Читать книгу Rille aus dem Luftschacht - Maike Siebold - Страница 8
ОглавлениеKlatsche und die Päckersbande
Die Pausenglocke läutet. Die ersten zwei Schulstunden sind geschafft. Pausenlärm füllt langsam den Schulhof. Doch Roderich will nicht raus. Lieber drückt er sich in den Schulfluren herum, zumindest bis ihn die Pausenaufsicht erwischt. Noch steckt ihm die Begegnung mit Klatsche in den Knochen. Durch das geöffnete Fenster dringt das Stimmengewirr der anderen Kinder zu ihm. Vorsichtig linst er um die Ecke. Sofort entdeckt er die Päckersbande: Klatsche, der mit seinen Gangmitgliedern Marvin und Melina über den Schulhof Richtung Tischtennisplatte stolziert. Solche unglaublichen Angeber, denkt Roderich. Und Päckersbande, was für ein alberner Name. Nur weil Klatsche Fan der American Football-Mannschaft Green-Bay-Packers ist, wird der Name auch nicht cooler.
An diesem Vormittag scheinen Klatsche und seine Päckersbande besonders auf Krawall gebürstet zu sein. Schon von Weitem sieht man ihnen an, dass sie Ärger im Sinn haben.
Roderich verfolgt die drei mit seinen Blicken. Er sieht, wie Klatsche plötzlich stehen bleibt und Jakob mustert. Roderich mag Jakob, der eine Klasse unter ihm ist.
Jakob hätte sein Geburtstagsgeschenk, ein neues Fahrrad, nicht mit in die Schule bringen dürfen. Als ihm das klar wird, ist es zu spät.
Genüsslich zieht Klatsche eine Kombizange aus der Hosentasche. Roderich vergisst für einen Augenblick seine Angst und verlässt seinen sicheren Beobachtungsposten. Er kann sich gut vorstellen, wie Jakob sich gerade fühlt. Langsam schleicht er die Treppen zum Schulhof hinunter, dann pirscht er sich unauffällig an Jakob und die Päckersbande heran. Klatsche und seine Freunde sind viel zu sehr mit ihrem Plan beschäftigt, um zu bemerken, dass sich jemand nähert.
„Ich glaube, das Rad da hat viel zu viele Originalteile. Da ist ein Umbau fällig.“
Jakob stellt sich mutig vor sein Fahrrad. „Finger weg von meinem Rad.“
„Na klar“, antwortet Klatsche hämisch lachend, „wir werden uns die Finger schon nicht schmutzig machen, wo wir doch Werkzeug dabeihaben.“
Jakob hat keine Chance. Marvin und Melina halten ihn fest, während Klatsche sein Fahrrad fachgerecht auseinandernimmt. Mit weinerlichem Unterton bittet Jakob, dass Klatsche damit aufhören soll.
Klatsche findet, dass das Rad so viel schöner aussieht. „Pass auf, damit gewinnst du bestimmt noch einen Preis für gutes Aussehen.“
Jakob muss mit ansehen, wie sein tolles Fahrrad in Einzelteile zerlegt wird. Ein trauriger Anblick.
Wo ist bloß die Pausenaufsicht, fragt sich Roderich verzweifelt. Wenn man die Lehrer einmal braucht, sind sie wie vom Erdboden verschluckt.
Noch immer ist die Päckersbande mit Jakob und seinem Fahrrad beschäftigt. Mit jeder Minute wird der Kreis der Zuschauer größer. Als Roderich Jakob so hilflos und mit hängenden Schultern dastehen sieht, kann er nicht anders. Ohne weiter zu überlegen, stürmt er die letzten Meter direkt auf Klatsche zu und schreit: „Hör sofort auf mit dem Mist!“
Klatsche erwidert übertrieben lässig: „Sieh mal an, der kleine Tintenpisser. Was hast du denn hier zu suchen?“
Roderich ist in Fahrt: „Wieso suchen? Ich habe was gefunden – zwei Dummköpfe und ein Großmaul.“ Er beißt sich auf die Zunge. Das war zu viel. Der Schulhof mit großem Publikum ist nicht der Ort für solche Wahrheiten.
Klatsche sieht das offensichtlich genauso. Wutschnaubend lässt er seine Kombizange fallen und baut sich vor Roderich auf. Gerade als er ihm Schläge anbieten will, klingelt es. Die Pause ist zu Ende.
Die Päckers zupfen Klatsche am Ärmel: „Komm – wir müssen. Bei Dr. Möser dürfen wir auf keinen Fall wieder zu spät kommen.“
Halb im Gehen raunzt Klatsche Roderich zu: „Aufgehoben ist nicht aufgeschoben.“
Roderich kann sich nicht zurückhalten. „Das heißt: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“
Klatsche stoppt und schaut Roderich ungläubig an. „Klugschwätzer haben es besonders schwer auf meinem Schulhof. Das wirst du schon noch sehen. Dich krieg ich!“ Damit dreht er sich um und begibt sich in Richtung Schulgebäude.