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GESTERN

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Als Konrad Adenauer im Februar/März 1957 zum ersten Mal am Comer See Urlaub machte, war dies ein Medienereignis. Zum einen stand der Bundeskanzler im Zenit seines Ansehens, und zahllose Journalisten besuchten ihn, um seine manchmal recht bissigen Bemerkungen über Parteifreunde und Kabinettskollegen zu notieren. Zum anderen stießen seine Reisen auch deshalb auf großes Echo, weil Italien im beginnenden Massentourismus für viele deutsche Urlauber das Ferienziel schlechthin war. »Caprifischer« und »O sole mio« waren große Hits.

Adenauers Urlaubsdomizile im Ort Cadenabbia waren zunächst die Villa Rosa und die Villa Arminio, bevor er ab August 1959 die Villa La Collina als Residenz bezog. Von »Residenz« konnte allerdings kaum die Rede sein. Zwar von stattlichen Ausmaßen, war die Villa jedoch unbeheizt und kaum ausgestattet, sogar das Geschirr musste von einem Hotel ausgeliehen werden. Im kühlen Frühjahr wurde das Frühstück teilweise in Mäntel und Decken gehüllt eingenommen.

Trotz dieser spartanischen Umstände fühlte sich Adenauer wohl. Der große Park mit seinen vielen Spazierwegen, mit alten Zedern und Zypressen, üppig blühenden Magnolien, Azaleen und Rhododendronbüschen im Frühjahr sowie die ganze Umgebung des Comer Sees entschädigten für die wenig komfortable Unterkunft. Häufig begleiteten ihn seine Töchter Libet, Lotta und Ria an den See. Wenn es der straffe Terminplan zuließ, wanderte die Gesellschaft zur Kapelle San Martino (siehe >) oder unternahm Schifffahrten über den Comer See. Wichtiger Bestandteil der italienischen Urlaube waren die nachmittäglichen Boccia-Runden. Der alte Herr war unglaublich geschickt, und dass er selten verlor, war der Stimmung allgemein sehr zuträglich. Deshalb bemühten sich seine Mitspieler, ihr Können nicht unbedingt unter Beweis zu stellen. Nach dem Abendessen wurden gemeinsam Kriminalromane gelesen oder Monopoly gespielt, wobei Adenauer gern gemogelt haben soll.

Gearbeitet hat der »Alte« auch in den Ferien, die Politik ließ ihn nie los. Die Villa wurde mit Telefonen und Fernschreibgeräten ausgestattet, die die ständige Verbindung mit Bonn erlaubten. In- und ausländische Gesprächspartner gaben sich gewissermaßen die Klinke in die Hand, darunter der italienische Ministerpräsident Amintore Fanfani, der stellvertretende französische Ministerpräsident Antoine Pinay, der erste Präsident der Europäischen Kommission Walter Hallstein, Willy Brandt, der amerikanische Außenminister Dean Rusk, der frühere japanische Premierminister Shigeru Yoshida – die Liste ließe sich noch lang fortsetzen.

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