Читать книгу Kleine Frauen, Band 4: Jo und ihre Jungs - Луиза Мэй Олкотт - Страница 7
Kapitel 4. Dan
ОглавлениеJo dachte oft, dass Dan vermutlich indianisches Blut in sich trug, und das nicht nur wegen seiner Vorliebe für ein wildes, unstetes Leben, sondern auch wegen seines Aussehens – und je älter er wurde, desto auffälliger wurde dieser Umstand. Mit seinen fünfundzwanzig Jahren war er sehr groß gewachsen, mit sehnigen Gliedmaßen, einem scharf geschnittenen, braunen Gesicht und dem wachen Blick eines Menschen, dessen Sinne ständig auf Empfang waren; rau in seinem Benehmen, voller Energie, schnell mit Worten und Schlägen, die Augen voll des alten Feuers, immer wachsam, als ob er es gewohnt wäre, auf etwas aufpassen zu müssen, und mit einer generellen Ausstrahlung von Vitalität und Frische, die diejenigen, die die Gefahren und Freuden seines abenteuerlichen Lebens kannten, regelrecht begeisterte. Er gab sich von seiner besten Seite, als er sich mit "Mutter Bär" unterhielt, eine starke braune Hand in ihrer und die Stimme voller herzlicher Zuneigung, als er sagte:
"Alte Freunde vergessen! Wie könnte ich die einzige Heimat vergessen, die ich je kannte? Ich hatte es so eilig, hierherzukommen und von meinem Glück zu berichten, dass ich nicht einmal Zeit gefunden habe, mich zurechtzumachen – obwohl mir klar war, dass Sie mich für einen wilden Büffel halten würden", erklärte er, schüttelte seinen schwarzen, zotteligen Kopf, zupfte an seinem Bart und lachte, dass das ganze Zimmer wackelte.
"Das gefällt mir; ich hatte schon immer eine Vorliebe für Banditen – und du siehst genauso aus wie einer. Mary, eine unserer neuen Schützlinge, war erschrocken über dein Aussehen und dein Benehmen. Josie wird nicht wissen, wer du bist, aber Ted wird seinen Danny trotz des langen Bartes und der wallenden Mähne wiedererkennen. Sie werden alle bald hier sein, um dich zu begrüßen, also erzähl mir mehr von dir, bevor sie kommen. Dan, mein Lieber, es ist fast zwei Jahre her, dass du hier warst! Ist es dir gut ergangen?", fragte Jo, die mit mütterlichem Interesse seinem Bericht über das Leben in Kalifornien und den unerwarteten Erfolg einer kleinen Investition zugehört hatte.
"Erstklassig! Das Geld ist mir egal, wissen Sie. Ich nehme nur etwas davon, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten – lieber verdiene ich, was ich gerade benötige und muss mich nicht um einen ganzen Haufen davon kümmern. Es ist lustig, wenn das Geld zu einem kommt und man es ausgeben kann. Es hat keinen Sinn, etwas zurückzulegen, denn ich werde vermutlich nicht alt werden und es brauchen – Menschen wie ich tun das nie", sagte Dan, der aussah, als ob ihn sein kleines Vermögen ziemlich bedrückte.
"Aber wenn du heiratest und dich irgendwo niederlässt, was ich sehr hoffe, dann wirst du etwas Geld brauchen als Grundstock, mein Sohn. Sei also klug und lege es an; gib nicht alles aus, denn uns allen stehen irgendwann Regentage bevor. Abhängig zu sein wäre für dich sehr schwer zu ertragen", antwortete Jo, der die Erkenntnis gefiel, dass die Jagd nach dem Geld ihren Glückspilz noch nicht vollständig gepackt hatte.
Dan schüttelte den Kopf und schaute sich im Zimmer um, als ob es ihm jetzt schon ziemlich eng vorkäme und er sich danach sehnte, wieder draußen zu sein.
"Wer würde einen Luftikus wie mich heiraten? Frauen mögen beständige Männer, und so einer werde ich nie sein."
"Mein lieber Junge, als ich ein Mädchen war, mochte ich genau solche abenteuerlustigen Kerle wie dich. Frauen finden alles, was neu und abenteuerlich, frei und romantisch ist, immer attraktiv. Lass dich nicht entmutigen, auch du wirst eines Tages einen Ankerplatz finden und dich damit begnügen müssen, kürzere Reisen zu unternehmen und immer gute Beute mit nach Hause zu bringen."
"Was würden Sie sagen, wenn ich eines Tages eine indianische Squaw mitbrächte?", fragte Dan, dem der Schalk in den Augen stand, die auf einer Marmorbüste von Galatea ruhten, welche weiß und schön in der Ecke glänzte.
"Ich würde sie herzlich willkommen heißen, wenn sie eine gute Frau wäre. Besteht denn Aussicht darauf?", fragte Jo und betrachtete ihn mit dem Interesse, das selbst schreibende Damen an Liebesangelegenheiten haben.
"Im Augenblick nicht, danke. Ich bin zu beschäftigt, um "anzubändeln", wie Ted es nennen würde. Wie geht es dem Jungen?", wollte Dan wissen und änderte damit geschickt das Gesprächsthema, als hätte er gerade genug von Gefühlsduselei.
Jo war sofort Feuer und Flamme und schwärmte von den Talenten und Tugenden ihrer Söhne, bis diese hereinstürmten und sich auf Dan stürzten wie zwei liebevolle junge Bären, die ihren freudigen Gefühlen in einer Art freundschaftlichem Ringkampf Luft machten, bei dem beide natürlich den Kürzeren zogen, denn der viel größere Jäger hatte schon bald die Oberhand gewonnen. Der Professor folgte, und schon bald klapperten die Zungen dahin wie Mühlräder, während Mary das Feuer anzündete und die Köchin sich einem ungewöhnlich guten Abendessen widmete, da sie instinktiv ahnte, dass dieser Gast ein äußerst willkommener war.
Nach dem Tee ging Dan erzählend in den langen Zimmern auf und ab, machte aber immer wieder gelegentliche Abstecher in die Diele, um dort frische Luft zu schnappen, denn seine Lungen schienen mehr davon zu brauchen als die von zivilisierteren Menschen. Bei einem dieser Abstecher sah er eine weiße Gestalt in einer dunklen Türöffnung und hielt inne, um diese zu betrachten. Bess blieb ebenfalls stehen, ohne ihren alten Freund zu erkennen, und ohne sich des hübschen Bildes bewusst zu sein, welches sie abgab, als sie groß und schlank in der sanften Dämmerung der Sommernacht stand, ihr goldenes Haar wie ein Heiligenschein um den Kopf, und den Enden eines weißen Umhangs, die vom kühlen Wind, der durch die Diele fegte, wie Flügel hin und her geweht wurden. "Bist du das Dan?", fragte sie, während sie mit einem bezaubernden Lächeln und ausgestreckter Hand hereinkam.
"Sieht so aus; aber ich habe dich gar nicht erkannt, Prinzessin. Ich dachte schon, du wärst ein Geist", antwortete Dan und betrachtete sie mit einem gemischten Ausdruck aus Neugier und Verwunderung in seinem Gesicht.
"Ich bin ziemlich gewachsen, aber dich haben zwei Jahre völlig verändert", lachte Bess und blickte mit mädchenhaftem Vergnügen zu der pittoresken Gestalt vor ihr auf, die einen so deutlichen Kontrast zu den gut gekleideten Menschen um sie herum bildete.
Bevor sie noch mehr sagen konnten, stürzte Josie herein und ließ sich von Dan, als sie gerade für ein paar Momente die ihr sonst so wichtige Würde ihrer Jugend vergaß, auffangen und wie ein Kind küssen. Erst als er sie absetzte, bemerkte der junge Mann, dass auch sie sich verändert hatte, und rief in gespieltem Entsetzen aus:
"Hallo? Du wirst ja auch erwachsen! Was soll ich nur tun, wenn ich kein Kind mehr zum Spielen habe? Ted ist fast so groß wie eine Bohnenstange, Bess schon eine junge Dame, und sogar du, mein Senfkörnchen, bist deinen Kinderklamotten entwachsen und wirst langsam eingebildet."
Die Mädchen lachten, und Josie errötete, während sie den hochgewachsenen Mann anstarrte, wohl wissend, dass sie einen Sprung gemacht hatte. Sie bildeten einen hübschen Kontrast, diese beiden jungen Cousinen – die eine so schön wie eine Lilie, die andere eine kleine, wilde Rose. Dan nickte zufrieden, als er sie betrachtete, denn er hatte auf seinen Reisen viele hübsche Mädchen gesehen und war froh, dass diese alten Freundinnen so schön erblühten.
"Ihr da! Ihr könnt Dan nicht für euch allein beanspruchen!", rief Jo. "Bringt ihn zurück und behaltet ihn im Auge, sonst macht er sich in wieder für ein oder zwei Jahre aus dem Staub, bevor wir ihn richtig gesehen haben."
Begleitet von seinen sympathischen Entführern kehrte Dan in die Stube zurück, wo er von Josie dafür gescholten wurde, dass er allen anderen Jungen voraus war und fast schon wie ein Mann aussah.
"Emil ist älter; aber er ist noch ein Junge, führt Freudentänze auf und singt Seemannslieder, wie er es früher getan hat. Du siehst aus wie dreißig und bist so groß und braungebrannt wie ein Bösewicht in einem Theaterstück. Oh, ich habe eine wunderbare Idee! Du bist genau der Richtige für Arbaces in 'Die letzten Tage von Pompeji.' Wir wollen es aufführen, samt Löwen, den Gladiatoren und dem Vulkanausbruch. Tom und Ted werden eimerweise Asche herunterschütten und Fässer mit Steinen herumrollen. Wir brauchen noch einen braungebrannten Mann, der den Ägypter spielt, und du wirst in roten und weißen Gewändern prächtig aussehen. Stimmt's, Tante Jo?"
Dieser Wortschwall ließ Dan die Hände über den Ohren zusammenschlagen, und bevor Mrs. Bär ihrer ungestümen Nichte antworten konnte, trafen die Laurences mit Meg und deren Familie ein, kurz darauf gefolgt von Tom und Nan, und alle setzten sich, um Dans Abenteuern zuzuhören – kurz, aber sehr prägnant erzählt, wie die unterschiedlichen Gesichtsausdrücke um ihn herum deutlich verrieten – von Interesse, Verwunderung und Heiterkeit bis zu Spannung war alles vertreten. Die Jungen wollten alle sofort nach Kalifornien aufbrechen und dort ihr Glück machen, während die Mädchen es kaum erwarten konnten, die kuriosen und hübschen Dinge zu sehen, die er auf seinen Reisen für sie gesammelt hatte – die Älteren hingegen freuten sich von Herzen über die Energie und die hervorragenden Aussichten ihres Heißsporns.
"Natürlich wirst du zurückkehren wollen, um deine Glückssträhne auszubauen, und ich hoffe inständig, dass du dabei erfolgreich sein wirst. Aber Spekulationen sind ein gefährliches Spiel, und du könntest alles verlieren, was du gewonnen hast", mahnte Laurie, der die mitreißende Geschichte ebenso genossen hatte wie die Jungen und es geliebt hätte, in seinen jungen Jahren genauso gelebt zu haben wie Dan.
"Keine Sorge, ich habe genug davon, zumindest für den Moment; es ist einfach zu viel Glücksspiel dabei. Mir geht es nur um den Nervenkitzel, und der ist nicht gut für mich. Mein Plan ist, im Westen Landwirtschaft zu betreiben. Das wäre großartig für mich, denn ich habe das Gefühl, dass mir beständige Arbeit nach so langer Zeit der Wanderschaft guttun würde. Ich kann ja damit anfangen, und ihr schickt mir dann eure schwarzen Schafe, um meinen Bestand zu vergrößern. Ich habe in Australien schon versucht, Schafe zu züchten und kenne mich mit schwarzen Tieren aus."
Ein Lachen verscheuchte den nüchternen Ausdruck in Dans Gesicht, als er seine Ausführungen beendet hatte, und diejenigen, die ihn am besten kannten, vermuteten, dass er in San Francisco eine ordentliche Lektion gelernt hatte und so etwas nicht noch einmal erleben wollte.
"Das ist eine großartige Idee, Dan", rief Jo, die in seinem Wunsch, sesshaft zu werden und anderen zu helfen, etwas sehr Lobenswertes sah. "Wir werden sicher erfahren, wo du bist, und können dich besuchen, ohne durch die halbe Welt reisen zu müssen. Ich werde dir Ted zu Besuch schicken. Er ist so ein ruheloser Geist, und ein Aufenthalt dort würde ihm guttun. Bei dir wäre er in Sicherheit, während er seine überschüssigen Energien abbauen kann und eine gute Ausbildung erhält."
"Wenn ich dort drüben eine Chance haben soll, werde ich wohl lernen müssen, mit Hacke und Schaufel umzugehen; ehrlich gesagt, klingen die Speranza-Minen aber lustiger", sinnierte Ted und untersuchte die Erzproben, die Dan dem Professor mitgebracht hatte.
"Du gehst los und gründest dort eine neue Stadt, und wenn wir alt genug sind, kommen wir zu dir und lassen uns dort nieder. Ihr werdet schon bald eine Zeitung brauchen, und mir gefällt der Gedanke, selbst eine zu leiten, viel besser als die jetzige Schufterei", bemerkte Demi, der sich unbedingt auf dem Gebiet des Journalismus profilieren wollte.
"Wir könnten dort sicher auch ein neues College gründen. Die kräftigen Westler hungern geradezu nach Bildung und wollen immer nur das Beste", fügte der ewig junge Mr. March hinzu, vor dessen hellsichtigem Auge gerade viele Abbilder seiner eigenen blühenden Einrichtung im weiten Westen entstanden.
"Immer weiter so, Dan. Hört sich nach einem guten Plan an, den wir gerne unterstützen werden. Ich hätte nichts dagegen, selbst in ein paar Prärien und Cowboys zu investieren", sagte Laurie, der immer bereit war, die Jungs durch seine aufmunternden Worte und seinen stets offenen Geldbeutel dazu anzuleiten, sich selbst zu helfen.
"Ein wenig Geld zu haben, belastet einen Mann irgendwie, aber es in Land zu investieren, erdet ihn – zumindest für eine Weile. Ich würde gerne sehen, wie weit ich komme, aber ich dachte, ich frage euch, bevor ich mich entscheide. Ich habe meine Zweifel, ob ich viele Jahre meine Freude an so einem Leben haben werde; aber ich kann mich ja immer noch davon losreißen, wenn ich es satthabe," antwortete Dan, der gerührt und gleichzeitig erfreut war über das Interesse seiner Freunde an seinen Plänen.
"Ich bin sicher, dass es dir nicht gefallen wird. Nachdem du die ganze Welt durchstreift hast, wird dir eine Farm furchtbar klein und blöd vorkommen", sagte Josie, die die Romantik des Wanderlebens, das ihr bei jeder Rückkehr spannende Geschichten und schöne Dinge bescherte, viel lieber mochte.
"Gibt es da draußen so etwas wie Kunst?", fragte Bess und dachte daran, was für eine gute Schwarz-Weiß-Studie Dan abgeben würde, während er, halb im Licht und halb im Dunkel, sprach.
"Viel Natur, meine Liebe, und das ist noch viel besser. Du wirst prächtige Tiere finden, die du modellieren kannst, und Landschaften, wie du sie in Europa nie gesehen hast, die herrliche Bilder ergeben. Sogar einfache Kürbisse sind da draußen großartig. In einem von ihnen kannst du Aschenputtel spielen, Josie, wenn du dein Theater in Dansville eröffnest", sagte Laurie, der darauf bedacht war, den neuen Plan nicht schlechtreden zu lassen.
Die bühnenbegeisterte Josie war sofort Feuer und Flamme, und da ihr alle tragischen Rollen auf der noch nicht einmal gebauten Bühne versprochen wurden, zeigte sie großes Interesse an dem Projekt und bat Dan, keine Zeit zu verlieren und sein Experiment zu beginnen. Auch Bess sah ein, dass Naturstudien gut für sie wären und wilde Landschaften ihren Geschmack verbessern würden, der vielleicht zu schwülstig werden könnte, wenn man ihr immer nur das Zarte und Schöne vorsetzte.
"Ich kümmere mich um die Arztpraxis in dieser neuen Stadt", sagte Nan, die immer für neue Unternehmungen zu haben war. "Ich bin bestimmt fertig mit meinem Studium, wenn du richtig losgelegt hast – die Städte im Westen wachsen ja so schnell."
"Dan wird keine Frau unter vierzig in seinem Haus dulden. Er mag sie nicht, besonders keine jungen und hübschen", warf Tom ein, der vor Eifersucht tobte, weil er in Dans Augen Bewunderung für Nan ablesen konnte.
"Das wird mir nichts ausmachen, denn Ärzte sind grundsätzlich die Ausnahmen zu allen Regeln. In Dansville wird es sowieso nicht viele Krankheiten geben, weil alle ein so aktives, gesundes Leben führen und dort nur energiegeladene junge Leute leben werden. Aber es wird viele Unfälle geben, wegen der wilden Rinder, den schnellen Jagden zu Pferde, den Gefechten mit den Indianern und der allgemeinen Gefahr des Lebens im Westen. Das kommt mir gerade recht. Ich sehne mich nach gebrochenen Knochen; Chirurgie ist so interessant, und hier gibt es so wenig zu tun", antwortete Nan, die nichts anderes im Kopf hatte, als endlich ihr Praxisschild auszuhängen und zu beginnen.
"Ich nehme Ihr Angebot an, Frau Doktor, und freue mich auf ein so gutes Exemplar dessen, was wir im Osten ausbilden können. Lerne fleißig weiter, und ich gebe dir Nachricht, sobald ich ein Dach für dich gefunden habe. Vielleicht werde ich dir zu Ehren ein paar Rothäute skalpieren oder ein Dutzend Cowboys verprügeln", lachte Dan, der sich nicht nur über den Tatendrang, sondern auch über die gute Figure freute, die Nan einzigartig unter allen anderen Mädchen machte.
"Danke. Ich werde kommen. Darf ich mal deinen Arm anfassen? Ein prächtiger Bizeps! Also, Jungs, seht her: Das nenne ich Muskeln." Mit diesen Worten begann Nan einen kurzen Vortrag, den sie anhand von Dans muskulösem Arm veranschaulichte. Tom zog sich in die Nische zurück und starrte in die Sterne, während er seinen eigenen rechten Arm mit einer Kraft schwang, die ausreichend gewesen wäre, jemanden niederzuschlagen.
"Mach Tom zum Küster; es wird ihm Spaß machen, die Patienten zu beerdigen, die Nans Behandlung nicht überleben. Er versucht gerade, sich den mürrischen Gesichtsausdruck anzueignen, der zu seinem Berufsstand gehört. Vergiss ihn ja nicht, Dan", sagte Ted und lenkte damit die Aufmerksamkeit auf das beleidigte Geschöpf in der Ecke.
Aber Tom schmollte nie lange und ließ seiner kurzen Verfinsterung einen fröhlichen Vorschlag folgen:
"Hört zu, wir werden der Stadt vorschlagen, alle Gelbfieber-, Pocken- und Cholerafälle, die hier auftreten, nach Dansville zu verbringen; dann wird Nan glücklich sein und bei den ganzen Auswanderern und Sträflingen dürften ihre Fehler keine Rolle spielen."
"Ich würde dir raten, dich in der Nähe von Jacksonville oder einer Stadt in der Nähe niederzulassen, damit du in die Gesellschaft von kultivierten Menschen kommst. Dort gibt es den Plato-Club und einen unendlichen Durst nach Philosophie. Alles, was aus dem Osten kommt, wird gastfreundlich aufgenommen, und neue Unternehmungen würden auf solch aussichtsreichem Boden gedeihen", bemerkte Mr. March, der inmitten der älteren Zuhörer saß und das lebhafte Schauspiel genoss.
Die Vorstellung, dass Dan Plato studieren würde, war äußerst komisch, aber niemand außer dem frechen Ted lächelte. Obendrein beeilte sich Dan, einen anderen Plan zu verkünden, der in seinem überaus regen Gehirn reifte.
"Ich bin mir nicht sicher, ob ich in der Landwirtschaft Erfolg haben werde, und würde gerne meine alten Freunden, die Montana-Indianer, wiedersehen. Sie sind ein friedlicher Stamm und brauchen dringend Hilfe; Hunderte sind verhungert, weil sie nicht ihren Anteil an den Rationen bekommen. Die Sioux sind Kämpfer, dreißigtausend Mann stark, und von der Regierung gefürchtet. Deswegen gibt sie ihnen alles, was sie wollen. Ich nenne das eine verdammte Schande!" Dan hielt kurz inne, als ihm der Fluch herausrutschte, aber seine Augen blitzten kämpferisch, und er fuhr schnell fort: "Das ist die richtige Bezeichnung, und ich werde dafür nicht um Verzeihung bitten. Wenn ich schon Geld besessen hätte, als ich bei ihnen war, hätte ich jeden Cent diesen armen Teufeln gegeben, die um alles betrogen wurden und geduldig warten, nachdem sie aus ihrem eigenen Land an Orte vertrieben wurden, an denen nichts wachsen und gedeihen wird. Ich habe das dringende Gefühl, dass ich hingehen und ihnen helfen sollte. Ich kenne ihre Sprache, und ich mag sie. Ich habe ein paar Tausend Kröten, und ich bin mir nicht sicher, ob ich das Recht habe, sie für mich selbst auszugeben und davon in Wohlstand zu leben. Oder?"
Dan sah sehr männlich und ernst aus, als er sich seinen erregten Freunden gegenübersah, deren Gesichter sich durch seine energische Ansprache gerötet hatten. Alle fühlten diesen kleinen Anflug von Mitgefühl, der die Herzen durch das Erbarmen für die ungerecht Behandelten miteinander verbindet.
"Tue es, tue es!", rief Jo, die sofort Feuer und Flamme war, denn Unglück interessierte sie grundsätzliche mehr als Glück.
"Tue es, tue es!", echote Ted und applaudierte wie bei einem Theaterstück. "Und nimm mich mit, um dir zu helfen. Ich brenne geradezu darauf, diese tollen Kerle zu besuchen und dort zu jagen."
"Lass uns mehr davon hören und sehen, ob deine Entscheidung klug ist", sagte Laurie und beschloss insgeheim, seine noch nicht gekauften Prärien mit Montana-Indianern zu bevölkern und seine Spenden an die Gesellschaft zu erhöhen, die Missionare zu diesem so schlecht behandelten Volk schickte.
Dan tauchte sofort ein in die Geschichte dessen, was er bei den Dakotas und anderen Stämmen im Nordwesten gesehen hatte, und erzählte von dem ihnen zugefügten Unrecht, ihrem Langmut und ihrer Tapferkeit, als ob sie seine Brüder wären.
"Sie nannten mich Dan Feuerwolke, weil mein Gewehr das beste war, das sie je gesehen hatten. Und Schwarzer Falke war der beste Freund, den man sich wünschen kann; er hat mir mehr als einmal das Leben gerettet und mir nützliche Dinge beigebracht, falls ich einmal zurückkehren sollte. Sie sind gerade vom Pech verfolgt, und ich würde mich gerne für ihre Taten revanchieren."
Inzwischen waren alle interessiert, und Dansville hatte bereits einen Teil seines Charmes verloren. Nur der umsichtige Mr. Bär meinte, ein ehrlicher Mann unter vielen Betrügern könne nicht viel ausrichten, und so edel die Anstrengung auch sein mochte, es war klüger, die Angelegenheit sorgfältig zu überdenken, sich Einfluss und Befugnisse von den richtigen Stellen zu verschaffen und in der Zwischenzeit Ländereien zu besichtigen, bevor man sich entschied.
"Nun, das werde ich. Ich werde einen Abstecher nach Kansas machen und sehen, was dabei herauskommt. Ich habe in Frisco einen Mann getroffen, der bereits dort gewesen ist, und er hat nur Gutes erzählt. Tatsache ist, dass es überall so viel zu tun gibt, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll – und fast wünschte, ich hätte kein Geld", antwortete Dan und runzelte die Stirn ob der Ratlosigkeit, die alle guten Seelen anhand der großen Aufgabe empfinden, der Welt etwas Gutes zu tun.
"Ich werde das Geld für dich verwalten, bis du dich entschieden hast. Du bist ein so ungestümer Kerl, dass du es dem ersten Bettler geben wirst, der dich in die Finger bekommt. Ich werde mich darum kümmern, während du schürfen gehst, und es dir zurückgeben, wenn du bereit bist, es zu investieren – abgemacht?", fragte Laurie, der seit den Tagen seiner eigenen verschwenderischen Jugend weise geworden war.
"Danke, Sir, ich bin froh, wenn ich es loswerde. Behalten Sie es einfach, bis ich es zurückhaben möchte, und falls mir diesmal etwas zustoßen sollte, nehmen Sie es her, um einem anderen Spitzbuben genauso zu helfen, wie Sie mir geholfen haben. Das ist mein Vermächtnis, und ihr seid alle Zeugen. Jetzt fühle ich mich besser", sagte Dan und zog seine Schultern nach oben, als wäre er von einer Last befreit worden, nachdem er den Gürtel, in dem er sein kleines Vermögen bei sich trug, übergeben hatte.
Niemand ahnte, wie viel noch geschehen sollte, bevor Dan sein Geld zurückbekam, und wie sehr das, was er gerade getan hatte, tatsächlich einem Vermächtnis nahekam, und während Laurie erklärte, wie er das Geld anlegen würde, hörte man eine fröhliche Stimme singen:
"Oh, Peggy war 'ne Maid so froh,
Heja, Jungs, hey ho!
Lag schon wieder faul im Stroh,
Heja, Jungs, hey ho!
Doch Jack, dem war sie immer treu
Die Liebe war ewig wie neu,
Heja, Jungs, hey ho!"
Emil kündigte seine Ankunft immer auf diese Weise an, und bereits im nächsten Moment kam er mit Nat hereingestürmt, der den ganzen Tag in der Stadt Unterricht gegeben hatte. Es war schön zu sehen, wie dieser seinen Freund anstrahlte, als er ihm fast die Hand abschüttelte; noch beeindruckender war allerdings, wie Dan sich dankbar an alles erinnerte, was er Nat verdankte und versuchte, die Schuld auf seine ungehobelte Art zu begleichen; und am allerbesten war es zu hören, wie die beiden Reisenden ihre Erlebnisse verglichen und Seemannsgarn zum Besten gaben, der die Landratten und Daheimgebliebenen über die Maßen verblüffte.
Nach dieser Zugabe war das Haus plötzlich zu klein geworden für die fröhlichen jungen Leute, die sich auf die Veranda zurückzogen und sich dort wie ein Schwarm nachtaktiver Vögel auf den Stufen niederließen. Mr. March und der Professor zogen sich in das Arbeitszimmer zurück, Meg und Amy kümmerten sich um die kleine Nachspeise aus Obst und Kuchen, auf die alle warteten, und Jo und Laurie saßen an dem langen Fenster und lauschten der Unterhaltung, die draußen stattfand.
"Da sind sie also, die letzten Vertreter unserer Herde", sagte sie und zeigte auf die Gruppe vor ihren Augen. "Die anderen sind tot oder irgendwo verstreut, aber diese sieben Jungen und vier Mädchen sind mein besonderer Trost und mein ganzer Stolz. Wenn man Alice Heath mitzählt, ist mein Dutzend voll, und ich werde noch alle Hände voll zu tun haben, diese jungen Menschen so weit zu führen, wie es einem Menschen nur möglich ist."
"Wenn wir bedenken, wie verschieden sie alle sind, und aus welchen Verhältnissen einige von ihnen kamen, denke ich, dass wir bis jetzt recht zufrieden sein können", antwortete Laurie nüchtern, während seine Augen auf einem blonden Kopf unter all den schwarzen und braunen ruhten, die der zunehmende Mond gleichermaßen beschien.
"Ich mache mir keine Sorgen um die Mädchen; Meg kümmert sich um sie, und sie ist so klug und geduldig und zärtlich, dass es ihnen nur gut gehen kann; aber meine Jungen werden von Jahr zu Jahr sorgloser und scheinen sich jedes Mal weiter von mir zu entfernen", seufzte Jo. "Sie werden erwachsen, und ich kann sie nur noch an einem kleinen Faden führen, der jederzeit reißen kann, wie es bei Jack und Ned der Fall war. Dolly und George kommen immer noch gern zurück, und sie hören immerhin noch etwas auf mich; der liebe alte Franz ist zu treu, um die Seinen jemals zu vergessen. Aber um die drei, die bald wieder in die Welt hinausgehen, mache ich mir ernste Sorgen. Emils gutes Herz wird ihn durchs Leben führen, hoffe ich, und Nat hat seine erste Reifeprüfung vor sich – aber er ist trotz deines stärkenden Einflusses immer noch schwach; ganz zu schweigen von Dan, der noch gänzlich ungezähmt ist. Ich fürchte, es bedarf einer harten Lektion, um ihn einzufangen."
"Er ist ein feiner Kerl, Jo, und ich bedaure fast, dass er dieses landwirtschaftliche Projekt wohl aufgeben wird. Ein wenig Politur würde einen Gentleman aus ihm machen, und wer weiß, was aus ihm hier unter uns werden könnte", antwortete Laurie und lehnte sich über Mrs. Bärs Stuhl, so wie er es vor Jahren zu tun pflegte, als sie noch zusammen schelmische Geheimnisse hatten.
"Es wäre nicht gut für ihn, Teddy. Die Arbeit und das freie Leben, das er so liebt, werden einen guten Mann aus ihm machen, und das ist besser als jede Art von Politur in Verbindung mit den Gefahren, die ein einfaches Leben in der Stadt mit sich bringen würde. Wir können sein Wesen nicht ändern – wir können ihm nur helfen, sich in die richtige Richtung zu entwickeln. Die alten Triebe sind immer noch da und müssen im Zaum gehalten werden, sonst wird er vom rechten Weg abkommen, das ist sonnenklar. Noch ist seine Liebe zu uns seine Absicherung, und wir müssen ihn festhalten, bis er älter ist oder eine noch stärkere Bindung hat, die ihm hilft."
Jo fand ernste Worte, denn sie kannte Dan besser als jeder andere und hatte bemerkt, dass ihr Fohlen noch nicht ganz gezähmt war. In ihrem Herz mischten sich Hoffnung und Furcht, denn sie wusste, dass das Leben für jemanden wie ihn immer schwer sein würde. Sie war sich sicher, dass er ihr in einem ruhigen Moment vor seinem erneuten Weggang einen Einblick in sein Inneres geben würde, und dann könnte sie ihm die warnenden und gleichzeitig ermutigenden Worte sagen, die er brauchte. Also wartete sie ab und nutzte die Zeit, um ihn noch mehr zu studieren; sie war froh darüber, dass er so vielversprechende Talente hatte, und erkannte schnell, welchen Schaden die Welt ihm zufügte. Da Jo gelernt hatte, dass Menschen nicht wie Ton geformt werden können, begnügte sie sich mit der Hoffnung, dass aus diesem einst vernachlässigten Jungen ein guter Mensch werden würde und verlangte nicht mehr. Aber selbst das war nicht unbedingt zu erwarten, so sehr war er nach wie vor erfüllt von eigensinnigen Drängen, starken Leidenschaften und der ihm angeborenen Sturheit, die sich über alle Gesetzmäßigkeiten hinwegzusetzen versuchte. Nichts gab ihm wirklich Halt, außer der einen echten Liebe seines Lebens – der Erinnerung an Plumfield, der Angst, seine treuen Freunde zu enttäuschen, dem Stolz, der ihn dazu anleitete, nie die Achtung seiner Kameraden zu verlieren, die ihn trotz seiner Fehler immer bewundert und geliebt hatten.
"Mach dir keine Sorgen, meine Liebe; Emil ist einer von der fröhlichen Sorte, die immer wieder auf die Beine fällt. Ich kümmere mich um Nat und Dan ist auf einem guten Weg. Er soll sich Kansas ansehen, und wenn der Plan mit der Farm seinen Reiz verliert, kann er immer noch auf den armen Lo zurückgreifen und da draußen etwas wirklich Gutes tun. Er ist außergewöhnlich gut geeignet für diese besondere Aufgabe, und ich hoffe, er wird sich dafür entscheiden. Unterdrücker zu bekämpfen und sich auf die Seite der Unterdrückten zu stellen, wird seine für ihn schädlichen Energien im Zaum halten, und dieses Leben dürfte ihm besser liegen als Schafherden zu hüten und Weizenfelder abzuernten."
"Das hoffe ich auch. Was ist das?", antwortete Jo und beugte sich vor, um zu lauschen, worüber Ted und Josie so erfreut waren.
"Ein Mustang! Ein echter, lebendiger Mustang, und wir können ihn reiten. Dan, du bist so ein toller Kumpel!", rief der Junge.
"Ein echtes Indianerkleid für mich! Jetzt kann ich Namioka geben, wenn die Jungs Metamora spielen", fügte Josie hinzu und klatschte in die Hände.
"Ein Büffelkopf für Bess! Du meine Güte, Dan, warum hast du ihr so etwas Schreckliches mitgebracht?", fragte Nan.
"Ich dachte, es würde ihr guttun, etwas Starkes und Natürliches nachzubilden. Sie wird es nie zu etwas bringen, wenn sie immer nur blöde Götter und Kätzchen modelliert", antwortete Dan respektlos und erinnerte sich daran, dass Bess, als er das letzte Mal hier war, ständig zwischen einem Apollo-Kopf und ihrer Perserkatze als Modell hin und her schwankte.
"Danke, ich werde es versuchen; und wenn ich versage, können wir den Büffel ja immer noch in der Diele aufhängen, um uns an dich zu erinnern", sagte Bess, die einerseits entrüstet war über die Beleidigung der von ihr angebeteten Götter, andererseits aber zu wohlerzogen, um dies zu zeigen – außer in ihrer Stimme, die so süß und kalt wie Eiscreme war.
"Ich vermute, du wirst nicht mit den anderen mitkommen, wenn diese sich unsere neue Siedlung ansehen? Zu wild und derb für dich?", fragte Dan und versuchte, so höflich zu sein, wie es Jungs für gewöhnlich ihrer Prinzessin gegenüber sind.
"Ich werde nach Rom gehen, um dort ein paar Jahre zu studieren. Dort findet sich die ganze Schönheit und Kunst der Welt, und selbst ein ganzes Leben wäre nicht lang genug, um alles zu genießen", antwortete Bess.
"Rom ist ein modriges altes Grab im Vergleich zum "Garten der Götter" und meinen herrlichen Rocky Mountains. Ich mache mir nichts aus Kunst; Natur ist alles, was ich brauche, und ich denke, ich könnte dir Dinge zeigen, die deine alten Meister höher als Drachen steigen lassen würden. Komm doch mit; während Josie die Pferde ausreitet, könntest du sie doch modellieren. Wenn eine Herde von etwa hundert wilden Pferden dir keine Schönheit vermitteln kann, weiß ich auch nicht weiter", rief Dan und schwärmte von der wilden Anmut und der Kraft, die er so sehr schätzte, aber nie zu beschreiben vermochte.
"Ich werde eines Tages mit Papa kommen und beurteilen, ob sie tatsächlich schöner sind als die Pferde des Markusdoms oder die auf dem Kapitol. Und bitte beleidige meine Götter nicht, dann werde ich im Gegenzug versuchen, deine zu mögen", forderte Bess, die langsam zu der Meinung kam, dass der Westen vielleicht doch sehenswert sein könnte, obwohl dort noch kein Raphael oder Michelangelo erschienen war.
"Abgemacht! Ich finde, die Leute sollten erst einmal ihr eigenes Land entdecken, bevor sie in fremde Gefilde abhauen – als ob die neue Welt es nicht wert wäre, gesehen zu werden", erwiderte Dan, der bereit war, das Kriegsbeil zu begraben.
"Es gibt hier einige Vorzüge, aber nicht viele. Die Frauen in England, zum Beispiel, dürfen wählen, wir nicht. Ich schäme mich für Amerika, dass es nicht in allen guten Dingen führend ist", rief Nan, die sehr fortschrittliche Ansichten vertrat, Reformen gegenüber immer aufgeschlossen und um ihre Rechte besorgt war, da sie für einige davon hatte hart kämpfen müssen.
"Oh, bitte, fang' jetzt nicht damit an. Die Leute streiten sich ständig über diese Frage, beschimpfen sich gegenseitig und kommen nie zu einer Einigung. Lass uns heute Abend darüber Stillschweigen bewahren und fröhlich sein", flehte Daisy, die Diskussionen so sehr hasste, wie Nan sie liebte.
"In unserer neuen Stadt wirst du so viel wählen dürfen, wie du willst, Nan; du kannst Bürgermeisterin oder Senatorin sein und den ganzen Laden schmeißen. Alles wird so frei wie die Luft sein, sonst könnte ich dort sowieso nicht leben", meinte Dan und fügte lachend hinzu: "Ich sehe, dass Fräulein Springnudel und Frau Shakespeare Smith nicht mehr so einig sind wie früher."
"Wenn sich alle immer einig wären, kämen wir nie weiter. Daisy ist ein echter Schatz, aber in ihren Ansichten oft sehr rückständig; also rüttle ich sie manchmal auf, und nächsten Herbst wird sie mit mir wählen gehen. Demi wird uns begleiten, und wir das Einzige zu tun, was wir heutzutage tun dürfen."
"Wirst du das tun, Diakon?", fragte Dan und benutzte den Spitznamen, als würde er ihm gefallen. "In Wyoming klappt es hervorragend."
"Es wäre mein ganzer Stolz. Mutter und die Tanten gehen jedes Jahr, und Daisy wird mit mir kommen. Sie ist immer noch meine bessere Hälfte, und ich will sie in nichts übervorteilen", sagte Demi und legte den Arm um seine Schwester, die er mehr denn je liebte.
Dan sah die beiden wehmütig an und überlegte, wie schön es sein musste, eine solche Bindung zu haben, und seine einsame Jugend erschien ihm trauriger denn je, als er sich an seine vielen Sorgen und Anstrengungen erinnerte. Toms heftiger Seufzer riss ihn aus jeder Sentimentalität, als dieser nachdenklich sagte:
"Ich wollte immer ein Zwilling sein. Es ist so schön und behaglich, jemanden zu haben, bei dem man Halt finden kann, und der einen tröstet, wenn andere Mädchen mal wieder grausam sind."
Da Toms unerwiderte Leidenschaft die ewige Lachnummer innerhalb der Familie war, löste diese Anspielung ein Lachen aus, das Nan noch steigerte, als sie ein Fläschchen Nux Vomica (ein homöopathisches Hausmittel, Anm. des Übersetzers) hervorholte und mit ihrer professionellen Art sagte:
"Ich wusste, dass du zu viel Hummer zum Tee gegessen hast. Nimm vier Kügelchen davon, dann wird sich dein Reizmagen wieder beruhigen. Tom seufzt ständig und redet dummes Zeug, wenn er zu viel gegessen hat."
"Die nehme ich gerne. Sind schließlich die einzigen Süßigkeiten, die du für mich übrighast", erwiderte Tom und nahm trübsinnig seine Dosis Medizin ein.
"Wer kann schon einen kranken Geist heilen oder so tief verwurzelten Kummer lindern?", zitierte Josie tragisch von ihrem Sitzplatz auf dem Geländer.
"Komm mit mir, Tommy, und ich werde einen Mann aus dir machen. Lass deine Kügelchen und Pülverchen hier und treibe dich mit mir ein bisschen in der Welt herum, dann vergisst du bald, dass du ein Herz und einen Magen hast", sagte Dan und bot ihm damit sein probates Allheilmittel für alle Arten von Krankheiten an.
"Oder fahr mit mir, Tom. Eine ordentliche Portion Seekrankheit wird dich kurieren, und ein steifer Nordostwind bläst deine Niedergeschlagenheit mit Leichtigkeit weg. Komm doch als Schiffsarzt mit –gut ausgestattete Koje und jede Menge Spaß an Bord", fügte Emil hinzu, für den eine Seefahrt etwas war, das jede Sorge und jeden Kummer vergessen machen konnte.
"Vielleicht später einmal, wenn ich mein Diplom habe. Ich habe nicht drei lange Jahre geschuftet, um dann doch keinen Abschluss zu machen. Bis dahin ––– ."
" … werde ich Fräulein Sonnenschein nicht im Stich lassen", unterbrach ihn Teddy mit einem kleinen, imitierten Schluchzer. Tom kugelte ihn sofort von seiner Stufe hinunter ins nasse Gras, und als dieses kurze Geplänkel vorbei war, kündigte das Klirren von Teelöffeln angenehme und rechtzeitige Erfrischungen an. Früher bedienten die kleinen Mädchen die Jungen, jetzt eilten die jungen Männer umher, um den jungen und alten Damen aufzuwarten – eine kleine Veränderung der Gewohnheiten, die aber deutlich aufzeigte, wie sich das Blatt mit der Zeit gewendet hatte. Und wie gut das alles funktionierte! Selbst Josie saß still und ließ sich von Emil die Beeren bringen; sie genoss ihr neues Dasein als junge Frau, bis Ted ihren Kuchen klaute, woraufhin sie ihre guten Manieren sofort vergaß und ihn mit einem Schlag auf die Finger bestrafte. Als Ehrengast durfte Dan ausschließlich Bess bewirten, die immer noch den höchsten Platz in dieser kleinen Welt einnahm. Tom wählte sorgfältig das Beste von allem für Nan aus, nur um mit der Bemerkung abgestraft zu werden: "Ich esse nie um diese Zeit; und du wirst furchtbare Albträume haben, wenn du es tust."
Also unterdrückte er pflichtbewusst seinen Heißhunger, gab Daisy seinen Teller und kaute einige Rosenblätter als Abendessen.
Nachdem bereits eine erstaunliche Menge gesunder Nahrung verzehrt worden war, sagte jemand: "Lasst uns singen", woraufhin eine klangvolle Stunde beliebter Musik folgte. Nat fiedelte, Demi dudelte, Dan klimperte auf dem alten Banjo herum, und Emil trällerte eine traurige Ballade über den Untergang der "Bounding Betsey"; dann stimmten alle in die alten Lieder ein, bis sprichwörtlich "Musik in der Luft" lag, und die vorbeispazierenden Passanten sagten, während sie lächelnd zuhörten: "Im alten Plumfield geht's heute Abend wieder hoch her!"
Als alle gegangen waren, verweilte Dan auf der Veranda und genoss den milden Wind, der von den Heuwiesen heraufwehte und den Duft der Blumen vom Parnass mitbrachte, und als er gedankenverloren im Mondlicht dasaß, kam Jo und schloss die Tür.
"Träumst du, Dan?", fragte sie und überlegte, ob dies der richtige Moment für ihre Ansprache sein könnte. Man stelle sich den Schock vor, als Dan, anstatt ihr eine interessante Vertraulichkeit mitzuteilen oder ein liebevolles Wort zu spenden, sich plötzlich umdrehte und unverblümt sagte:
"Ich wünschte, ich könnte rauchen."
Jo lachte ob des Scheiterns ihrer Hoffnungen und antwortete freundlich:
"Du darfst in deinem Zimmer rauchen, aber stecke nicht das ganze Haus in Brand."
Vielleicht sah Dan in diesem Moment ein wenig Enttäuschung in ihrem Gesicht, oder die Erinnerung an das Wiederaufleben dieses Vergnügens seiner Jugend berührte sein Herz, denn er beugte sich vor, küsste sie und flüsterte: "Gute Nacht, Mum" – und damit war Jo halbwegs zufrieden.