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2.

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Raul Lunardi hörte von weit weg sein Handy klingeln. Zuerst wusste er nicht ob er träumte oder ob es in Wirklichkeit geschah. Aus reiner Gewohnheit griff er nach seinem Natel. Auf dem Display erschien die Nummer seines besten Freundes, Finn Winter. Warum rief er ihn nach zwei Uhr nachts an? Das konnte nichts Gutes bedeuten.

Die beiden kannten sich bereits seit ihrer Jungendzeit. Sie gingen in Malters zusammen zur Schule und machten jeden Teenager-Streich mit, die ein Junge machen musste. Beide erlebten in ihren frühen Lebensjahren schwere Schicksalsschläge, wodurch ihre Jugend nicht immer glücklich und unbeschwert blieb. In dieser Zeit waren Raul und Finn unzertrennlich und konnten ihre Gefühle und Gedanke einander anvertrauen. Bis heute sind sie die besten Freunde geblieben und haben ihren Kontakt gut gepflegt.

Als Raul sich aufrichtete kamen die Erinnerungen an den gestrigen Abend wieder. Er wollte sich von seinem strengen Arbeitstag ablenken und sich verwöhnen lassen. Kurz entschlossen schaute er bei Pia vorbei, die immer erfreut war ihn zu sehen.

So kam es, dass Raul die letzte Nacht, wie so viele Nächte, nicht bei sich zu Hause verbrachte, sondern bei der blondhaarigen und kurvenreichen Frau, die nun neben ihm im Bett lag.

Mit schlaftrunkener Stimme nahm er ab.

„Hei Kumpel. Was gibt's?“

„Hallo Raul. Kannst du bitte so schnell wie möglich vorbei kommen?“

Raul erkannte die Stimme seines Freundes kaum wieder. Sie klang verstört und angsterfüllt.

„Was ist passiert?“ fragte Lunardi.

„Ich möchte nicht am Telefon darüber sprechen.“

„Ok. Wo bist du?“

„Zu Hause.“

„In zehn Minuten bin ich bei dir.“ und Raul legte auf.

Gerade als er aus dem Bett steigen wollte, bemerkte er eine kleine Bewegung neben sich.

„Ich werde mich bei dir melden, Honey.“ gab ihr einen Kuss auf die Wange und sprang auf die Füsse. Sein dunkelbraunes T-Shirt, die blauen Jeans, sowie Socken und Boxershorts fand er in der Wohnung verstreut, die er vor kurzer Zeit eiligst von sich streifte. Den Gürtel machte er auf dem Weg zur Haustüre zu.

Knapp vor halb drei traf Raul an der Seestrasse bei seinem Freund ein. Am Gartentor blieb er stehen und drückte auf die Klingel. Gleich darauf ging das Tor auf und er fuhr weiter, den geschwungenen Weg zum Haus hinauf. Als Lunardi vor der prachtvollen Villa, mit ihren vier Steinsäulen und den grossen Fenstern auf der Frontseite, hielt, war die schwere Tür aus Teakholz bereits offen. Er stieg aus seinem sportlichen Audi TT und entdeckte Finn in der Öffnung. Mit schnellen Schritten ging er auf Winter zu.

Finn drückte Raul die Hand und sie gingen ohne ein Wort ins Haus. Im Wohnzimmer setzte sich Raul auf eines der dunkelbraunen Sofas. Finn ging zur Bar um zwei Gläser mit Brandy zu füllen.

„Für mich bitte Wasser, Finn.“

Als er das Wasser Raul gereicht hatte, nahm Finn einen grosszügigen Schluck Brandy, den er für sich eingeschenkt hatte, um seine Nerven ein wenig zu beruhigen.

„Danke, dass du so schnell gekommen bist Raul.“

„Keine Frage Finn. Was ist denn los? Du siehst ziemlich mitgenommen aus.“

„Es geht um Dana. Sie ist bis jetzt nicht nach Hause gekommen. Kurz bevor ich dich angerufen habe, habe ich ein eigenartiges Geräusch gehört. Ich bin nach unten zum Eingang gegangen, um nachzusehen was es ist. Eigentlich dachte ich, dass es Dana sei, die zu weit ins Glas geschaut habe und ich öffnete die Tür. Aber statt Dana entdeckte ich diesen Umschlag.“ er reichte Raul das Couvert.

Bevor Lunardi ihn entgegennahm, zog er aus seiner Hosentasche ein paar Handschuhe um keine Fingerabrücke darauf zu hinterlassen. Als Kriminalpolizist ist er immer auf solche Umstände vorbereitet. Er hatte nach seiner Lehre als Maschinenmechaniker mit der Polizeischule begonnen. Nach fünf Jahren bei der Verkehrspolizei, wollte er einen Einblick erhalten, wie man in anderen Ländern bei der Polizei arbeitet. Aus diesem Grund ging er nach Australien und blieb dort fast vier Jahre lang. Kurz nach Finn und Danas Hochzeit, die er leider verpasste, kam er zurück in die Schweiz und erhielt, mit seinen damals dreissig Jahren, eine Stelle bei der Kriminalpolizei die sich auf Fahndungen spezialisiert. Bei dieser Abteilung ist er nun seit gut acht Jahren. Oft kam er in Situationen, wo er gerne einen anderen Job gehabt hätte. Bilder, die er am liebsten nicht gesehen hätte oder gerne vergessen würde. Zum Glück sind weit über der Hälfte seiner Fälle Erfolgserlebnisse, die ihn ermuntern, seinen Beruf weiterhin auszuführen.

Nun sah auch Raul die blutverschmierten Fingerabdrücke. Als er den Umschlag öffnete, zog er ein Blatt Papier heraus auf dem stand:

Was sagst du jetzt?

Raul sah seinen Freund ratlos an.

„Was meinst du, hat das zu bedeuten?“

„Das wüsste ich auch gerne.“

„Hast du irgendwelche Feinde oder zurzeit einen schwierigen Fall abzuklären?“

„Als Anwalt habe ich viele Verbrecher ins Gefängnis gebracht und werde das in Zukunft auch weiterhin machen. Allerdings habe ich derzeit keine gravierende Rechtsangelegenheit zu klären. Aber was das zu bedeuten hat, weiss ich bei Gott nicht.“ und er zeigte dabei auf den besagten Brief.

Raul legte den Umschlag auf den aus Rosenholz geschnitzten Salontisch und streifte sich die Handschuhe ab.

„Ich habe Dana mehrmals probiert zu erreichen, aber sie nimmt ihr Handy nicht ab. Das ist gar nicht typisch für meine Frau. Und normalerweise bleibt sie nicht so lange weg. Chloe, ihre Schwester, habe ich ebenfalls angerufen. Sie kam gleich ans Telefon und meinte, dass sie um etwa ein Uhr zusammen nach Hause fuhren. Jedoch wollte Dana noch einen Augenblick alleine sein, um die frische Luft und die kühle Sommernacht zu geniessen. Chloe müsste jederzeit hier erscheinen.“

„Warum wollte Dana in dieser Dunkelheit noch spazieren gehen?“ hakte Raul nach.

„Wir hatten heute eine kleine Meinungsverschiedenheit.“

„Um was ging es dabei?“

„Wie du weisst, ist Dana nicht gerade glücklich darüber, dass ich gelegentlich bis spät abends arbeiten muss, oder ein verplantes Wochenende absage.“

„Das muss aber ein ziemlicher Streit gewesen sein.“ hakte Raul nach.

„Für Dana anscheinend schon.“ somit war für Finn das Thema beendet.

„Glaubst du die Person, die diesen Umschlag hier vor der Tür hingelegt hat, hat mit dem wegbleiben deiner Frau zu tun?“

„Ich weiss nicht, was ich momentan denken soll. Ich hoffe nur, Dana ist nichts passiert und ich will mir einreden, dass sie diesen Abend noch ein klein bisschen auskosten möchte und in den nächsten Augenblicken zur Tür herein spaziert kommt, als wäre nichts gewesen.“

„Hast du sonst noch jemand von der Polizei informiert?“

„Nein. Ich wollte zuerst mit dir darüber reden. So wie es aussieht, benötigen wir wohl deine Kollegen?“

„Ich rufe kurz meine Partnerin Eileen Banz von der Spurensicherung an. Sie soll hierher kommen. Wir müssen alles inspizieren und den mysteriösen Umschlag nach Fingerabdrücken absuchen. Jede Hilfe zählt und ist wichtig.“

„Natürlich möchte ich so schnell wie möglich meine Liebste wieder in meine Arme schliessen.“ Bitte lass es ihr gut gehen, dachte sich Finn im Stillen.

Machtspiel

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