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II. Erbschaft- und Schenkungsteuergesetze von damals bis heute

Erbschaftsteuergesetze gibt es schon über viele tausend Jahre lang. Eines das erstmals für das gesamte Deutsche Reich galt, wurde am 03.06.1906 verfasst (Reichsgesetzblatt Band 1906, Nr. 31, S. 654 - 674). Es umfasste 62 Paragraphen und beinhaltete auch schon ein Schenkungsteuerrecht. Wer darin schmökert, wird aus heutiger Sicht auf manch kuriose Gesetzespassagen stoßen. Ich habe mir hierzu ein paar Beispiele herausgesucht.

1) Betrag der Erbschaftsteuer § 10 ErbStG 1906: Die Erbschaftsteuer beträgt:

I. vier vom Hundert:

1. für leibliche Eltern;

2. für voll- und halbbürtige Geschwister sowie für Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern;

II. sechs vom Hundert:

1. für Großeltern und entferntere Voreltern;

2. für Schwieger- und Stiefeltern;

3. für Schwieger- und Stiefkinder;

4. für Abkömmlinge zweiten Grades von Geschwistern;

5. für uneheliche, von dem Vater anerkannte Kinder und deren Abkömmlinge;

6. für an Kindes statt angenommene Personen und deren Abkömmlinge, soweit sich auf diese die Wirkungen der Annahme an Kindes statt erstrecken;

III. acht vom Hundert:

1. für Geschwister der Eltern;

2. für Verschwägerte im zweiten Grade der Seitenlinie;

IV. zehn vom Hundert in den übrigen Fällen, soweit es sich nicht um einen Erwerb der im § 12 bezeichneten Art handelt.

Im heutigen Erbschaftsteuerrecht werden die Personen in drei Steuerklassen eingeteilt. In diesen werden dann die Steuersätze im günstigen Fall mit 7 % und im teuersten Fall mit 50 % zugeteilt. Zu finden wäre dies heute im § 19 ErbStG.

2) Befreiungen § 11 ErbStG 1906:

Von der Entrichtung der Erbschaftsteuer befreit sind der Landesfürst und die Landesfürstin.

Ich glaube, dass heutige Politiker auch davon träumen würden, eine solche Steuerbefreiung zu haben. Jedoch wäre diese wohl eindeutig nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar.

3) Pauschversteuerung § 44 ErbStG 1906:

Die oberste Landesbehörde ist ermächtigt, auf Antrag des Steuerpflichtigen von der genauen Ermittlung der Masse und der Vorlegung eines Verzeichnisses (§ 37) ganz oder zum Teil abzusehen und einen Pauschbetrag für die Erbschaftsteuer anzunehmen, auch die Pauschversteuerung solcher Anfälle, deren Versteuerung sonst noch ausgesetzt bleiben müsste, zu gestatten.

Eine solche Pauschalierung ist heute nicht mehr möglich.

4) Erbschaftsteuerbescheid § 46 ErbStG 1906:

Die Beschwerde gegen den Steuerbescheid ist binnen einer Frist von zwei Monaten bei dem Erbschaftsteueramt anzubringen. Es genügt auch die Einlegung bei der Oberbehörde (§ 34) …

Heute beträgt die Einspruchsfrist einen Monat und ist in § 355 der Abgabenordnung geregelt.

5) Verjährung der Erbschaftsteuer § 54 ErbStG 1906:

Der Anspruch der Staatskasse auf die Erbschaftsteuer verjährt in zehn Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem der Anspruch auf die Steuer entstanden ist, im Falle einer Sicherheitsleistung für die Steuer jedoch nicht vor dem Ablaufe des Jahres, in welchem die Sicherheit erlischt.

Heut beträgt die Regelverjährung vier Jahre und ist in § 169 Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung zu finden.

6) Zuschläge zu der Steuer § 58 ErbStG 1906:

Den Bundesstaaten bleibt es überlassen, für eigene Rechnung Zuschläge zu der nach den Vorschriften dieses Gesetzes verlangten Steuer zu erheben.

Glücklicherweise gibt es eine solche Regelung heute auch nicht mehr.

Das Erbschaftsteuergesetz von 1906 unterlag zahlreichen Änderungen und wurde in der Fassung vom 17.04.1974 grundlegend geändert. Das heute gültige Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz stammt vom 27.02.1997, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22.06.1995 (2 BvR 552/91, BStBl. II 1995, S. 671) den kompletten § 12 ErbStG für verfassungswidrig erklärte. Heute umfasst es nur noch 39 Paragraphen und wurde am 26.11.2019 zum 25. Male geändert. Darunter musste es auch dreimal wegen verfassungswidriger Passagen geändert werden (BVerfG Beschluss vom 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, S. 192; Beschluss vom 21.07.2010, 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07, BVerfGE 2011, S. 400; Beschluss vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, S. 50, 90).

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