gerade auf einen langen Nachmittag harter Arbeit eingestellt, als Rob nach Hause kam und ihr mitteilte, dass der "Christliche Verein Junger Männer" das College besuchen würde und zwei oder drei der Jungs, die sie persönlich kannte, ihr auf dem Weg dorthin ihre Aufwartung machen wollten.
"Es wird regnen, also werden sie wohl nicht kommen; aber Vater dachte, dass du dennoch bereit sein solltest, nur für den Fall. Bei Jungs lässt du dich immer beschwatzen, während du Mädchen gegenüber dein Herz verschließt", sagte Rob, der von seinem Bruder von dem geplanten Besuch erfahren hatte.
"Jungs schwärmen nicht, deswegen kann ich sie besser ertragen. Als ich das letzte Mal eine Gruppe von Mädchen hereinließ, fiel mir eine in die Arme und sagte: 'Mein Schatz, liebe mich!' Ich hätte sie am liebsten geschüttelt", antwortete Jo und wischte energisch den Federkiel ab.
"Du kannst sicher sein, dass die Jungs das nicht tun werden – aber sie werden garantiert Autogramme haben wollen, also solltest du besser ein paar Dutzend bereithalten", sagte Rob, der sofort einige Blätter Briefpapier auslegte. Er war ein gastfreundlicher Junge und sympathisierte mit denen, die seine Mutter bewunderten.
"Sie können kaum schlimmer sein als Mädchen. In irgendeinem College habe ich an dem Tag, als ich dort war, dreihundert Autogramme geschrieben und einen ganzen Stapel Karten und Alben auf meinem Tisch zurückgelassen, als ich wieder ging. Es ist eine der absurdesten und ermüdendsten Manien, die die Welt je heimgesucht haben."
Nichtsdestotrotz schrieb Jo ihren Namen ein Dutzend Mal aufs Papier, zog ihr schwarzes Seidenkleid an und versuchte, sich mit dem bevorstehenden Besuch abzufinden; insgeheim jedoch betete sie um Regen, während sie sich wieder an ihre Arbeit machte.
Der Schauer kam tatsächlich, und als sie sich sicher fühlte, zerwühlte sie ihr Haar, nahm ihre Manschetten ab und machte sich daran, ihr Kapitel zu beenden. Dreißig Seiten pro Tag hatte sie sich selbst verordnet, und diese wollte sie noch vor dem Abend fertig haben. Josie hatte ein paar Blumen für die Vasen mitgebracht und war gerade dabei, diesen den letzten Schliff zu verpassen, als sie mehrere Regenschirme den Hügel hinunter wippen sah.
"Sie kommen, Tantchen! Ich sehe Onkelchen übers Feld eilen, um sie zu empfangen", rief sie am Fuß der Treppe.
"Behalte sie im Auge und gib mir Bescheid, wenn sie die Allee heraufkommen. Ich brauche nur noch eine Minute, um etwas aufzuräumen, dann werde ich ihnen entgegengehen", antwortete Jo und kritzelte, was das Zeug hielt, denn Fortsetzungen duldeten nun mal keinen Aufschub, nicht einmal, falls der gesamte "Christliche Verein" angetreten wäre.
"Es sind aber mehr als zwei oder drei. Ich sehe mindestens ein halbes Dutzend", rief Schwester Ann, die in der Dielentür stand. "Nein! Ein gutes Dutzend, glaube ich; Tantchen, sieh dich vor, es sind vermutlich alle gekommen! Was sollen wir nur tun?" Josie zitterte bei dem Gedanken, sich der schwarz gekleideten Schar zu stellen, die sich rasch näherte.
"Gnade uns Gott, da sind ja Hunderte! Lauft und stellt eine Wanne vor den Hintereingang, damit sie dort ihre Regenschirme abtropfen lassen können. Sag ihnen, sie sollen in die Diele gehen dort ihre Hüte auf dem Tisch stapeln; die passen niemals alle auf den Ständer. Für Fußmatten ist es jetzt auch zu spät – meine armen Teppiche!" Mit diesen Worten ging Jo hinunter, um sich auf die Invasion vorzubereiten, während Josie und die Dienstmädchen in Erwartung so vieler schmutziger Stiefel aufgeregt umhereilten.
Und dann kamen sie, eine lange Reihe von Regenschirmen, mit durchnässten Beinen und geröteten Gesichtern darunter, denn die Herren hatten bereits in der Stadt ihren Spaß gehabt, ohne dort vom Regen gestört zu werden. Professor Bär kam ihnen am Tor entgegen und hielt gerade eine kleine Begrüßungsrede, als Jo, ganz gerührt vom durchweichten Zustand ihrer Besucher, an der Tür erschien und diese hereinwinkte. Während ihr Gastgeber ohne Kopfbedeckung im strömenden Regen weiterredete, eilten die jungen Männer fröhlich, aufgeregt und neugierig die Treppe hinauf, nahmen ihre Hüte ab und kämpften mit ihren Regenschirmen, nachdem der Befehl zum Einmarsch und zum Ablegen der Waffen gegeben wurde.
Stapf, stapf, stapf, liefen fünfundsiebzig Paar Stiefel die Diele entlang, und kurz darauf tropften fünfundsiebzig Regenschirme gesellig in der gastlichen Wanne, während ihre Besitzer im gesamten unteren Teil des Hauses ausschwärmten und die Gastgeberin ohne Murren fünfundsiebzig herzliche Hände schüttelte – obwohl einige nass, andere sehr schwitzig, und fast alle gezeichnet waren von diversen "Abenteuern" des Tagesausflugs. Ein ungestümer Teilnehmer schwenkte plötzlich eine kleine Schildkröte, während er ihr Komplimente machte, ein anderer hatte draußen im Garten bereits hier und da Zweige von Büschen abgeschnitten, aber alle baten um ein Andenken an Plumfield. Dann tauchte auf mysteriöse Weise ein Stapel Karten auf dem Tisch auf, nebst einer handgeschriebenen Bitte um Autogramme, und trotz ihres morgendlichen Gelübdes schrieb Jo allen eine Widmung, während ihr Mann und die Jungen aufpassten, dass nicht das gesamte Haus ruiniert wurde.
Josie flüchtete in die hintere Stube, wurde aber dort von ihrer Umgebung erforschenden Jungen entdeckt und von einem von ihnen tödlich beleidigt, als dieser sich arglos erkundigte, ob sie Frau Bär sei. Die gesamte Veranstaltung dauerte nicht lange, und das Ende war versöhnlicher als der Anfang, denn der Regen hatte endlich aufgehört, und ein Regenbogen leuchtete wunderschön über den tapferen Burschen, als diese auf dem Rasen standen und zum Abschied lieblich sangen. Wie ein glückliches Omen, ein leuchtender Bogen der Verheißung, wölbte er sich über den jungen Häuptern, als ob der Himmel über sie lächelte und ihnen zeigen wollte, dass über der durchweichten Erde und dem wolkenverhangenen Himmel die gesegnete Sonne noch für alle schien. Ein dreifaches Hurra, dann waren sie fort und hatten der Familie eine angenehme Erinnerung an ihren Besuch hinterlassen, während diese mit Schaufeln den Schlamm von den Teppichen kratzte und die halbvolle Wanne leerte.
"Nette, aufrichtige, fleißige Kerle, und ich gönne ihnen diese halbe Stunde von Herzen; aber jetzt muss ich fertig werden, also bitte keine weitere Störung mehr bis zum Tee ", sagte Jo und überließ es Mary, das Haus abzuschließen, denn Papa Bär war mit seinen Jungen zusammen mit den Gästen losgezogen, während Josie sich auf den Weg nach Hause gemacht hatte, um ihrer Mutter von dem Trubel bei Tante Jo zu erzählen.
Eine Stunde lang herrschte Ruhe, dann läutete die Glocke und Mary kam kichernd herauf, um zu fragen: "Eine merkwürdige Dame möchte wissen, ob sie im Garten einen Grashüpfer fangen kann."
"Einen was?", rief Jo und ließ ihren Stift fallen, sodass dieser einen Tintenfleck auf dem Papier hinterließ. Von allen seltsamen Anfragen, die ihr je gestellt wurden, war dies die seltsamste.
"Einen Grashüpfer, Ma'am. Ich sagte, Sie seien beschäftigt und fragte, was sie wolle, als sie sagte: 'Ich besitze Grashüpfer von den Grundstücken einiger berühmter Leute, und ich möchte einen von Plumfield, um meine Sammlung zu ergänzen.' Hat man so etwas schon mal gehört?", erklärte Mary und kicherte erneut über diese Idee.
"Sagen Sie ihr, sie darf gerne alle mitnehmen, die sie findet. Ich wäre froh, sie los zu sein; die Viecher hüpfen mir immer ins Gesicht oder machen sich in meinem Kleid breit", lachte Jo.
Mary zog sich zurück, um nach nur einem Moment fast sprachlos vor Heiterkeit zurückzukehren.
"Sie ist Ihnen sehr dankbar, Ma'am, und sie hätte auch gern ein altes Kleid oder ein Paar ihrer Strümpfe für eine Decke, die sie gerade näht. 'Ich habe eine Weste von Emerson,' sagt sie, 'und ein Paar Hosen von Mr. Holmes und ein Kleid von Mrs. Stowe.' Sie muss verrückt sein!"
"Geben Sie ihr den alten roten Umhang, der wird in dieser merkwürdigen Decke richtig auffallen unter den ganzen Kleidungsstücken der Großen. Diese Löwenjäger sind doch alle irgendwie verrückt, obwohl diese Vertreterin eher eine harmlose Verrückte zu sein scheint, denn sie stiehlt mir nicht die Zeit und bringt mich zum Lachen", sagte Jo und kehrte zu ihrer Arbeit zurück, nachdem sie einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte, der ihr eine große, schlaksige Dame in Schwarz zeigte, die wild auf dem Rasen hin und her hüpfte, um das gesuchte, sehr sprunghafte Insekt zu erwischen.
Bis das Licht zu schwinden begann, folgten keine weiteren Unterbrechungen. Dann steckte Mary ihren Kopf herein, um zu melden, dass ein Herr Mrs. Bär zu sehen wünschte und ein "Nein" nicht akzeptieren würde.
"Das wird er wohl müssen. Ich werde jetzt nicht hinuntergehen. Es war ein furchtbarer Tag, und ich möchte nicht noch einmal gestört werden", antwortete die geplagte Schriftstellerin und hielt mitten im großen Finale ihres Kapitels inne.
"Das habe ich ihm auch gesagt, Ma'am, aber er ist einfach frech wie Oskar hereinmarschiert. Ich glaube, er gehört auch zu diesen Verrückten, und ich muss sagen, dass ich mich sogar etwas vor ihm fürchte; er ist so groß und dunkelhäutig und glitschig wie ein Aal – obwohl ich sagen muss, dass er gut aussieht", fügte Mary lächelnd hinzu, denn der Fremde schien in ihren Augen trotz seiner Dreistigkeit offensichtlich Gefallen gefunden zu haben.
"Mein Tag ist verdorben, und ich brauche diese letzte halbe Stunde noch, um meine Arbeit zu beenden. Sagen Sie ihm, er soll gehen – ich werde nicht hinunterkommen", rief Jo wütend.
Mary ging und ihre Herrin lauschte unwillkürlich, was passieren würde. Erst hörte sie ein Stimmengemurmel, dann einen kurzen Schrei von Mary, und als sie sich nicht nur der Gepflogenheiten einiger Reporter erinnerte, sondern auch daran, dass ihr Dienstmädchen sowohl hübsch als auch ängstlich war, warf Frau Bär ihren Federkiel zu Seite und eilte zu Hilfe. Mit majestätischer Miene stieg sie hinab und herrschte mit ehrfürchtiger Stimme, während sie innehielt, um den frechen Eindringling zu begutachten, der die Treppe zu stürmen versuchte, die Mary tapfer verteidigte:
"Wer ist diese Person, die darauf besteht, mich zu sehen, obwohl ich dies abgelehnt habe?"
"Das weiß ich nicht, Ma'am. Er will keinen Namen nennen und sagt, dass es Ihnen leidtun wird, wenn Sie ihn wegschicken", antwortete Mary, die mit hochrotem Kopf und entrüstet ihren Posten aufgab.
"Wird es das etwa nicht?", fragte der Fremde und blickte mit einem Paar dunkler, lächelnder Augen auf. Die weißen Zähne blitzten durch den langen Bart, und er streckte beide Hände aus, als er sich kühn der wütenden Dame des Hauses näherte.
Jo warf ihm einen prüfenden Blick zu, denn die Stimme kam ihr bekannt vor. Dann warf sie beide Arme um den Hals des Besuchers und rief freudig aus: "Mein liebster Junge, wo kommst du denn her?"
"Aus Kalifornien, nur um dich zu treffen, Mutter Bär. Hätte es Ihnen nicht leidgetan, wenn ich gegangen wäre?", antwortete Dan mit einem herzlichen Kuss.
"Nicht zu fassen, wenn ich dich weggeschickt hätte, wo ich mich doch seit einem Jahr danach sehne, dich wiederzusehen", lachte Jo und ging hinunter, um sich mit ihrem zurückgekehrten Weltenbummler zu unterhalten, der seinen Spaß offenkundig sehr genoss.