Читать книгу Kinder mit herausforderndem Verhalten in der KiTa - Maike Rönnau-Böse - Страница 8
1.2 Professionelle Begegnung mit herausforderndem Verhalten
ОглавлениеAus dieser Situation heraus geben Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen an, dass sie Unterstützung im täglichen Umgang mit herausforderndem Verhalten benötigen. Deutlich werden in diesem Zusammenhang auch spezifische Fortbildungswünsche – beispielsweise zum Thema »Diagnostik/Erkennen von herausfordernden Verhaltensweisen« – geäußert (Fröhlich-Gildhoff et al., 2013; GEW-Kita-Studie, 2007; Wiedebusch & Franek, 2019). Zugleich bieten Kindertageseinrichtungen und Schulen grundsätzlich gute Möglichkeiten, Kinder gezielt in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung zu unterstützen und im Sinne eines präventiven Vorgehens zumindest für einen Teil der Kinder (und ihrer Familien) neue Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen und seelischen Störungen vorzubeugen (z. B. Fingerle & Grumm, 2012; Rönnau-Böse, Strohmer & Fröhlich-Gildhoff, 2018) – auch hier ist ein kompetentes, systematisches, mit Eltern und externen Diensten abgestimmtes Handeln der Fachkräfte in Kitas nötig.
Bisher fehlten allerdings Konzepte, die Fachkräfte qualifizieren, den als herausfordernd erlebten Verhaltensweisen systematisch und »erfolgreich« – auch und gerade im pädagogischen Alltag – zu begegnen. Die bisher zur Verfügung stehenden Programme sind entweder präventiv ausgerichtet (z. B. »Faustlos«, Cierpka, 2004; bzw. »EFFEKT«, Lösel, Jaursch, Bellmann & Stemmler, 2007, zur Gewaltprävention oder Fröhlich-Gildhoff, Dörner & Rönnau-Böse, 2016, zur universellen Resilienzförderung) oder sie sind als spezifische »Kurse« für verhaltensauffällige Kinder in der Kita konzipiert (z. B. Koglin & Petermann, 2013), die wenig Bezug zum Handeln im Alltag aufweisen.
Erfahrungsgemäß sind Pädagog*innen zumeist gut in der Lage, (einmalige) ›Akutsituationen‹ zu bewältigen: Wenn ein Kind sehr große Angst hat oder zwei Kinder in eine körperliche Auseinandersetzung geraten sind, so schreitet die Fachkraft ein, beruhigt, kann später auch mit dem Kind besprechen, wie die Situation zustande gekommen ist und wie man diese zukünftig vermeiden oder anders lösen könnte.
Die Belastung, die nicht selten zu Hilflosigkeit führt, tritt dann auf, wenn ein Kind mehrfach oder oft Verhaltensweisen zeigt, die als beeinträchtigend für andere erlebt werden und für die keine adäquaten Antworten gefunden werden bzw. bisherige Strategien versagen. Dann ist es nötig, Verantwortung zu teilen und nach systematischen Antwortmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen (Kind, Team, Familie) zu suchen.
Vor diesem Hintergrund wurde am Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) an der Evangelischen Hochschule Freiburg ein Konzept zur Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte zum Umgang mit herausfordernden Verhalten von Kindern im Kita-Alltag entwickelt und in zwei sorgfältig evaluierten Praxisforschungsprojekten umgesetzt (Fröhlich-Gildhoff, Strohmer, Rönnau-Böse, Braner & Grasy-Tinius, 2019a,b; Fröhlich-Gildhoff, Grasy-Tinius & Hoffer, 2020; Grasy-Tinius, 2019). Im Kern steht dabei die Etablierung eines systematischen Vorgehens, das sich am Kreislauf professionellen Handelns (Fröhlich-Gildhoff, Rönnau-Böse & Tinius, 2017) orientiert: Auf (1) eine systematische Beobachtung folgt (2) das Verstehen und Analysieren des als herausfordernd erlebten Verhaltens. Dabei werden Hypothesen gebildet, die wiederum die Grundlage für eine (3) dezidierte Handlungsplanung sind, die dann (4) in systematisches Handeln auf den Ebenen Kind, Einrichtung/Team/Gruppe, Eltern, weiteres Umfeld und Dienste umgesetzt werden. Die Handlungen werden (5) evaluiert und reflektiert und ggf. erfolgen weitere Beobachtungen, Analysen und Planungen.