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Magda

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Im ersten Moment konnte ich nichts sehen. Ich stand zwischen dem Sonnenschein und dem Dunkel in der Kirche. Meine Augen mussten sich erst daran gewöhnen. Unwillkürlich rückte ich den Schleier zurecht. Vorsicht, dachte ich und ließ die Hand wieder sinken. An der Hochsteckfrisur hatten meine Freundinnen lange gearbeitet. Genauso wie am Krönchen. Es hatte gedauert, bis es richtig saß.

Langsam konnte ich etwas erkennen in dem dunklen Raum. Die Silhouetten bekamen Gesichter. Die Kühle legte sich angenehm auf meine Wangen, ein Gefühl von Gelassenheit gab sie mir nicht. Bei jedem Schritt hatte ich Angst zu fallen, bei jedem Atemzug rechnete ich damit, mein Kleid zu sprengen. Es war mir nicht zu eng. Ich hatte es absichtlich etwas weiter schneidern lassen. Diesen Platz brauchte ich jetzt auch. Ich dachte: Das müssen die Leute meinen, wenn sie sagen: »Das Herz geht mir auf.«

Pater Beda kam aus der Sakristei und watschelte hinter den Altar. Ich lächelte über seine Art zu gehen, konzentrierte mich aber gleich wieder. Ich wusste nicht genau, ob ich lächeln durfte vor der Hochzeit. Nachher ja, aber vorher? Ernst des Lebens und so. Ich hätte Pater Beda fragen sollen.

Ich hatte ihn aus dem Weinviertel mitgebracht, den Pater, aus meiner Heimatgemeinde. Ein bisschen hatte ich mich gefürchtet vor unserem ersten Treffen und war auf eine Predigt gefasst gewesen. Schwanger vor der Hochzeit. Aber er verlor kein Wort darüber. Er war keiner, der gerne mahnte, er aß lieber. Eigentlich hätte ich das von früher wissen müssen. Ich hatte ihm immer alles gebeichtet. Egal, was ich zu beichten hatte, er nickte und sagte gütig immer das Gleiche: »Ein Vaterunser, zwei Ave-Maria.« So schnell war ich meine Sünden los. Wer weiß, ob er überhaupt so genau zugehört hatte.

Mein Vater neben mir drückte leicht meinen Arm. Wir machten die ersten Schritte auf den Altar zu. Da waren ja die Karaseks. Vermögende Künstlerfamilie, so sahen sie auch aus, im Vergleich zu der bieder aufgeputzten Schar der anderen Gäste. So viel Glück hatten sie mir gewünscht, als sie es erfahren hatten. Ich, ihre Gesellschaftsdame, ging ins Eheleben. »Die Ehe ist eine Kunst«, hatten sie gesagt, und wir hatten mit Champagner angestoßen.

Ich hatte immer gern bei ihnen gewohnt, in ihrer Villa, für Kost und Logis und einen angemessenen Lohn. Ihr Haus in der Himmelstraße im Bezirk Döbling, unweit der Kirche, war ein Schmuckstück. Das Kaminzimmer, die Bücher, ein bisschen dunkel vielleicht, aber wunderschön. Und heute Nacht würden Bernhard und ich dort … Jetzt brauchte er nicht mehr durchs Fenster einzusteigen. Mein Mann. Ich würde mich erst daran gewöhnen müssen.

Mein Bernhard. Ich wusste noch ganz genau, wie wir uns vor vier Monaten in der Tenne zum ersten Mal begegnet waren. Die Bambis sangen. Melancholie im September. Das ist alles … was mir blieb … vor dir. Mir war der ganze Bernhard geblieben.

»Den will ich oder keinen«, sagte ich zu meiner Freundin.

Es gab sie also wirklich, die Liebe auf den ersten Blick. Er sah zu mir herüber, aber mehr nicht. Warum holt mich der Depp nicht zum Tanzen, dachte ich. Dann kam er und fragte, ob er mich auf ein Getränk einladen durfte, auf eine Coca-Cola.

Er forderte mich auf, zu einem langsamen Lied, und sah mir unentwegt in die Augen, bis mich schwindelte. Vielleicht waren es auch die Drehungen. Irgendwie war ich aus dem Schwindelgefühl nicht mehr herausgekommen in den vergangenen vier Monaten. Jetzt würden wir ein Kind bekommen. Meiner Meinung nach einen Buben. Frauen wissen so etwas. Sie spüren es. Was mag das Morgen bringen, dachte ich, uns als Familie? Wird das Leben gut zu uns sein?

Der Altar kam näher. Wir ließen uns weiterhin Zeit, mein Vater und ich. Er schien keine Eile zu haben, mich zu übergeben, und ich ging bewusst langsam. Sie ist so kurz, die Zeremonie, hatte mir jemand gesagt, also lass dir Zeit, wenn du nach vorne gehst, danach bleibt dir nur die Erinnerung. Ich hatte mich an das Kirchendunkel gewöhnt, ich sah jetzt mehr als Bernhards weiße Handschuhe. Ich sah seine Augen.

Dicht vor ihm blieben wir stehen, eine kleine Ewigkeit lang bewegte sich keiner von uns dreien. Dann streckte Bernhard die Hand aus, mein Vater nahm meine von seinem Arm, in den ich mich eingehängt hatte, und legte sie in die mit dem weißen Handschuh. Ich sah zu meinem Vater. Er soll gut auf dich aufpassen, formten seine Lippen, dann ließ er mich los. Ich trat neben Bernhard, und wir drehten uns zum Altar um.

Liebes Leben

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